Schillers lyrische Gedichte, Bände 65-72

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E. Wartig, 1876
 

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Beliebte Passagen

Seite 541 - Was doch alles Schreibens Anfang und Ende ist, die Reproduktion der Welt um mich durch die innere Welt, die alles packt, verbindet, neu schafft, knetet, und in eigener Form, Manier, wieder hinstellt, das bleibt ewig Geheimnis, Gott sei Dank, das ich auch nicht offenbaren will den Gaffern und Schwätzern.
Seite 550 - Ich bin nun einmal einer der Ephesischen Goldschmiede, der sein ganzes Leben im Anschauen und Anstaunen und Verehrung des wunderwürdigen Tempels der Göttin und in Nachbildung ihrer geheimnisvollen Gestalten zugebracht hat, und dem es unmöglich eine angenehme Empfindung erregen kann, wenn irgend ein Apostel seinen Mitbürgern einen anderen und noch dazu formlosen Gott aufdringen will.
Seite 288 - Mir drückten sich gewisse große Motive, Legenden, uraltgeschichtlich Überliefertes so tief in den Sinn, daß ich sie vierzig bis fünfzig Jahre lebendig und wirksam im Innern erhielt; mir schien der schönste Besitz, solche werte Bilder oft in der Einbildungskraft erneut zu sehen, da sie sich denn zwar immer umgestalteten, doch, ohne sich zu verändern, einer reineren Form, einer entschiednern Darstellung entgegen reiften.
Seite 137 - Das Angenehmste, was Sie mir aber melden können, ist Ihre Beharrlichkeit an Wallenstein und Ihr Glaube an die Möglichkeit einer Vollendung; denn nach dem tollen Wagestück mit den Xenien müssen wir uns bloß großer und würdiger Kunstwerke befleißigen und unsere proteische Natur, zur Beschämung aller Gegner, in die Gestalten des Edlen und Guten umwandeln.
Seite 550 - Sache nicht ist, weil ich zu denen gehöre, die selbst gern ruhig sein mögen und auch das Volk nicht aufregen wollen) so hätte auf der Rückseite des Titelblatts stehen müssen: «Man lernt nichts kennen, als was man liebt, und je tiefer und vollständiger die Kenntnis werden soll, desto stärker, kräftiger und lebendiger muß Liebe, ja Leidenschaft sein.
Seite 138 - Es ist mir eine neue trostreiche Erfahrung, wie der poetische Geist alles Gemeine der Wirklichkeit so schnell und so glücklich unter sich bringt und durch einen einzigen Schwung, den er sich selbst gibt, aus diesen Banden heraus ist, so daß die gemeinen Seelen ihm nur mit hoffnungsloser Verzweiflung nachsehen können.
Seite 416 - Mahlzeit, und wartete uns in allen Stücken so gut auf als der beste Bediente. Sobald wir seiner Dienste nicht mehr nöthig hatten, sprach mein Mann ein paar andere Worte, und der Besen wurde wieder Besen, der Stößel wieder Stößel, wie zuvor. Ich wandte alles mögliche an, daß er mich das Kunststück lehren möchte: aber mit diesem einzigen hielt er hinterm Berge, wiewohl er in allem ändern der gefälligste Mann von der Welt war.
Seite 32 - Weibliche Reinheit, schuldlose Nachgiebigkeit, Vergeßlichkeit des Mannes, mütterliche Abgesondertheit, Vater und Mutter durch den Sohn vereint, die allernatürlichsten Zustände, hier aber in die Regionen der Wunder, die zwischen Himmel und Erde wie fruchtbare Wolken schweben, poetisch erhöht, und ein ganz gewöhnliches Naturschauspiel durch Götter und Götterkinder aufgeführt.
Seite 423 - Nepomuckchen sogleich entgegen: ich fand mich in Prag auf der Schützen-Insel; die schöne Brücke vor mir, dazwischen den sanften Strom der tausend Schiffchen mit hellen Kerzen trägt; das Frohlocken der Kinder, das Gebimmel und Getön der Glocken und der ruhige Gedanke daß mitten in dem poetischen Wirr und Irrwesen die Wahrheit ruht wie ein schlafendes Kind - und das Stückchen stand vor mir.

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