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ein, streute das Bettstroh, alle Betten, Töpfe und der gleichen, im Hause umher. Da es nun so verwüstet und zerstört im Hause aussah; so hielten die plündernden Soldaten es schon für ausgeräumt, und gingen anfångs lich gar nicht hinein. Allein vier Musquetiere wurden die Hausfrau gewahr, stürzten sogleich mit brennenden Luns ten in die Stube herein, schlugen und stießen mit ihren Musqueten auf Friesen heftig los, und forderten Geld. Die sechs Kinder Friesens hingen sich an die Soldaten, weinten und baten flehentlich, doch den Vater und die Mutter leben zu lassen, ohne daß sich die Soldaten des wegen an den Kindern irgend vergriffen. Ihre Wut schien vielmehr durch den Anblick der Kinder gemildert zu werden. Man gab, ihnen einiges Geschmeide, und an dere Pretiosa. Damit, und mit dem besten Leinenges råthe, machten sie sich davon,

Friese retirirte sich nun mit seiner Familie in einen alten wüsten Stall; in eine finstre Kohlenkammer. Ins dem hörte man in des Nachbars Hause die Soldaten ers schrecklich toben, fluchen, auf die Leute schimpfen, schla: gen und schreyen: schafft Geld, schafft Beute, schafft ,,Licht!" Es kam auch ein Student ins Friesische Haus herüber gestiegen, und holte Licht, um ihnen im Keller Beute anzuweisen. Nicht lange nachher, da Friese sehen wollte, wie es im Hause stehe, ward er von 'einis gen Soldaten bemerkt. Diese liefen mit großem Geschrey auf ihn los. Auf dieß Geschrey kamen seine Frau und Kinder auch herbey. Sieben Soldaten, die eine fremde Sprache (vermuthlich Ungarisch) redeten, zeigten, da ihre Worte nicht verstanden wurden, durch die Ges

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berden des Geldzåhlens mit den Hånden, daß sie Geld verlangten. Da sie aber Friesens Versicherung, daß ihm schon alles genommen sey, auch nicht verstanden; so wur= den sie wütend. Zwey schossen nach ihm, daß die Kugeln in die Wand fuhren, ohne zu treffen. Ein anderer hieb mit der Hellebarte nach ihm. Als er aber den dabey be: findlichen Offleier lateinisch anredete, und ihm, da er kein Geld mehr hätte, Kleider, Leinwand und Zinn ans bot, wurden sie ruhiger. Der Officier aber wollte durch: aus Geld haben, und versprach, dagegen die Soldaten wegzuführen. Friesens Gattin besann sich noch auf ein Kästchen, worin Perlen und das Pathengeld der Kinder waren. Dies gab sie dem Officier mit der freundlichsten Bitte, fie doch für ein Lösegeld aus der Stadt zu brin gen. Aber er wollte nichts davon hören, fluchte und tobte, nahm den besten Mantel Friesens, hing ihn um, und ging davon. Seine Soldaten ließen sich erst das im Hause hingestellte Frühstück, wohl schmecken, schlugen Dann alles im Hause auf, nahmen was sie fanden, und gingen dann weiter.

Nun wollte sich Friese, etwa um 9 Uhr, da es im Hause ziemlich stille war, mit seiner Familie auf einem alten, finstern, ganz entlegenen, Boden verstecken, wo er mit den Seinigen gewiß håtte verbrennen müssen, wenn er dort geblieben wäre. Allein seine ehemalige, jekt an einen Nadler verheyrathete, Magd, welche in seinem Hause Schuß suchte, ward von einem Soldaten wahrges nommen, der ihr sogleich nachlief, halt! halt! schrie, und sie bis auf gedachten Boden verfolgte. Sobald er Friesen sahe, ging er mit einem Spißhammer auf ihn

los. Mutter und Kinder waren sogleich mit Schreyen und Bitten um den Soldaten herum:,, Er solle doch den Vater leben lassen. Besonders lallte ihm ein noch nicht zweyjähriges Kind jammernd entgegen:,, Ach, laßt doch nur den Vater leben! Ich will auch gerne meinen Dreyer, den ich den Sonntag bekomme, geben.!! Dieß Schreyen und Bitten der Kinder um ihn her, besonders des Kleins ften, rührte den Soldaten. Er sahe die Kinder mitleidig an und sagte:,, Ey, das sind feine Büble!" (Er war ein Nürnberger.) Darauf sagte er zu Friesen:,,Willst du mit den Kindern herauskommen, so gehe alsobald ,, fort. Ueber eine Stunde kommen die Croaten herein; ,,so wirst du mit deinen Kindern schwerlich leben bleis ,, ben."

