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gedroht, wenn er dieselbe Bahn wie die Mutter wandelte. Von jezt ab war er vorsichtig. Nicht seine Überzeugung gab er daran; sein Gewissen beunruhigte ihn, wenn er das Abendmahl unter einer Gestalt genoß. Er klagte sein Leid Luther und dieser antwortete, er dürfe wider das Gewissen nichts thun. 92) Gottes Ordnung und Gebot schriebe den Genuß unter beiderlei Gestalt vor; ehe Joachim dawider handle, solle er sich lieber des Sakraments enthalten, sich ungeschickt, krank oder gebrechlich stellen. Dennoch wahrte er den Schein eines rechtgläubigen Sohnes der alten Kirche fürderhin. Der Vater, bei welchem sich die Erbitterung gegen die Reformation zu einem persönlichen Haß wider Luther zugespigt hatte, seit dieser sich des Ehemanns der kurfürstlichen Geliebten Katharina Hornung angenommen, mochte ihn mißtrauisch beobachten.

Als der Kurprinz erst dreizehn Jahre zählte, war bereits die Wahl einer Gemahlin erörtert worden. Für das Haus Brandenburg that sich in jenen Tagen, da der alte Kaiser Maximilian den Tod nahen fühlte, eine gewaltige Aussicht auf. Der deutsche Kaiser und der König von Frankreich buhlten um Joachims Gunst. Ältere Historiker berichten, Maximilian habe an dem Kurprinzen ein besonderes Wohlgefallen gehabt; sie wollten gern eine seelische Verwandschaft zwischen dem lehten Ritter auf dem Thron und dem lezten Ritter unter dem Kurhut konstruieren. Allein das ist es doch nicht gewesen. Des alten Kaisers Pläne waren bis auf den lezten Augenblick auf das Praktische gerichtet. Um die Thronfolge des Enkels zu sichern, mußte er ein gleich starkes Gewicht in die Wagschale werfen, wie Franz I., der seit 1517 mit Joachim unterhandelte und für den Fall, daß Brandenburgs Stimme bei der Wahl ihm sicher sei, ein Ehebündnis des Kurprinzen mit der Prinzessin Renata in Aussicht stellte. 93) Ausdrücklich wurde im Vertrag zu St. Germain (26. III. 1519) gesagt, daß, wenn es Renata nicht wäre, eine andere französische Prinzessin Joachim die Hand reichen werde.

Der Kanzler Wolfgang Kettwig führte die Unterhandlung mit dem Kaiserhofe. Ihm war es zu Augsburg (18. VIII. 1518). gelungen, einen Heiratsvertrag zustande zu bringen. 94) Der Tag

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gedinges war festgesetzt. Lockender wurden die Angebote des französischen Königs: zu Gunsten Joachims wollte er auf die Kaiserkrone verzichten. Lange hat der Kurfürst diesen Gedanken erwogen, bis er sich für Habsburg entschied, das seinen Versprechungen nicht nachkam. 95) Eine Annäherung zwischen den eifrigsten Anhängern der alten Kirche unter den deutschen Fürsten, zwischen Joachim und Georg von Sachsen, hatte längst stattgehabt. Der Kardinal Albrecht unterstüßte emsig eine eheliche Verbindung der beiden Häuser und ermunterte den Bruder, sodaß dieser den Sohn zu einer Reise bewog, damit er die Person besehe." 96) Am 5. November 1524 erfolgte Joachims Vermählung mit Magdalena von Sachsen.

Als der Kurprinz dem Vater in der Regierung folgte, hatte der Tod bereits länger als ein Jahr diese Ehe gelöst.97) Man hat allgemein angenommen, daß Joachim I. nun durch eilige Verbindung des Sohnes mit einer Prinzessin aus streng katholischem Hause, denselben aufs neue an die römische Kirche habe fesseln wollen. Deshalb habe der Kurfürst die Verlobung mit der pol= nischen Königstochter schnell betrieben. Der Anteil Joachims I. wird aber ein durchaus untergeordneter durch den eigenhändigen Brief Albrechts von Preußen an den Kurprinzen vom 3. September 1534.98) Der Brief ist nur das Bruchstück einer Korrespondenz, von welcher leider kein weiterer Teil aufzufinden war. Der Herzog hatte dem jungen Joachim den Vorschlag gemacht, sich um Hedwig von Polen zu bewerben, und der Kurprinz seine Ge= neigtheit zu erkennen gegeben. Albrecht fragte nun, ob er durch eine Mitteilung an Sigismund von Polen die vertrauliche Antwort Joachims offiziell machen dürfe und forderte diesen gleichzeitig auf, daß er den Vater von dem Plan in Kenntnis seße. Er empfahl Hedwig aufs eifrigste.

