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Bweites Buch.

Geschichte Brandenburgs vom Beginn der Regierung der Hohenzollern bis zum großen Kurfürsten. (1415-1640.)

7. Friedrich von Hohenzollern, Burggraf von Nürnberg, erwirbt die Mark.

Die Hohenzollern und die Burggrafen von Nürnberg*). In dem schönen Schwabenlande, in den Gefilden zwischen der Donau und dem Neckar, liegt auf einem 800 Fuß hohen Felsen ein altes Bergschloß, die Stammburg der Grafen von Zollern oder Hohenzollern. Die Anfänge des Hauses Hohenzollern sind in das Dunkel der Sage gehüllt: bald wird berichtet, das Geschlecht stamme von den Welfen, bald von den alten Agilelfingern oder von den italienischen Colonnas, bald von einem Grafen Isenbart von Altdorf und Ravensburg, einem Zeitgenossen Karl's des Großen, dem seine Gemahlin zwölf Söhne zu gleicher Zeit geboren haben soll, darunter Thassilo, den angeblichen Stammvater der Grafen von Zollern. Die ersten beglaubigten Nachrichten über das Haus reichen jedoch nicht über das elfte Jahrhundert zurück, in dessen zweiter Hälfte wir einen Grafen Burchard von Zollern in Schwaben zwischen Tübingen und dem Bodensee finden. Schon damals scheinen die Zollern sich vor den meisten schwäbischen Geschlechtern durch reichen Grundbesitz ausgezeichnet zu haben, dessen Bedeutung und Einfluß durch stark befestigte Burgen noch erhöht war. Außerdem verwalteten sie das Grafenamt in vielfachen kaiserlichen Gebieten in Schwaben, woraus ihnen noch höhere Macht und Geltung erwuchs.

Am Ende des zwölften Jahrhunderts traten die Grafen von Zollern in einen noch wichtigeren Wirkungskreis im Burggrafthum zu Nürnberg ein. Graf Friedrich III. von Zollern heirathete die Tochter des bisherigen Burggrafen zu Nürnberg, des Conrad II. Grafen von Ragze oder Raabs (einer Herrschaft in Desterreich), und wurde nach dessen Tode nicht blos der Erbe der reichen Familiengüter derselben, sondern auch sein Nachfolger im

*) Bgl. für die nächstfolgenden Abschnitte des Verfassers Schrift: Kurfürft Friedrich der Erfte von Brandenburg, Burggraf zu Nürnberg. Ein deutsches Fürstenbild. Berlin 1859.

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Die Burggrafen von Nürnberg.

Burggrafenamt: er hatte sich schon um Kaiser Friedrich Barbarossa, dann um Kaiser Heinrich VI. große Verdienste erworben, welche durch die Verleihung des Burggrafthums belohnt wurden. Er nannte sich als Burggraf von Nürnberg fortan Friedrich I. Seine Söhne Conrad und Friedrich theil ten sich in den alten schwäbischen und den neuen fränkischen Besitz, indem dieser die Grafschaft Zollern, Conrad dagegen die Burggrafschaft übernahm. Dieser und seine Nachfolger legten seitdem den Titel als Grafen von Zollern ab, bis erst der große Kurfürst im Jahre 1685 denselben wieder annahm,,in Consideration, wie er sagte, daß Wir aus dem uralten Hause der gefürsteten Grafen von Hohenzollern stammen.“*)

Das Burggrafthum zu Nürnberg war schon früh von hoher Bedeutung als Mittelpunkt eines großen Bereichs kaiserlicher Güter: die fränkischen Kaiser hatten dort ihre großen Hausbesißungen, und als die Hohenstaufen sodann das fränkische Herzogthum mit ihrem Besiz in Schwaben vereinigten, wurden die kaiserlichen Güter im Burggrafthum zu Nürnberg nicht minder eine der Hauptstüßen der Reichsmacht. Es kam den Kaisern viel darauf an, daß diese Besizungen von kräftiger Hand geleitet wurden und die Burggrafen zu Nürnberg erlangten deshalb von früh an eine große Geltung und Macht. Sie hatten für jenen ganzen großen Verwaltungsbereich die Gerichtsobrigkeit im Landgericht zu Nürnberg, welches zugleich das höchste Gericht für Sachsen und Schwaben, wie für Franken war, sie führten ferner den obersten Kriegsbefehl, sowie die Oberaufsicht über alle geringeren Vögte, Amtleute u. s. w. Da nun das ganze Ansehen der Burggrafen in diesem ihrem kaiserlichen Amte wurzelte, so waren sie von jeher auf die Förderung der kaiserlichen Macht, auf die Hebung der Reichsgewalt hingewiesen: fie be trachteten sich stets als des Kaisers und des Reiches Diener, und während die meisten Fürstenhäuser ihre Pflichten gegen das Reich immer mehr vergaßen und ihr Streben darein seßten, des Kaisers Macht zu schwächen, um ihr eigenes Ansehen zu erhöhen, waren die Burggrafen zu Nürnberg jeder Zeit gut kaiserlich gesinnt und auf die Erhaltung des Reichs bedacht. So ist die Sorge für die Wohlfahrt des deutschen Reiches eine alte Ueberlieferung im hohenzollernschen Hause, auf die Treue gegen das deutsche Reich gründeten sich seine glorreichen Geschicke.

