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schen Garde; seine Stellung ist so, daß es von den Außenwerken bei St. Denis französischerseits und von Le Blanc Mesnil und Aulnay unsererseits bestrichen wird; die Entfernung von Mesnil beträgt kaum vier Kilometer, die bis Aulnay etwa sechs. Der Feind hatte schon am 29. lebhaftes Bombardement auf Le Bourget eröffnet, was diesseits Ver anlassung gab, die vorgeschobenen Detachements an das Gres heranzuziehen. Da aber alsbald offenbar wurde, daß die Absicht des Feindes dahin gehe, sich außerhalb der Forts mit neuen Befestigungen gegen die nördliche Belagerungslinie, die er augenblicklich besonders im Auge zu haben schien, vorzuschieben, und nach dem zuerst bei Sebastopol beobachteten System, sich durch Anlage passagerer Forts der nördlichen Front der deutschen Armee zu nähern, so erwuchs die Nothwendigkeit, ihm die Festsezung in Le Bourget, das zur Errichtung offensiver Erdwerke nicht ungünstig belegen ist, unmöglich zu machen.

Die Mitglieder der Pariser Regierung wurden auf die Nachricht, daß über einen Waffenstillstand unterhandelt werde und daß die fran zösischen Truppen aus Le Bourget geworfen seien, von Aufständischen im Stadthause gefangen gehalten. Es bildete sich ein Wohlfahrts-Ausschuß und eine Commune" der Stadt Paris. Trechu, Arrago und Ferry wur den den Aufständischen Abends durch das 106. Bataillon der Nationalgarde entrissen. Die übrigen Mitglieder der Regierung wurden erst am 1. November Morgens 3 Uhr durch die Nationalgarde befreit, die den Aufstand unterdrückte.

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In Folge des Aufstandes am 31. October veranstaltete die Pariser Regierung eine Abstimmung der Pariser Bevölkerung über die Beibe. haltung der Regierung der nationalen Vertheidigung. Die überwiegende Mehrzahl der Abstimmenden (557,976 gegen 62,638) sprach sich für Beibehaltung der Regierung aus, welche mit Sicherheit noch eine Entsetzung von Paris von den im Süden, Westen und Norden neugebildeten französischen Armeen erwartete. Nach dem Plane des Vertheidigungsausschusses sollten die Generale Cambriels und Keller mit den theils in Lyon, theils im Jura gebildeten Insurgententrupps nach den Vogesen ziehen, um sich hier durch die Corps des Generals v. Werder durchzuschlagen. Garibaldi, der bekannte italienische Freischaarenführer, welcher der französischen Regierung seine Hülfe angeboten hatte und den Bandenkrieg einrichten wollte, sollte die Vorhut übernehmen und, sowie das Gros seiner Armee fich mit den deutschen Truppen eingelassen hätte, einen Vorstoß gegen Baden versuchen, wo man, im Rücken die Schweiz, das Terrain für den Guerillakrieg besonders günstig hielt.

Anschließend an die Truppe Garibaldi's, sollte sich nach dem Ent. wurf des Vertheidigungs-Comités eine zweite Armee um Lyon formiren, eine dritte um Orleans, etwa 40,000 Mann stark, und zu dem Zweck, dem gegenüberstehenden Flügel des deutschen Heeres die Requifitionen im Loire

gebiet abzuschneiden und einen Ausfall, den Trechu mit zwei Armee-Corp3 (13. und 14.) von nur regulären Regimentern und den besten Mobil. garden der Forts von Paris unternehmen sollte, zu unterstützen. Die 4. Armee, die dem General Bourbaki anvertraut war, sollte bei Lille in Formation treten, sich mit dem Geschüß von Arras, Valenciennes, La Fère u. s. w. recrutiren, Mézières entjeßen und den Marsch auf Meß nehmen, - in der Voraussetzung, daß sich Bazaine bis dahin halte.

