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deburg verlangte über diesen, ihm zur Annahme mitgetheilten, Receß ein Gutachten von seinen Predigern, welches der eis frig orthodore Pastor Wigand an der Ulrichskirche aufsehs te, und worin sehr viel gegen den Receß erinnert, beson: der's das darin befindliche ernste Verbot des heftigen Eiferns und Scheltens gegen Andersdenkende, sehr getadelt ward. Die Theologen zu Lübeck, Hamburg und Lüneburg erk!årten sich darüber, wie die Magdeburger. Die Herzoglichsächsis schen Theologen, besonders zu Jena, fanden nach dem Wunsch ihrer Fürsten noch mehr dagegen einzuwenden, und brachten ihren Herrn, den regierenden Herzog, Johann Friedrich den Mittlern, dahin, daß er der strengortho doren Parthey eine Synode auf den 16. May 1558 zu Mag; deburg Forschlug, um daselbst die Andersdenkenden förmlich zu verdammen. Der Magistrat zu Magdeburg hatte aber nicht Lust zu einem neuen Kriege, und besorgte nicht ohne Grund: daß er sich durch die Gestattung dieser Synode in den Ringmauern der Stadt, die an den Frankfurter Receß Theil habenden Fürsten zu Feinden machen würde. Er schüße te also die schweren Zeiten vor, und bat, die Synode in einer andern Stadt zu halten. Nun kam sie gar nicht zu Stan: de. Desto heftiger bestritt und verdammte man aber in Schriften und auf den Kanzeln die Andersdenkenden oder vermeinten Keßer. Diese benannte man: theils Interis misten, welche das Interim in einigen Puncten gebilligt und angenommen hatten; theils Adiaphoristen, wel: che gottesdienstliche Ceremonien, und einige strengorthodore Lehrfäße, für unbedeutend oder gleichgültig erklärten, und behaupteten, daß man darin um des Kirchenfriedens willen wohl etwas nachgeben könne; theils Majoristen, welche mit dem ehemaligen Rector zu Magdeburg, damalis

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gen Professor zu Wittenberg, Georg Major, auch gute Berke, und nicht den Glauben allein, zur Seeligkeit no

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thig hielten; theils Synergisten, welche behaupte ten: daß die Seelenkräfte, besonders der freye Wille des Menschen, bey der Bekehrung mitwirken müßten; - theils Osiandristen, oder Anhänger des Osiander in Preussen, und gesellte dann zu ihnen gewöhnlich auch die Z winglianer und Kalvinisten, oder die sogenannten Sacramenti rer. *)

So wenig auch der gemeine Mann in Magdeburg von diesen Streitigkeiten oder vermeinten Kehereyen verstand; so sehr nahm er, durch die Heftigkeit seiner Prediger gereiht, Ans theil daran, und glaubte der sogenannten reinen Lehre an: hången, und jene Keßer verabscheuen zu müssen, deren Nas men oft genug von den Kanzeln ertönten. Die stärksten Ei ferer zu Magdeburg waren der schon genannte Pastor Wis gand an der Ulrichskirche, und sein College und Diaconus, Matthaus Juder. Wigand hatte schon dawider geeifert, und den Magistrat deswegen laut und bitter getadelt, daß er im J. 1558, in dem Wollmirstedtschen Vergleich mit dem das mals noch katholischen Erzbischof und dem Domkapitel, diesen die ungehinderte freye Uebung ihrer Religion, unter den Namen der altkatholischen, im Dom zugestanden hatte.. Dieser Wigand hatte auch seit d. F. 1553 das Amt eines Superintendenten zu Magdeburg versehen, welches der das malige Senior, und seit Mirißens Tode im J. 1527, Pastor an der Johanniskirche, Lucas Rosenthal, Alters und

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⚫) Chytræi Saxon. lib. 19. P. 553. 557. Håberlins neueste Deuts sche Reichsgesch. B. 3. S. 214 217. 267. 268. 461 468, 471 487.

Schwächlichkeit halber nicht verwalten konnte. Nach Ro fenthals Tode im I. 1559 empfahl Wigand den damaligen berühmten Theologen und Mansfeldschen Superintendenten Sarcerius, zum Pastor an der Johanniskirche. Nach seiner Wahl übertrug der Magistrat, ihm, als ehemaligem Vorges sekten Wigands und ålterm Prediger auch die Superintens dentur. Wigand, voll Verdruß darüber, nahm nun nebst sei:~ nem Collegen Juder die ihnen, als bekannten orthodoxen Eiferern, angetragenen Professorstellen zu Jena an. Beys de trieben aber ihr heftiges orthodores Zanken und Eifern selbst zu Jena gegen andere Theologen daselbst, besonders gegen den gelehrten und verdienten Victorin Striegel, zu weit, erhielten bald wieder den Abschied, und gingen im J. 1561 nach Magdeburg zurück.