Die Kaiser aus allen Häusern erwiesen sich denn auch den thatkräftigen Burggrafen stets dankbar und belohnten sie für ihre Dienste durch zahlreiche Verleihungen von Burgen. Städten, Wäldern und Gerechtsamen jeder Art. Gleichzeitig mehrten die Hohenzollern ihr Eigenthum unaufhörlich durch friedliche Erwerbungen, durch Familienverbindungen, Erbschaft oder Kauf. Eine thätige und weise Verwaltung und die kluge Benutzung dessen, was sie besaßen, vereint mit Sparsamkeit, gaben ihnen die Mittel zu immer neuem Erwerb: während die Grafen und Herren ringsum, die Hohenlohe, Dettingen, Leuchtenberg und andere oft in Verlegenheit geriethen, waren die haushälterischen Burggrafen stets zu Vorschüssen gegen gutes Pfand bereit, und dann wurden die ihnen einmal verpfändeten Güter oft nicht wieder eingelös't, son

*) Das Wappen (ein schwarzer roth gekrönter Löwe im goldenen Feld) und das Schild (in Silber und Schwarz grundirt) blieb den fränkischen Burggrafen mit den schwäbischen Zollern gemein.

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dern blieben in ihren Händen. Eine Hauptquelle für die Vermehrung ihrer Einkünfte wurden ferner die Berg- und Erzwerke im Fichtelgebirge, aus denen nicht bloß Eisen, sondern auch edle Metalle, Gold und Silber, zu Tage gefördert wurden und die unter dem Walten weiser Bergordnungen reichlichen Ertrag brachten.

Die größte Erweiterung des Besitzes der Burggrafen trat durch die Meranische Erbschaft ein. Burggraf Friedrich III. hatte die Tochter des Herzogs von Meran (so genannt von der Berggegend Meran am adriatischen Meer, nicht von Meran in Tyrol) geheirathet und erbte dadurch zunächst das Land Baireuth; ein anderer Theil der Erbschaft, nämlich die Herrschaft Plassenburg, Culmbach u. s. w., fiel zunächst an die Grafen von Orlamünde, nach deren baldigem Aussterben aber gleichfalls an die Burggrafen.

Die erheblichen Dienste, welche die Burggrafen zu Nürnberg fort und fort den Kaisern leisteten und besonders die vertrauensvollen Beziehungen Burggraf Friedrich's V. zum Kaiser Karl IV. aus dem Hause Luxemburg hatten eine neue Erhöhung des burggräflichen Hauses zur Folge: Karl IV. erkannte sowohl in der berühmten goldenen Bulle vom Jahre 1356, wie durch eine besondere Urkunde die reichsfürstliche Würde der Burggrafen ausdrücklich an, und sie wurden hierdurch auch gesetzlich den großen Fürstenfamilien gleichgestellt, nachdem sie dieselben an Ansehen, Einfluß und besonders an Reichthum theilweise längst überflügelt hatten. Fortan trug das erhöhete Ansehen ebenso, wie die weitere umsichtige Benutzung ihrer reichen Hülfsquellen zu immer weiterem Wachsthum des Hauses bei. Es gab in jenen Zeiten kaum noch ein anderes Fürstenhaus, welches den Burggrafen in der Feststellung und Ausbildung trefflicher Verwaltungsgrundsätze an die Seite zu stellen wäre: schon dort im Burggrafthum legten die Hohenzollern den Grund zu dem Ruhm, den später ihre Herrschaft in Brandenburg so glänzend erhöhete, zu dem Ruhm strenger Ordnung und Wirthschaftlichkeit, vorsorglicher Sparsamkeit, ergiebiger und doch schonungsvoller Heranziehung aller Kräfte, allmäligen, bedächtigen und sicheren Fortschreitens in allen Dingen.

