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tief schmerzenden Vertrags in die Worte des römischen Dichters Virgil aus: exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor! (Aus meinen Gebeinen möge der Rächer erstehen!) Und die Stunde der Rache war nicht allzu fern, der Nächer in König Friedrich dem Großen (1740–1786) erstanden, der wie er den Urgroßvater an Frankreich, so den Vater an Desterreich gerächt und dessen Voraussage erfüllt hatte.

Gleich nach seinem Regierungsantritte erklärte er Desterreich den Krieg, um Schlesien zu erobern. Der junge König gründete sich und seiner Dynastie einen Namen, er zeigte, daß er es den alten mächtigen Fürsten gleich thun könne, und sein Preußen wohl werth und fähig sei, nicht nur ein Königreich zu heißen, sondern auch zu sein. Schon 1742 war Schlesien ein Bestandtheil seines Staats, dem er es in einem zweiten, wie der erste durchaus siegreichen, Kriege nochmals (1745) sichern mußte.

Desterreich und dessen Herrscherin Maria Theresia, die Gemalin jenes Franz Stephan von Lothringen, der sein Land, wie wir oben gejehen, an Frankreich hatte kommen lassen, also nur eigene und keine deutschen Interessen kannte, vermochten jedoch die ihnen widerfahrene Demüthigung und die Machtvergrößerung des von ihnen tief gehaßten, protestantischen Preußenkönigs, dessen beide Vorgänger sie gekränkt und gering geschäßt hatten, nicht so leicht zu verschmerzen und sannen daher auf sein Verderben, dem er 1756 durch eine Kriegserklärung zuvorkam und seine Feinde insgesammt, freilich erst nach einem fiebenjährigen Kriege zum Frieden nöthigte.

Fast ganz Europa hatte sich gegen den Emporkömmling, den „Marquis von Brandenburg", wie seine Feinde und Neider auf den Thronen ihn höhnisch nannten, verbunden. Zuerst hatte Maria Theresia, die Anstifterin des Krieges, Frankreich zu gewinnen verstanden, dessen König Ludwig XV. damals ganz unter der Herrschaft seiner Buhlerin, der Marquise von Pompadour, stand. So groß war der Haß der Herrscherin Defterreichs gegen ihren siegreichen Feind, König Friedrich, daß sie, die stolze, im Purpur geborene Fürstin, die keusche und züchtige deutsche Frau es nicht verschmähte, der französischen Buhlerin auf das Niedrigste zu schmeicheln, lediglich, um sie für ihren Zweck zu gewinnen, während Friedrich die schreckenerregende Wirthschaft des französischen Hofes und das verderbliche Frauenregiment mit seinem Spotte übergoß und trotz feiner Achtung französischen Wesens und französischer Literatur, ein deutscher Fürst war und Deutschlands Interessen stets obenan stellte.

Wir können hier bei der Geschichte des siebenjährigen Krieges nicht länger verweilen, für unseren Zweck nur anführen, daß im zweiten Jahre desselben Frankreich den Kampf mit aufnahm und sein Heer im Verein mit deutschen Reichstruppen der heldenhaften preußischen Kriegsmacht ent gegenstellte. Das deutsche Reich" hatte es wiederum nicht verschmäht, mit dem Erb- und Reichsfeinde gemeinsame Sache gegen einen Kur

fürsten des eigenen Reichs zu machen und sogar Execution gegen ihn zu verfügen, welche Verfügung durch einen geschichtlich gewordenen, aber die Lage recht scharf und wahr bezeichnenden Druckfehler stets ihren Werth behalten wird. Der Reichstag wollte nämlich eilende Reichstruppen wider Friedrich entsenden und der Buchdrucker hatte ob abfichtlich oder nicht elende" daraus gemacht, die, unbeanstandet aus der Druckerei hervorgegangen, wenigstens den Absichten des Seßers voll und gründlich entsprachen.

