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Der Seekrieg.

Zur See hat die Kriegsgeschichte zwar keine Ereignisse von weittra gender entscheidender Wichtigkeit zu verzeichnen; daß aber die zehnfach überlegene furchtbare Flotte des Feindes nicht einen einzigen Erfolg gegen uns aufzuweisen, daß sie selbst unseren Küsten nirgend einen Schaden zuzufügen vermocht hat, ist eine Thatsache, die nicht minder einzig dasteht, als die Siege unseres Landheeres.

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Ver und bei Beginn des Krieges herrschte im Volke große Besorgnisz wegen des Schadens, den die Franzosen mit ihrer gewaltigen Seemacht uns auf den Meeren zufügen würden. So gerechtfertigt solche Besorg. nisse auch waren, so verloren sie, Angesichts der thatkräftigen Abwehrmaßregeln unserer obersten Kriegsleitung doch an Bedeutung; dagegen blieb allerdings die Befürchtung ver den Einbußen und Verlusten der zu ver hängenden Blokade bestehen, die jedoch nach den seit 1856 giltigen Grundsätzen wirklich ausgeführt werten mußte, um wirksam zu sein.

Ein Vergleich der Seestreitkräfte des Norddeutschen Bundes, dessen Seemacht, wie die Preußens, auf welcher jene doch nur ruhte, noch sehr jung war, mit denen Frankreichs, das über eine bewährte Flotte ersten Ranges gebot, konnte allerdings den Kleinmüthigen verstimmen, während man, bei ruhigerer Ueberlegung, sich sagen mußte, daß die Vorbedingungen für einen Krieg zur See auf französischer Seite fehlten und die Großsprechereien der Franzosen von den ersten See-Artilleristen der Welt, die sie zu ihrer Verfügung hätten, eben auch nur Redensarten waren. Zu Anfang des Jahres 1870 war der Stand der deutschen Flotte folgender:

a) Dampfschiffe, und zwar:

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Nominale

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In Summa also 38 Schiffe und Fahrzeuge mit zusammen 320 Kanonen, 8466 nominalen Pferdekräften und von 36,612 Tonnengehalt.

b) Segelschiffe, als Artillerie- und Uebungsschiffe:

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Kanonen

Tonnengehalt

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Undine" 4. „Hela"

8

551

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Zusammen 7 Segelschiffe und Fahrzeuge mit

5863 Tonnengehalt. Im Bau begriffen waren:

160 Kanonen und

a)

zu Wilhelmshafen:

eine Panzerfregatte (Thurmschiff) „Großer Kurfürst“, ein Aviso „Loreley* (Umbau); b) zu Kiel-Ellerbeck: eine Panzerfregatte (Thurmschiff) König Friedrich der Große"; c) zu Danzig: Panzerfregatte Hanja", Corvette Ariadne", Avisos Albatros" und Nautilus".

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Das Panzer-Geschwader, Kronprinz, Prinz Adalbert, Friedrich Karl und König Wilhelm, hatte am 10. Juli Plymouth verlassen, um nach Fayal zu steuern, kehrte aber auf die Kriegsnachricht augenblicklich zurück.

Frankreichs Kriegsflotte hatte an Panzerfahrzeugen 6 Linienschiffe, 14 Fregatten mit Batterie, 9 Kasematt-, 5 Widderschiffe, 2 Thurm. schiffe, 15 schwimmende Batterien und 11 Panzerboote, zusammen 62 Fahr. zeuge; außerdem noch 230 ungepanzerte Schraubendampfer, 50 Raddampfer und 100 Segelschiffe.

Und treh dieser Uebermacht brauchte man die Zuversicht nicht zu verlieren, schon weil unsere freilich langgestreckte Küste nur wenige eigentliche Angriffspunkte darbietet, und diese gleich von vornherein gehörig geschützt wurden, und die Anlage der Küsten-Eisenbahnen die Heranschaffung von Truppenmassen geeigneten Falls möglich machten. Was sonst noch an Vorsichtsmaßregeln zu geschehen hatte, geschah in ausreichender Weise. Die Leuchtfeuer wurden überall zeitig gelöscht, alle Seezeichen entfernt und vor Allem aber Torpedos gelegt, die die feindlichen Schiffe auf's Aeußerste bedrohten. Des Aufrufs an die Vaterlandsliebe der Lootsen, sich von den Küsten zu entfernen, damit sie nicht zu Loot, sendiensten gezwungen werden könnten, falls der Feind wirklich erscheinen sollte, bedurfte es kaum, da sich solche Landesseinde nicht gefunden haben würden; er erfolgte dennoch, um den Franzosen zu zeigen, daß Vorsicht und Abwehr auf keiner Stelle fehlten. Die Einrichtung einer freiwilligen Seewehr bekundete dies auch auf das Klarste. Bereits am 21. Juli, also am zweiten Tage nach der in Berlin abgegebenen französischen Kriegs, erklärung übernahm der zum Generalgouverneur der Küstenlande (Be zirke des preußischen, pommerschen, schleswig-Holsteinschen und hannoverschen

