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Cassagnac: und auf unsere Entschlossenheit). Wenn es anders kommen follte, so würden wir, stark durch Ihre Unterstüßung, meine Herren, und durch die der Nation, unsere Pflicht ohne Zaudern und ohne Schwäche zu erfüllen haben."

Diesen Worten folgte eine dreifache Beifallsfalve; von allen Seiten wurden der Herzog v. Gramont und Ollivier umringt und beglück. wünscht.

Nach einer halbstündigen Pause wird die Sizung wieder auf. genommen. Man verlangte, gegenüber den zweifelhaften Auslaffungen Gramonts, bestimmte Erklärungen über Krieg oder Frieden. Ollivier, der hierauf das Wort ergreift, wünscht, daß man die Rede Gramonts aufmerksam prüfen möge; man werde dann keine Ungewißheit empfinden. - Die Regierung wolle den Frieden, sie wünsche ihn sogar eifrigst, aber mit Ehren. Er fei überzeugt, daß die Erklärung Gramonts zum Frieden führen werde, weil jedesmal, wenn Frankreich sich fest in Ruhe und Gerechtigkeit ausspricht, man dann nicht widerspricht, was Frankreich ohne Uebertreibung und in den Grenzen seines Rechtes fordert. Die Kammer Sürfe versichert sein, daß die Regierung nicht auf krummen Wegen ihrem Ziel zusteuere; wenn sie den Krieg wolle, würde sie es frei heraussagen. Sie will nicht den Krieg, weil sie es laut erklärt, und sie wird Frankreich nicht in denselben verwickeln, ohne den gesetzgebenden Körper in loyaler und direkter Weise zu befragen.

Arago erklärte hierauf, daß das Ganze doch nur auf Entzündung eines Krieges hinauslaufe, seine Worte wurden aber in dem betäubenden Lärmen einer wüthenden Mehrheit erstickt.

Der Fehdehandschuh war mit dieser Erklärung des Ministers hin geworfen. Letterer, oder vielmehr Napoleon, hatte, nachdem die preußische Regierung bereits am 4. amtlich erklärt, die hohenzollernsche Thron candidatur sei ihr ganz fremd, ja für sie überhaupt nicht vorhanden, gar kein Recht mehr, fernere Erklärungen von Preußen zu verlangen. Der Machthaber in Paris ging aber weiter und wies seinen in Wildbad weilenden Botschafter Benedetti an, sich unverweilt nach Ems zum Kö. nige zu begeben, der dort ja gar keine Staatshandlungen schon um des. halb nicht vornehmen konnte, weil keiner der verantwortlichen Minister anwesend war. Nichtsdestoweniger empfing der König den sonst von ihm wohl gelittenen Botschafter und vernahm die Bitte, dem Erbprinzen von Hohenzollern die Annahme der spanischen Krone zu verbieten. Der König lehnte die Bitte ab, schon weil er dem Prinzen in dieser Beziehung nichts zu verbieten habe, da dieser Herr seiner Handlungen sei. Trotz dieser bestimmten, unzweideutigen Erklärung erscheint Benedetti, dem sein Herr die unverschämte Anweisung gegeben hatte, den König absichtlich zu verleben (brusquer le roi) nochmals bei dem ihm huldvoll entgegen. kommenden Monarchen mit dem Andringen, den Erbprinzen zum Ver.

zicht auf den spanischen Thron zu veranlassen. Auch diese Zumuthung weist der König zurück.

