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in Verfall gerathenen äussern Kirchenzucht, der guten Ord rung, und der auffern Sittlichkeit, wieder aufhelfen, den Fort: gang der Reformation befördern, und das Papfithum mehr und mehr unterdrücken wollte.

,,Nach derselben wollte man zwar den im Papstthum so sehr gemißbrauchten Kirchenbann vor der Hand noch nicht ganz wieder einführen; allein

,,I) follten doch dafür bekannte Ehebrecher, Schwän: ,,gerer und Geschwängerte ausser der Ehe, und des Tod; ,,schlags Beschuldigte, nicht eher zum Abendmahl zu Gez ,,vatterschaften, und zur Trauung, zugelassen werden, bis fie öffentlich von der Kanzel genannt wären, und wegen ,,des gegebenen Aergernisses Kirchenbuße gethan håtten.

,,2) Alle diejenigen sollten gar nicht zum Abendmahl und zu Gevatterschaften zugelassen werden, welche unges scheut in offenbaren Sünden und Lastern lebten, z. E. bez ,,harrlich låsternde Papisten, ferner, die sich beharrlich eis ,,nes unkeuschen Umgangs schuldig machen, oder die ihre ,,Ehegatten vor der Scheidung böslich verlassen, oder ,,die unchristlichen Wucher treiben, oder die Kirchen: und ,,Armen: Gut ungerechter Weise an sich bringen und behalten, ,,oder die in offenbarer unversönlicher Feindschaft mit an ,,dern leben. Die, welche entweder ganz oder doch ein oder ,,zwey Jahre vom Abendmahl wegbleiben, follten auch nicht zu Laufzeugen angenommen werden.

3) Alle die sollten ohne Gefang und Geläute begra ,,ben werden, welche bey ihrem Tode seit ein oder zwey Jahs ,,ren oder långer nicht zum Abendmahl gewesen wären, oder ,,welche beym Spiel, Trunk und in Schlågerey, ohne vors ,,her Beweise ihrer Besserung gegeben zu haben, das Leben „einbüßten.“

,,4) Beharrliche und als solche hingestorbne Papisten ,,follten vor der Hand noch, wenn ihrer nicht zu viele würz ,,den, an einem abgelegnen Plaß des Kirchhofs, besonders ,,begraben werden, obgleich zur Wiedervergeltung des Ausz „schließens verstorbener Protestanten von papistischen Kirchs ` ,,höfen, auch dies nicht einmal geschehen sollte. Unbekehrte Pfaffen, Mönche und Nonnen sollten gar kein Grab auf ,,dem Kirchhofe erhalten."

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,,Endlich 5) sollten alle die, welche vom Papft oder Papisten um ihres zeitlichen Vortheils willen Ordines, ,,Weihe, Pråbenden oder Pfründen annåhmen, oder es ,,ihren Kindern, Mündeln und Verwandten gestatteten, für „Unchristen gehalten, vom Abendmahl und Gevatterschaft ,,ten ausgeschlossen, auch ohne Gesang und Geläute begras ,,ben werden. Damit drohete man auch denen, welche sels ,,ten oder gar nicht zur Kirche fåmen, oder einen vertraus ,,ten Umgang mit den papistischen Geistlichen unterhielten."

Wider diese Kirchenordnung regten sich zuerst der erza bischöfliche Official Curio, und der Möllenvoigt. Lesterer nahm sich seines Bedienten an, welcher nach einem ihm über: wiesenen Vergehen sich der vorgeschriebenen Strafe nicht una terwerfen wollte. Da aber der Pastor in der Sudenburg, Johann König oder Regius, auf Vollziehung der Strafe bes stand, den Millenvoigt selbst, welcher die Kirchenordnung zerrissen und in der Kirche mit Füssen getreten hatte, in den Bann that, und dem Teufel übergab; so drohte der Möllens voigt, ihn abzuseßen und zu verweisen. Das Magdeburgiz saye Ministerium schrieb aber am 8. August 1554 an den Magi: ftrat und die Gemeine der Sudenburg, und vermahnte sie dringend, daß sie ihren geschickten und treuen Seelsorger fich vom Möllenvoigt nicht nehmen und abseßen lassen, sons

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dern sich darüber beym Erzbischof beklagen sollten. Die Abs seßung scheint aber doch geschehen zu seyn, indem schon am 22. Sept. 1554 ein anderer, vom Möllenvoigt, dem Nath und der Gemeine Lerufener, Prediger, Andreas Hoppe, in der Sudenburg war, welchen zwey eifrige Magdeburgische Prediger vergebens zur Annahme der Kirchenordnung zu bes reden suchten.

