Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

nnd daß er dem Gehorsam gegen die Majestät endlich doch die Kindespflicht unterordnete, das ließ auf evangelischer Seite zuerst an ihm irre werden. Die katholische Partei hatte über Joachim II. einen völligen Sieg errungen als er Abstand davon nahm, die Mutter zurückzurufen. Für die fürstliche Dulderin begann aber jezt die zweite und schwerere Hälfte ihrer Prüfungszeit. Daß der Gemahl sie als Verstoßene betrachtet, mochte sie hinnehmen; das Verhalten der Söhne beugte ihren Sinn tief. Zu der Sorge um das Seelenheil der Kinder kam der beständige Mangel an Existenzmitteln; es mußte ihren Fürstinnenstolz verlegen, auf fremdem Boden immer die Empfangende zu sein. Durch ihre Briefe klingen die Klagen eines gebrochenen Herzens, aber allem voran steht die Sorge um das ewige Heil des Sohnes. Unter dem beständigen Druck seelischer Qualen wurde ihr Geist zeitweise umdüstert; man fürchtete, der Wahnsinn könne eintreten; doch genas sie in Luthers Hause wieder. Wäre Elisabeth im Schoß der römischen Kirche geblieben, so würde sie zweifellos unter denselben Umständen als Heilige gefeiert werden. Auch jezt noch nicht kehrte sie in die Mark zurück,111) erst in der zweiten Hälfte von 1545 hat sie ihren Witwensiz in Spandau bezogen. 112) In jener Zeit erhielt der Pfarrer Nikol. Medler seine Berufung als Hofprediger der Kurfürstin. In den 18 Jahren ihrer Verbannung hatte Elisabeth den märkischen Boden nicht betreten. 113)

Die Anhänglichkeit Joachims an das Haus Habsburg hatte sich als äußerst leistungsfähig erwiesen; mit einer gewissen Innigkeit hielt er seine Beziehungen zu Kaiser und König aufrecht. „Der löbliche Kaiser Maximilianus des Namens der erste hat mich erstlich an das Haus Österreich gebracht; bei dem will ich auch beständig ausharren,“ das war und blieb seine Meinung.114) Mochte er später seine oft unverständliche Hingabe mit den Worten erklären: „Ich muß es gegen Kaiserliche Majestät so machen, daß meine Lande und Leute nicht verstöret werden," so hat er doch dem Willen seines Volkes mit der Befolgung jener Schlepp= taupolitik durchaus nicht entsprochen.

Der junge Kurfürst hatte unter den Räten seines Vaters keinen Widerstand gegen seine Pläne gefunden. Wir wissen von keinem, der kurz nach dem Regierungsantritt Joachims seinen Plaz

verlassen hätte; auch die eifrigsten Verfechter römischer Ansprüche wie Redorffer treffen wir als Räte des Kurfürsten an, und der Gegner Luthers Elgersma ist sogar als Beisitzer des Landeskirchlichen Konsistoriums aufgeführt. Von dem Kanzler Dr. Wolfgang Kettwig war bekannt, daß er erfolgreich gegen das Luthertum gewirkt hatte. Geboren in Sachsen hatte er zu Bologna seine Studien beendet. Nachdem er in den Diensten Georgs von Sachsen und Joachims I. gestanden, war er später nach Mecklenburg gegangen. Seiner Einwirkung hatte es die römische Kirche zu danken, daß der Herzog von Mecklenburg zu ihrem Bekenntnis zurückkehrte. Da Kettwig für Joachim unerseßlich war, berief dieser ihn aufs neue an seinen Hof. Widerstrebend nur ließ ihn der Herzog von sich, Kettwig mußte versprechen, den mecklenburgischen Herrscher noch ferner zu beraten. Reichlich belohnte Joachim den neuen Kanzler mit Gütern im Sternbergischen. Seine Thätigkeit wurde nach dem Tode des kurfürstlichen Gönners wohl etwas eingeschränkt, doch blieb er offizieller Kanzler mit ge= ringer Unterbrechung bis zum Landtage im Frühling 1540. Als Todesjahr Kettwigs wird einerseits 1541, andrerseits 1551 genannt. 115)

