Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[ocr errors]

nach andern gar 80 Fuß oder 40 Ellen hoch, zum Fenster hinunter in den Schloßgraben, und schoß noch hinter ihnen her, wobey sie doch noch mit dem Leben, und ohne sonderlichen Schaden am Leibe, davon kamen. Nun verbanden sich die protestantischen Böhmen, ́unter Anführung des alten Grafen von Thurn, zur Vertheidis gung ihrer Religion und Freyheit, verjagten die Jesuis ten als die Stifter alles Unheils, und rüsteten sich eifrig zum Kriege. Der Kaiser Matthias suchte vergeblich durch Gegenrüstungen, und noch mehr durch gütliche Unterhand; lungen, Ruhe und Gehorsam in Böhmen wiederherzustels len, bis er am 20. März 1619 darüber hinstarb. Sein Erbe und Thronfolger war sein Vetter, seines Vaters Bruders Sohn, der Erzherzog Ferdinand von Steyers mark, welcher zu Ingolstadt, unter der Leitung des bigots ten und eifrig katholischen Herzogs Wilhelm von Bayern, von Jesuiten erzogen, und welchem von Kindheit an tief eingeprägt worden war: daß das bisherige Mißgeschick, die Verwirrung, Uneinigkeit und Kinderlosigkeit in der Kaiserfamilie, und unter den Söhnen Maximilians des aten, von der durch Maximilian und seine Sdhne den Protestanten, oder Keßern, erwiesenen- Gunst und Nach: sicht herrühre; daß hingegen der Flor des eifrig katholis Ichen Hauses Bayern, eine sichtbare Belohnung des Hims mels für dessen Eifer zur Erhaltung und Beförderung der katholischen Religion sey. Von solchen Gründfäßen geleis tet, hatte er schon in seinen bisherigen Erblanden, nåms lich in Steyermark, Kårnthen und Krain, unerbittlich alle Protestanten vertrieben, überall die katholische Relic gion eingeführt, auch dem Kaiser Matthias zu strengen Maaßregeln gegen die rebellischen Böhmen dringend geras

1

[ocr errors]

"

[ocr errors]
[ocr errors]

then. Die Böhmen hatten ihn zwar schon im J. 1617 zum König und Nachfolger des Matthias auf den Böh mischen Thron erwählt. Allein jest von seinen Gefins nungen und Absichten gegen die Protestanten näher unters richtet, fündigten sie ihm den Gehorsam auf, sehten ihn ab, und wählten am 26. Aug. 1619 zum König von Böhmen den Churfürsten Friedrich den 5ten von der Pfalz, welcher als ein mächtiger Deutscher protestans tischer Fürst, und als das Oberhaupt der, von einigen oberdeutschen protestantischen Fürften im J. 1608, zu ih rer Vertheidigung gegen die Katholiken geschlossenen, Union, dazu der schicklichste zu seyn schien. Nach einis gem Bedenken nahm er zu seinem großen Unglück die ihm angebotene Böhmische Krone an, wußte sie aber nicht thätig, nicht kraftvoll und unternehmend genug gegen Ferdinand zu behaupten. Ferdinand, welcher im I. 1619 auch zum Kaiser erwählt worden war, sah sich bei seis nem Regierungsantritt von allen Seiten durch seine vies len protestantischen und rebellischen Unterthanen bedroht, und befand sich in der fürchterlichsten Lage. Durch seine unerschütterliche Standhaftigkeit aber, und durch den Beys stand der Katholiken, besonders der gegen die protes stantische Union, im J. 1609 von den Katholiken ges schlossenen Liga, und des Oberhaupts derselben, seines Schwagers und Jugendfreundes, des Herzogs Marimis lian von Bayern, hatte er sich bald so zu helfen gewußt, daß er im J. 1620 eine Armee von 40000 Mann unter Anführung Maximilians von Bayern in Böhmen unwis derstehlich eindringen lassen konnte. Diese griff am 8. Nov. 1620 am weißen Berge bey Prag die nur 21500 Mann starke Armee Friedrichs an, schlug sie gänzlich,

[ocr errors]

und nöthigte den König Friedrich aus Böhmen zu ents flichen. Böhmen und die damit verbundenen Länder. wurden nun schnell zum Schorsam gegen Ferdinand, ges bracht, 27 der vornehmsten Böhmen wurden als Anstiss ter der Rebellion hingerichtet, alle protestantische Predis ger aus dem Lande verwiesen, und alle Protestanten in Böhmen nach und nach innerhalb 7 Jahren gezwungen, entweder ihr Vaterland zu verlassen, oder katholisch zu werden. Der unglückliche Churfürst von der Pfalz ward in die Acht erklärt, ihm nicht nur die Oberpfalz nebst der Churwürde genommen, und Beydes dem Herzog Maximilian von Bayern zur Belohnung für seinen kräft tigen Beystand zugetheilt, sondern auch die Unterpfalz durch Spanische Hülfe aus den Niederlanden, und durch den Bayrischen und Ligistischen General Tilly, erobert, schrecklich verheert und ausgeplündert. Da der Graf Ernst von Mansfeld, und der junge `Bischof von Hal: berstadt, Herzog Christian von Braunschweig, zur Hülfe des unglücklichen Friedrichs Truppen warben, und damit die Unterpfalz wieder erobern wollten, aber ihre Truppen überall schrecklich rauben und plündern ließen; so mußte schon im I. 1621 der Administrator Christian Wilhelm, in Verbindung mit den Herzogen von Braunschweig und Lüneburg, gegen die neugeworbenen Truppen des Herzogs Christian, welche überall raubten und plünderten, mit einigen zusammengebrachten Soldaten und Landvolk`zu Felde ziehen. Er griff sie tapfer an, schlug sie, und nöthigte sie, ihren Weg eilig nach der Pfalz zu nehmen. Beyde Heerführer, Ernst und Christian, wurden in der Folge vom Tilly überall verfolgt und oft geschlagen. Sie retirirten sich endlich in den Westphälischen und Nieder

