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Hinterlade-Gewehre und Mitrailleusen.

Das Zündnadel-, Chassepot- und Werder-Gewehr.

Die Handfeuerwaffen wurden seit der zweiten Hälfte des 14. Jahr. hunderts, wo sie entstanden, stetig verbessert und vervollkommnet. Um die Zeit des dreißigjährigen Krieges entstand das Steinschloß, 1671 zu Bayonne das Bayonnet, und 1701 war die Bayonnetflinte die allgemeine Waffe des Fußvolfs.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts ward das Percussionsschloß erfunden, das seit über 40 Jahren allmählig das Steinschloß verdrängte. Der französische Hauptmann Delvigne brach durch sein, 1828 erfundenes, 1840 verbeffertes Kammersystem Bahn zur Ausbildung der gezogenen Waffen für einen ausgedehnten Kriegsgebrauch. 1844 erfand der Oberst Thouvenin das Dornsystem, nach welchem vier Jahre später in Preußen die Jägerbüchse umgearbeitet wurde.

Inzwischen hatte der spätere Geheime Commissions. Rath Nicolaus von Dreyse in Sömmerda (geb. 1788, gest. 1868) die wichtige und folgenreiche Erfindung des von hinten zu ladenden Zündnadelgewehrs gemacht, und schon 1848 wurde, nach langer und gründlicher Erprobung dieser Waffe, ein Theil der preußischen Infanterie, nach und nach jedoch die gesammte Truppe mit derselben bewehrt. Daneben behauptete fid) auch im preußischen Heere das 1849 von dem französischen Hauptmanu Minié erfundene und nach ihm benannte Expansions-System.

Nachdem der Krieg ron 1866 die Trefflichkeit des Dreyse-Gewehrs erwiesen, waren alle Heere über Umänderung der Gewehre in Hinter lader einstimmig. Nur in den Einzelheiten ging man derart auseinander, daß gegenwärtig 29 Systeme vorhanden sind.

Die drei Systeme, welche im gegenwärtigen Kriege im deutschen und französischen Heere im Gebrauch gewesen, sind das Dreyse'sche Zünd nadelgewehr (womit das ganze norddeutsche Bundesheer, das württember gische und badensche Contigent bewaffnet ist), das Chassepotgewehr der Franzosen und das Werder-Gewehr der Baiern. Die Hauptbedeutung erlangte das von dem französischen Waffen-Inspector Chassepot her rührende und nach ihm benannte Gewehr, welches derselbe schon 1858 zuerst angegeben hatte, als er noch Arbeiter in der Central-Artilleriewerkstatt war. Damals fehlte der Waffe noch die Einheitspatrone, doch wurden mit der Zeit Verbesserungen gesucht und gefunden. Das neue Gewehr, an welches man, nach dem preußischen Kriege des Jahres 18C6, statt Hahn und Piston, auch die Zündnadelzündung anbrachte, erwarb sich bald den Vorrang vor anderen Waffen, so daß durch Verordnung vom 30. Aug. 1866 das Chassepotgewehr für die französische Infanterie eingeführt wurde.

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Von den nebenstehenden Abbil bungen stellt die erste das Zünd. nadelgewehr dar. Die Haupttheile des Verschluß- und Zündapparates find die Nadel 1, welche im Nadelrohr 6 geführt wird und in dem Nadelbolzen 2 befestigt ist. Dieser Bolzen wird durch die Spiralfeder 3 getrieben, welche sich zugleich mit den Theilen 1 und 2 im Rohre, dem sogenannnten Schlößchen 4, befindet und sich an dessen Boden hinten anstemmt; um fie gespannt zu halten, stemmt sich der mittlere Kopf des Nadelbolzens gegen den Haken 10 der Abzugfeder 11. Das Schlößchen 4 wird umgeben von dem Kammerrohr 5, welches sich, vorn übergreifend, an den Lauf 8 anschließt und oben den Knopf trägt; in diesem Kammerrohr wird das Schlößchen festgehalten durch die Sperrfeder 9, kann aber rückwärts herausgezogen werden, wenn diese niedergedrückt ist. Das Kam. merrohr hat unten einen Länge. schliß als Raum für den Haken 11 bei der Rückwärtsbewegung. Die äußerste Röhre bildet die Hülfe 7, in welche das Ende des Laufes 8 eingeschraubt ist, und welche oben quer und längs ausgeschnitten ist zum Anschluß des Knopfes und zu deffen Bewegung rückwärts. Unter der Hülse liegt die Abzugfeder 11 und der Drücker 12. Die im Laufe liegende Patrone enthält a Pulver, b Zündpille am Spiegel c und das Geschoß d. In der ge. zeichneten Stellung (fertig zum Schuß) bedarf es nur, den Drücker 12 anzuziehen, wodurch der Haken 11 herabgeht, der Bolzen 2 frei und durch die Feder 3 in die Patrone bis zur Zündmasse b hineinge trieben wird und diese zur Erple. sion bringt. Dabei fliegt der Spiegel c (aus Papier) mit hin aus und soll die durch die Züge erlangte Drehung auf das Gescho übertragen. Geladen wird wieder, indem man die Sperrfeder 9 niederdrückt und das Schlößchen 4 an seinem Kopf bis zum zweiten Einschnitt der Feder zurückzieht. Dann

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wird Kammerrohr 5 am Knopfe links gedreht und zurückgezogen, die Patrone eingelegt und wieder zugeschoben, während Schlößchen 4 ruhig bleibt. Wird dieses vorgeschoben, so spannt sich die Feder 3, und die Feder 9 sperrt ein zu der gezeichneten Stellung. Erneutes Zurückziehen des Schlößchens entspannt die Feder 3 und ergiebt die Rubelage. Der Kopf 2 trägt vorn ein Lederscheibchen, welches als Dichtung hinter dem Nadelrohr 6 dient.