Zu den alten Räten Joachims I. hatte auch Thomas Krull gehört, der bereits 1515 Sekretär am kurfürstlichen Hofe war.116) Wie Kettwig ohne spürbaren Einfluß nach 1535 blieb, so findet sich auch von Krull keinerlei Einwirkung zu Gunsten der alten Kirche aufgezeichnet. Dagegen wissen wir von Adam v. Trotte und Georg v. Breitenbach sicher, daß sie der neuen Lehre zuneigten. Der erstere war 1530 als Hofmarschall berufen worden. Auf allen Verhandlungen, die er führte, war er bemüht, den Frieden zu erhalten und wurde von Joachim II. besonders zu Sendungen an die protestantischen Höfe gebraucht. 117) Breitenbach hatte als einer der ersten die neugestiftete Universität Frankfurt bezogen. Zur Zeit der Leipziger Disputation hatte er mit Luther Freundschaft geschlossen und verleugnete seine evangelische Gesinnung auch als Ordinarius der juristischen Fakultät zu Leipzig nicht. Als Kettwig sich von den Geschäften zurückzuziehen begann, hat er auf kurze Zeit die Funktionen eines Kanzlers ausgeübt.118)

Den bedeutendsten Einfluß auf die äußere Politik Joachims II.

hatte ein auf märkischer Erde geborner Edelmann, Eustachius von Schlieben. Obgleich er die Kanzlerwürde vor andern verdiente, ist er doch nur kurfürstlicher Rat geblieben. Joachim I. hatte ihn, nachdem er zu Frankfurt und Bologna studiert, als Hofrat berufen; doch konnte er erst seine Thätigkeit recht entfalten, als die neue Lehre in der Mark unter der Herrschaft des jungen Fürsten sich freier entwickelte. Neben vortrefflicher rednerischer Gewandtheit war Schlieben ein sicherer politischer Takt zu eigen und seine Gaben hat er im Dienst seines Herrn unermüdlich verwertet. Die Evangelischen im Reich schäßten ihn hoch. „Wolt Gott, Brandenburg schicket Herrn Eustachius von Slieben!" schrieb Bucer an den Landgrafen. 119) Auch für die innere Politik Joachims waren die Ratschläge Schliebens oft maßgebend. Einen geschickten Vertreter evangelischer Interessen fand der Kurfürst ferner in dem Havelberger Dompropst Leonhard Keller. Auch Albrecht von Schlieben, Joachim von Bredow, Dietrich Flans und Fabian Funk sind zweifellos evangelisch gesinnt gewesen, sodaß an dem kurbrandenburgischen Hofe die Anzahl der Räte, welche der evangelischen Lehre zuneigten, bei weitem die größere war.120)

Drittes Kapitel.

Die Teilung der Mark.

Das Testament Joachims I. Die Irrung der Söhne.

[ocr errors]

In dem am 22. Oktober 1534 aufgesezten Testamente hatte Joachim I. der Haltung seines Nachfolgers zur väterlichen Religion besondere Aufmerksamkeit zugewendet. 121) Durch einen feierlichen Eid suchte er seine Söhne an die Verpflichtung zu fesseln, welche er beim Abschluß des Halleschen Bündnisses übernommen hatte. Mit wie großem Ernst aber diese Mahnungen auch ausgesprochen waren, doch waren sich die meisten Fürsten im Reich darüber einig, daß die beiden Markgrafen sich den Gewissenszwang nicht würden aufnötigen lassen. Die Reformatoren hätten eine Nichtachtung des letzten Willens um des Gewissens willen kaum getadelt. Aber selbst wenn die Söhne Joachims I.

[ocr errors]

sich von ihrer Verpflichtung hätten lösen wollen, doch war das Testament wie alle römisch Gesinnten glaubten -nur darauf zugeschnitten, die schwankenden Nachfolger bei der Kirche zu erhalten. Das Land war troß den Bestimmungen der dispositio Achillea geteilt worden. Mußten nicht Joachim sowohl wie Johann von thörichtem Vorgehen abgeschreckt werden, wenn dem Kaiser, welchem durch Bestätigung des Testaments ein Einfluß am kurbrandenburgischen Hofe eingeräumt wurde, Mittel in die Hand gegeben waren, zu Gunsten seines Bekenntnisses einen Druck auszuüben?

