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608] An den Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin.

Berlin, 23. Mai 1882.

23. 5.

Soeben beim Exerzieren der 2. Garde-Brigade händigte 1882. Dein Adjutant, Major von Schlotheim, mir Dein Schreiben ein, in welchem Du mir die Veränderung Deiner militärischen Pläne mitteilst. Wie gerne wäre ich nach der für mich so sehr erfreulichen Einladung zur Patenstelle bei Deinen Kindern1) Deinem Beispiel gefolgt und wäre nach Palermo gedampft, indessen das ging nicht.

Deine weiteren Pläne werden uns also in Schlesien und Sachsen zusammenführen. Ich bin mitten in der Brigadebesichtigung, nachdem ich die Regimenter inspiziert hatte, und kann versichern, daß es mir vorkommt, als schritte die Infanterie jährlich vorwärts. Gestern hat die Vorführung einer Garde-HusarenEskadron durch meinen Enkel Wilhelm stattgefunden und in einer so zufriedenstellenden Art, daß ich ihn zur Belohnung à la suite des Garde-Husaren-Regiments stellte.2) Darauf folgte die Vorstellung des Lehr-Infanterie-Bataillons in der brillantesten Art im Hof des Neuen Palais, aber bei einer brennenden Hiße, die heute auf 20 Grad im Schatten stieg, während ich vorgestern noch eine Fahrt nach Babelsberg des kalten, stürmischen Wetters wegen aufgab. Bei Euch muß die Hize schon unleidlich sein. Lebe wohl und gedenke bei der Taufe Deines Enkels an die bevorstehende meines Urenkels.3) Dein treu ergebener

Wilhelm.

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609] An den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg Staatsminister v. Achenbach.

2. Oktober 1882.

Mein Enkel, Prinz Wilhelm, Königliche Hoheit, hat mir 1882. den Wunsch zu erkennen gegeben, während des bevorstehenden 2. 10. Зи 608) 1) Zum Paten bei dem jezigen Großherzog Friedrich Franz III., geb. 9. Mai 1882 in Palermo. — 2) Bis dahin war des jeßigen Kaisers und Königs Majestät nur zur Dienstleistung bei den Garde-Husaren kommandiert. — 3) Die Taufe des heutigen Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen fand am 11. Juni, dem Hochzeitstage der Kaiserlichen Urgroßeltern, statt.

1882. Winterhalbjahres in die Kenntnis der Zivilverwaltung meiner Monarchie durch Sie eingeführt zu werden, indem Sie nach seiner Mitteilung sich hierzu unter Entwerfung eines darauf bezüglichen mir bekannten Programms bereit erklärt haben. In Übereinstimmung mit der hergebrachten Sitte meines Hauses habe ich zur Ausführung dieses Vorhabens gern meine Genehmigung erteilt; ich beauftrage Sie, demgemäß das Weitere zu veranlassen.

1882. 30. 10.

610] An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck.

Berlin, 30. Oktober 1882.

Aus Ihrem gütigen Brief ersehe ich mit Freuden, daß Sie Ihre Gesundheit jetzt viel gestärkter fühlen als früher, und willige ich daher gerne in Ihre längere Abwesenheit, um sich ferner kräftigen zu können zur Winter-Kammerkampagne.

Ich kann nur in Ihren Beifall einstimmen über die bessere politische Temperatur, die sich im Lande bei den Wahlen gezeigt hat, und teile ich ganz Ihre Ansicht, daß die Erlasse vom lezten November und Januar1) allein Ihr Werk großer Voraussicht

diesen Umschwung in denkenden politischen Männern endlich herbeigeführt haben. Möge nur in den Debatten auch die volkswirtschaftliche Politik endlich siegen, die im vorigen Jahre schon zu erwarten war, aber nicht glüdte!

Die Mitteilungen Ihres Sohnes aus London sind ungemein interessant, und das Vertrauen, welches die englischen Staatsmänner ihm beweisen, ist ein Grund mehr, ihm die . dauernde höhere Rolle bei der Botschaft anzuweisen, deren Ernennung ich in den nächsten Tagen entgegensehen kann, wie mir Graf Hatzfeldt heute sagte.2)

Zu 610) 1) Der Erlaß vom 24. Januar 1882 betont die verfassungsmäßige Selbständigkeit und eigene Entschließung des Königs der Vorstellung gegenüber, als ob die verfassungsmäßige Gegenzeichnung durch die Minister den Regierungsakten die Natur selbständiger Entschließungen genommen hätte, und verbietet den Beamten, ohne ihre persönliche Freiheit bei den Wahlen zu beschränken, jede Agitation bei diesen gegen die Regierung. — 2) Graf Herbert Bismarck wurde zum Botschafter in London ernannt.

Wir sind vom Wetter bei den Jagden in Ludwigslust 1882. außerordentlich begünstigt worden, und konnte ich 4 Stück Rotwild, darunter ein geringer Hirsch, und 21 Sauen erlegen, unter denen sehr starke Keiler waren. Mich Ihrer Frau Gemahlin angelegentlichst empfehlend Ihr dankbarer König Wilhelm.

611]

An Freifrau v. Manteuffel.

Berlin, 28. November 1882.

28. 11.

Mit aufrichtigster Teilnahme habe ich den schweren Schlag 1882. vernommen, der Sie, gnädige Frau, soeben getroffen hat! Ihrem nun verstorbenen1) Gemahl verdanke ich die wesentlichsten Dienste in der Zeit, in welcher ich durch das Vertrauen meines Königs und Bruders zu den Staatsgeschäften herangezogen wurde, von welcher Stellung er zu den höchsten Staatsämtern emporstieg! Die Verhältnisse, die uns später trennten -die ich oft bereut habe haben niemals mein Vertrauen und meine Achtung zu und für ihn erschüttert, was ich ihm oft bewiesen habe. Und diese Gesinnungen folgen ihm ins Grab!

