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Telegramm des Großherzogs von Oldenburg erhalte, der den 1883.
Punkt ad 2 hervorhebt. Ich stimme dem Großherzog ganz
bei, daß durch jene Promulgierung die eine Nichterfüllung unserer
Forderungen perfekt geworden ist. Die zweite Forderung wegen
Holstein steht mit jener, nun also definitiv verworfenen, trok
unserer Reservation am Bundestage in engster Verbindung, wie
wir öffentlich ausgesprochen haben. Somit scheint mir, da eins
ohne das andere nicht unsere Anerkennung der Sukzession in
Holstein zur Folge haben kann, die ganze Angelegenheit auf
ein anderes Feld gerückt, und es fragt sich, ob wir und Österreich
jezt nicht berechtigt sind, der Exekution das Wort Okkupation
zu substituieren, vorbehaltlich der Sukzessionsentscheidung, also
uns dem zweiten Satz des sächsischen Amendements anschließen
könnten? Wir müssen ein deutsches Land, was in Gärung sich
befindet, otkupieren, bis ein Sukzessionsstreit geschlichtet ist, welche
Sukzession nach unserer Auffassung nur für Christian IX. ein-
treten soll, wenn er zwei Vorbedingungen erfüllt, die nicht ge-
trennt gedacht werden können. Der Großherzog von Oldenburg
sagt ganz richtig, jezt ist Exekution Anerkennung des Königs
Christian IX. in Holstein; das war unser Standpunkt vor Pro-
mulgation questionnée; nach derselben ist er es nicht mehr.

Lassen Sie mir mündlich durch Überbringer sagen, wann
Sie zu mir kommen werden, da wir uns wegen morgen in
F[rankfurt] a. M. noch besprechen müssen und wegen dieses
Billetts.
W[ilhelm].

342] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 6. Dezember 1863.

6. 12.

Ihre Randbemerkungen in einliegender Balanscher1) De- 1863. pesche in bezug auf das Perfektwerden der neuen dänischen Verfassung in Schleswig gehen viel weiter als Ihre bisherigen mündlichen Äußerungen gegen mich. Balan sagt, meiner Ansicht nach ganz richtig, die Verfassung ist unterzeichnet und als Gesetz

Zu 342) 1) Preußischer Gesandter in Kopenhagen.

1863. publiziert, und ein besonderer Apparat am 1. Januar findet zu deren Einführung nicht statt. Wenn ich also leider zugegeben habe, daß wir bis zum 1. Januar noch zu warten haben, um uns als entbunden vom Londoner Vertrag2) zu erachten so sagen Sie in jenen Marginalien, daß die alte Verfassung in Kraft bleibe, bis eine neue Ständeversammlung gewählt sei. Balan sagt das Gegenteil, und mir sagten Sie, daß ein Hinausschieben ad infinitum dieses Apparates wir uns nicht gefallen lassen dürften. Dann schreiben Sie ad marginem, daß wir auch die Entlassung des Ministeriums und das Fallenlassen des Systems verlangen müßten ganz richtig aber wann? Doch nicht vor dem Einrücken? sondern nachher??

1863.

15. 12.

Senden Sie mir doch die Stipulationen von Warschau von 1851 und die Abkommen vom Jahre 1851 und 1852 zwischen Dänemark und uns, da ich sie nicht vor Augen habe. W [ilhelm].

Eben sagt mir mein Adjutant v. Strubberg, gestern bei der Assemblee habe Buchanan von einem Telegramm gesprochen, wonach Christian IX. die Verordnungen vom 30. März zurüdgenommen habe ??3)

343] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 15. Dezember 1863.

Eben sehe ich aus der Tagesordnung, daß heute schon1) im Abgeordnetenhause die Anleihediskussion stattfindet, so daß ich nicht mehr mit Ihnen, wie ich hoffte, über unser Verhalten dabei sprechen kann. Ich wollte Sie nämlich fragen, ob nicht im Plenum Sie noch das sagen könnten:

1. daß die Exekutionsokkupation so lange dauern werde, bis Dänemark nicht nur alle Zusagen gegeben, sondern auch [die] Ausführung derselben begonnen habe (denn darüber sind

2) D. h. bis zur praktischen Einführung der neuen Verfassung. Meldung war richtig, beruhigte aber nirgends.

- 3) Die

Zu 343) 1) Die Plenarsizung fand erst am 18. statt, gemeint ist jedenfalls

die Kommissionssizung vom 15. .

wir nach dem Telegramm Rechbergs nach Frankfurt] a. M. 1863. mit Österreich einig); 2. daß die Stände der Herzogtümer und der Bundestag vor definitiver Feststellung der Zukunft ersterer gehört werden müßten; 3. um ad 1 nicht in infinitum zu verschleppen, man Dänemark eine Frist zur Ausführung seßen werde; 4. die Lossagung vom Londoner Vertrag, wenn auch eine Opportunitätsfrage, doch entschieden sei, wenn Dänemark nicht seinen Verpflichtungen nachkomme oder der Exekution Widerstand leiste.

Den Punkt ad 2 glaube ich in meinen Randbemerkungen zum Wodehouseschen2) Konversationsprogramm aufgenommen zu haben. W[ilhelm]. Die blauen Notizen finde ich völlig revolutionär! Ich habe sie noch nicht ganz gelesen.

344] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 17. Dezember 1863.

17. 12.

Wenn es wirklich zu einer dänischen Konferenz in Paris käme, 1863. was soll sie dann für ein Fundament zu ihren Besprechungen nehmen?