Also nicht der Kurfürst, sondern der preußische Herzog war der Vermittler, und die Thatsache, daß der Heiratsvorschlag von einem evangelischen Fürsten ausging und durch den Sohn erst an den Vater gelangte, schließt einen Schachzug zu Gunsten der römischen Kirche aus. Vielmehr lag der Verbindung des Kurhauses mit Polen ein Gedanke zu Grunde, welchen Joachim II. in sein politisches Programm aufgenommen hat, für dessen Ver=

wirklichung er unablässig thätig gewesen ist. Wohl mag Herzog Albrecht diese Idee in ihm angeregt haben. Als derselbe am 8. April 1525 die Umwandlung des Ordenslandes in ein erbliches Herzogtum vollzog und den polnischen Lehnseid leistete, kamen als seine Nachfolger natürlich nur die Zollern von der fränkischen Linie in Betracht. Nichtsdestoweniger ging das Bestreben Kurbrandenburgs dahin, eine Mitbelehnung zu erlangen und vorteilhaft war es, solche Absichten durch verwandtschaftliche Be= ziehungen zum Königshause zu unterstüßen. Joachim II. hat für seinen ihm von Hedwig geborenen Sohn 99) Sigismund Antrag wegen Mitbelehnung durch Malzahn stellen lassen und wenn ihm auch der polnische König mitteilen ließ, daß solcher Vorschlag im Senat keine Zustimmung gefunden habe, 100) so ist Joachim auf dem eingeschlagenen Wege nicht stille gestanden, bis er kurz vor seinem Tode die Mitbelehnung erlangte.

Der Ehevertrag wurde von den Gesandten am 21. März 1535 unterfertigt. 101) Im Juli 1535 richtete Sigismund einen Brief an „Joachim, Vater und Sohn“, in dem er der nahen Hochzeit gedenkt.102) Das Schreiben traf Joachim I. nicht mehr am Leben. Sein Nachfolger teilte Sigismund den plötzlichen Tod des Vaters mit und setzte den Tag des Beilagers auf den Anfang des Septembers fest.

Zweites Kapitel.

Der Regierungsantritt.

Urteile der Zeitgenossen über Joachim. Bemühungen von evangelischer und katholischer Seite um Kurbrandenburg. Leitende Personen am Hofe.

Dem neuen Herrn sah man in der Mark mit den verschiedensten Gefühlen entgegen. Die zur neuen Lehre Neigenden erhofften viel; mißtrauisch beobachteten ihn die Römlinge. Jeder hatte das Verhalten des Kurprinzen in seinem Sinne gedeutet, fast jeden enttäuschte der Kurfürst. Die Verordnung, welche er bald nach seinem Regierungsantritt erlassen, drückt den beiden kirchlichen Parteien gegenüber weder Zugeständnisse aus, noch verrät sie Abneigung. Daß die alte Form des Gottesdienstes in Verfall gerät,

schmerzt ihn. „Bis auf seinen weiteren Bescheid" solle das Volk nicht zum Aufruhr gebracht werden. Ein gemein Konzil stehe bevor. Bis auf solchen Urteilsspruch solle das Volk „ohne Mittel auf Christum als auf unsern einigen Heiland gewiesen werden."

Als Joachim II. nach Havelberg zur Huldigung kam, wußte ihn Bischof Busso zu einer Huldigung für die Kirche zu bewegen.104) Er reichte dem vor dem Hochaltar Knieenden das heilige Bild der Schuppatronin des Stifts. Wie einst Simeon den Jesusknaben, so nahm Joachim das Marienbild auf die Arme, verehrte es küssend und gelobte der Stiftskirche Verteidigung und Schuß. Im Reiche waren die Meinungen maßgebender Persönlichkeiten über Joachim ebenso verschieden wie in der Mark. Zu Anfang des Jahres 1533 war der apostolische Notar P. Vergerio nach Deutschland entsandt worden. Während er für ein allgemeines Konzil warb, sollte er ein deutsches Nationalkonzil zu verhindern trachten. Schon das Verhalten des Kurprinzen hatte dem Nuntius Sorge gemacht, auch er hielt die Verbindung mit Hedwig von Polen für ein Werk des alten Joachim, das mit dem Tode des lezteren fallen werde. 105) Auf Grund persönlicher Bekanntschaft mit Joachim konnte Vergerio im Oktober 1536 seinem Nachfolger Morone eine Charakteristik des jungen Fürsten hinterlassen: 106) Marchio Brandeburgensis novus elector: juvenis, ut fama fuit non admodum firmus sed longe dissimilis defuncto patri.