Möglich, daß solche Erwägungen bei Aufstellung des Testaments mitgewirkt haben. Aber die Gründe für die Teilung der Mark erwuchsen doch aus der wirtschaftlichen Notlage, in welcher sich das Land thatsächlich seit Beginn des zweiten Dezenniums befand. Nichts vermag die Annahme zn rechtfertigen, als sei der Stand der Finanzen Kurbrandenburgs um 1535 ein günstiger gewesen.122) Ein Brief der Kurfürstin Elisabeth aus dem Jahre 1524 flagt schon die Not, daß nirgends mehr eine Anleihe aufgenommen werden könne, 123) und in der Einigung der Söhne heißt es, daß die Schulden des Herrn Vaters fast schwer, hoch und wichtig seien.124) Von dem ältesten Sohn, dessen kostspielige Neigungen er kannte, konnte Joachim I. nicht erwarten, daß die finanziellen Verhältnisse gebessert würden. Auf dem letzten Landtage, welchen er einberufen hatte, war ihm besonders zur Tilgung seiner Schulden ein gemeiner Hufenschoß auf 8 Jahre zugesagt worden, wogegen er für seine Erben gelobt hatte, daß die Stände fürder um einigerlei Steuer oder Landbede nicht sollten angelangt werden.125) Von der Regierung seines zweiten Sohnes, der wohl schon seine Sparsamkeit in jener Zeit bewiesen hatte, mochte sich Joachim Gutes versprechen, ihm hat er deshalb einen Teil der Landesverwaltung in die Hände gegeben. Der Umstand, daß die Ehe des Markgrafen Haus nicht mit männlichen Nachkommen gesegnet wurde, hat denn auch die Annahme des ersten Joachim außerordentlich begünstigt.

Zwischen den Brüdern aber brachen mit der Erbteilung Irrungen aus, welche viele Jahre andauerten. Eine friedliche Einigung unter Männern von so verschiedenen Lebensanschauungen

mochte von Anbeginn an als schwierig erscheinen. Die mannigfachen Vorzüge und Schwächen des Vaters lebten in den Söhnen getrennt fort. Joachim von sprühender Lebenslust, gutmütig bis zur Verschwendung, an gelehrten Dingen sein Vergnügen findend, wagemutig und nicht ohne politische Findigkeit, doch ohne die nötige Energie, den gerichteten Pfeil vom gespannten Bogen fliegen zu lassen, Phantasmen schmiedend und auf die Wunder betrügerischer Goldköche bauend; Johann, die zweite Lebenshälfte des Vaters darstellend, verschlossen, bis zur Grausamkeit streng, genaturt wie es mittelmäßige Menschen häufig sind, bei denen die Grenze zwischen Eigensinn und Prinzipienstrenge nicht immer sicher zu finden ist, ein kalter Rechner, aber sparsam und fleißig, voller Hingabe für die ihm gewordene Aufgabe.

Wenige Tage, nachdem der Kurfürst mit seiner Gemahlin in die Mark zurückgekehrt war, sollten die Markgrafen ihren Beitritt zum Halleschen Bunde erklären. 126) Voran stand natürlich die Forderung, bei dem alten christlichen Glauben zu beharren. Händel und Kontrakte wider die Ordnung der Rechte und kaiserlichen Verbotes sollten keineswegs ferner geduldet werden. Mit frohen Hoffnungen für eine Ausgleichung der Gegensäße, als deren Vollzieher er sich betrachtete, trat Joachim bei, mit innerem Widerstreben Johann. Bereits waren entgegengesette Meinungen wegen des Erbteils laut geworden. Den Mitgliedern des Bundes mußte daran liegen, jede Uneinigkeit zwischen den Brüdern zu beseitigen; sie erboten sich, Vermittlung zu übernehmen; vor allem that dies Heinrich von Braunschweig. Nachdem am 7. Oktober eine Vorbesprechung stattgefunden hatte, wurde einen Monat später unter Assistenz von 16 Zeugen ein Vertrag geschlossen. 127) Bereits im folgenden Jahre brachen neue Zwistigkeiten aus, da Joachim Unterthanen des Lebuser Bischofs im Lande Sternberg hatte pfänden lassen, ohne darüber an den Bruder zu berichten. Dieser beklagte sich bitter über solche Unbill; er begann von jezt ab eine isolierte Stellung einzunehmen, gegen das Hallesche Bündnis zeigte er sich zurückhaltend. Nicht allein, daß er sich weigerte, der Beitrittserklärung sein Siegel anzuhängen, er sprach auch ohne Hehl zu Philipp von Hessen aus, was er demnächst zu thun beabsichtige.

« ZurückWeiter »