1., 2., 9. und 10. Armeecorps) ernannte General der Infanterie Vogel von Falckenstein seine Amtsverrichtungen und schlug sein Hauptquartier in Hannover auf. Am 25. erklärte die damalige französische Regierung ihren Entschluß zur Beobachtung der 1856 festgestellten See rechts-Grundsäge, nachdem zuvor der Kanzler des Norddeutschen Bundes in freisinnigster Weise bestimmt hatte, auch die Interessen des Feindes zur See, soweit es nur irgend anging, nicht gefährden zu lassen. Das deutsche Wort wurde treulich gehalten, nicht so das französische, da den Machthabern Frankreichs Treu und Glauben immer mehr abhanden kommen sollte. Den feindlichen und neutralen Schiffen wurde eine geräu mige Frist zum Auslaufen und Bergen gewährt. Am 29. Juli wurde das Oberkommando der norddeutschen Bundes-Marine aufgehoben und mit dem Marine-Ministerium vereinigt.

Gerade an dem Tage, 29. Juli, als Napoleon den Oberbefehl über sein Heer, das sogenannte Rheinheer, das aber den deutschen Rhein nicht gesehen hat, übernahm, passirte ein französisches Panzergeschwader Helsingör und ging zum Theil bei Kopenhagen vor Anker. Es dauerte jedoch noch eine Woche, bis der Anfang mit einer That gemacht wurde, die als solche freilich auch viel, wo nicht Alles vermissen ließ. Am 5. August fingen die Blokade-Verwüstungen an, und selbigen Tags passirte ein Geschwader der französischen Panzerflotte Kersör (am großen Belt auf Seeland) füd. wärts, am 6. August war die französische Flotte vor Bülk (Kieler Meerbusen) in Sicht, und am 9. kam ein zweites französisches Panzergeschwader auf der Höhe nach der Ostsee, bei Dover, vorüber.

Am 13. August benachrichtigte der Befehlshaber des vor Helgoland kreuzenden französischen Geschwaders, Vice- Amiral Fourichon (Derselbe, der nachher Minister der provisorischen Regierung wurde), den englischen Gouverneur der Insel und den britischen Consul in Curhaven, daß die deutsche Nordseeküste von Baltrum (östlich Norderney) südwärts mit dem 15. August in Blokadezustand trete. Am 18., dem Siegestage bei Gravelotte, erfolgte Seitens des Oberbefehlhabers des französischen Panzergeschwaders im Norden, Vice-Admirals Gr. Bouet-Willaumez, die Tags da rauf anhebende Blokade-Erklärung rücksichtlich der Ostseehäfen, und diese Erklärung wurde unter den üblichen Förmlichkeiten in Swinemünde und Lübeck übergeben. Bis zum 15. August sollten die neutralen Schiffe die Häfen verlassen.

