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befolgt. Wie konnte sich das Volk auch nach den Vorschriften eines Wedego richten, der in Helm und Harnisch einherschritt, an der Spige seiner Reisigen das Gebiet der Nachbarn verwüstete, Kirchen und Klöster niederbrannte und gemächlich dabei sagte: „Ik kann se wedder konsekreren, wenn se violeret sind", der endlich nach kanonischem Recht der Ausübung seiner geistlichen Funktionen verlustig ging, weil auf einem Kriegszug sein Pferd ein schwangeres Weib zertreten hatte!

Von größerer Bedeutung waren die Reformationsbestrebungen eifriger Männer, die den Gebrechen der Kirche gegenüber nicht blind waren. Wenig Früchte freilich haben diese Bemühungen in der Mark getragen. Es galt vor allem, den Mönchen und Nonnen strenge Beobachtung der Ordensregel zur Pflicht zu machen, und die Wirksamkeit des rührigen Andreas Proles, der die Augustinerklöster für die Observanz zu gewinnen bestrebt war, hat in Kurbrandenburg Spuren hinterlassen. 25) Wir finden ihn 1458 zu Königsberg in der Neumark, wo er auf einem Generalkapitel seines Ordens seine Ziele darlegte. 26) Die Augustiner zu Königsberg bekannten sich bald darauf zur Observanz. Vereinzelte Versuche, das ärgerliche Leben der Mönche zu bessern, wurden auch von den Landesfürsten, so von Friedrich II. um 1470, unternommen. In allen Fällen wurde nur eine vorübergehende Besserung erreicht. Wie konnte auch eine Reformation in reaktionärem Sinne, das Zurückgreifen auf veraltete Zustände in einer nach neuer Gestaltung ringenden Zeit nühen! Nur eine aus dem Geist geborne Macht konnte der Kirche Heil bringen.

Als Joachim I. starb, galten die Inhaber der drei märkischen Bischofssite ohne Ausnahme als treue Anhänger der römischen Kirche. Eine der bekanntesten Personen in der brandenburgischen Reformationsgeschichte ist Matthias von Jagow, der mit etwa 46 Jahren von dem Kapitel zu Brandenburg als Bischof ge= wählt wurde. 27) Als Sproß eines in der Altmark seßhaften Adelsgeschlechts studierte er Jurisprudenz und Theologie in Leipzig (1505), Frankfurt (1506) und Bologna (1513–1516) und wird 1522 unter den Beisißern des Reichskammergerichts genannt 28) Nachdem er verschiedene Domherrnstellen inne gehabt, wurde er Propst zu Spandau (1524) und Dompropst zu Havelberg (1525).

Am 8. Dezember 1527 bestätigte ihn Albrecht von Mainz als Bischof von Brandenburg, in welche Stadt er folgenden Jahres seinen Einzug hielt. Ausdrücklich hatte er geloben müssen, Kirchen und Klöster seiner Diözese von der Keßerei zu reinigen, aber in dem ersten Jahr seiner Amtsführung gestattete er der Altstadt Brandenburg, daß der Pfarrer Thomas Bait in ihrer Kirche die Messe deutsch lesen durfte und suchte diesen Geistlichen der Stadt auch späterhin noch zu erhalten. Ob Matthias von Jagow um jene Zeit bereits evangelisch dachte, ist zweifelhaft. Denn während er dem Vordringen der Reformation in seinem Sprengel keinerlei Hemmnisse bereitete, ließ er sich noch 1534 in einem Brief an die Kurie 29) sehr entrüstet über „die lutherische Sekte" vernehmen und beklagte sich über die Schäden, welche durch die evangelische Lehre der Kirche erwachsen seien. Nun wurden die Existenzmittel des Bischofs durch den Protestantismus erheblich geschmälert, und es mag verzeihlich sein, daß er der Neuerungen deshalb bitter gedachte. Dennoch berührt es eigen, von ihm eine Richtung verurteilt zu hören, deren Entwicklung er stillschweigend förderte, zu welcher er sich bald darauf bekannte. Auch sein sitt= liches Leben war nicht ohne Anstoß. Der Kardinal Albrecht er= mahnte ihn dringend, sich zu bessern und zweifelhafte Personen aus seiner Umgebung zu entfernen.30) Auch hinterließ er „Bastarde und ein Mägdelein“ und Gesinde und Handwerker klagten nach seinem Tode, daß er ihnen Lohn schuldig geblieben sei.