Da entsagt der Erbprinz am 12. Juli, aus eigener Bewegung, der Candidatur. Sein Vater, Fürst Anton von Hohenzollern, hatte aus Schloß Sigmaringen, 12. Juli, 11 Uhr 28 Minuten folgende Depesche an den spanischen Gesandten in Paris, Olózaga, gesandt: .Ich mache es mir zur Pflicht, Ihnen die wörtliche Copie eines Telegramms zugehen zu lassen, das ich soeben an den Marschall Prim nach Madrid gesandt: Gegenüber den Verwickelungen, welche durch die Candidatur meines Sohnes Leopold enstanden, Verwickelungen, die nothwendiger Weise einen gewissen Einfluß auf die Cortes ausüben müssen, so daß ein Votum derselben nicht wohl ohne die Mitwirkung von Elementen möglich wäre, welche der Person, um die es sich handelt, durchaus fremd find, trete ich im Namen meines Sohnes von der Candidatur auf den spanischen Thron zurück." Die Cortes sollten am 22. Juli in Madrid zusammentreten, die Königswahl am 1. August und der Einzug des erwählten Königs am 1. Nov. stattfinden.

Dieser Verzicht, der bei Vielen Verstimmung hervorrief, weil er jeßt wie ein Zurückweichen Preußens vor Frankreichs Uebermuth gedeutet werden konnte, schien doch auf kurze Zeit Friedenshoffnungen zu erwecken, zu deren Echo sich fogar Ollivier im Vorsaal des Gesetzgebungskörpers machte und dadurch eine große Bewegung an der Börse hervorrief. Der Friedensversicherung Olliviers folgten Artikel der von den Ministern abhängigen Zeitungen, deren eine, der Constitutionnel, erklärte, daß, nachdem Frankreichs Ferde. rung bewilligt worden, man zufrieden sein könne. Der Prinz von Hohenzollern wird nicht in Spanien regieren. Wir haben nicht mehr verlangt, und mit Stolz nehmen wir von dieser friedlichen Lösung Kennt niß. Ein großer Sieg, der nicht eine Thräne, nicht einen Tropfen Blut kostet."

Die Kriegsgerüchte dauerten dennoch fort, ja ein großer Theil der Presse heßte weiter zum Kriege mit Preußen um jeden Preis. Der Größenwahnsinn sprach aus diesen Veröffentlichungen, die Preußens König durch das caudinische Joch" gehen lassen, die preußischen Truppen mit Kolbenstößen im Rücken" über den Rhein jagen wollten. Die hohenzollernsche Throncandidatur war inzwischen durch neue Napoleonische Unverschämtheiten um ihre Bedeutung gekommen. Der Herzog von Gra mont verlangte nämlich, ebenfalls am 12. Juli, von dem, selbigen Tages in Paris wieder eingetroffenen Botschafter, Freiherrn v. Werther, der König von Preußen solle sich feierlich verpflichten, daß auch in Zukunft kein Mitglied seiner Familie die spanische Krone annehme, dem Kaiser Napoleon ein Entschuldigungsschreiben übersenden und sich der Ent. sagung des Erbprinzen anschließen!! Ein solch empörendes Anfinnen richtet in der That sich selbst.

Am 13. Juli (Mittwoch) entblödete sich Benedetti nicht, dem Kö nige, noch dazu auf dem Spazierwege, das Anfinnen zu stellen, die Verzichtleistung des Erbprinzen zu bestätigen und die Versicherung zu erthei len, daß auch in Zukunft diese Candidatur nicht wieder aufgenommen werden würde. Der König ließ den Botschafter stehen und wies ihm,

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als er in der Wohnung erschien, die Thür.

Der Krieg war nun, durch das beispiellose, geradezu irrsinnige Vorgehen Napoleons unvermeidlich geworden. Graf Bismarck, der, zum Könige nach Ems berufen, auf die Nachricht von dem Rücktritte des Prinzen von Hohenzollern, schon wieder nach Varzin sich begeben wollte, eilte nun zum Könige, und noch am Abende des 13. Juli erschien ein Zeitungstelegramm, das in Berlin auf den Straßen, wo es durch Extrablätter verbreitet wurde, und auch überall in Deutschland einen wahren

Enthusiasmus hervorrief. Dieses Telegramm st als Nachricht über die Natur der französischen Forderungen und des Königs festen Entschluß, dieselben abzulehnen, genau mit denselben Worten, wie den Zeitungen, den deutschen Regierungen und den Vetretern des Bundes bei einigen außerdeutschen Höfen zur Information mitgetheilt worden und lautet wie folgt:

„Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der kaiserlich französischen Regierung von der königlich spa. nischen amtlich mitgetheilt worden sind, hat der französische Botschafter in Ems an Se. Majestät den König noch die Forderung gestellt, ihn zu autorisiren, daß er nach Paris telegraphire, daß Se. Majestät der König Sich für alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Candidatur wieder zurückkommen follten. Se. Majestät der König hat es darauf abgelehnt, den franzö fischen Botschafter nochmals zu empfangen und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen, daß Se. Majestät dem Botschafter nichts mehr zu sagen habe."