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Am 5. November 1757 schlugen die Preußen bei Roßbach die Franzosen und Reichstruppen so schnell und wuchtig, daß diese in die wildeste Flucht gejagt und gänzlich zersprengt wurden. Ein so glänzender Sieg, den namentlich der preußische Reiter-Führer Seydlig hatte erkämpfen helfen, war lange nicht erfochten, und der hochmüthige, französische Feldherr, ein Prinz von Soubise, der es fast unter seiner Würde gehalten hatte, den „Marquis von Brandenburg" zu bekriegen, der Hohn und Spott der Welt geworden. Die Lüderlichkeit des französischen Geburts-Adels und der Zerfall, wie die Fäulniß des Franzosenthums waren hier klar zu Tage getreten. Charakteristisch ist es, daß damals, vor 113 Jahren, Ludwig XV., wie heut Napoleon, schon im voraus die, nach der Schlacht, von den Preußen mit erbeuteten Ordenskreuze für deren Besieger, die bald zu Besiegten gewordenen, bestimmt hatte. Die Franzosen flohen bis über den Rhein zurück, die Reichstruppen bis Franken, und der Volksmund sagte von dem geschlagenen Feinde: Er floh mit einem Sprung von Roßbach bis nach Amelung." Und noch am Abend der siegreichen Schlacht schrieb Friedrich seiner Schwester: Von 20,000 Preußen find 50,000 Franzosen und Deutsche überwunden worden. Nun kann ich in Frieden scheiden, weil die Ehre und der Ruhm meines Volkes gerettet sind. Wir können unglücklich aber nicht ehrlos sein." Das deutsche Volk jubelte, weil Frankreich von der aufstrebenden, deutschen Vormacht, die troß Oesterreich sich zu dieser Stellung durch eigene Kraft und den Geist zweier seiner Fürsten, des großen Kurfürsten und des großen Friedrich emporgeschwungen, gedemüthigt und am Schlusse des Krieges in tiefen moralischen und ma teriellen Verfall gerathen war. Sehr richtig sagte Voltaire, daß Frankreich durch seine Verbindung mit Desterreich in sechs Jahren mehr an Geld und Menschen erschöpft worden, als durch alle Kriege, die es mit Oesterreich in zweihundert Jahren geführt hatte. Friedrich der Große aber konnte fagen, daß er die Mahnung, die er seinem sterbenden Großvater, dem ersten Könige in Preußen, in den Mund gelegt, wohl beachtet habe und die dahin lautete: Ich habe Euch einen Titel erworben, macht Euch dessen würdig, ich habe den Grund zu Eurer Größe gelegt. Ihr müßt das Werk vollenden." Sicherlich, eine inhaltschwere Mahnung, deren unser König Wilhelm am Abend seines ruhmvollen Lebens eingedent bleiben konnte.

Von der französischen Revolution bis auf die neneste Zeit.

Der siebenjährige Krieg war 1763 glücklich von Friedrich beendet worden, und wir stehen 26 Jahre später vor einem neuen, großen, die Welt erschüt ternden Ereignisse, der am 14. Juli 1789 ausgebrochenen französischen Revolution, deren Folgen sich heut nach länger als 80 Jahren, noch geltend machen. Wohl kann man sagen, daß dieses wie kaum ein an deres in die Geschicke der Menschheit tief eingreifende Ereigniß sich wohl 180 Jahre lang vorbereitet und in jenem Cardinal Richelieu wurzelte, ohne welchen kein Cardinal Mazarin erstanden wäre, der dem Regimente Ludwigs XIV. die Wege ebnete, wie sie unmittelbar zur Revolution führten, deren Schrecken den schwankenden, der Zeit und den Verhältnissen ohne. hin nicht gewachsenen, schwachen König Ludwig XVI. traf und ihn, wie seine Gemalin, die österreichische Erzherzogin Antoinette, Tochter Maria Theresia's auf das Schaffot brachte.

Nicht unsere Aufgabe ist es, die Geschichte dieser gewaltigen Umwälzung zu erzählen, wir können darauf nur insoweit, als sie uns für unsere Zwecke näher berührt, darauf zurückkommen.

Es war am 7. Februar.1792 als zwischen Preußzen und Oesterreich ein Bündniß gegen Frankreich, das bereits seinen König gefangen gesezt hatte, geschlossen und dieser Macht der Krieg erklärt wurde, der 23 Jahre lang Europa durchtobte.