Von Joachim I. besonders geschäßt wurde der Havelberger Bischof Busso X. aus dem Geschlecht derer von Alvensleben, der 1468 geboren, den gleichen Studiengang wie Matthias von Jagow hatte.31) Viel Geschick bewies er bei kirchenpolitischen Verhandlungen, zu welchen ihn der Kurfürst mit Vorliebe heranzog. Mit Eitelwolf vom Stein zog er 1508 nach Trier, daselbst wegen des Utrechter Bistums zu unterhandeln. Fünf Jahre später war er für Albrecht in Magdeburg und Halberstadt thätig und reiste in der gleichen Angelegenheit nach Rom. Dort vertrat er auch im Januar 1514 seinen Kurfürsten auf der Versammlung im Lateran und erwirkte im Mai desselben Jahres die päpstliche Erlaubnis für die Vereinigung zweier Pfründen in der Hand Albrechts. So treue Dienste fanden denn auch reichen Lohn. Busso erhielt

(1515) die Dompropstei zu Brandenburg fast gleichzeitig mit der Propstei des Kollegiatstiftes zu Stendal. Am 24. März 1523 wurde er zum Bischof von Havelberg bestätigt. Seine natürlichen Kinder führten den Namen Halvensleben.

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Ein konservativer Charakter von zähester Eigenart tritt uns in Georg von Blumenthal, dem Bischof von Lebus, entgegen, welcher um so eher Gelegenheit hervorzutreten hatte, als in jener Zeit der Glaubensspaltung sein Sprengel von Anhängern des Luthertums reich bevölkert war. Rücksichtslos nahm er gegen dieselben den Kampf auf; 1525 vom Nuntius Campeggi zum Bestrafen der Abtrünnigen besonders ermächtigt, galt er in der Mark als erbittertster Kezerfeind, als welcher er auch von Clemens VII. Lob erntete. 32) Noch in später Zeit galt der Bischof von Lebus" als Schreckmittel bei den Evangelischen. Auch auf anderem Gebiete zeigte sich die willkürliche Härte seines Wesens, welche, wie bekannt, die Veranlassung zur Minkwig'schen Fehde wurde.33) Mochte Joachim I. an seinem Lebensabend nicht ohne Stolz bekennen, daß er wie kein Fürst im Reiche, drei Bischöfe habe, deren Treue und Ergebenheit er sicher sei, nach hartem Kampfe waren seine Vorgänger und er zu einem solchen Resultate gelangt. Georg von Blumenthal hatte oft des Kurfürsten Pläne durchkreuzt und auf die Würde eines Bischofs von Havelberg, zu welcher er 1520 gelangt war, verzichtete er nur gegen den Bischofsstab von Razeburg und die Anwartschaft auf Lebus. Das Verhältnis der märkischen Bischöfe zu ihrem Landesherrn hatte im Laufe der Jahrhunderte eine Veränderung erfahren, deren Entwicklung hier kurz angedeutet werden möge. 34) Wie die Sprengel märkischer Bischöfe nicht mit den politischen Grenzen des Territoriums endeten, so unterstanden auch einzelne Teile Brandenburgs auswärtigen Bischöfen. Die Bischöfe von Kammin, Meißen, Halberstadt und Verden hatten innerhalb der Mark gelegene Landesteile unter ihrer Botmäßigkeit stehen. Zu den drei märfischen Bistümern gehörten die Altmark, Uckermark, Neumark, Mittelmark, das Land Sternberg und Lebus. Brandenburg und Havelberg 35) waren von Otto I. „weil es der christlichen Gottesverehrung würdig ist, daß wir uns für die Ausbreitung des Glaubens bemühen“ gestiftet und mit Reichsgut dotiert werden.