Die Abweisung Benedetti's fand bei allen Denkenden und Fühlen. den eine ungetheilte Anerkennung. Der König hatte jede weitere Unterhandlung bereits abgebrochen, als der Herzog v. Gramont an demselben verhängnißvollen 13. Juli über den „spanisch - preußischen Zwischenfallim Senat und gesetzgebenden Körper folgende Aufschlüsse" gab:

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Ich habe von der spanischen Botschaft die amtliche Anzeige von dem Verzicht des Prinzen von Hohenzollern auf die spanische Throncandidatur erhalten. Die Unterhandlungen, welche wir mit Preußen führen und die niemals einen andern Gegenstand hatten, sind noch nicht beendet. Es ist also unmöglich, über dieselben nähere Erklärungen abzugeben."

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Diese Erklärung des Ministers rief einen Sturm hervor, die Mehrheit der Abgeordneten nahm Anstoß an der Langsamkeit der Verhand. lungen, die doch was jene freilich noch nicht wußten von dem König sehr schnell in Fluß gebracht waren. Auf höhere Weisung und aus eigener Eingebung drängten sie zum Kriege, nur eine verschwindend kleine Zahl wollte ihn nicht, so der bekannte Rochefort, der aus seinem Gefängnisse (er büßte eine Strafe wegen Preßvergehen) schrieb: Jeder nicht streng die Vertheidigung der Grenzen bezweckende Krieg ist nichts als eine Reihe von Mordthaten. Man weiß jest was jene ge krönten Menschenfreunde werth sind, welche die Vernichtung der Armen für die Ausrottung des Pauperismus halten." (Anspielung auf Napoleon, der, wie früher mitgetheilt, eine Schrift über die Ausrottung des Pauperismus verfaßt hatte.) Ebenso hatte der Abgeordnete E. Arago in der Sigung vom 11. dem Minister Gramont nach der Erklärung: „Alle von uns befragten Cabinette scheinen in Anerkennung der Rechtmäßigkeit unserer Beschwerden einig. Wir erwarten die Antwort, welche unsere Ent

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schließung bedingt, zugerufen: Hat die von der Regierung aufgeworfene Frage nur auf die Candidatur des Prinzen Leopold Bezug, so wird der Friede Europas nicht gestört werden, man hat aber Grund zu der beunruhigenden Annahme, daß das Cabinet nur Vorwände eines Krieges gesucht hat.

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Und so war es ja auch. Am 14. Juli erwartete Paris bereits eine Erklärung der Minister, die jedoch nicht erfolgte, angeblich, weil eine lange chiffrirte Depesche Benedetti's aus Ems unleserlich eingegangen war. Die Regierung hatte Trupps von Müßiggängern angenommen, welche die Straßen lärmend durchzogen. Man schrie: Nieder mit Preußen! Es lebe der Krieg! Nach Berlin, nach Berlin!" u. dergl. m. Hochmüthig erklärte Gramont Herrn v. Werther, die Entsagung Hohenzollerns sei Nebensache, da Frankreich dessen Thronbesteigung ohnehin nie gedul det haben würde, die Hauptsache sei, daß der König von Preußen dem Kaiser wegen des Vorgefallenen schriftlich Abbitte leiste, aber in dem Briefe der verwandtschaftlichen Beziehungen des Erbprinzen zur Napoleo nischen Familie nicht erwähnen dürfe, weil das böses Blut mache.

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