Bevor wir die Armee von Paris verlassen, um uns nach den im übrigen Frankreich operirenden deutschen Streitkräften umzusehen, lassen wir noch eine Schilderung der Verkehrs- und Verbindungsmittel unserer Armeen um Paris aus der Feder eines Augenzeugen folgen:

Die Eisenbahnen vor Paris, welche der großen deutschen GernirungsArmee täglich die Massenbedürfnisse massenhaft zuführen, bieten ein eigenthümliches Bild. Sie zeigen auf den besetzten französischen Stationen so recht das große, einige Deutschland, und zwar nach zwei Seiten hin. Da hält der fast unabsehbare Zug, Wagen aus allen deutschen Staaten, neue Waggons und uralte, beladen mit Soldaten, mit Geschüßen, mit Munition, mit Hafer, mit Erbsen und blökenden Schafen und brummenden Kühen. Bei diesen langen und langsamen Fahrten geht auch Manches zu Grunde. In Chateau-Thierry hat die Berliner Landwehr einen Transport Ochsen erschlagen und eingraben müssen, und beim Entladen der Hammelwagen, dichtgefüllt, ward auch manches todte Schaf auf den Verren geworfen. Der Hafer, der im Hauptmagazine daselbst unterm Schupven nicht Plaß findet und deshalb draußen in Wind und Wetter lagern muß, wächst filzig durch die Säcke und muß, theuer eingekauft, für einen Spottpreis an den Meistbietenden losgeschlagen werden, wenn er nicht gar verschenkt oder fortgeworfen wird. Doch nicht bloß die Wagen der Züge zeigen das einige Deutschland in auffallender Weise, sondern mehr noch die Soldaten. Da besteht z. B. die Wache auf dem Bahnhofe zu Dormans aus kräftigen, jungen Badensern, die eintreffenden Patrouillen aus der Nachbarschaft sind märkische Landwehr Nr. 20 und westfälische Nr. 53, die mit der schlesischen Nr. 18 und 38 plaudern, die eben mit dem leßten Zuge aus Breslau kam und in ihren neuen Uniformen von der abgetragenen der Berliner Kameraden auffallend absticht. Da braust der neue Zug heran, er bringt baierische Infanterie, die in der Bahnhofs. halle an den rohen langen Brettertischen gespeist wird. Die Kameraden des Südens haben am 3. September die Gefangenen von Sedan für Baiern erhalten und sie nach ihrer Garnisonstadt transportirt; die Glück. lichen und Beneideten kehren jeßt nach sieben Wochen aus Ingolstadt zurück. Sie haben die geliebte Heimath mitten im Kriege wiedergesehn.

Die Eisenbahnzüge dürfen auf Befehl nur langsam und nur am Tage fahren, um Unglück zu vermeiden. Dies heimtückische Volk, bis

zum geringsten Bauer von der Regierung mit Gewehr und Säbel bewaffnet, das uns vor fünfzig Jahren in den Ardennen einen Friesen erschlug, hat 1870 uns manchen Kameraden hinterlistig entriffen und ist unermüdlich darin, die Eisenbahnschienen aufzureißen und den Telegraphendraht zu zerschneiden. Außer der Vorsichtsmaßregel, daß Nachts kein Zug geht, find noch andere ergriffen worden. Vom 13. Armee Corps des Groß. herzogs Friedrich Franz liegen auf allen Dörfern längs der Eisenbahn abcommandirte Züge, die in den Bahnwärterhäuschen Wachen etabliren und unablässig Patrouillen mit geladenen Gewehren die Geleise entlang senden. So sichert die Landwehr im Rücken der großen Armeen vor Paris den Kameraden die Zufuhr. Die Verwaltung hat außerdem folgende Proclamation drucken und in allen Eisenbahn-Dörfern anschlagen laffen: .In Folge wiederholt vorgekommener Beschädigungen an der Eisenbahn und an den Telegraphen wird den in der Nähe der Bahn liegenden Ortschaften hiermit befannt gemacht, daß für die Zukunft bei vorkom. menden Beschädigungen und Zerstörungen den in der Nähe der Unglücksstätte gelegenen Ortschaften ohne Rücksicht eine Conventionalstrafe von 500 bis 1000 Thalern auferlegt wird. Außerdem werden dann die angesehensten Insaffen als Geißel auf den Locomotiven mitgeführt werden. In wiederholt vorkommenden Fällen wird die Conventionalstrafe verdop pelt und außerdem eine starke Besaßung als Einquartierung den Ort. schaften auferlegt werden. Es ist daher Sache der Einwohner dieser Ortschaften, selbst die Bahn mit zu überwachen, um Unglück zu ver meiden und dadurch die festgesetzten Strafen von sich fern zu halten. Chateau Thierry, den 16. October 1870." Wahrlich, das französische Volk hat alle Ursache, mit der siegreichen Armee zufrieden zu sein, die den alten Ruf ihrer Mannszucht und Großmuth auch 1870 aufrecht erhält. Dafür haben die Soldaten auch die Freude, daß da, wo sie längere Zeit Quartier hatten, troß des Haffes gegen die Deutschen, die Frauen beim Abschied weinen und die Kinder bis vors Thor mitziehen. War eine Stadt kalt beim Einzuge und zugeknöpft in den Quartieren, so war es Rheims, und selbst dort nahmen wir Abschied unter Thränen. Das ist reicher Lohn für gesittetes Betragen und auch eine deutsche Eroberung!"