Das Burggrafthum zu Nürnberg umfaßte zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts das ganze Gebiet der späteren Fürstenthümer Anspach und Baireuth: man hatte sich nach und nach gewöhnt, dasselbe in zwei Theile zu scheiden, nämlich das Land auf dem Gebirge, bestehend aus dem Gebiet von Baireuth und Culmbach (mit den Städten und Schlössern Baireuth, Hof, Plassenburg, Culmbach, Erlangen), und das Land unter dem Gebirge oder das Land zu Franken (mit Onolzbach oder Anspach, Kadolzburg, Schwabach, Kitzingen).

Burggraf Friedrich V. übergab im Jahre 1397 die Regierung seinen beiden Söhnen Friedrich VI. und Johann III.: dieser erhielt das Oberland Baireuth, Friedrich das Unterland Anspach, — die Burg zu Nürnberg hatten sie gemeinsam.

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Friedrich von Nürnberg und Kaiser Sigismund. Burggraf Friedrich VI., dem es vorbehalten war, sein Haus auf eine noch glorreichere Bahn einzuführen, galt als einer der schönsten Fürsten seiner Zeit, er hatte eine wahrhaft fürstliche Persönlichkeit durch Majestät der Erscheinung, wie nicht minder durch gewinnendes, anziehendes Wesen. Die edlen Züge seines Ant

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lizes, die Offenheit seines klaren und zugleich durchdringenden Blickes, die hohe gebogene Stirn bekundeten die Vorzüge seines Geistes und Charakters. Seine männliche Schönheit war gepaart mit hohem Muth und ritterlicher Tüchtigkeit, keiner seiner Zeitgenossen übertraf ihn an Tapferkeit, kriegerischer Uebung und Ausdauer. Den körperlichen Vorzügen entsprachen Friedrich's geistige Gaben: er hatte einen klaren Verstand, ein scharfes, rasch zutreffendes Urtheil und praktische Einsicht, ein Gedächtniß von seltener Treue und große Leichtigkeit im Gebrauch treffender Rede. Früh hatte er sich Fertigkeit in alten und neuen Sprachen angeeignet und sich in der lateinischen, franzö, sischen und italienischen Literatur heimisch gemacht. Ueberall machte sich seine geistige Ueberlegenheit und glänzende Bildung in rühmlichster Weise geltend. Seine geistige Hoheit und Würde aber war gepaart mit freundlichem Wohlwollen und herzgewinnender Leutseligkeit. Die reiche Fülle dieser Begabung wurzelte endlich in ächter christlicher Frömmigkeit: er war streng in der Er füllung der religiösen Pflichten und die Kraft christlichen Glaubenslebens bewährte sich an ihm in Demuth, Sittenreinheit und gläubiger Zuversicht.

Schon früh hatte Friedrich's Begabung und Tüchtigkeit Aufsehen erregt: als sechszehnjähriger Jüngling hatte er in einem Streit seines Vaters mit der Stadt Nürnberg bei der Belagerung von Windsheim Proben großer Tapferkeit abgelegt, später war er mit dem älteren Bruder Johann in dem Heer, das König Sigismund von Ungarn gegen die Türken führte, mitgezogen und hatte in der Schlacht bei Nicopolis (1396) einen Theil der deutschen Ritter ruhmreich angeführt. Kaum hatte er dann nach seiner Rückkehr die Regierung angetreten, so berief ihn das Vertrauen der deutschen Fürsten zur Reichshauptmannschaft Behufs Herstellung des Landfriedens im deutschen Reich (1398). An der Spiße eines Heeres zog er gegen die Raubburgen aus, von denen gewaltthätige Ritter ihr Wesen getrieben hatten, und züchtigte sie so nachdrücklich, wie es lange nicht vorgekommen war, — ein Vorspiel dessen, was er später gegen die Quißow's in Brandenburg ausführen sollte. Auch die innere Verwaltung des Burggrafthums nahm der junge Fürst sofort mit großem Eifer und Erfolg in die Hand: in weiser Benußung aller Hülfsquellen seiner schönen Länder strebte er seinen Vorfahren nach und erhöhete, wie diese, nicht blos den Wohlstand des Landes, sondern auch die Einnahmen der burg gräflichen Kassen.

Die wichtigste Seite von Friedrich's Thätigkeit war seine tief eingreifende Theilnahme an den Angelegenheiten des deutschen Reichs, bei welcher er die alte Richtung seines Hauses, das Streben für Deutschlands innere Einigung und für des Reiches Geltung und Macht nach außen, festhielt. Seine deutsche Politik ist für alle seine Nachfolger ein theures Vermächtniß und Vorbild ge blieben, und wie durch einen Fingerzeig der Geschichte ist dem preußischen Haus und Volk gleich am Beginn ihrer Laufbahn ihre hohe Aufgabe für Deutschland durch den Ahnherrn des hohenzollernschen Hauses klar vor gezeichnet.