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An eine wirkliche Ausführung der Blokade war nicht zu denken, noch weniger an Feindseligkeiten. Dennoch hatten die norddeutschen Bundes. schiffe „Grille“, „Drache“, „Bliß“ und „Salamander" (leßtere drei sind Kanonenboote) ein Gefecht bei Hiddensee (Rügen) am 17. August gegen französische Schiffe bestanden. Am Morgen dieses verließ der Aviso „Grille“ Rügen, um sich nach der französischen Flotte umzusehen, von der man in letzter Zeit nur noch Gerüchte hörte. Bis auf die Höhe von Möen war vom Feinde nichts zu hören und zu sehen; da endlich wurden der Grille die Masten einer Flotte sichtbar, die aus 7 französischen Panzerschiffen nebst 2 Kanonenbooten bestand. Die Grille" lief auf 3000 Schritte an die feindliche Flotte heran, welche schleunigst ein heftiges Breitseitfeuer auf das einzelne Fahrzeug eröffnete und demnächst sich zur Verfolgung aufmachte. Das war es, was die Grille" gewollt. Bald zurückweichend, bald beidrehend und mit ihren beiden kleinen gezogenen 12-Pfändern dem Maffenfeuer der französischen Panzerflotte antwortend, lockte sie den Feind in die Nähe des Wittower Posthauses, wo unsere Kanonenboote „Drache“, „Blih“ und „Salamander" lagen, welche, als sie den Kanonendonner von der See her hörten, sofort Anker auf" gingen, die herankommende Grille aufnahme und sich sofort am Gefecht betheiligten. Der Chef der Flottille, Capitän Graf Waldersee, licß von

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seinem Flaggschiff, der Grille", das Signal geben: „Jeder Commandant nach eigenem Ermessen den Feind angreifen", und kühn dampfte die kleine Flettille gegen den weit überlegenen Feind. Ueber 2 Stunden währte nun das Gefecht und wurde endlich gegen Abend von unseren Kanonenbooten abgebrochen, da sie doch als ungepanzerte Holzschiffe nichts Offen. sives gegen die schweren feindlichen Panzerschiffe unternehmen konnten. Während die Franzosen zwar gute Schußrichtung nahmen, schossen sie doch stets zu hoch oder zu kurz; es ist übrigens auch nicht leicht, bei be wegtem Wasser unsere kleinen grau gestrichenen Boote zu treffen. Von unseren Schüssen wurden mehrere Treffer beobachtet, besonders mußte ein vom „Salamander" abgegebener Granatschuß, dessen Springen auf feind lichem Deck man deutlich wahrnehmen konnte, unter der Bedienungsmannschaft der französischen Deckgeschüße bedeutend aufgeräumt haben. Unsere Schiffe waren diesmal vom Glück begünstigt und hatten weder Todte noch Verwundete zu beklagen; hätten freilich einige der französischen, 28 Centimeter starken Granaten unsere Boote getroffen, so wäre der Schaden nicht gering gewesen. Die im Gefecht gewesenen Boote er gänzten dann in Stralsund ihre Munition und begaben sich sofort wieder auf ihre Außenstation. Troß der großen Entfernung, auf welcher sich unsere kleinen Schiffe halten mußten, sind vielfach feindliche Geschosse über sie hinweg geflogen. Ein feindliches Fahrzeug soll durch die Geschoffe eines unserer Kanonenboote getroffen worden sein.

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Und noch ein zweites Seegefecht hatte das norddeutsche Schiff Nymphe in der Nacht vom 21. zum 22. Aug. im Pußiger Wyk (nördlich von Danzig), unweit Orhöst, mit drei französischen Panzerfregatten und einem Aviso zu bestehen.

Am 21. Aug. Mittags 12 Uhr kamen drei Panzerschiffe und ein Aviso in Sicht, welche, längs der Küste steuernd, ungefähr um 5 Uhr an vorgenannter Stelle zu Anker gingen. Um 10 Uhr wurde die Mannschaft der Nymphe, welche lettere in Neufahrwasser am Bollwerk lag, aus den Hängematten gepfiffen und die Kanonen und die Maschine zum Gefecht vorbereitet. Zu gleicher Zeit wurden Leute beordert, um die Hafensperre zu beseitigen. 1134 Uhr war die Nymphe seeklar und ver ließ ihren Platz. Als die Melen passirt waren, wurde Generalmarsch ge schlagen; im Augenblick war Alles klar zum Gefecht, der Commandant machte die Runde im Schiff und musterte mit strengem Blick; hierauf begab er sich, um das Insichtkommen des Feindes abzuwarten, auf die Back, wo sich der Lootse ebenfalls befand. Die Nacht war nicht so dunkel, wie es zu wünschen war, der Mond ging gerade auf, als die Nymphe aus dem Hafen steuerte. 11⁄2 Uhr kam der Feind in Sicht, er lag, schein. bar nichts ahnend, in tiefem Schlummer, ruhig vor Anker. Die Nymphe manövrirte se, daß das Licht des Mondes den Feind beleuchtete, während sie sich demselben lautlos unter Land, verborgen im Schatten, näherte.

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