[ocr errors]

मे

fächsischen Kreis, und zogen dadurch den Tilly mit seiner Armee nach Niederdeutschland und nach Niedersachsen. Tillys Truppen fingen daher schon im I. '1624 und 1625 an, sich in Niedersachsen bis ins Halberstadtsche hinein, verüben. S näherte sich der Krieg der Stadt Magdeburg immer mehr, ob sie gleich bis jeßt noch nicht den geringsten An: theil daran nahm. *)

zu verbreiten, und schreckliche Excesse zu

Dagegen aber hatte sie schon früher in ihrem Ins nern mit Unruhe und Empörung zu kämpfen. Der in Böhmen ausgebrochene Krieg hatte schon v. J. 1619 an zur Verringerung, Verfälschung und Auswechselung der gangbaren guten Münzen Gelegenheit gegeben. Die for genannten Kipper und Wipper, oder die falschen Mün zer, so wie die Verwechsler und Verbreiter geringhaltis ger Münzsorten, worunter viele Juden waren, hatten an vielen Orten, besonders im Anhaltischen, eigne Münzståten errichtet, wo äußerst schlechte geringhaltige Münzen, besonders Sächsische, sogenannte Schröckenbers ger Groschen, in ungeheurer: Menge ausgeprägt, dann überall verbreitet, und die guten Münzen dagegen einge wechselt und eingeschmolzen wurden. Auch der Magistrat zu Magdeburg hatte gegen die Reichs Münzordnung die Münzstate in der Stadt einem Münzmeister verpachtet, welcher dann ebenfalls die Stadt mit äußerst schlechtem

*) Dreyh. Th. 1, S. 329-332. Häberlin Ch. 24. S. 217. 290 292. 365 → 391. 574 590. Th.

185

[ocr errors]
[ocr errors]

s. S.

25. . 57 67. 90-92, 2475 -251. 356 359.
Beckmanns Anháit. Chronik Th.
atrum Europaeum Tom, 1. S. 3

326 332. The

17. 212 - 245. 408.

[merged small][ocr errors]
[ocr errors]

Gelde überschwemmte. Dies sogenannte Kippen und Wippen hatte überall in Deutschland, auch in Magde: burg, große Theurung, und fast gänzliche Stockung im Handel und Wandel verursacht. Für das überall verbreis tete schlechte Geld, wovon selbst nach Sächsischen Münzs Edicten für Thaler gutes Geld im August 1621 5 Gulden, und im März 1621 gar 6 Gulden bezahlt wers den mußten, ja wovon man endlich wohl 10 Thaler ges gen einen vollwichtigen Speciesthaler zahlen mußte, wollte zuleht Niemand mehr Waaren und Lebensmittel, selbst die Becker und Brauer kein Brod und Bier mehr, verkaufen. Ein Wispel Waizen galt dabey 144 bis 200 Thlr., Roggen 100 Thlr., Gersten 60 bis 70 Thlr., Hafer 30 Thlr. Ein Brod koftete 12 Gr. ein Pfund Fleisch 6 Gr. und dieß zu einer Zeit, da nicht lange vorher im J. 1607 bey wohlfeiler Zeit der Scheffel Rogs gen 8 Sr., der Scheffel Gersten 4 Gr. gegolten hatte. Der gemeine Mann gerieth dabey überall in die größte Noth, und viele Menschen kamen durch Hunger und Kummer ums Leben. In Magdeburg herrschte ebenfalls in den Jahren 1620 1622 die drückendste Theurung, Mangel und Hungersnoth unter der gemeinen Bürgers schaft, welche dadurch endlich bis zur Verzweiflung ges bracht ward. Man beschuldigte den Magistrat nicht ohne Grund, daß er zur Abhelfung dieses Uebels keine kräftige Anstalten treffe, vielmehr durch Verpachtung der Münze es befördere, ja daß sogar einige aus seiner Mitte ge winnsüchtig das Kippen und Wippen trieben, und`sich dadurch auf Kosten ihrer nothleidenden Mitbürger zu bes reichern suchten. Das gemeine Volk, und die nichts zu verlieren hatten, ingen an, die Urheber dieses Unglücks

[ocr errors]
« ZurückWeiter »