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Wie viele Menschen bei dieser schrecklichen Eroberung and Zerstörung Magdeburgs umgekommen sind, darüber find die besten Nachrichten nicht ganz übereinstimmend. Einige geben nur 20000 an. Wenn man aber bedenkt, daß die Stadt vor der Eroserung fast noch volkreicher war, als sie jetzt ist ; daß vom Lande wenigs stens 4000 Menschen, sowohl Adeliche als Bauern, sich mit den Shrigen in die Stadt geflüchtet hatten; daß kurz vor der Eroberung in allem 35000 Menschen in der Stadt gezählt wurden; und daß gleichwohl nach der Er. oberung sich etwa nur 400 noch lebende Bürger wieder eingefunden, und in allem nur einige Tausend Menschen gerettet worden sind so wird man leicht einsehen, daß man wohl an 30000 Menschen rechnen kann, die bei dies ser jammervollen Begebenheit ihr Leben auf die schrecks lichste Art eingebüßt haben. Bis zum 21. May ließ der Graf von Mansfeld 6440, nach andern gar 24000, todte Menschenkörper, yon aufgebotenen Landleuten in die Elbe fahren, indem man solche Kezer des Begrabens nicht werth hielt. Diese Menge von Todtenkörpern formirte in der Elbe bey der Neustadt endlich eine Art von Damm, welcher den Strom an seinem Lauf hinderte. Die her: umschwimmenden todten Körper, von welchen Köpfe, Hände und andere Theile des Leibes aus dem Wasser her: porragten, verursachten einen gråßlichen Anblick, und man wollte sogar gehört haben, daß sie noch gesungen, gebetet und zu Gott um Rache geschrien hätten. Durchs Feuer find übrigens eben so viele, wo nicht meh rere, als durch das Schwerdt der Feinde, umgekommen. An den meisten Kellern wurden 3, 4, 5, 8, 10, ja mach andern gar 29, 30, 49 und mehrere Menschen,

todt gefunden, welche von Rauch, Dampf und Hihe darin erstickt waren. Zu geschweigen, daß viele Keller damals beym Brande verschüttet wurden, und unter dem Schutt uneröffnet geblieben sind. Daher man in spår tern Zeiten, bei deren zufälliger Entdeckung und Eröffnung, noch Todtengerippe darin fand, wie selbst noch im vers flossenen Jahrhundert beym Bauen mehrmalen gesche: hen ist.

Von den Kaiserlichen Truppen waren in allem nur 500 Mann geblieben, die theils beym ersten Angriff ge: fallen, theils vom Feuer ergriffen, theils von Rauch und Dampf erstickt worden waren.

So fiel Magdeburg, als ein großes Opfer, für die Sache der Reformation und der Protestanten, ja der Gewissens und der bürgerlichen Freyheit Deutschlands

So hatte es nun zum zweytenmal alles dafür gewagt, und diesmal alles verloren! Es hatte schon im J. 1551 durch seine standhafte und merkwürdige Vertheidigung im Schmalkaldischen Kriege, zu sehr für die Reformation gekämpft, und sich zu eifrig und glücklich dem Katholis cismus und der Kaiserlichen Gewalt widersetzt, als daß es nicht von der Zeit an, die ganze Aufmerksamkeit und den unversöhnlichen Haß der katholischen und kaiserlicher Parthey hätte auf sich ziehen sollen. Sobald nun der dreissigjährige Krieg, welcher im Anfang der Verbreitung des Katholicismus und der kaiserlichen Gewalt so günstig war, sich auch nach Niedersachsen hinzog; so wandten die Katholiken und Kaiserlichen alles an, nicht nur das reiche Erzstift Magdeburg, sondern auch dessen blühende und wichtige Hauptstadt, in ihre Gewalt zu bringen.

Dies Lehte, was Wallenstein vergeblich versucht hatte, war nun dem Tilly endlich gelungen; aber anstatt einer reichen blühenden Stadt, hatte er nur einen gråßlichen Leichen Schutt und Aschenhaufen gewonnen, und sich der besten Früchte seiner Eroberung durch seine und seiner Soldaten Grausamkeit selbst beraubt. - Die kaiserlichen Generale, vornehmlich Pappenheim, suchten daher auch die wohlverdienten Vorwürfe deswegen, hauptsächlich über die grausame Einäscherung der unglücklichen Stadt, mógs lichst von sich abzulehnen, Pappenheim betheuerte sogar bald nachher zu Helmstedt, bey einem großen Gastmahle, mit einem förmlichen Eides daß er an der Einäscherung Magdeburgs unschuldig sey, und bat die anwesenden Proz fefforen, dies doch der Welt zu sagen, wenn einer oder der andere von ihnen etwa die Geschichte dieses Krieges Schriebe. Allein wie wenig er hier die Wahrheit gesagt habe, erhellet aus dem Zeugniß des kaiserlichen Generals, Grafen von Fürstenberg, oder von Fugger, (in Wassens bergs deutschem Florus S. 213.) welchem Pappenheim, ausdrücklich gestand: daß er selbst ein Haus in der Stadt anzuzünden befohlen habe, um die Bürger von der Ges genwehr abzuhalten; welches auch andere kaiserliche Offis fiere und Soldaten bezeugt haben. Dieser Befehl mochte freylich wohl, wider seinen Willen, von den wütenden Sol: paten, zur Anzündung mehrerer Häuser mit Pechkränzen und dal gemißbraucht worden seyn. Daß aber die unglücklichen Einwohner selbst, aus Verzweiflung die Stadt angezündet hätten, wie ihnen ihre grausamen Feinde Schuld gaben, ist aller Wahrscheinlichkeit und als len glaubwürdigen Nachrichten davon, gänzlich zuwi ber. Alles, was man zugeben kann, ist dies; daß durch

