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1870. Regiment der Guides de la garde vorführte und den Roten Adler erhielt, was er mir selbst erzählte; welch ein eigenes Zusammentreffen! Ich habe Kaniz6) auch zweimal dort besucht. Es geht ihm gut, doch will er nach Berlin gehen, sein Schuß ist rechts im Hinterhals und am Nacken heraus, wenn es nicht zwei Schüsse sind. General Rauch') hat auch zwei Kontusionen am Herz und Knie, nicht gefährlich. Die arme Röder verlangte von mir die Leiche ihres Mannes;8) ich habe Befehle dieserhalb gegeben an das 1. Garde-Regiment, wenn der Wunsch zu erfüllen möglich ist. Ach! alle die lieben Bekannten! Röder, Edart, Findenstein, Auerswald, Zwenger, Reuß, Kleist! es ist zu, zu schmerzlich! Ich endige, weil wir weiter müssen! Gott mit Dir und uns! Dein treuester Freund Wilhelm].

1870.

[Nachschrift.] Der arme Steinädero) hat sich bisher mitgeschleppt, er ist aber so leidend, daß ich ihn mit diesem Briefe zurücksende unter dem Vorwand, wichtige Depeschen zu überbringen; ist er erst in Berlin, wird er an kein Wiederkommen denken können. Wenn er nur überhaupt die Reise noch machen kann! Er kann hinreichend erzählen von allem Erlebten!

468] An die Königin Augusta von Preußen.

Clermont, auf der Straße Verdun-St. Menehould-Reims,
27. August 1870.

Auf die Meldung, daß die Mac Mahonsche Armee von 27. 8. Reims in der Richtung nach Mez aufgebrochen sei, also die Vermutung nahe lag, daß er suchen wolle, mit dem möglichen Durchbruch Bazaines aus Met sich über Vouziers, Stenay, Thionville die Hand zu reichen, haben wir von Bar le Duc aus die westliche Richtung verlassen und die nördliche hierher ein

wohl nur ein Druckfehler in der Vorlage. 1861 war der König nicht, wohl aber 1867 zur Weltausstellung in Paris. 6) Graf Kaniß, damals Leutnant im 1. Garde-Regiment. — 7) Kommandeur der 16. Kavallerie-Brigade. — 8) Hauptmann im 1. Garderegiment? — 9) Generalmajor à la suite, des Königs langjähriger Flügeladjutant.

geschlagen. Bei Vouziers meldet Wilhelm Medlenburg1) be- 1870. deutende Kräfte heute, doch ist erst im Laufe des Tages zu konstatieren, ob dies die Armee oder nur eine Maske ist. So gefährlich Bazaines Ausbruch aus Meß auch wäre, so glaube ich doch, daß ihm nur dieser coup de désespoir übrig bleibt, den ihm Frik Karl sehr blutig machen kann durch Harzelierung, wenn er durchbricht und ihn verfolgt, denn durchbrechen kann er immer, da er bei der Ausdehnung der Zernierung mit seiner Armee nur einen Punkt derselben zu durchbrechen braucht, bevor die Zernierungskorps sich um denselben konzentrieren können. In dieser Nacht will man Kanonade in der Richtung von Mek gehört haben; Meldungen können noch nicht uns erreicht haben. Unsere Situation ist gegenwärtig eine sehr eigentümliche, da wir uns gegenseitig den Rüden bedrohen könnten.

So schön Bar le Duc war durch schöne Wohnungen, schöne Stadt, so klein und schlecht ist Clermont, doch habe ich eine reinliche Stube und Kabinett. Gestern abend kam das 1. GardeRegiment, Garde-Füsiliere und Jäger-Bataillon hier durch, die mich troß der Dunkelheit erkannten und in herzerhebenden Jubel ausbrachen! Und doch mußte mich tiefe Wehmut beschleichen! Dein Wilhelm].

469]

An die Königin Augusta von Preußen.

Grand Pré, auf der Straße von Clermont nach Rethel
oberhalb Varennes, 29. August 1870.

29. 8.

Unsere Vorlegung, um den Feind zu hindern, sich über 1870. Verdun mit Metz in Verbindung zu setzen, ist gelungen, indem in dieser Nacht derselbe Kenntnis von unserer Konzentrierung zwischen hier und Dun erhalten haben wird und ganz früh sich nach Westen zurüdgezogen hat, nachdem er schon Nouart auf der Straße von Rethel nach Stenay erreicht hatte, so daß kein Schuß gefallen ist, während wir uns heute auf ein ernstes Gefecht vorbereitet hatten.

Zu 468)1) Generalmajor Herzog Wilhelm von Mecklenburg, Sohn der Schwester des Königs, Alexandrine, Gemahl der jüngeren Tochter des Bruders des Königs, Prinzen Albrecht, der Prinzessin Alexandrine von Preußen.

1870.

--

Jetzt 7 Uhr hat man schießen hören, was vermutlich ein Gefecht ist von der Avantgarde des Gardekorps mit der französi= schen Arrierregarde bei Baricourt; Meldungen sind noch nicht eingegangen, so daß es immer noch möglich ist, daß das französische Gros noch nördlicher sein Vorhaben auf Met, über Mouzon-Stenay auszuführen sucht, was wegen der luxemburgischen neutralen Grenze kaum denkbar ist. Wir dejeunierter heute in Varennes, wo man sich natürlich die Schmerzensszene Louis XVI.1) vergegenwärtigte! Das Haus, in welchem er arretiert die Nacht zubringen mußte, ist uns dem Orte nach noch gezeigt worden, ist aber ganz neu umgebaut und nur 4 Fenster breit. Es durchzucht jedermann der Gedanke, daß jene Arretierung, die das Königspaar aufs Schafott brachte, womit alle Pietät und alle Fundamente des Königtums entwurzelt wurden, dieserhalb mit der Grund sind [ist], daß wir jetzt im Kriege hier stehen!! Denn seit jener Schreckenszeit ist Frankreich nie dauernd zur Ruhe gekommen!

