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Mahnungen dem Reichstag nahelegte, und wie es ihm auch vergönnt war, nach seinem Wunsche noch das Bewußtsein mitzunehmen in das Jenseits, daß er nicht nur die politische Stellung seines Volkes durch die Armee gesichert habe, sondern daß er auch für den inneren Frieden neue und dauernde Bürgschaften hinterlasse und den Hilfsbedürftigen größere Sicherheit und Ergiebigkeit des Beistandes gerecht verschafft habe (vgl. Nr. 599, 602, 613, 627).

Auch der Kulturkampf war abgebrochen, und so wenig der Kaiser für die den Bismardschen Plänen vielleicht nicht ganz fernliegende Berufung eines pästlichen Nuntius geneigt ge= wesen zu sein scheint (vgl. Nr. 638), so war der Friede mit seinen katholischen Untertanen doch zu seiner Freude, soweit es die Verhältnisse zuließen, hergestellt (vgl. Nr. 620, Besuch des Kronprinzen in Rom), und in der evangelischen Kirche bewährte sich die Synodalverfassung jetzt doch so, daß er ihrer weiteren Entwicklung mit Ruhe entgegensehen konnte, er selber stets treu auf dem Boden der von seinem Vater gegründeten Union und beraten von seinem Hofprediger Kögel, mit dem er in Fragen des Glaubens gewiß übereinstimmte, dem er aber in Fragen des Kirchenregiments doch bestimmt widersprach (vgl. Nr. 642).

An allen großen nationalen Festen nahm er lebendigen Anteil, oder vielmehr es waren längst seine Feiertage geworden, ja, seine Erinnerungs- und Gedenktage gestalteten sich zu Festtagen seines Volkes, und nicht nur die Nation, sondern bald die Welt scharte sich, um an solchen Tagen ihm Verehrung und Dank zu bezeugen. Oft noch sprach er selbst zu den Versammelten, immer kurz, ganz fern von jeder Schönrednerei, aber stets zur Sache und vor allem allemal die Herzen bewegend. So in seinen Reden (vgl. Nr. 632, auch Nr. 641), so in seinen Briefen. Nur einiges Wenige von ihnen können wir dem Leser hier bieten, vor allem die Briefe an Bismard, dem der Kaiser nicht müde wurde, seine Huld und Dankbarkeit zu bezeugen (vgl. Nr. 631).

Bis in das späteste Alter hinein ließ ein gnädiges Geschick ihm teure Glieder seiner Familie, so in erster Linie seine Gemahlin, und seine Mitarbeiter. Für alle, zumal für die jüngere Generation, sorgte er nach der Pflicht und nach der Liebe seines Gewissens. Vor allem lag ihm die Ausbildung des Enkels am Herzen, und wie er ihn in das Heer eingeführt hatte (vgl. Nr. 547), so sorgte er dafür, daß er auch die Staatsverwaltung genau kennen lernte (vgl. Nr. 609), ja, noch aus den letzten Lebenstagen liegt ein in seiner Fassung schon, wenn man so sagen darf, die Nähe des Todes, in seinem Inhalt aber die volle Geistes

kraft zeigender Brief an Bismard vor, der diesem Zwecke dient (vgl. Nr. 656). Der höchste Jubel erfüllte ihn, als ihm der erste Urenkel seines Stammes geboren wurde.,,Vier Könige, ein mächtiger Gedanke," so soll er voll demütigen Stolzes ausgerufen haben (vgl. 604 ff.). Allein sein hohes Alter brachte es doch mit sich, daß er ihm nahestehende Glieder vor sich dahinscheiden sah, so seinen Neffen, den Großherzog Friedrich Franz von Medlenburg (vgl. Nr. 614), so mehrere Enkelkinder; zumal der Tod eines badischen Enkels, auf den er große Hoffnungen sette, scheint ihn tief ergriffen zu haben. Eins seiner lezten Worte ist der Trauer um ihn gewidmet (vgl. Nr. 657). Vor allem, soviel und so reich die Vorsehung ihn und seine Leitung Deutschlands gesegnet hatte, so ersparte sie ihm den herbsten Schmerz doch nicht, den sie dem Begründer und Schöpfer eines großen Werks bereiten kann. Er mußte es erleben, daß der Sohn und Nachfolger dahinsiechte und vor seinen sehenden Augen dem Tode verfallen war. Da mitten in dieser Sorge erkrankte auch er und erkannte, daß nunmehr auch seinem Leben das Ziel gestedt war. So wenig es ist, was wir über seine letzten Lebenstage und Lebensstunden wissen, das ergeben sie doch deutlich: Ebenso wie der Deutsche und wie die Welt von ihm hat lernen können, wie man bei aller Heiterkeit des Gemüts ein streng nach der Pflicht geordnetes Leben führt, so hat er uns auch gelehrt, wie man sterben soll, und wie er uns gelehrt hat, jedes Verdienst anderer, das kleinste wie, was schwerer ist, das größte neidlos und freudigen Herzens anzuerkennen, so wird ihm das deutsche Volk danken in allen Zeiten.

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1880.

5. 3.

591] An den Fürsten Karl von Rumänien.

Berlin, 5. März 1880.

Bester Vetter! Endlich sind wir am Ziele unserer so lang gehegten Wünsche angelangt!1) Schwere und unerfreuliche Kämpfe hat es gekostet, um dahin zu kommen, Dich selbständig in der Welt dastehen zu sehen! Möge das Sprichwort in Erfüllung gehen: Was lange währt, wird gut!"

