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Magdeburgischen Syndikus Coler fehlte es aber auch, zur kräftigen Widerlegung seiner Gegner, an hinlänglicher historis schen Kenntniß des Hanseatischen Bundes und der ehema: lichen Vergleiche. Am 21. Oct. 1601 versuchten die Des putirten gedachter Städte noch einmal den Streit zu schlichten. Aber zu ihrem großen Verdruß waren alle Vorschläge und alle Mühe abermals vergeblich. So ward durch diese Streitsache die damals so nöthige Erneurung des Hanseatischen Bundes einige Jahre hindurch verhins dert. Nur die große Gefahr, worin die Stadt Braun: schweig, eine der vornehmsten Hansestadte, bey ihrem Streit mit ihrem Herzog Heinrich Julius über die von ihm verlangte Erbhuldigung, schwebte, bewirkte es, daß diese Bundeserneurung nicht noch weiter hinausgeseßt ward. Denn damit die Braunschweiger nicht ganz verlass sen, und ohne Hülfe ihrer Bundsgenossen, blieben, so gas Ben die Magdeburger des gemeinen Bestens wegen voritt nach, ließen ihre Sache ruhen, behielten sich aber ihr Recht ausdrücklich vor, und forderten zugleich alle Bunds: genoffen auf, die Hamburger zu mehrerer Billigkeit gegen Magdeburg zu bewegen. Nachdem die Erneurung des Bundes im J. 1604 zu Lübeck zu Stande gekommen, und die Belagerung, so wie die am 16. Oct. 1605 vers fuchte Ueberrumpelung der Stadt Braunschweig, ihrem Herzog Heinrich Julius nicht gelungen war, der Herzog aber dennoch die Feindseligkeiten gegen die Stadt forte seßte; so verbanden sich im J. 1607 die Hansestädte noch enger und genauer, und die Braunschweigische Streits fache ward nun, mehr mit der Feder und durch Unters handlungen, woran Magdeburg wegen der Nachbarschaft sehr thätigen Antheil nahm —, als durch die Gewalt der

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Waffen, fortgefeßt.

Su gleicher Zeit schritten bey

mehrerer Ruhe auch die Hamburger und Magdeburger wieder zu gütlichen Unterhandlungen, und es ward zur Beylegung ihres Streits ein Convent auf den 18. Sept. 1609 zu Salzwedel angesetzt. Als aber die Hamburger, mit großem Aufheben 21 Klagepunet ihrer Kauf leute gegen die Magdeburger aufstellten, und den Magdeburgern die verlangte Bürgschaft zur Erfüllung des Vergleichs, nicht ohne strenge und unbillige Gegens bürgschaft, leisten wollten; so gingen nach dreytågigem heftigen Zanken und Disputiren die Gesandten unverrich teter Sache wieder auseinander. Auf dem Hansetag zu Lübeck im J. 1620 verlangten die Magdeburger von neuem dringend die Beylegung dieser Streitfache. Die Städte Lübeck und Bremen erhielten auch den Auftrag, sie zu vermitteln, und hielten es fürs Beste, den von Magdeburg vorgeschlagenen Compromiß, oder daß sie es auf den Ausspruch einiger dazu erwählten Hanseatischen Bundsgenossen ankommen lassen wollten, anzunehmen. Die Hamburger aber wichen auch dem aus, und ihr Syndikus aufferte sehr offenherzig: daß die Magdeburger auch auf diesem Wege ihre Sache nicht gewinnen würs den; er wiffe aus einer 28jährigen Erfahrung, daß keine Juristenfakultät, und kein hohes oder niederes Justizkol legium vorhanden sey, wobey man sich nicht für Geld Rechtsaussprüche oder Sentenzen nach Wunsch verschaffen könne. Die Hamburger wollten die Sache nun einmal lieber auf dem Wege Rechtens oder durch einen förmli: chen Prozeß bey den Reichsgerichten ausgemacht wissen, weil sie bey denselben schon manche ihnen vortheilhafte Sentenz, und ganz kürzlich erst im J. 1618 für ihr bes

ftrittenes Siß und Stimmrecht beym Niedersächsischen Kreise, erhalten hatten, und die Verzögerung der Sache ihren Planen vortheilhaft war. Sie antworteten daher nicht einmal auf die im J. 1621 an sie ergangenen Vors stellungen der Hansestådte in dieser Sache, und waren zu keinem Vergleich zu bewegen. Auch auf dem Hansetag zu Lüneburg im J. 1623 bemühte man sich vergeblich, beyde Städte mit einander zu vergleichen; bis endlich der sich immer mehr verbreitende 30jährige Krieg und die Zerstörung Magdeburgs dem Streit ein Ende machten. -Die Stadt Magdeburg hatte in dieser Sache mit großen › Kosten weitläuftige Gutachten oder Refponfa nicht nur von dem damaligen berühmten Juristen D. Joh. Bors cholten zu Helmstedt, sondern auch von den Juristenfa kultäten zu Leipzig, Jena, Marburg und Gießen ausstels len lassen, welche insgesammt, bis auf die Marburgis sche, der Stadt Magdeburg die ausschließliche Kornvers schiffung auf der Elbe zuerkannten. Die Marburger Fakultät aber stimmte dahin: daß vorbeyfahrende Ge: traideschiffe zwar zu Magdeburg anlegen und löschen müßten; daß aber sonst den Güterbesißern im Erzstift der Verkauf und die Verschiffung ihres Getraides freystünden. Die Stadt Magdeburg ließ dies Gutachten durch die Juristenfakultät zu Gießen und insbesondere durch den dortigen berühmten Juristen Peter Mindanus beantwor ten und widerlegen, dessen weitläuftiges, in 348 Såhen bestehendes, responsum noch im Manuscript vorhanden ist. *)