Allein die Anstrengungen, die beide Monarchien, namentlich Desterreich machten, um den Krieg ernstlich durchzuführen, waren ziemlich gering. Es dauerte beinahe 4 Monate, ehe Preußen ein Corps von nur 45,000 Mann, Desterreich von 56,000 aufgestellt hatte.

Mehrere Gründe hatten die Verbündeten bewogen eine so geringe Truppenzahl ins Feld zu führen. Zuerst fürchtete man, daß, wenn man den größten Theil der Heere nach dem Rhein geschickt hätte, Rußland sich in den Besiß von ganz Polen seßen und so ein zu großes Uebergewicht erlangen würde. Dann schäßte man die Thätigkeit des französischen Heeres, das allerdings zum großen Theil aus undisciplinirten Truppen bestand, äußerst gering. Außerdem ließ man sich aber von den franzöfifchen Emigranten über die Stimmung in Frankreich vollständig verblenden. Diese gaben nämlich an, nur in Paris herrschten die Revo lutions-Männer, in den Provinzen aber würde Alles die Preußen freudig als Befreier begrüßen und schaarenweise zu ihren Fahnen strömen.

Man war dadurch so siegestrunken gemacht, daß der Marschall Herzog von Braunschweig, allerdings mit Zustimmung des Königs von Preußen als obersten Kriegsfürsten, ein Manifest erließ, in dem er den Parijern an drohte, keinen Stein auf dem andern lassen zu wollen, wenn sie nicht den rechtmäßigen König wieder einsehen würden. Dies Manifest war schon am 26. Juli 1792 in Coblenz erlassen, die Preußen rückten aber so langjam vor, daß die französische Grenze erst am 19. August überschritten wurde.

Am

Troßdem errangen die Preußen anfangs überall Erfolge. 22. August ergab sich die kleine Festung Longwy, am 2. September Verdun. Wäre im preußischen Lager eine einheitliche und kräftige Leitung gewesen, wie einft zu Friedrichs des Großen Zeiten, so hätte man, die schon errungenen Vortheile benußend, Vieles erreichen können; allein die Pläne des Herzogs von Braunschweig, dem es bedenklich erschien, mit so geringen Mitteln auf Paris loszugehen und der zunächst die Festungen bezwingen wollte, wurden fortwährend von den Anordnungen des Königs Friedrich Wilhelms II. (reg. von 1786-1797), der Ludwig XVI. so schnell wie möglich befreien wollte, durchkreuzt. Indeß schien der Erfolg feine Ansichten zu rechtfertigen, Dumouriez, der französische Oberbefehls. haber wurde fortwährend zurückgedrängt. Erst in der Nähe von St. Menehould bei Valmy konnte er, nachdem er Verstärkung an sich gezogen, den Preußen Stand halten. Hier wurde er auf Befehl des Königs an gegriffen; allein der Kampf blieb ein Artillerie-Kampf, der am Nachmittage ohne jede Entscheidung abgebrochen wurde. Troß aller Widerwärtigkeiten hätte der Krieg noch glücklich zu Ende geführt werden können, wenn nicht anhaltende Regengüsse den Lehmboden der Champagne in einen vollständigen Sumpf verwandelt und so der Armee das Fortkommen unendlich erschwert hätten. Dazu kam noch, daß, in Folge des Genusses der unreifen Trauben, im preußischen Heere die Ruhr ausbrach, die Tau. sende dahinraffte. Das Alles bewog den König, den Rückzug anzutreten, der dem preußischen Heere unheilvoll werden sollte und mehr Truppen kostete als der ganze Feldzug bisher außer Kampf gesezt hatte.

Inzwischen waren französische Truppen unter Custine in Deutschland eingefallen, hatten Speier, dann ohne Belagerung auch Mainz, das Bollwerk Deutschlands genommen, es zur Republik erklärt und Frankfurt gebrandschaßt. Dumouriez hatte die Oesterreicher bei Jemappes in Belgien angegriffen und geschlagen und ganz Belgien erobert.

