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abgehen sollten, zuckte plößlich wieder von Westen her der Blisstrahl des Krieges gegen den Rhein hin. Wiederum erscholl der Königliche Aufruf zu den Waffen an das Vaterland, und statt zu einer Erinnerungs- und Friedensfeier nach Berlin wurden die festgeschmückten Gäste in und mit dem Volke in Waffen als Grenzwacht an den Rhein entboten.

Nachdem mit Gottes Hülfe und nach schwerem Kampfe ruhmroll der Sieg erfochten, führten die gegenwärtigen Festtage die beiden großen Epochen von 1813-15 und von 1870-71 vereinigt vor: Gegenwart schloß sich das Erinnerungsdenkmal der Vergangenheit, und vor dem Schlosse seiner Väter schaute die Statue König Friedrich Wil helm's III. segnend herab auf die Heldensöhne der Gegenwart, welche, geführt von seinem zweiten Sohne, sich nahten, um seinem Andenken mitten unter seinem Volke eine Stätte lebendiger und bleibender Er innerung zu gründen.

Das Kolossal-Monument stellt die Reitergestalt des Monarchen mit Federhut, Generalsuniform und wehendem Feldmantel bekleidet auf ruhig schreitendem Pferde, die Rechte segnend über das Land ausstreckend, dar. Die Figur ist dem Königlichen Schlosse zugekehrt. Die Statue des Königs ist 19 Fuß hoch, das jetzige provisorische Piedestal 13 Fu5, während das später dieses ersehende eine Höhe von 21 Fuß erreichen wird. Das Gewicht der Statue beträgt 190 Ctr., die übrigen Aus. führungen in Bronze belaufen sich auf 420 Ctr., so daß das Ganze das Gewicht von 610 Ctrn. hat. Der gesammte Bau ruht auf einem sechs Stufen haltenden Podium von 3 Fuß Höhe. Die Statue ist in der Gräflich von Einsiedel'schen Gießerei zu Lauchhammer von Laube gegeffen und von J. Rudholzner ciselirt. Bis zum Jahre 1873 soll nach Befehl des Kaisers auch das reiche Piedestal völlig fertiggestellt sein.

Das Denkmal wird in allen seinen Theilen aus Bronze bestehen. Die vordere, dem Königlichen Schlosse zugewendete Seite_des_Sockels trägt in erhabener Schrift die einfache Widmung: „Dem König Friedrich Wilhelm III. König Wilhelm 1870." Die auf derselben Seite angebrachte Muse der Geschichte, deren Oberkörper völlig enthüllt ist, stüßt sich mit dem einen Knie auf den Panzer einer Trophäengruppe und mit dem linken Arm an die Wandfläche, während ihre Rechte mit dem Griffel in jene die Worte: „Friedrich Wilhelm dem Gerechten" eingräbt. Rechts über dem Panzer erblickt man die Inschrift: „Leipzig, Paris, fammt französischem Helm und Schwert, während zur Linken am Boden ein gestürzter gallischer Adler neben der Inschrift: „Belle Alliance" ruht.

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Auf der östlichen Langfeite dem Dome gegenüber wird die großartige Erhebung des preußischen Volkes im Jahre 1813 symbolisch dargestellt. Eine kolossale Boruffia, welche der Athene ähnlich sich in mitten des Sockels erhebt und mit reichem Kriegsgewande sowie wappen

gefäumtem Mantel bekleidet ist, schwingt, einen Lorbeerkranz um den Helm gewunden, in der Rechten das Schwert und trägt hoch oben in der Linken eine Adlerstange, die ein kranzumgebenes Landwehrkreuz schmückt. Ihr Fuß tritt auf gebrochene Ketten. Sinnig erscheint die Inschrift, aus dem 119. Psalm gezogen: Sie haben mich oft bedränget von Jugend

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auf, aber sie haben mich nicht übermocht."

