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1862. sondern gegen die Armee selbst gerichtet; sie wollen überhaupt keine Armee, die hinter dem König als ihrem Kriegsherrn steht, sondern eine Armee, die hinter dem Parlamente steht. Das ist die parlamentarische Regierung! Daß es zu dieser nicht kommen soll, das ist mein fester Entschluß, darauf verlassen Sie sich! Mein seliger Bruder hat die Verfassung gegeben, ich habe sie beschworen und werde sie auch halten. Sie bestimmt eine parlamentarische Gesetzgebung der drei Faktoren, aber sie sagt nichts von einer parlamentarischen Regierung! Diese leider sehr verschiedenen Attributionen in der Volksauffassung zu verwirren, das ist es, was sich eine gewisse Partei zur Aufgabe gestellt hat, um glauben zu machen, die Verfassung sei gefährdet. - Es freut mich besonders, daß Sie, meine Herren aus der Residenz, den Entschluß, ja den Mut gehabt haben, zu mir zu kommen, denn ich muß es mit Betrübnis sagen, daß die Residenz dem Lande vielfach ein betrübendes Beispiel gegeben hat, und das hat mich tief be= kümmert und verlegt. Ich habe es zu denen, die vor Ihnen hier gewesen, gesagt, und sage es auch zu Ihnen, verbreiten Sie diese meine Ansicht. Sie und Ihre Kommittenten kennen dieselbe, aber verbreiten Sie sie auch in möglichst weiten Kreisen, damit die Wahrheit an den Tag komme, denn meine Worte, die ich früher gesprochen, sind vielfach absichtlich falsch wiedergegeben worden. Sorgen Sie dafür, daß dies nicht auch mit diesen jetzt zu Ihnen gesprochenen Worten geschehe. Und da ich weiß, daß auch diese Deputationen, die heute vor mir erschienen, nicht unangetastet bleiben werden, so verharren Sie um so fester bei Ihrer Gesinnung, die mich wahrhaft erfreut.

1862.

12. 11.

313] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Babelsberg, 12. November 1862. Wenn Sie mich zu sprechen verlangen, so bin ich um 1⁄25 Uhr heute in Berlin.

Morgen um 23 Uhr wünsche ich Delbrück1) in Graf Izenplit) Gegenwart zu sprechen, um mir ein Exposee über die

Zu 313) 1) Direktor im Handelsministerium. 2) Handelsminister.

Handelsverhandlungen des deutschen Handelstages3) zu machen, 1862. bevor ich die Experts, welche hier versammelt sind, empfange, was Freitag geschehen könnte. Wollen Sie auch zugegen sein? Wilhelm.

314]

An den Oberstleutnant v. Vince
zu Olbendorf-Schlesien.

Berlin, 2. Januar 1863.

2. 1.

Für Ihre freundlichen Glückwünsche beim Jahreswechsel1) 1863. danke ich Ihnen bestens. Daß der Blick in das neue Jahr nicht freundlich ist, bedarf keines Beweises. Daß aber auch Sie in das Horn stoßen, daß ich nicht die Stimmung des bei weitem größten Teils des Volkes kenne, ist mir unbegreiflich, und Sie müssen meine Antworten auf die vielen Loyalitätsdeputationen nicht gelesen haben. Immer und immer habe ich es wiederholt, daß mein Vertrauen zu meinem Volke unerschüttert sei, weil ich wüßte, daß es mir vertraue; aber diejenigen, welche mir die Liebe und das Vertrauen desselben rauben wollten, die verdamme ich, weil ihre Pläne nur ausführbar sind, wenn dieses Vertrauen erschüttert wird. Und daß zu diesem Zwecke jenen alle Wege recht sind, weiß die ganze Welt, denn nur Lüge und Trug und Lug kann ihre Pläne zur Reife bringen.