Sie galten also als reichsunmittelbar, was für Lebus nicht zutrifft. Dieses Stift, dessen Bischöfe vor ihrer Zugehörigkeit zum Reich polnische Lehnsträger waren, wurde von Friedrich II. dem Erzbischof von Magdeburg „in proprietatem et possessionem perpetuam“ überwiesen. Die Bischöfe von Havelberg und Brandenburg galten als Reichsfürsten; sie führten bis gegen das Ende des 12. Jahrhunderts den Titel princeps und das Prädikat venerabilis, wie die weltlichen Fürsten das Beiwort illustris.36) Im 12. und 13. Jahrhundert finden wir sie auf den Hoftagen der Könige, der Kaiser allein bestätigte Schenkungen und verbriefte ihre Rechte. Auch hatten sie das Recht der hohen Gerichtsbarkeit in ihrem Sprengel vom Kaiser direkt erhalten, während die märkischen Städte erst in späterer Zeit durch die Markgrafen dieses Privilegiums teilhaftig wurden. DieHintersassen der Bischöfe leisteten keine Heeresfolge, ungewiß ist, ob ihnen das Münzrecht zustand, sie eigene Landtage abhalten konnten. Daß die Markgrafen von Beginn ihrer Herrschaft an auf Mittel sannen, die stolzen geist= lichen Herrn unter ihr Scepter zu beugen, ist begreiflich; ihr Streben ging zunächst dahin, den Bistümern Schirmvogt und Mundwalt zu werden. Hatten sie das erreicht, so war das Verhältnis der Stifter zum Reich gelöst, die Bistümer waren dann landsässig geworden. Naturgemäß mußte die Schirmpflicht reichsunmittelbarer Stifter vom Kaiser auf den Herzog oder Markgrafen übergehen; doch wußten die märkischen Bischöfe lange alle Versuche ihrer Landesherrn zur Erlangung der Schirmvogtei zu vereiteln. Die Politik der Askanier nun ging dahin, den erzbischöflichen Stuhl zu Magdeburg mit Söhnen ihres Hauses zu beseßen, damit sie, im Besig der Metropole, den Landesbischöfen jeden Hinterhalt entziehen konnten. Allein dieser Versuch scheiterte ebenso wie der zweite, Anhänger ihrer Politik zu Bischöfen von Havelberg und Brandenburg zu erheben. Sie erreichten nur, daß mehr und mehr ihre Unterthanen infuliert wurden. Mit der luxemburgischen Herrschaft tritt eine Änderung des Verhältnisses vom Bischof zum Landesherrn ein. Karl IV., König und Markgraf zugleich, behandelte die Bischöfe wie Vasallen; sie erschienen von jezt ab auf den Landtagen. Der vorangegangene trostlose Zustand der Mark mochte sie belehrt haben, daß unter dem starken Arm eines Landesfürsten ihre Sicherheit

eine größere sei, als wenn sie den vollklingenden aber inhaltslosen Titel eines unumschränkten Gebieters führten. Als die Hohenzollern den märkischen Boden betraten, waren die Bistümer landsässig; das Titelwort princeps kam in Wegfall. In einer Urkunde Friedrichs I. wird das Übergewicht der kurfürstlichen Gewalt klar und scharf hervorgehoben. 34) In einem besonderen Revers mußte der Bischof Konrad von Lintorf 1427 seine Unterthänigkeit bekunden. Diese, die thatsächlich seit langem bestand, wurde jezt urkundlich bestätigt. Die Bischöfe galten als kurfürstliche Räte, sie waren für das Herrscherhaus als solche thätig, für geleistete Dienste wurden sie belohnt. Wollten sie für längere Zeit dem Hofe fern bleiben, so bedurften sie eines Urlaubs; in dem genannten Revers war die Pflicht der Heeresfolge ausgesprochen. Die bischöfliche Gerichtsbarkeit ward eingeschränkt, 38) nur in besonderen Fällen durfte sie geübt werden; der Schiedsspruch in geistlichen Dingen verblieb ihnen unverkümmert. Die Fürsten beanspruchten das Recht, in den Domkapiteln ihr Ablager halten zu können. Vor allem aber — und das ist das bedeutsamste Kriterium des Umschwungs - der Einfluß des Landesherrn auf die Bischofswahl war gewaltig. Ausdrücklich sagte Papst Nikolaus V. Friedrich II. in einer Bulle zu, nur vom Kurfürsten empfohlene Personen bestätigen zu wollen. 39) Es fehlte nicht an Versuchen der beiden Domkapitel, um sich der Einmischung des Kurfürsten in ihre Wahlangelegenheiten zu erwehren; aber die Zollern blieben in ihren Forderungen fest. Nach dem Tode Dietrichs von Stechow (1472) wählte das Kapitel unglaublich schnell den Propst Arnold von Burgsdorf. Albrecht Achill erklärte die Wahl für ungiltig, in seiner Gegenwart mußte die Zeremonie wiederholt werden. 40) Joachim I. erhielt für die Duldung des Ablaßhandels in seinem Lande die Patronatsrechte über die Propsteien von Havelberg und Brandenburg. Troz aller Gunstbezeugungen der römischen Kurie erkannte dieselbe die landesherrlichen Vorrechte nie an. Als Aleander in dem erwähnten Havelberger Wahlstreit (S. 12) zwischen Fürst und Kapitel vermittelte, entschied er zu Gunsten Joachims (perchè questo solo principe è di chi possiamo far buono fundamento in Germania;41) doch that er es gegen seine Überzeugung. Im Vollbesig seiner Macht konnte Joachim I. es wagen,

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