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Diese Vorfälle, und der strenge, intolerante, auch gegen Ben noch katholischen Erzbischof und Landesherrn gerichtete, Inhalt der Kirchenordnung selbst, erregten beym Magistrat Unruhe und Bedenken gegen die ihnen zur Approbation vor: gelegte Kirchenordnung. Sie schickten ihre Zweifel und Ein: wendungen dagegen an den zu Magdeburg noch immer sehr verehrten, damaligen Superintendenten Amsdorf zu Eise: nach, und baten ihn um sein Urtheil in der Sache. Dieser aber billigte und vertheidigte nach seinem orthodoxen Eifer die Kirchenordnung sehr, und ermahnte in einem Schreiben vom 29. Aug. 1554 den Magistrat dringend, darüber genau zu halten. Er rieth auch den Magdeburgischen Predigern, lieber die Stadt zu verlassen, als sich die Kirchenordnung wieder nehmen zu lassen. Der Superintendent Sarcerius zu Eisleben, der Hofprediger Stolz oder Stoffel zu Weir mar, ja ganze Ministerien, z. E. zu Hamburg, Lüneburg und Braunschweig, gaben ihr ebenfalls in eignén Schreiben und Gutachten den stärksten Beyfall. Der nach dem Pas fauischen Vergleich wieder als Superintendent nach Regenss burg zurückgegangene ehemalige Pastor an der Ulrichskirche, Nic. Gallus, billigte die

vertheidigte besondersenordnung ebenfalls sehr, und

die in derselben angeordnete Excom munication oder den Kirchenbann, in seinem Schreiben an den Magistrat und ans Ministerium zu Magdeburg aufs dus

Berste. Nun widerseßte man sich zu Magdeburg dieser stren gen Kirchenordnung nicht weiter, und sie ward mit Geneh migung des Magistrats gedruckt und publicirt, auch 1605 auf ausdrückliches Verlangen des Magistrats von neuem herausgegeben. *)

Die im Schmalkaldischen Kriege, besonders über das Interim, unter den Protestanten entstandenen heftigen thes ologischen Streitigkeiten, woran man gleich, bey ihrem ers sten Ursprunge zu Magdeburg den lebhaftesten Antheil gesnommen hatte, fanden auch nach der Belagerung noch meh rere eifrige und heftige Theilnehmer unter den Predigern das selbst. Der Erzzänker unter den Theologen damaliger Zeit, Matthias Flacius, hatte zu Magdeburg mehrere Jahre hins durch in und nach dem Schmalkaldischen Kriege Schuß und Sicherheit gefunden, und verschiedene Magdeburgische Pres diger waren seine Freunde und Anhänger. Seit 1557 war er Professor der Theologie auf der neuen Universitåt Jena, wor zu die Sdhne des unglücklichen Churfürsten Johann Frie: drichs schon am 19. März d. J. 1548, nach der Abtretung Wittenbergs, den Grund gelegt, und welche sie im J. 1555 noch mehr dotirt hatten, welche auch unter dem 15. Aug. 1557 vom Kaiser Ferdinand confirmirt, und dann am 2. Febr. 1558 feierlich eingeweihet ward. Hier bemühte sich Flacius und sein Anhang, nach dem geheimen Wunsch und unter dem Schuß gedachter Söhne des Churfürsten Jos hann Friedrichs, welche den Verlust der Churwürde, des Churkreises und der darin gelegenen Universität Wittenberg, so wie des Directoriums unter den Protestanten, nicht vers

681. 814

*) Kettners Magd. Clerus S. 507 — 529. 674
819. El. Pomar. Belag. Magd. Vorrede fol. 4 verf.

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schmerzen konnten, die Wittenberger Theologen, besons ders den guten, gelehrten, im größten Ansehen stehenden Melanchthon, in den Ruf der Keherey zu sehen, und das durch die Universität Wittenberg herunter zu bringen, hins gegen die Universität Jena desto mehr zu heben. Melanch thon hatte den Flacius überdem bey seinem Magister: Eras men prostituirt, und ward dafür von ihm mit unversöhnlis cher Feindschaft und unablåssiger Rachsucht verfolgt bis zu seinem den 19. April 1560 erfolgten Tode.

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Vergebens wünschten und bemühten sich die mehrsten wohldenkenden protestantischen Fürsten, unter ihren Theos logen Frieden und Einigkeit wiederherzustellen. Sie hielten deswegen im Jun. 1557 zu Frankfurt einen Convent, wo: zu man aber die Stadt Magdeburg, aus Furcht vor dem ors thodoren Eifer und der Streitsucht ihrer Prediger, einzulas den sich nicht getraute. Der Magdeburgische Magistrat wandte sich daher, schriftlich mit der Bitte an den Convent, ihre Prediger nicht ungehört zu verdammen, welches derselbe auch nicht beabsichtigt zu haben versicherte, und die unterlasses ne Einladung entschuldigte. Als bey dem merkwürdigen, jedoch ebenfalls fruchtlos gebliebenen, Religionsgespräch oder Colloquium zu Worms mit den Katholiken im J. 1557, die Uneinigkeit der protestantischen, besonders der Chursächsis schen und Herzoglichsächsischen Theologen, zum großen Schar den der Protestanten völlig ausgebrochen und laut geworden war; so suchten die mehresten auf den Krönungs: Reichss tage zu Frankfurt im J. 1558 anwesenden protestantischen Fürsten, durch einen daselbst am 18. Mårz d. J. errichteten Receß oder Abschied, die theologischen Zånkereyen zu unters. drücken, und die besonders gegen die Katholiken so nöthige. Eintracht unter sich zu befördern. Der Magistrat zu Mag:

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