Sie sagen ferner: Das Volk verlange die Ausführung des § 99 der Verfassung.2) Ich möchte wohl wissen, wie viele Menschen im Volke den § 99 kennen, oder ihn je haben nennen hören!!! Das ist aber einerlei und tut nichts zur Sache, da für die Regierung der Paragraph existiert und befolgt werden muß. Wer hat denn aber die Ausführung des Paragraphen unmöglich gemacht?? Habe ich nicht vor der Winter zur Sommersession die Konzession von 4 Millionen gemacht und danach das Militärbudget leider! modifiziert? Habe ich nicht mehrere andere leider! gemacht, um das Entgegenkommen

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Konzessionen

3) R. Delbrück handelt darüber in seinen jezt erschienenen Denkwürdigkeiten.
Zu 314) 1) Vincke hatte besonders in den Märztagen 1848 dem Prinzen

viel Anhänglichkeit erwiesen.

2) Enthält die Bestimmung, daß die Ein

nahmen und Ausgaben jährlich geseßlich festgelegt werden.

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1863. der Regierung dem neuen Hause zu beweisen ? Und was ist die Folge gewesen?? Daß das Abgeordnetenhaus getan hat, als hätte ich nichts getan, um entgegenzukommen, um nur immer neue Konzessionen zu erlangen, die zuletzt dahin führen sollten, daß die Regierung unmöglich wurde. Wer einen solchen Gebrauch von seinem Rechte macht, d. h., das Budget so reduziert. daß alles im Staate aufhört, der gehört ins Tollhaus! Wo steht es in der Verfassung, daß nur die Regierung Konzessionen machen soll und die Abgeordneten niemals??? Nachdem ich die meinigen in unerhörter Ausdehnung gemacht hatte, war es am Abgeordnetenhause, die seinigen zu machen. Dies aber wollte es unter keiner Bedingung und die sogenannte „,Episode" bewies wohl mehr wie sonnenklar, daß uns eine Falle nach der andern gelegt werden sollte, in welche sogar Jhr Vetter Patow3) und Schwerin fielen durch die Schlechtigkeit des Bodum-Dolffs. 234000 Taler sollten noch pro 1862 abgesetzt werden, um das Budget annehmen zu können, während der Kern der Frage erst 1863 zur Sprache kommen sollte. Dies lag gedruckt vor, und als ich auch darauf eingehe, erklärt nun erst Boðum-Dolffs, daß ihrerseits, d. h. seitens seiner politischen Freunde, dies Eingehen nur angenommen werden könne, wenn sofort in der Kommission die Zusage und anderen Tages im Plenum das Gesetz einer zweijährigen Dienstzeit eingebracht werde. Und als ich darauf nicht eingehe, verhöhnt uns Bodum-Dolffs durch seine Presse! ,,Nun sollte man sich die Unverschämtheit der Regierung denken, dem Hause zuzumuten, um 234 000 Taler Frieden anzubieten!“ Und doch lag nur ein Anerbieten seitens des Hauses vor! Jst jemals eine größere Infamie ausgeführt worden, um die Regierung zu verunglimpfen und das Volk zu verwirren?

Das Abgeordnetenhaus hat von seinem Rechte Gebrauch gemacht und das Budget reduziert. Das Herrenhaus hat von seinem Rechte Gebrauch gemacht und das reduzierte Budget en bloc verworfen. Was schreibt die Verfassung in einem solchen Falle vor? Nichts!

3) Patow schied im März, Graf Schwerin im Juni aus dem Ministerium.

Da, wie oben gezeigt, das Abgeordnetenhaus sein Recht 1863. zur Vernichtung der Armee und des Landes benutte, so mußte ich wegen jenes „Nichts" suppleieren und als guter Hausvater das Haus weiter führen und spätere Rechenschaft geben. Wer hat also den § 99 unmöglich gemacht??? Ich wahrlich nicht! Wilhelm.

315] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 27. Januar 1863.

27. 1.