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Indem besinnt er sich und spricht: „Ja, ich habe aber noch keine Beute gemacht. Ich will dich ,, wohl hinaus führen; aber ich muß erst Beute machen." Alles Bitten und Flehen, auch das Versprechen von 200 Thlr. Losegeld, wenn er sie aus der Stadt und nach Gommern rettete, konnte ihn nicht von seinem Vors faße abbringen. Er versprach aber hoch und theuer, nur ein paar Häuser auszusuchen; dann wieder zu kommen und sie zu holen. Die Nadlerin versprach ihm auch eine ihr gehörige Hucke mit Geld und Kleidung, welche sie mit ihm holen wolle, und ging mit ihm weg. - Friese verzweifelte an ihrem Wiederkommen, kroch mit den Seinigen wieder unters Dach des alten Stalles, und hörte da mit Schrecken und Entsehen, wie alle Kisten und Kasten in seinem Hause aufgeschlagen wurden; sahe auch durch die Ziegel, wie entseßlich die Leute in des Nachbars Hause gemißhandelt, geschlagen, gestoßen und gemartert wurden, und war dabey selbst mit den Seinis

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gen, eine gute halbe Stunde lang, in beständiger Tor desangst.

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Der gute Soldat hatte unterdeß die versprochene Hucke Kleidung und Geld von der Nadlerin erhalten, und von ihr erfahren, wer Friese sey, hatte ihr auch ofter gesagt, daß sie ihn ja wieder in das Haus führen maffe, wo die kleinen Büble wåren. Er kam nun wider alles Vermuthen mit ihr zurück und rief:,, Herr Ober: stadtschreiber, kommt herunter!" Dieser erschrak nicht wenig darüber, daß man wiffe, wer er sey, und hielt. sich nun für verrathen und verloren. Er nahm mit Thrå: nen von den Seinigen Abschied, und ging zitternd in großer Angst und Todesfurcht herunter; fand aber den Soldaten und die Nadlerin schon auf ihn wartend, um ihn wegzuführen. Das Haus fand er voll Soldaten und Pferde. Sein Begleiter brachte ihn aber sicher hin: burch, schüßte ihn mit den Seinigen vor allen Mißhands lungen, indem er sagte: es wären seine Gefangene. Die armen Flüchtigen nahmen von aller ihrer Habe nur ets was weniges von Werth, welches im Hause und im Stalle versteckt war, nebst zwey Brodten mit sich, und wanderten so etwa um 10 Uhr aus ihrem Hause fort. Die Kinder gingen paarweise voran, gleich hinter dem Soldaten her. Vater und Mutter nebst der Nadlerin, und der Magd mit dem kleinsten Kinde auf dem Arm, folgten hinten nach. Friese trug des Soldaten Musquete, um ungehindert fortzukommen, und sein und sein schlechter Anzug machte, daß man nicht weiter auf ihn merkte. So gins sen sie von einer Hasse zur andern, mußten oft in gro Sem Gedränge über ganze Haufen todter Körper, oder zerhauene, zerstoßene, sich in ihrem Blute wålzende,

Unglückliche, ihren Weg nehmen, und sahen überall uns menschliche Grausamkeiten. Unter andern sahen sie einen Bauer oben aus einem Giebel herunter werfen, welcher im heißen Wasser verbrannt war, über und über rauchte, sich auf der Gasse noch wälzte und erbärmlich schrie. In einem auf der Gasse stehenden Braufasse mit Wasser, sas hen sie Frauenzimmer mit dem Kopf hineingestürzt und also ersäuft. Ehe sie aber noch ans Thor kamen, ging der Soldat in ein Haus, um, wie er sagte, daselbst den Kindern etwas zu essen und zu trinken zu holen, weil es noch weit bis ins Lager wäre, brachte auch aus der Feueresse Würste und Speckseiten, türkischen Teppich, und nahm sie mit. Unterdeß theilte man den Friesischen Kindern einen Theil des mitgenom: menen Brods aus. Da kamen bald wohl zwanzig ans dere verlassene Kinder um sie herum, und begehrten Brod, erhielten es auch. Der Soldat holte auch noch zu trinken für sie aus dem Keller, und wanderte dann mit seinen erquickten Flüchtlingen nach dem Walle zu, wo die Croaten eben hinauf ritten, und alles neben sich nie: dérhieben. Die Flüchtigen mußten den Wall hinunter kleis tern, und kamen endlich sicher ins Lager, wo sie der Soldat in sein Gezelt führte,

wand sie in einem

Hier empfing ihn seine Frau aber sehr unfreundlich, und sagte:,,Was, den Teufel, bringst du? Du bringst die Hütte voll Kinder! Ich dachte, du bråchrest Beute." Der Soldat beruhigte sie bald, und meinte; ,, er habe die Büble müssen herausführen; Gott werde ihm schon Beute bescheren." Die Soldatenfrau, welche für die Officiere des Regiments kochte, sahe es am Ende auch sehr gern, daß die Friesische Gattin sie dabey unterstüßen

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