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An der rechten Seitenecke fißt auf dem weit vorspringenden Ecksockel die bärtige, mit Rebenlaub reichbekränzte, markige Gestalt des Rheinstromes mit nacktem Oberkörper und heiterm Antliß, das rechte Bein über das linke Knie geschlagen, den linken Arm auf eine strömende Urne gestüßt; darüber erhebt sich ein stolzer Adler, der eben seine gewaltigen Schwingen zum Fluge richtet. Die linke Seitenecke ziert ein junges, kräftiges, fißendes Weib in ländlicher Tracht, welches zur Borussia aufschaut: es ist das Symbol der Memel, des äußersten preußischen Grenzflusses. Die westliche Langfeite des Sockels dem Zeughause gegenüber ist für die symbolische Darstellung der Friedensperiode, Gesetzgebung und Kulturentwickelung, bestimmt, welche Preußen unter Friedrich Wil helm's III. Regierung erlebte. Eine Königliche Frau von idealer Schön. heit, das Haupt mit dem Diadem geziert, umwallt von einem Hermelin mantel, das Scepter in der Rechten, die Linke auf den Rand eines hohen zur Seite stehenden Schildes gelehnt, nimmt die Mitte dieser Seite ein: fie ist das Sinnbild der Königlichen Weisheit im Frieden. Auf dem Schilde liest man in kurzen Worten die Friedensthaten, welche Friedrich Wilhelm's Namen für alle Zeiten unsterblich gemacht haben: „Aufhebung der Erbunterthänigkeit, Beschränkung des Zunftzwanges, Gründung der Universität Berlin, Allgemeine Kriegspflicht, Zollverein, Union, Autorrecht!" Daneben erscheint die Inschrift: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk." Die rechte Ecke dieser Langseite wird von einer vorspringenden Gruppe eingenommen, welche die Industrie und den Genius der Kunst darstellen. Erstere tritt in der Gestalt eines kräftigen sißenden Arbeiters auf, dessen schwielige Hand auf dem Stiele eines schweren Hammers ruht, während letztere durch einen schönen geflügelten Jüngling repräsentirt wird, der seinen rechten Arm auf die Schulter des Arbeiters lehnt, neben welchem er in ungezwungener edler Stellung seinen Platz einnimmt. Als Attribute der Kunst und der Industrie ruhen zu ihren Füßen ein Säulencapital, Hammer, Zahnrad und Palette.

Die den Museen zugekehrte Schmalseite des Piedestals ist der Symbolisirung des religiösen und toleranten Sinnes Friedrich Wilhelm's III. vorbehalten, wodurch er die Versöhnung der kirchlichen Gegenfäße im Glauben und der Liebe förderte. Auf einem Sockel mit der schönen Inschrift Friede auf Erden" erhebt sich die milde Gestalt der Religion, welche die Palme des Friedens, die sie in der Rechten trägt, über den Kelch in ihrer Linken deckt.

An den Einzug der Truppen in die Hauptstadt, an die feierliche Enthüllung des Denkmals König Friedrich Wilhelm's III. reihte sich in den späten Abend- und Nachtstunden die glänzendste Erleuchtung der Straßen, Pläße, Denkmale und Ehrenpforten, der öffentlichen und priva, ten Gebäude der Haupt- und Residenzstadt an. Die spät eintretende Dunkelheit hatte eine längere Pause nach der Enthüllungsfeierlichkeit veranlaßt, in welcher jedoch bei dem herrlichen Wetter, welches die ganze Festlichkeit begünstigte, das rege Leben und Wogen des Publikums fortdauerte. In der zehnten Abendstunde begann man, die via triumphalis, die derselben anliegenden und alsdann in weitester Ausdehnung auch die entlegneren und entlegensten Stadttheile in ein prächtiges Meer vieler Tausende von Gas- und Kerzenflammen umzugestalten.

Noch am Tage des Truppen - Einzuges erließ der Kaiser folgende Bestimmung:

In dankbarer Anerkennung der rühmlichen und bisher unübertroffenen Leistungen Meiner Truppen in dem beendeten Feldzuge verleihe Ich denselben folgende Auszeichnungen an ihren Fahnen und Standarten:

1) Denjenigen Truppentheilen, deren Fahnen resp. Standarten im Feuer ge wesen sind und das Eiserne Kreuz bereits führen, Fahnenbänder in der Farbe des Bandes des Eisernen Kreuzes mit dem Kreuze darin. 2) Denjenigen Truppentheilen, deren Fahnen resp. Standarten im Feuer gewesen sind und das Eiserne Kreuz noch nicht führen, das Kreuz in der Fahnen resp. Standartenspiße.