Ich wollte Sie bei der heutigen Schlacht1) noch darauf auf- 1863. merksam machen, daß heute der Geburtstag meines Enkels, also, so Gott will, meines zweiten Nachfolgers ist, was vielleicht bei einer patriotischen Phrase anzubringen wäre, wenn es sich passend machen sollte.2)

Nun Glück zu! Nur recht klar entwickelt, wie das zweite Haus sein Recht mißbraucht und zum Ruin des Landes gesteigert habe; wie das Herrenhaus gleichfalls von seinem Rechte Gebrauch gemacht und sich auf Seite der Regierung gestellt hat; Lüde der Verfassung; daß da also der König nur seine königliche Pflicht habe zu Rate ziehen müssen, und die Maschine ohne Budget weiter führt, bis zur nachträglichen Rechnungsvorlage und Bewilligung der Zweiten Kammer. Wilhelm.

316] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 30. Januar 1863.

30. 1.

[Ich] lasse Buchanan1) wissen, daß im großen ganzen er in 1863. der Depesche unsere Unterredung richtig wiedergegeben hat. Nur daß ich nicht an Napoleon gesagt habe,2) daß ich keinen Fled

Zu 315) 1) Beratung im Abgeordnetenhause der an den König zu richtenden Adresse, die die Verlegung der Verfassung durch die Minister behauptete. Vgl. Nr. 318. 2) Bismarck erklärte dies Zusammentreffen als eine verdoppelte Aufforderung, die Rechte der Krone auch für die Nachfolger des Königs zu wahren.

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Zu 316) 1) Englischer Gesandter in Berlin. 2) Es ist wohl von der Zusammenkunft in Baden-Baden die Rede. Über die Unterredung mit dem englischen Gesandten Sir Andrew Buchanan scheint sonst nichts bekannt zu sein.

1863. deutschen Bodens abtreten würde, wenngleich ich es ihm wohl zu verstehen gab, sondern ich habe an Buchanan gesagt, daß dies mein fester Wille unter allen politischen Eventualitäten sei.

1863.

Dann habe ich nicht gesagt, daß weder ich noch mein Sohn. noch Enkel die Einigung Deutschlands erleben würde, sondern: ,,ich würde es wohl nicht mehr erleben, aber hoffentlich mein Sohn oder Enkel."

Wenn gegen den Schluß immer von Allianz zwischen Preußen und Österreich die Rede ist, so müsse es heißen:

Größeres Einverständnis, entente cordiale sei wünschenswert, weil daraus Einigkeit Deutschlands [folge] und somit dessen Ansehen im Auslande wachse! Bei Österreichs Eifersucht gegen Preußen scheitere aber jeder derartige Versuch, weil Österreich den Rival immer von neuem zu unterdrücken suche, und dies die Basis seiner Politik sei.

Sorgen Sie dafür, daß diese Berichtigungen [ihm] richtig französisch oder englisch zukommen, als von mir ausgehend. Wilhelm.

317] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.
Berlin, 1. Februar 1863.

Mit den Erlassen an Alvensleben1) und Redern2) bin ich ein1. 2. verstanden. Ich werde in dem Sinne einige Zeilen dem Kaiser schreiben.

Das Herrenhausprojekt3) finde ich zu lang. Namentlich wäre die angestrichene Stelle pagina 3 bis 5 ganz fortzulassen, und die angekreuzte Stelle pagina 6 und 7 desgleichen oder kürzer und konziser zu fassen, da sie so zu großen Mißverständnissen und Angriffen Anlaß geben könnte. Aber vor allem muß ich als Bedingung stellen, daß kein Dissens in der Diskussion des

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3u 317) 1) Spezialgesandter nach Petersburg in Sachen des polnischen Aufstandes. 2) Ordentlicher Gesandter in Petersburg. 3) über eine an den König zu richtende Adresse. Die des Abgeordnetenhauses (die Grabowsche), die es durch eine Deputation, mit dem Präsidenten Grabow an der Spiße, persönlich überreichen wollte, nahm der König nur schriftlich entgegen, Vgl. Nr. 318.

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