Ich habe eben die Adresse1) gelesen. Das schlimmste ist, daß sie das will, was ich im Herzen auch will und dem Hause doch nicht pure sagen kann, weder durch Sie morgen noch in meiner Antwort. Könnten Sie morgen noch vor der Sizung einen Moment zu mir kommen, um über diesen Punkt zu sprechen, d. h. wie weit Sie morgen sich äußern können.

345]

An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 26. Dezember 1863.

Wenngleich ich mich sehr freue, daß Dänemark von einer 1863. so energischen Kriegssprache Preußens spricht, so verstehe ich das

2) Lord Wodehouse, englischer Spezialgesandter, mit dem Bismard am 12. eingehend konferierte.

Zu 344) 1) Die Adresse des Abgeordnetenhauses gipfelte in der Bitte, vom Londoner Vertrage zurückzutreten und den Herzog von Augustenburg anzuerkennen.

26. 12.

1863. doch nicht, da wir (leider) eine so entscheidende Sprache noch nicht gesprochen haben? Sollte es sich auf unsere Unterredungen mit Wodehouse und Ewers1) beziehen? Jedenfalls sind das keine offiziellen Demarchen gewesen und dennoch sagt die Depesche: „auf solche Erklärung Preußens hätten England, Rußland und Schweden keine Hife zugesagt." Enfin, il paraît que nous avons fait de la pose sans le savoir! Auch gut!2) Heute ein Brief des Herzogs Karl von Glücksburg mit einem ganz neuen Vorschlag.

1864.

16. 1.

Meine schon gestern gemachte Proposition basiert hauptsächlich mit darauf, meinen seligen Bruder mit seinem Brief von 1848 an den Herzog von Augustenburg und seiner Unterschrift unter dem Londoner Traktat, sozusagen, zu rehabilitieren! Denn der Traktat vernichtet wohl die Sukzession selbst, vernichtet aber nicht das Recht zu derselben, wenn es, wie nunmehr, neu auflebt und von ganz Deutschland verlangt wird. Darum glaube ich, wird Preußen, wenn es sich von diesem Rechte bei der Diskussion in Frankfurt] a. M. überzeugen wird sich für dasselbe aussprechen müssen und dieserhalb (mit Österreich) dann zu er= klären haben, daß es dieserhalb eine Konferenz verlange, um den Traktat mit den kontrahiert habenden Mächten zu modifizieren, d. h. in Dänemark bleibt Christian IX. König; in den Herzogtümern aber sukzediert der Primkenauer.3) Das ist mein Räsonnement zu der Sachlage. W[ilhelm].

346] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

16. Januar 1864.

Mein Sohn kam heute Abend noch zu mir, um mir die Bitte des Erbprinzen von Augustenburg vorzutragen, aus den Händen

-

Zu 345) 1) Baron Ewers kam als russischer Spezialgesandter nach Berlin. 2) Immerhin hatte Bismarck namentlich in der Unterredung mit Wodehouse die Notwendigkeit betont, daß Schleswig von der neuen Verfassung ausgeschlossen sei, und auf einen Ministerwechsel in Kopenhagen als wünschenswert hingewiesen. 3) Erbprinz Friedrich von Augustenburg.

des Herrn Samwer ein Schreiben desselben entgegenzunehmen, 1864. und ob ich nicht dieserhalb seine Soiree besuchen wolle, wo ich ganz unbemerkt den pp. S[amwer] in einem abgelegenen Zimmer finden könne. Ich lehnte dies ab, bis ich den Brief des Prinzen gelesen haben würde, weshalb ich meinem Sohn aufgab, mir denselben zuzusenden. Dies ist geschehen und lege ich den Brief hier bei.1) Er enthält nichts Verfängliches außer am Schluß, wo er mich fragt, ob ich dem pp. S. nicht einige Hoffnung geben könne? Vielleicht könnten Sie mir eine Antwort1) morgen noch fertigen lassen, die ich dem pp. S. mitgeben kann. Wenn ich ihn inkognito bei meinem Sohne doch noch sehen wollte, so könnte ich ihm keine andere Hoffnung geben, als die, welche in der Punktation angedeutet sind, d. h., daß man nach dem Siege sehen würde, welche neue Basen für die Zukunft aufzustellen wären, und den Ausspruch in Frankfurt] a. M. über die Sukzession abzuwarten. W[ilhelm].

347] Gespräch mit dem Bevollmächtigten des Herzogs von Schleswig-Holstein-Augustenburg Samwer.

Berlin, 17. Januar 1864.

17. 1.

Der König: „Ich sollte Sie eigentlich nicht sehen, ich habe 1864. den Prinzen nicht anerkannt, und ich kann daher auch seinen Minister nicht anerkennen. Ich habe Sie indessen früher so oft ge= sehen, daß ich auch jetzt Sie habe sehen wollen. Es liegt indessen darin keine Anerkennung, die Note, die Sie an uns geschickt haben,1) können wir daher auch nicht annehmen; Sie haben sie als Minister geschrieben, oder was sind Sie ?"

Samwer: „Ich bin nichts weiter als Ratgeber meines gnädigsten Herrn. Ich begreife übrigens den von Ew. Majestät hierin eingenommenen Standpunkt vollständig.“

Der König: „Ich wünsche aber, daß diese Unterredung

Zu 346) 1) Vgl. Nr. 363 Anm. 3.

Zu 347) 1) Vgl. Nr. 346. Der Vergleich mit Nr. 348 scheint doch zu zeigen, daß Samwer, wie natürlich, die Bemerkungen des Königs in möglichst günstigem Sinne für den Herzog aufgesezt hat, wie denn die Sicherheit der Erinnerung bei der Aufzeichnung solcher Gespräche selten eine vollkommene sein wird.

Kaiser Wilhelms des Großen Briefe usw. II.

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