Am 20. October begaben sich die Minister Baierns, Württembergs und Badens behufs Besprechungen in das Hauptquartier nach Versailles, wohin am 24. October der königl. sächsische Minister v. Friesen, der großherzogl. hessische Minister v. Dalwigk und der hessische Gesandte in Berlin, Legationsrath Hoffmann, folgten. Schon am 25. October be. gannen die Berathungen der Bevollmächtigten Baierns, Württembergs und Badens über Deutschlands künftige Gestaltung, zu denen auch Mitglieder des Reichstags zugezogen worden.

Vormarsch gegen die Vogesen und das Loire-Heer.

Die neuen Truppenbildungen in Frankreich fanden vornehmlich im Südosten bei Lyon und in der Mitte Frankreichs an der Loire statt. Die neuen Ansammlungen von Truppen wurden als Armee von Lyon und als Loire-Armee bezeichnet. Beide hatten als festen Kern eine Zahl regulärer Truppen, angeblich von etwa 20,000 Mann, vorzugsweise aus Ersatz-Bataillonen; dazu sollten an 50—60,000 Mann Mobilgarden mit ganz kurzer militärischer Vorbereitung und Nationalgarden (Bürgerwehr) stoßen, so daß jede der beiden Armeen etwa 70-80,000 Mann betragen sollte. Dieselben waren jedoch keineswegs in solcher Zahl zusammen. gezogen, vielmehr noch in den erwähnten Gegenden auf weitere Bezirke ausgebreitet. Was von beiden Heeren schon bereit war, in's Feld zu rücken, wurde von Lyon nördlich bis nach den Vogesen hin und an der Loire über Orleans vorgeschoben, um im Rücken unserer vor Paris stehenden Armee zu operiren, und namentlich die Linie, auf welcher die Verbindung derselben mit Deutschland und daher die sichere Heranziehung von Nahrungsmitteln beruhte, abzuschneiden. Dieses Vorhaben ward jedoch durch das siegreiche Vorrücken einzelner unserer Armee-Abtheilungen ver citelt. Während die Truppen, welche bisher vor Straßburg thätig waren, unter dem General der Infanterie v. Werder (als 14. Armee. Corps) die Aufgabe erhielten, durch die Vogesen gegen die Armee von Lyon zu operiren, wurde von der (3.) Armee des preußischen Kronprinzen eine besondere Abtheilung (eine baierische Division und einige preußische Truppen) abgezweigt, um unter dem Befehl des baierischen Generals von der Tann gegen die Loire-Armee vorzugehen.