• Werdenhagen de rebusp. Hanf. Part. III. Cap. 18. p. 287. Cap. 21. P. 310 213. Part. IV. Cap. 13. p. 68 720.

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Diese Streitsache vermehrte nun auch den Unwillen und die Feindschaft zwischen der Stadt und dem Domkapitel nicht wenig. Die Stadt weigerte sich daher so lange, als möglich, das Domkapitel als Landesherrn anzuerkennen, sich demselben als solchem zu unterwerfen, und ihm die Huls Digung zu leisten. Das Domkapitel sahe sich endlich gends thigt, der Stadt durch einen merkwürdigen Revers vom 10. April 1602 zu erklären: daß es nur als das verwaltende höchste Landes:Collegium, während der Minderjährigkeit des Erzbischofs und Landesherrn, und in dessen Namen, Unters würfigkeit und Huldigung von der Stadt fordere, daß der Stadt während der Verwaltung des Domkapitels nichts von ihren Freyheiten, Gewohnheiten und Gerechtigkeiten entzogen, sie vielmehr dabey geschüßt werden, und daß die von der Stadt dem Domkapitel zu leistende Huldigung nur ad interim bis zur Volljährigkeit des Erzbischofs gelten folle. Hierauf versprach die Stadt zwar, sich in der Zeit so gegen das Domkapitel zu verhalten, wie es gegen einen, Erzbischof oder Administrator zu thun schuldig sey; allein daß sie demselben wirklich gehuldigt habe, davon findet sich keine Nachricht. **)

Als im I. 1605 ein Bürger zu Magdeburg, wegen einer Schwängerungsklage gegen ihn, vom Magistrat zur Verantwortung gezogen, und vom damaligen Senior des

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118. 115.

Sagitt. Hift. Magd. lib. 7. cap. 9. p. 108
Cellar. vom Magdeb. Stapelrecht. S. 61. 62. Smalian
eben davon S. 82. Håberlin Ch. 22. S. 330. 367 370.
429. Petr, Mindani Refponfum üb. d. Magdeb.
Kornschiffung. (Mfer.) Rescript Joach. Fried. v, 21.
Febr. 1595 (ex Act.)

419

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**) Magdeb. Urkundenb. fol. 234 236.

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Ministeriums M. Joh. Dürre nach der Kirchenordnung ́v. 1554, vom Abendmahl so lange zurückgewiesen ward, bis er Kirchenbuße gethan håtte; so verklagte er deswegen den Senior Dürre bey der Landesregierung zu Halle, und fand mit seiner Klage Gehör bey derselben, und beym Domkapis tel. Der Magdeburgische Magistrat aber protestirte dage: gen, erklärte es für eine offenbare Verleßung des Vergleichs der Stadt mit dem Administrator von 1585, und appcllirte ans Reichskammergericht. Bey dieser Gelegenheit behaus ptete der Magistrat in einem Schreiben ans Domkapitel vom 16. Februar 1605 die Reichs freyheit und Un mittelbarkeit der Stadt Magdeburg mit dürren Worten, und nannte sie geradezu eine kaiserliche freye Reichsstadt. Dawider protestirte nun das Domkapitel am 21. Februar 1605 aus allen Kräften, erklärte es für eine pur lautere Neuerung, die in alle Ewigkeit nicht zu erweisen sey, indem die Stadt vom Anfang des Erzstifts an demselben incorporirt, und ein Stand und Glied dessels ben gewesen sey, wie so viele Documente darüber, die Reversalen und alle bisherigen Verträge bezeugten. Besons ders bezog sich das Domkapitel auf die dem Erzbischof Ernst, und dem Administrator Joachim Friedrich von der Stadt geschwornen Huldigunseide, und auf den Revers der Stadt beym Verkauf des Guts Neugattersleben, in welchem die Stadt ausdrücklich versprochen hatte, daß sie sich bey Erles digung des erzbischöflichen Stühls ans Domkapitel halten wolle. Diese Beweise wurden auch abschriftlich beygelegt. Der Magistrat ließ nun in seiner Appellationsschrift ans Reichskammergericht alles, was feiner Behauptung irgend einen Schein oder Gewicht geben konnte, sehr genau und weitläuftig in 24 Puncten ausführen. Das unächte Pris

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