Die Sympathien, die ich stets für Dich als Hohenzollern und für Deine Person empfunden, habe ich nie verleugnet; aber wo viele zum selben Ziele gelangen wollen und jeder seinen Weg geht, bis man endlich sie alle unter einen Hut bringt, das erfordert Zeit und manches Opfer! Daher mußte auch ich temporisieren, um Dich endlich vor der Welt anerkennen zu können! Gott gebe seinen Segen zu Deiner nunmehr selbständigen Regierung und segne Dich, Deine Gemahlin und Dein Land! Dein treuer Vetter und Freund Wilhelm.

592] An den Oberhof- und Domprediger D. Kögel.1) Berlin, 30. März 1880.

1880. Empfangen Sie alle meinen innigen, aufrichtigen Dank für 30. 3. die nachstehenden Zeilen; sie enthalten so genau das, was ich

Zu 591) 1) Das Deutsche Reich, England und Frankreich erkannten die Unabhängigkeit Rumäniens durch eine identische Note an, die am 20. Februar in Bukarest übergeben wurde. Der deutsche Gesandte Graf Wesdehlen brachte das Schreiben persönlich dem Fürsten.

Zu 592) 1) Randbemerkung auf einer Geburtstagsgratulation der Domgeistlichen.

fühle, wenn ich auf meine Lebensbahn zurüdblide und in Demut 1880. und Dankbarkeit schaue, wie unbegreiflich gnadenvoll der Herr der Herren es mit mir hat machen wollen! Daß Er mich ausersehen hat, Seinen Willen und Seine Absichten hienieden auszuführen, dafür ist mein Dank unaussprechlich, sowie daß Er mir aus allen Kreisen Männer zuführte, die mich verstanden! Also in allem was ich leisten sollte nach seinem Willen erkenne ich die leitende Hand dessen, ohne dessen Willen nichts im Himmel und auf Erden geschieht! Ihr dankbarer König Wilhelm.

593] An den Königl. bayerischen General der Infanterie v. der Tann-Rathsamhausen.

31. März 1880.

31. 3.

In Erfahrung bringend, daß Sie heute die 25 jährige Feier 1880. Ihrer Generalsernennung begehen, wünsche ich Ihnen aufrichtig Glück, diesen Tag erlebt zu haben, und füge hinzu, daß ich gestern meinen 62jährigen Generalsernennungstag erlebte und Ihnen Gleiches wünschen möchte.

Wilhelm.

594] An den Fürsten Karl von Rumänien.

Berlin, 2. April 1880.

2. 4.

Eure Königliche Hoheit haben die große Güte gehabt, mir 1880. mittels Ihres Schreibens durch Ihren Minister Bratianu Jhren Orden des Rumänischen Sterns mit Schwertern zu verleihen. Dieser Beweis Jhrer stets sich gleichbleibenden Freundschaft für mich ist mir unendlich wert, und ich sage Ihnen hiermit meinen aufrichtigen Dank! Daß Sie mich darauf aufmerksam machen, daß Sie die Schwerter dem Orden hinzugefügt haben, gilt mir als teurer Beweis, daß Sie sich der großen Zeit erinnern, in welcher die Vorsehung sichtlich meine Waffen gesegnet hat und mächtige Ereignisse durch dieselben herbeiführen wollte. Ich ge= denke dabei der siegreichen Taten Ihrer Armee, die mir die Freude gewährten, Ihnen meinen Militärorden damals verleihen zu können. Zugleich ergreife ich nunmehr die so hoch er

1880. freuliche Veranlassung Ihrer anerkannten Stellung als selb= ständiger regierender Fürst, um Ihnen meinen hohen Orden vom Schwarzen Adler zu verleihen, den dritten in Ihrer und meiner Hohenzollernschen Familie.1)

1880.

Indem ich von Gott Seinen Segen über Sie, die Fürstin und Ihr aufblühendes Land erflehe, verbleibe ich Euer Königlichen Hoheit treu ergebener Vetter und Freund

Wilhelm, Imp. Rex.

595] An den Oberhof- und Domprediger D. Kögel. Schloß Babelsberg, 15. August 1880.

Sie begehen heute eine Feier,1) die durch Ihren Beruf eine 15. 8. doppelt wichtige wird. Wie viele Ehen haben Sie eingesegnet, und bei jeder den heiligen Wunsch im Gebet ausgesprochen, daß sie glüdlich werden möge! Und nun sehen Sie an sich selbst, nach 25 Jahren, dieses Gebet und diesen Wunsch in Erfüllung gehen! Dazu muß jeder Wohldenkende Ihnen Glückwünsche aussprechen. Daß ich dies aus vollem Herzen tue, müssen Sie wissen. Denn ein glückliches Geschick hat Sie mir nahe gestellt, wodurch ich imstande gewesen bin, Ihre hohen Eigenschaften als Mensch und Berufsbeamter kennen und schäßen zu lernen! In wie vielen wichtigen Fragen ich Ihren Beistand zu finden in der Lage war und in Ihnen immer den Mann der Einsicht fand,

das brauche ich Ihnen nicht ins Gedächtnis zurüczurufen. Daß ich also aus diesen Gesichtspunkten berechtigt und berufen bin, meinen herzlichen, warmen, dankbaren Anteil an dem heutigen wichtigen Feiertag Ihres Lebens zu nehmen, begreifen Sie!

Möge des Himmels Segen auf Ihr häusliches [Leben] herabblicken und Ihnen das Doppelte dieses Festes2) gönnen, wie

Zu 594) 1) Damals trugen von der fürstlichen Linie Hohenzollern der Fürst Karl Anton und der damalige Erbprinz, spätere Fürst Leopold, Bruder des Fürsten von Rumänien, den Schwarzen Adler-Orden.

Zu 595) 1) Silberne Hochzeit.

2) Goldene Hochzeit.

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