3) Denjenigen Truppentheilen, welche mit ihren Fahnen resp. Standarten, ohne daß diese im Feuer gewesen sind, vor dem 2. März c. die fran zösische Grenze überschritten haben, das Band der von Mir für den Feldzug 1870/71 geftifteten Denkmünze für Kombattanten.

Außerdem fanden an demselben Tage zahlreiche Auszeichnungen und Rangerhöhungen an verdiente Feldherrn und Generale statt. Graf von Moltke wurde zum General-Feldmarschall ernannt, der Kriegsminister von Roon in den Grafenstand erhoben.

Am Abend des 17. fand im Opernhause eine Festvorstellung ver einer eingeladenen Versammlung statt. Der Kaiser und die Kaiserin, wie alle Prinzen und Prinzessinnen und die fremden Fürstlichkeiten hatten in der großen Mittelloge Plaz genommen und wurden mit einer Trompeten fanfare begrüßt. Zur Aufführung kamen, nach der Ouvertüre zu Meyerbeer's Feldlager und einem Festprologe, zwei Festspiele, das eine zur Rückkehr," von Rodenberg, mit Musik von Eckart, das andere „Barbarossa, von Hein, mit Musik von Hopfer. Noch an zwei Abenden fanden im Opernhause Vorstellungen für die Militairs statt.

Der Kaiser sprach der Stadt Berlin seine innerste Befriedigung über den den Truppen bereiteten Empfang in folgendem Schreiben an den Magistrat, d. d. 23. Juni 1871, aus:

Dem glücklich beendigten Kriege ist ein ebenso ehrenvoller Friede gefolgt. Nach langer schwerer mühevoller Arbeit ist es den braven Truppen vergönnt, in

ihre Heimath zurückzukehren. Das Vaterland weiß, was es ihnen schuldet. Darum ist ihnen überall von der Bevölkerung ein jubelnder, wohlthuender Empfang be reitet worden. Meine Haupt- und Residenzstadt ist auch hier wiederum mit einem leuchtenden Beispiele vorangegangen. Wie sie den tapferen Krieger bei seinem Auszuge mit ihren heißen Segenswünschen begleitet hat, wie sie während der Tage des Kampfes unermüdlich bestrebt gewesen ist, sein hartes Loos zu er leichtern, so hat sie auch jezt bei seiner Wiederkehr ein glänzendes Zeugniß ihrer Theilnahme, ihres Patriotismus abgelegt. Das im Herzen lang zurückgehaltene Gefühl der Dankbarkeit und der Freude hat einen begeisterten Ausdruck gefunden, wie aufrichtiger und herrlicher nicht gedacht werden kann. Diese festliche Bewill kommnung, welche Mir, den Heerführern und den Truppen zu Theil geworden ist, hat mich mit innerster Befriedigung erfüllt und es ist Mir daher Bedürfniß, dem Magistrat und den Stadtverordneten, der Einwohnerschaft von Berlin, sowie allen Denen, welche sich sonst daran beiheiligt haben, Meinen tiefgefühltesten Dank auszusprechen. Wilhelm.

In ganz Deutschland wurde das Friedensfest mit gleicher Inbrunst und gleichem Danke gefeiert, an verschiedenen Orten schon vor der feier. lichen Heimkehr der siegreichen Truppen in ihre alte Heimath. Bedarf es wohl der Anführung, daß die Sieger, die so Großes errungen, den freudigsten, innigsten und herzlichsten Willkommen fanden? Ja, wohl hat der deutscheste Dichter Necht, wenn er, der es ausgesprochen, daß im Kriege selber das leßte nicht der Krieg ist, einem Kriegsobern die schönen Worte in den Mund legt:

schöner Tag, wenn endlich der Soldat
In's Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch,
Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken

Mit grünen Maien, dem leßten Raub der Felder.