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unvorsichtiges Umgehen mit Feuer und Licht in der ents seßlichen Verwirrung und Betäubung, vielleicht auch durch' das Feuer auf den Heerden, allenfalls wohl irgendwo in den Bürgerhäusern, ohne Zuthun der Soldaten, Feuer aufgekommen seyn könnte.

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Die Nachricht von dieser Eroberung und Zerstörung Magdeburgs machte überall, besonders in Deutschland, eine unbeschreibliche Sensation. Dies schreckliche Schicks fal einer blühenden, volkreichen Stadt machte schon das mals, wie noch jeßt, das innigste Mitleid und Be: dauern jedes menschlich und unpartheyisch Denkenden regeMehrere mit Sturm eroberte Städte hatten zwar auch, selbst noch in neuern Zeiten, ein schreckliches Schicksal, wie z. E. Oczaków und die Warschauische Vorstadt Prag. Aber so schrecklich, wie das Schicksal Magdeburgs, war es schon darum nicht, weil in den mehresten solcher ers stürmten Städte zwar das Schwerdt eines erbitterten, wütenden Feindes, aber nicht auch in Verbindung damit das mordbrennerische Feuer, wie in Magdeburg, gråße lich wütete, und das Unglück der armen Einwohner auf den höchsten Gipfel brachte. Selbst vernünftige Kas tholiken mißbilligten die an Magdeburg verübte unmensch liche, unerhörte Grausamkeit; obgleich Jesuiten und ans dere katholische Eiferer, so wie der gemeine und kurzsiche tige Haufe unter den Katholiken, über diese Eroberung frohlockten und triumphirten, Die Protestanten aber weckte die schreckliche Nachricht davon mit einmal aus ih rer Unentschlossenheit und Unthätigkeit. Dies grausens volle Schicksal Magdeburgs erweckte der Sache der deuts schen Protestanten, und ihres Retters und Beschüßers,

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Gustav Adolphs, so viele Freunde und Vertheidiger, als sie der kaiserlichen und katholischen Parthey Feinde und Widersacher, und zugleich Abscheu und Unwillen, zù: 303. Sehr merkwürdig ist, was ein Geschichtschreiber nicht lange nachher davon urtheilte.,,Entsetzen, sagte. ,, er, verbreitete sich durch Magdeburgs Untergang in , ganz Deutschland, besonders in den Städten. Dieje ,,nigen Protestanten, welche noch unschlüssig waren, zu ,, welchem Theil sie sich schlagen sollten, wurden nun imz mer mehr den Schweden geneigt. Ferdinands Gewalt wurde noch immer verhaßter, dadurch, daß wegen des ,,ihm verweigerten Gehorsams diese Stadt so abscheulich ,,hart behandelt worden war. Schmerzlich bedauerte man die Zerstörung derselben, da es gelindere Wege ,,gegeben hatte, ihrer Meister zu werden, und fie dann zuzüchtigen. Und, was für ein Verbrechen in der ,,Welt, sagte man voll des stärksten Unwillens, fonnte ,, eine solche Sichtigung verdienen, die sich auf die Hins ,,richtung aller Unschuldigen, und barbarische Verheerung ,, einer der blühendsten Städte Deutschlands erstreckte. Mit noch etwas zurückgehaltener Wut beschloß man Rache desfalls zu nehmen, sobald nur das Glück dem ,,König von Schweden sich weiter günstig erzeigte. Sehns ,,lich erwartete man seine Ankunft, um vereinigt mit ,,ihm gegen den Kaiser ziehen, und dessen lange schon ,,verhaßtes Joch abschütteln zu können. "*)

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So mußte erst ein schrecklicher Schlag geschehen, ehe die Protestanten recht aufwachten, und es wagten, nach

*) Riccius de bello Germ. p. 241. ben Häberliu B. 26. G. 299.

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