Ihnen möge die Vorsehung Kraft und Ergebung bei gerechter Trauer verleihen, sich in das zu schicken, was nach deren Willen uns hienieden trifft! Ihr treu ergebener König Wilhelm.

612] An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck.

Berlin, 1. April 1883.

1. 4.

Wie immer bringe ich Ihnen meine herzlichen Wünsche zum 1883. heutigen Tage, [an dem] der Allmächtige in seiner Weisheit und Gnade Sie der Welt und mir schenkte!! Möchte dieses Lebensjahr weniger körperlich peinigend für Sie dahingehen, als die letzten Monate des abgelaufenen. Denn was mangelnde Gesundheit sagt, habe ich in den letzten Wochen recht schwer empfunden, wo ich nur durch Mittelspersonen mit Ihnen, aber

Zu 611) 1) Der frühere Ministerpräsident O. v. Manteuffel, † 26. November 1882.

1883. Gottlob immer im Einverständnis verhandeln mußte. Und so muß ich noch heute zur Feder greifen, statt persönlich vor Ihnen zu erscheinen.

1883.

Da Ostern so nahe noch liegt, sende ich Ihnen als Andenken an dieses heilige Fest und an den heutigen Tag ein unausweichliches Ei,1) das den Adler birgt, den Sie neu geschaffen haben! Möge sein Flug in den nächsten Tagen ein glüdlicher sein.

Ihr treu ergebener, dankbarer Wilhelm.

613] Aus der Allerhöchsten Botschaft an den

deutschen Reichstag.

14. April 1883.

Dankbar für die einmütige Unterstüßung unserer hohen Ver14. 4. bündeten, dankbar für die hingebende Arbeit unserer Behörden, sehen wir auch auf dem Gebiete der Reichsgesetzgebung den Anfang des Reformwerkes soweit gedeihen, daß dem Reichstage zu Anfang der Session der Entwurf eines Unfallversicherungsgesetzes in einer mit Rüdsicht auf die frühere umgearbeitete Fassung vor= gelegt und ergänzt werden konnte durch einen Gesezentwurf zur Organisierung des Krankenkassenwesens. Seitdem haben wir, den Verhandlungen des Reichstags über diese Vorlage mit besonderer Aufmerksamkeit folgend und zu jeder möglichen Erleichterung derselben gern die Hand bietend, an dem Wunsche und der Hoffnung festgehalten, daß diese Session des Reichstags nicht zu Ende gehen werde, ohne daß jene Vorlagen und Geseze in einer die Sanktion ermöglichenden Gestalt zur Annahme ge= langen. Wir haben auch mit Anerkennung und Befriedigung gesehen, wie die ernste Arbeit des Reichstags die Beratung des Krankenkassengesetzes bereits so weit gefördert hat, daß in bezug hierauf die Erfüllung unserer Erwartung kaum mehr zweifelhaft erscheint. Mit Sorge aber erfüllt es uns, daß die prinzipiell wichtigere Vorlage des Unfallversicherungsgeseßes noch so sehr

Zu 612) 1) Besonders kunstreiche Ostereier aus der königlichen Porzellanmanufaktur wurden seit vielen Jahren am Berliner Hofe vom Monarchen verteilt.

im Rückstande ist, und daß daher auf deren Durchberatung nicht. 1883. mit gleicher Sicherheit gerechnet werden kann. Bliebe diese Vorlage jezt unerledigt, so würde auch die Hoffnung, daß in der nächsten Session die weiteren Vorlagen, betreffend die Altersund Invalidenversorgung, durchberaten werden, völlig verschwinden, wenn die Beratung des Reichshaushalts-Etats für 1884/85 noch die Kraft des Reichstags während der Wintersession in Anspruch nähme.

614] An den Oberhof- und Domprediger D. Kögel.

Berlin, 15. April 1883.

15. 4.

Mit unbeschreiblicher Weh[mut] und innigster Teilnahme er- 1883. fahre ich durch Sie selbst, was der Herr über Sie verhängt hat!1) Ihr Beruf lehrt täglich, daß wir alles in Gottes Hand stellen und deshalb tragen sollen, was Er über uns verhängt, in Demut und Ergebung! Jezt werden Sie an sich selbst diese Lehre richten! Gott stärke Sie dazu! Das schließt aber eine gerechte Trauer nicht aus, und Teilnahme, die diese Trauer mitfühlt, lindert ihre Schwere!

Ja, auch ich bin aufs neue gebeugt, tief gebeugt durch Gottes Willen.2) Er stehe mir und meiner armen Schwester3) bei, die ich morgen auf einige Stunden besuchen will; welch ein Wiedersehen wird es sein!!

Ihr teilnehmender und dankbarer König Wilhelm.

615] An den Minister der öffentlichen Arbeiten

v. Maybach.1)

Berlin, 1. Mai 1883.

Mit größtem Bedauern ersehe ich aus diesem Briefe, daß 1883. Ihre Gesundheit erschüttert ist, was ich leider vorhersah, denn

Zu 614) 1) Tod der Frau Kögel. 2) Tod des Neffen, Großherzogs Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin. — 3) Alexandrine, Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, Mutter des Verstorbenen.

Zu 615) 1) Urheber des Reichseisenbahngesetzes und des übergangs von Privateisenbahnen in staatlichen Besiz. Seiner eingreifenden Tätigkeit zollte der

1.5.

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