In beiden Richtungen haben die deutschen Truppen gleich in den ersten Tagen bedeutende Erfolge errungen. Bei Epinal, am westlichen Abhange der Vogesen, wurden die in der Richtung auf Luneville vor dringenden Spißen der Armee von Lyon (und zwar vor dem Dorfe Epinal) von den Badensern in einem lebhaften Gefechte geschlagen. Die badische Brigade des General v. Degenfeld, welche von Straßburg gegen die Vogesen marschirte, stieß am 6. October auf beträchtliche, mehr als das Doppelte so starke feindliche Streitkräfte, etwa 14,000 Mann (theils Linientruppen, theils Mobilgarde) unter General Dupré. Der Feind wurde sofort mit großer Energie angegriffen und nach blutigem sechs. stündigem Kampfe, in welchem drei Orte von den Badenfern mit dem Bajonett genommen wurden, gezwungen, in wilder Flucht nach Westen abzuziehen. Von badischer Seite nahmen 6 Bataillone, 2 Escadrons und 2 Batterien an dem Gefechte Theil und erlitten einen Verlust an Todten und Verwundeten von 20 Offizieren und 410 Mann. Der

Feind verlor mehr als das Dreifache und ließ 6 Offiziere und 600 Mann unverwundete Gefangene (meist Linie) zurück. Zahlreiche Waffen wurden von den badenschen Truppen erbeutet, welche den Tag als einen glor. reichen für ihre Waffen mit vollem Rechte bezeichnen, da sie gegen doppelte Uebermacht siegreich gekämpft und den Feind auseinander gesprengt hatten. Diese Erfolge wurden behauptet und vervollständigt. Das Werder'sche Corps löste seine Aufgabe, die im Südosten Frankreichs durch Vereinigung aller dort vorhandenen regulären Truppen, Mobilgarden, Nationalgarden und Freischüßen neu gebildete Armee von Lyon ufzusuchen und unsere Verbindungslinie vom Elsaß über Nancy nach Paris vor etwaigen Angriffen von jener Seite zu schüßen.

In den Tagen nach dem 6. October rückte der General v. Werder mit dem gesammten 14. Corps, unter täglichen kleinen Gefechten in füdwestlicher Richtung weiter vor und stellte seine Verbindung mit dem etwa 6 Meilen nördlich von Epinal entfernten Luneville her, wodurch er die deutsche Etappenstraße gegen Ueberfälle vom Süden her sicherte. Nach dieser Reihe siegreicher Kämpfe hatte das Corps am 22. October abermals einen Zusammenstoß mit der neu gebildeten französischen sogenannten „Ost-Armee" gehabt und zwei Divisionen derselben unter Ge neral Cambriels in einem hartnäckigen Gefechte am Dignon-Fluffe über denselben und gegen Besançon zurückgeworfen. Auf dem Marsche von Vesoul, der Hauptstadt des Departements Ober-Saône, bis in die Gegend des Dignon, von welchem Vesoul kaum 4 Meilen nördlich liegt, hatte die badische Division unter General von Beyer fast Schritt für Schritt dem Feinde den hügeligen Boden in mehreren Zusammenstößen abgewinnen müssen. In der Gegend der Dörfer Rioz und Etuz hatte General Cambriels fich dem weiteren Vordringen des 14. Corps energischer zu widerseßen begonnen. Die Vorhut-Brigade v. Degenfeld hielt das Gefecht hin, bis die beiden Infanterie-Brigaden Prinz Wilhelm v. Baden und v. Keller zu ihrer Unterstüßung herankamen; der Kampf entbrannte dann in Folge des feindlichen Widerstandes immer heftiger, bis endlich, troß des leztern, General Cambriels über den Oignon-Fluß zurück. geworfen, aus dem Dorfe Auron - Dessus vertrieben und auf Besançon zurückgedrängt wurde, wobei schließlich zwei Bataillone des 3. rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 30, aus der Reserve vorgezogen, die Verfolgung übernahmen. Der diesseitige Verlust von 3 Offizieren und 100 Mann erscheint nicht bedeutend bei der Erwägung, daß der des Feindes an Gefangenen allein aus 2 Stabsoffizieren, 13 Oberoffizieren und 180 Mann bestand. Die Dignon-Linie bildete den letzten der leicht zu vertheidigenden Abschnitte auf dem Wege nach Besançon. Der Dignon fließt, gleichlaufend dem Doubs, wie dieser zur Saône; er entspringt, 2100 Fuß hoch, in den Vegesen, und ergießt sich bei Perrigny in die Saône, kreuzt bei Voray, etwa drei Meilen nördlich Besançon, die von Vesoul genau

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