Für besonders charakterfest hielt man Joachim nicht; doch bemühte man sich auf beiden Seiten, ihn zu umwerben. Philipp von Hessen schrieb auf die erste Nachricht vom Tode Joachims I. hin an ihn von Immenhausen aus. 107) Aber aus diesem Briefe redet doch mehr als das bloße Parteiinteresse, welches um den Beitritt eines neuen Mitgliedes wirbt; es klingt darin eine Sprache auf, die für eine aus dem Innern herausgeborene Überzeugung spricht. Mit sophistischen Gründen sucht er Gewissensbedenken zu ersticken: Joachim hat ja nur versprochen, dem lutherischen Handel nicht anzuhangen; nun, Philipp und seine Freunde hängen nicht an Namen oder Personen; möge Joachim das Evangelium also rein predigen lassen. Wie keck klingt seine Frage an den Kurfürsten, ob er sich etwa fürchte vor der Feinde Schar! Wie ergreifend

Steinmüller, Reformation in Brandenburg.

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bittet er: Wir haben alle auf E. L. gehofft, laßt unsre Hoffnung nicht zu einer leeren Schellen werden!

Joachim gab nur eine leere Zusage; aber die Idee des Landgrafen machte er doch völlig zu der seinen. Wie alle evangelischen Fürsten behauptete er auch später, daß er sich troß seinem evangelischen Bekenntnis als Verwandter der alten Religion fühle, ein Glied der allgemeinen Kirche sei.

Ganz ohne Sorge um sein Verhalten waren die Altgläubigen nicht. Herzog Georg sandte Carlowig in die Mark, den Kurfürsten an seine Verpflichtung zu mahnen, und sein Oheim, der Kardinal Albrecht, drückte in einem Schreiben die Hoffnung aus, „daß Joachim, wie bisher erfunden sei, gleich seinem Vater die Geistlichen zu fördern und zu handhaben bereit sein werde.“ · Für die katholischen Fürsten aber mußte die Rückkehr der Kurfürstin Elisabeth in die Mark doch gefährlich erscheinen. Sie konnten den Einfluß dieser Frau nicht unterschäßen. Von Herzog Georg. oder dem Kardinal Albrecht rührt der Entwurf her, dessen Ausführung im August 1535 dem König Ferdinand übersandt wurde 108). und in dem darauf hingewiesen ist, welche Gefahr für die beiden Markgrafen in der Rückkehr der Mutter läge. Die Verfasser des Briefes trauten ihrem Einfluß auf Joachim nicht viel zu, aber sie erkannten sehr richtig, daß ein Befehl des Kaisers „ex motu proprio" von Wirkung sein werde. Ohne die Genehmigung des Bruders einzuholen, sandte Ferdinand am 4. September 1535 von Wien aus einen Brief an Joachim, in welchem er ihn aufforderte, in den Fußstapfen des Vaters zu wandeln, der Mutter aber dann nur die Heimkehr zu gestatten, wenn sie zur römischen Kirche zurückkehren wolle.109)

Joachim hatte die Mutter nur wenige Tage nach des Vaters Tode eingeladen, zurückzukehren. Seine Absicht wurde von der evangelischen Partei am Hofe unterstüßt.110) Elisabeth hatte zwar allerlei Bedenken wegen der Heirat mit einer katholischen Prinzessin geäußert; doch hätte sie dieselben unterdrückt, wenn ihr evangelische Predigt an ihrem Hof und in den zu ihrem Leibgedinge gehörigen Dörfern zugestanden wäre. In einen schweren Kampf zwischen natürlicher Pflicht und politischer Rücksicht geriet Joachim, als er den königlichen Brief bei der Rückkehr von Krakau vorfand

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