Hier war unterdessen der neue Superintendent Sarces rius, nach kurzer Amtsführung, am 29. Nov. 1559 schon wies der gestorben, und an seine Stelle ward am 25. Jul. 1560 ein anderer heftiger orthodorer Eiferer berufen, Namens Tilemann Heshusius, welcher schon, zu. Goslar, Rostock, und Heidelberg, seines unruhigen Verhaltens und heftigen Eiferns wegen, den Abschied erhalten hatte. Dieser schalt nun fast in allen seinen Predigten auf die Adiaphoristen, Synergisten und andere vermeinte Keher, schonte endlich auch seiner Collegen und des Magistrats nicht, und verfuhr überall heftig und gebieterisch. Als viele protestantische Fürsten auf dem Convent zu Naumburg im J. 156г die Augsburgische Confession hatten revidiren, von neuem unter: schreiben, und mit einer merkwürdigen Vorrede versehen lass sen, um dadurch die Einigkeit ihrer Theologen wiederherzustel: len; so widersprachen den NaumburgischenBeschlüssen nicht nur

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die Jenaischen Theologen, sondern auch die Niedersächsischen Stände und Städte, folglich auch Magdeburg mit ihnen. Die Städte liessen von den vornehmsten Predigern zu Magdeburg, Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock, Braunschweig, Lüneburg und Wißmar, einen Convent zu Lüneburg im Jul. 1561 halten. Diese aber entwarfen eine Declaration oder Confession, wodurch sie die vorhin genanns ten vermeinten Kezer, oder die mit ihrer Orthodorie streis tenden Lehrpuncte und Secten geradehin verdammten, und dadurch die Hauptabsicht des Naumburger Convents, die årgerlichen Streitigkeiten beyzulegen, und größere Uneinigs keit und Trennung unter den Protestanten zu verhüten, gånzs lich vereitelten. Da Heßhusen, als Magdeburgischer Sus perintendent, ohne Zweifel starken Antheil an jener von dem Braunschweigischen Superintendenten Mörlin abgefaßten, Lüneburgischen Erklärung oder Confession hatte; so verlangs te er nun dringend und ungestüm von sämmtlichen ihm unters geordneten Magdeburgischen Predigern und Schulcollegen, daß sie dieselbe annehmen und unterschreiben sollten. Diese waren aber bey weitem nicht alle so strengorthodor, wie Heßhusen, hielten es vielmehr für unrecht, alle die zu vers dammen, welche mit der strengorthodoren Parthey nicht in allen Puncten übereinstimmten, zumal da sie unter dies sen auch einige, nicht ganz mehr für orthodorgehaltene, und damals verfolgte, verdiente Jenaische Theologen, ihre ehema: ligen Lehrer, z. E. den Victorin Striegel, und Andreas. Hugel, wußten, welche sie bisher, aus Liebe für dieselben, so: gar ins öffentliche Kirchengebet mit eingeschlossen hatten. Sie entschlossen sich also erst nach langer Weigerung zur Un terschrift. Heßhusen, voll Verdruß darüber, zerfiel deswes gen mit ihnen, und machte ihnen bey aller Gelegenheit,

selbst auf der Kanzel, den Vorwurf, daß sie nicht rein in der Lehre wåren.

Unterdessen hatten die Niedersächsischen Kreisstånde, und mit ihnen der Erzbischof Siegmund, jene strengorthos dore Lüneburgische Confession, `auf einem im August 1561 gleichfalls zu Lüneburg gehaltenen, Convent oder Kreistag zwar approbirt; fie traten aber zugleich, zum großen Verdrußse ihrer theologischen Eiferer, dem zu Naumburg abgefaßten Frengen Verbot aller unnöthiger theologischer Zånkereyen und persönlicher Angriffe bey, und liessen in dem sogenannten Lüneburgischen Mandat alles heftige unanständige Streiten, Schelten und Schimpfen gegen Andersdenkende, besonders gegen ganze Universitåten, auf der Kanzel sowohl als in Schriften, bey Strafe der Landesverweisung streng unters sagen. Dies Mandat fand gleich den stårksten Widerspruch, und die heftigen Orthodoren schrieben und predigten überall dawider. Der Erzbischof Siegmund fandte es, mit ei: nem Mandat von ihm selbst begleitet, von Halle dem Mas giftrat zu Magdeburg zur Befolgung zu. Der Magistrat übersandte beyde Mandate dem Heßhusen, und verlangte sein Gutachten darüber. Dieser aber zog heftig auf der Kans zel nicht nur gegen das Lüneburgische, sondern noch mehr gegen das Hallische, oder erzbischöfliche, Mandat los, und schalt Lekteres als ein höllisches, teuflisches, gottloses, got: teslåsterliches Mandat. Er sagte öffentlich auf der Kanzel : die Fürsten hätten sich auf dem Convent zu Lüneburg vollges foffen, da sie das Mandat berathschlaget und beschlossen „håtten; es wåre von gottlosen Juristen gemacht; das ,,Etrafamt måre darin ganz und gar aufgehoben, und das „Ministerium und Predigtamt mit Füssen getreten,“ und noch andere unanständigere Dinge mehr. Der Erzbischof

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