Die erste wichtigere Reichsangelegenheit, an welcher Burggraf Friedrich Theil nahm, war die Absetzung des Kaisers Wenzel, dessen Ohnmacht und frevelhafte Vernachlässigung die Ehre und Würde des Reichs tief herab, gezogen hatte, und die Wahl Ruprecht's von der Pfalz zum deutschen

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König (1400). Zu diesem hielt Friedrich fortan mit unverbrüchlicher Treue und begleitete ihn auch auf dem Zuge, den Ruprecht zur Wiederaufrichtung des tief gesunkenen deutschen Ansehens in Oberitalien unternahm, der aber freilich durch die Lauheit und den Verrath einzelner deutscher Fürsten ein un glückliches Ende erreichte. Nach Ruprecht's Tod war es vornehmlich Burg graf Friedrich's Einfluß vorbehalten, die Wahl König Sigismund's von Ungarn zum deutschen Kaiser zu bewirken. Schon ein Jahr zuvor war er einer Aufforderung dieses Fürsten gefolgt und hatte dessen Vertrauen durch Rath und That in hohem Grade gewonnen und zugleich im Kampfe gegen die Nachbarvölker im Osten von Ungarn seinen Waffenruhm glänzend erneuert. Als nun Ruprecht starb, richtete er mit anderen Fürsten, welche Deutschland aus dem damaligen tiefen Verfall retten wollten, seinen Blick auf Sigismund, dessen bevorzugte Persönlichkeit und Machtstellung allein geeignet schien, der Reichsgewalt neues Ansehen zu geben. Sigismund selbst wünschte dringend die deutsche Krone und legte voll Vertrauen die Sorge für seine Wahl in des Burggrafen Hand. Die Aufgabe war durchaus keine leichte; denn unter den Kurfürsten waren die mächtigen Erzbischöfe von Mainz und Köln Sigismund lebhaft entgegen, König Wenzel von Böhmen hielt sich selbst noch immer für den rechtmäßigen Kaiser und Herzog Rudolph von Sachsen stimmte ihm darin bei, der erbärmliche Herzog Jobst von Mähren endlich wollte seinerseits Kaiser werden. Nur der Pfalzgraf Ludwig und der Erzbischof von Trier waren für Sigismund, jener jedoch wegen seiner großen Jugend, dieser wegen hohen Alters ohne rechten Einfluß. Friedrich von Nürnberg aber führte durch seine Thatkraft und Umsicht das Unternehmen glücklich durch. Er zog mit Glanz als Sigismund's Gesandter in Frankfurt ein und beanspruchte, zugleich auch als dessen Stellvertreter für die Kurstimme Brandenburg an der Wahl selbst Theil zu nehmen, während Jobst von Mähren als Pfandherr der Markt diese Stimme gleichfalls in Anspruch nahm. Die Gegner Sigismund's suchten die Wahl in die Länge zu ziehen, Friedrich aber drang darauf, daß sie am vorher bestimmten Tage, am 20. September, stattfand. Vergeblich suchte der Erzbischof von Mainz die feierliche Handlung an diesem Tage zu hindern, indem er ein Interdict ansagte, wegen dessen auch die Bartholomäuskirche, in der die Wahl geschehen sollte, verschlossen blieb. Friedrich trat mit den Kurfürsten von Pfalz und Trier zur bestimmten Stunde außerhalb der Kirche hinter dem Frohnaltar zusammen und vollzog mit ihnen unter freiem Himmel, aber mit allen vorgeschriebenen Förmlichkeiten die Kaiserwahl, die unter solchen Umständen natürlich auf Sigismund fiel. Friedrich verkündete sofort laut seiner Vollmacht, daß er sich des heiligen Reiches an Statt und im Namen des Königs annehme; die Gegner aber stellten die Wahl als eine ungültige dar und traten kurz darauf zu einer neuen Kaiserwahl zusammen, in welcher der unwürdige Jobst von Mähren zum römischen König erkoren wurde. Glücklicher Weise starb er wenige Monate darauf (1411), und nun gelang es Friedrich's Anstrengungen, Wenzel von Böhmen und die übrigen Fürsten dahin zu bestimmen, daß sie in einer erneuerten Kaiserwahl am 8. Juni 1411 sich einstimmig für Sigismund erklärten.

So war es vorzüglich das Verdienst des Burggrafen von Nürnberg, daß Sigismund die Kaiserkrone erlangte; dieser zögerte auch nicht, ihm seine

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