Schön ist eine solche Zeit, schön in der Erinnerung an das Vollbrachte, aber ernst, tiefernst im Rückblick auf das theure Blut, das geflossen, auf vernichtete und gefährdete Existenzen, denen der Dank und das Andenken des Vaterlandes gesichert bleibt, denn nisht umsonst haben die Kämpfer ihr Höchstes eingeseßt. Großes, fast Ungeahntes ist im Laufe weniger Monate vollbracht worden: die lang erstrebte Einigung des Vaterlandes, ein sicherer Grenzschuß, die Ueberwältigung und Nieder werfung des alten Erbfeindes, der uns in freventlicher Weise zum Kampfe herausgefordert. Eine in ihren Anfängen glanzvolle, neue Zeit ist ange brochen, und das deutsche Volk, das sich im Kriege so unvergleichlich ge zeigt, hat nun das Werk der Einigung und Freiheit zu vollbringen, es hat nun im Innern auszubauen, und aus der kriegerischen Saat eine friedliche Ernte einzuheimsen.

Geschichtskalender.

A. Vor dem Kriege.

4. Juli. Der französische Gesandte Benedetti beschwert sich bei der preußischen Regierung, daß der Prinz von Hohenzollern sich zur Annahme der spani schen Königskrone bereit erklärt hat. An demselben Tage richtet der französische Minister des Auswärtigen, Herzog von Gramont, in Paris an den dörtigen preußischen Botschafter eine gleiche Beschwerde.

6. Juli. Gramont erklärt im gesetzgebenden Körper, daß die franzöfifche Regierung nicht dulden werde, daß eine fremde Macht einen Prinzen auf den spanischen Thron seße, der Minister Ollivier bemerkt dazu noch, daß Europa allemal, wenn es Fräukreich fest entschlossen finde, sich nicht den Wünschen Frankreichs widerseze.

12. Juli. Der Prinz von Hohenzollern erklärt, die spanische Königskrone nicht annehmen zu wollen, Gramont verlangt troßdem vom König von Preußen eine schriftliche Entschuldigung wegen des Vorgefallenen.

13. Juli. Benedetti verlangt vom König in Ems auch für die Zukunft bindende Verpflichtungen. Der König lehnt dies ab und verweigert Benedetti weitere Audienzen.

15. Juli. Ollivier erklärt im geseßgebenden Körper, daß Frankreich sich zum Kriege entschlossen habe.

Rückreise des Königs von Ems nach Berlin.

16. Juli. Der norddeutsche Bundesrath erklärt, den Krieg anzunehmen. Mobilmachung des norddeutschen Heeres, der Baiern und Badenser.

17. Juli. Mobilifirung der Württemberger.

19. Juli. Eröffnung des norddeutschen Reichstage. Uebergabe der Kriegs erklärung Frankreichs in Berlin.

20. Juli. Der Reichstag bewilligt für die Kriegführung 120 Millionen. Baiern erklärt sich als Verbündeter Preußens für den Krieg gegen Frankreich. 21. Juli. Schluß des Reichstages.

23. Juli. Kriegs-Proklamation Napoleon's an die Franzosen.

25. Juli. Dankerlaß des Königs für den Patriotismus und die Opferwilligkeit

des deutschen Volkes.

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Errichtung einer Seewehr.

26. Juli. Abreise des Kronprinzen nach München. Württemberg stellt seine Truppen zur Verfügung Preußens. Friedrich Carl nach Mainz.

27. Juli. Außerordentlicher Bettag in Preußen. 28. Juli. Napoleon reist zur Armee ab.

29. Juli.

31. Juli.

zur Armee ab, 2. August. an die Armee. 3. August.

Die französische Panzerflotte paffirt Helsingör.
Proklamation des Königs: An mein Volk.
mit ihm Prinz Carl von Preußen.

Der König von Abreise des Prinzen

Der König geht

Ankunft des Königs in Mainz (Hauptquartier). Proklamation
Amnestieerlaß des Königs.

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