So ging das Jahr 1792, in dem die Franzosen überall glücklich gewesen waren, zu Ende. Zwar stellten die Alliirten neue Truppen auf, allein es schien nicht, als ob sie mehr erreichen würden, als zuvor, zumal der Oberbefehlshaber Herzeg von Braunschweig mehr manövrirte als wirkliche Taktik bekundete. Da plötzlich durchzuckte die Kunde von Ludwigs des XVI. Prozeß ganz Europa. Jezt stellte sich England an die Spike einer Coalition gegen Frankreich, die fast alle Länder Europa's außer Rußland umfaßte. Die Franzosen wurden zuerst von den Oesterreichern bei Neerwinden geschlagen, Dumouriez suchte sein Heer zu ihnen herüberzu ziehen, um in Paris der Schreckensherrschaft ein Ende zu machen, mußte aber, da seine Pläne verrathen wurden, ohne Heer aus Frankreich ent fliehen. Darauf belagerte der Herzog von Coburg die Grenz-Festungen Condé und Valenciennes, schlug die heranrückenden Erfaß-Heere und xahm jene Festungen. Auch an anderen Stellen hatten die Franzosen große

Unfälle zu beklagen. Mainz ward von den Preußen, nach langer und schwerer Belagerung, wiedergenommen; die französische Armee, die Mainz entjeßen sollte, kam zu spät, wofür General Beauharnais in Paris ange flagt und später hingerichtet wurde.

Inzwischen wüthete in Frankreich selbst der schrecklichste Bürgerkrieg. Die Vendée hatte sich für die Königsherrschaft erhoben und wehrte sich mit dem Muthe der Verzweiflung gegen die republikanischen Heere, Toulon ergab sich den Engländern, und es schien, als ob das Jahr 1793 das Ende der Republik sein sollte; doch die französischen Conventmitglieder wußten Rath, fie ordneten die Wehrpflicht des ganzen Volkes an; jeder waffenfähige Franzose sollte Soldat werden, Kinder und Greise sich auf andere Weise nüßlich machen. In kurzer Zeit war ein gewaltiges Heer zusammengebracht, dem es freilich an militärischer Ausbildung gebrach, bei dem aber Muth und Begeisterung Alles erseßten. Die Unthätigkeit der Verbündeten leistete den Franzosen Vorschub, die Preußen blieben zwei Monate bei Mainz stehen, die Engländer belagerten, statt mit den Andern auf Paris loszugehen, Dünkirchen, wobei sie jedoch mit blutigen Köpfen zurückgeworfen wurden. Ebenso blieb das österreichische Nordheer fast unthätig und wurde dennoch im October von Jourdan geschlagen. Günstiger stand noch die Sache der Verbündeten im Süden. Die Preußen hatten die Franzosen zum Verlassen des auch in neuester Zeit berühmt gewordenen Weißenburg und der Weißenburger Linien gezwungen, Landau eingeschlossen und einen zum Entsaß dieser Feste unternommenen dreitägigen Angriff bei Kaiserslautern zurückgeschlagen. Dagegen ward die österreichische Süd-Armee, die mit den Preußen zu fammen ankam, von den Franzosen zurückgedrängt und entschloß sich, das linke Rhein-Ufer ganz zu verlassen, was auch die Preußen zum Rückzuge, den sie nicht beabsichtigt hatten, bewog. Inzwischen war Toulon von Bonaparte wieder erobert worden und so endete der Feldzug von 1793 im Allgemeinen für die Franzosen günstig.

Noch ungünstiger waren die Feldzüge der beiden folgenden Jahre. Die Verbündeten verloren mehrere Schlachten, durch die das ganze linke Rhein-Ufer mit Ausnahme von Mainz und Luremburg Frankreich zufiel. Zwar erfochten die Preußen noch einen Sieg bei Kaiserslautern, allein derselbe vermochte den Siegeslauf der Franzosen nicht mehr aufzuhalten. Auch das englisch. holländische Heer wurde immer weiter zurückgedrängt, am 19. Januar 1795 Holland von den Franzosen erobert und zur batavischen Republik gemacht.

Da erwachte in dem König von Preußen der Wunsch, den ruhmlosen und kostspieligen Krieg zu beenden, und so schloß er am 5. April 1795 einen Separat-Frieden mit Frankreich zu Basel, in dem er die preußischen Besitzungen auf dem linken Rhein-Ufer abtrat, dafür aber das Versprechen erhielt, bei dem allgemeinen Frieden anderweitig entschädigt zu werden.

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