Im Chassepotgewehr ist 1 die Nadel, 2 der Nadelbolzen mit vorderm Kopf, 3 die Feder um denselben; 4 ist das Rohr, welches Schlößchen und zugleich mit dem Kopf 7 Verschlußzbolzen und Nadelführung ist. In der Mitte trägt es den Stoßboden 6 und hinten die Schraube 5 als Ansaß für die Feder; 8 ist der sogenannte Daumstollen zum Zurückziehen des Nadelbolzens und Spannen der Feder. Dieser enthält eine Rolle 9 zur leichtern Bewegung auf der Rinne, in welche die Hülse 11 hinten ausläuft; in diese Hülse ist vorn der Lauf 12 einge schraubt. 13 ist ein Ning um den Nadelbolzen, welcher sich hinter den Hafen 14 anstemmt; leßterer wird zur Entladung abwärts bewegt, indem der Hebel 15 vom Abzug 17 gegen die Feder 16 gedrückt wird. Die Zeichnung stellt das Hewehr in abgeschoffenem Zustande dar. 10 ist der Knepf, mittels dessen das Schlößchen 4 bewegt wird, und zwar wird zuerst der Daumstollen 8 zurückgezogen, dann das Rohr 4 links gedreht und so weit zurückgezogen, daß der Bolzen. fepf 7 Plaß genug läßt für die Patrone. Eine Ruhelage ist nur bis zur halben Entspannung der Feder möglich.

Das Werdergewehr enthält: 1 den Schlagstift, 2 die rückwärtsdrückende Feder, 3 ist der jochförmige Verschlußzkörper, der sich um seine Achse auf. und abbewegt, 4 ist der Hahn mit dem Drehpunkt 6. Dieser tritt da, wo er aus dem Schlosse herausragt, knieförmig nach rechts (gegen den Beschauer aus der Bildfläche heraus) und geht dann wieder aufwärts. Die Rolle 5 ist in einer Gabel am Hahn befestigt und hebt den Verschlußkörper 3, wenn der Hahn rüfwärts aufgezogen wird. Dabei legt sich der Abzug 11 in die Hahnruhe. Von den beiden Federn bewegt 7 den Verschlußkörper abwärts, 8 treibt den Hahn vorwärts; beide stüßen sich an das Lager 9. 10 ist eine Stüge für den Ver schlußzkörper und wird durch die Feder 12 gegen denselben gedrückt. Dieselbe Feder hält auch den Patronenhaken 13 in seiner Lage, dessen obere Enden sich hinter den Rand der Kupferpatrone, im Metall des Laufes 15 verborgen, anlegen. Der Lauf ist umgeben mit einer Hülse 14, welche den vordern Theil eines stäblernen Kastens bildet, der in den Schaft eingelassen ist, und in den man das Schleh als besonderes Kästchen einsehen oder aus demselben herausnehmen kann. An der ganzen Vorrichtung femmt nur die eine Schraube im Abzugbügel vor, übrigens läßt sich das Schloß ohne Werkzeug zerlegen. Die Zeichnung stellt das Gewehr vor dem Schusse dar; wird der Abzug 11 zurückgedrückt, so schlägt der Hahn 4 auf den Stift 1 und entzündet durch denselben die mit einem Zündhütchen in der Mitte des Bodens versehene Patrone.

Das französische Mitrailleusen:Geschüß

ist fast in allen deutschen Zeitungen ganz falsch dargestellt. Unsere Leser erhalten hier eine richtige und vollständige Abbildung und Beschreibung:

Es besteht aus der Laffette und dem aus mehreren Gewehrläufen zusam mengesetzten Rohre. Die Laffette, aus Rändern, Achse, Laffettenwänden, Richt maschine und den Beschlägen zur Dauer und zur Fortschaffung von Zubehör. stücken bestehend, bietet etwas besonderes Neues nicht. Mehr zum Rohre als

zur Caffette gehörig und eigenthümlich in seiner Construction ist die auf den Caffettenwänden fißende Reinigungsvorrichtung A der Ladebüchsen.

Die Mitrailleuse selbst besteht aus den Läufen a, dem Mantel derselben b, der Ladebüchse c und dem Entzündungsmechanismus d.

Die Läufe a find Hinterladungs-Gewehrröhre, 25 an Zahl, aus Eisen, gezogen und bündelartig zum Ganzen vereinigt.

Um fie in fester Lage zu erhalten, sind sie von einem broncenen Mantel umschlossen, dessen äußere Form einer gewöhnlichen broncenen Kanone sehr ähn

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lich sieht. Dieser Mantel seßt sich nach hinten kastenartig fort und bildet am Ende eine Verstärkung zur Aufnahme der Bewewegungsschraube f. Der fasten artige Theil nimmt die Ladebüchse e und den Entzündungsmechanismus d auf. Born auf dem Kopfe des Mantels befindet sich das Korn, hinten auf der Verstärkung das Visir. Eine zweite Visirvorrichtung befindet sich auf der rechten Seitenfläche des fastenartigen Theils, das Korn bei x und die Auffazbüchse bei g. 4 Vorreiber, 2 auf jeder Seite, dienen zur Befestigung eines Schußbleches gegen Witterungseinflüsse. In der Mitte, unten, hat der Mantel einen cylindrischen Angus, mit welchem er in die Schildzapfen greift. Leßtere bilden gleichzeitig nach hinten die Richtsohle der Richtmaschine, und ist man hierdurch im Stande, dem Rohre horizontale und verticale Richtung zu geben.

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