2)

Deine Betrachtungen, wer den einstigen Frieden schließen wird von französischer Seite, ist vollkommen richtig. Ebensoschlimm sind bereits die Andeutungen der neutralen Ligue, uns jeden Ländererwerb zu untersagen (wenn wir Sieger bleiben). Daß dies unmöglich wäre, bei dem Verlangen in ganz Deutsch= land nach Elsaß und selbst Deutsch Lothringen, ist einleuchtend und die gebrachten Opfer verlangen eine solche Entschädigung unbedingt. - Deine Befürchtung, daß Fritz Karl und Steinmehz unnütz Menschen geopfert hätten, ist nicht begründet; das III. Korps hat sich am 16. allerdings geopfert, gerade wie die russische Garde und die Division Prinz Württemberg heute vor 57 Jahren bei Arbesau (Teplitz), wo wir das Monument einweihten; denn es galt am 16. den ersten Versuch des Durchbrechens Bazaines nach Chalons zu hindern, und es gelang dies dem III. Korps, daher die Opfer, da es von 9 bis 4 Uhr

Zu 469) 1) Bei seiner Flucht vor der Revolution aus Paris. hier eine Stelle fortgelassen ist, ist uns nicht bekannt.

2) Ob

allein die ganze französische Armee Bazaines aufhielt. Und 1870. Steinmetz am 18. hat gar keinen Vorwurf zu erwarten, da sein Gefecht nur kurz, wenn auch blutig war.

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1. 9.

Devant Sedan 1 Septembre 1870. Monsieur mon frère. En regrettant les circonstances 1870. dans lesquelles nous nous rencontrons, j'accepte l'épée de Votre Majesté et je prie de bien vouloir nommer un de Ses officiers, muni de pleins pouvoirs pour traiter de conditions de la capitulation de l'armée, qui s'est si bravement battue sous Vos ordres. De mon côté j'ai désigné le général de Moltke à cet effet. Je suis de Votre Majesté le bon frère Guillaume.

471] Ansprache des Königs an die bei der Verlesung der Kapitulation von Sedan anwesenden deutschen Fürsten.

[2. September 1870.]

2. 9.

Sie wissen nun, meine Herren, welch großes, weltgeschicht- 1870. liches Ereignis sich zugetragen hat. Ich verdanke dies den ausgezeichneten Taten der vereinigten Armeen, denen ich mich gerade in diesem Augenblicke gedrungen fühle, meinen Königlichen Dank auszusprechen, um so mehr, als diese großen Erfolge wohl geeignet sind, den Kitt noch fester zu gestalten, der die Fürsten des Norddeutschen Bundes und meine anderen Verbündeten (deren fürstliche Mitglieder ich in diesem großen Momente zahlreich um mich versammelt sehe) mit uns verbindet, so daß wir hoffen dürfen, einer glücklichen Zukunft entgegenzugehen. Allerdings ist unsere Aufgabe mit dem, was sich unter unseren Augen vollzieht, noch nicht vollendet, denn wir wissen nicht, wie das übrige Frankreich es aufnehmen und beurteilen wird. Darum müssen wir schlagfertig bleiben, aber schon jezt sage ich jedem meinen Dank, der ein Blatt zum Lorbeer- und Ruhmestranze unseres Vaterlandes beigetragen!

1870. 3. 9.

472] An die Königin Augusta von Preußen.

Vendresse, 3. September 1870.

Abends 10 Uhr. Ich will noch rasch den gestrigen Tag erzählen. Da ich keine Meldungen von Moltke über die Kapitulationsverhandlungen erhalten hatte, die in Donchéry stattfinden sollten, so fuhr ich verabredetermaßen nach dem Schlachtfelde um 8 Uhr früh und begegnete Moltke, der entgegenkam, um meine Einwilligung zur vorgeschlagenen Kapitulation zu erhalten, zugleich anzeigte, daß Napoleon früh 5 Uhr Sedan verlassen habe, nach Donchéry gekommen sei und Bismard habe weden lassen, der ihn vor einem kleinen, einzeln gelegenen Hause mit seinen Herren sizend gefunden habe und ihm gesagt, er wünsche zu mir. Auf Bismards Bemerkung, daß ich in einigen Stunden gegen Sedan reiten würde, hat er sich mit B[ismard] in das kleine Haus zurückgezogen und Konversation über ganz nichtssagende Dinge gepflogen. Da der Kaiser immer wieder auf ein Wiedersehen mit mir zurückkam, auf der Straße, die ich kam, aber kein ordentliches Lokal zu finden sei, ganz in der Nähe aber ein Schlößchen mit Park sich befand, so schlug dies Bismard zum Rendezvous vor. Um 10 Uhr kam [ich] auf einer Höhe von Sedan an. Ungefähr um 12 Uhr erschienen Moltke und Bismarc mit der vollzogenen Kapitulationsurkunde. Nach angehörten Erzählungen des oben Vorgetragenen, um 2 Uhr, setzte ich mich mit meiner und Frizens Suite, vorauf die Kavallerie-Stabswache, in Bewegung zum Rendezvous. Beim Eintreten in den Park sahen wir die ganze Feldequipage in wohlbekannter Livree usw. des Kaisers, woraus es klar war, daß er Sedan verlassen hatte, um nicht mehr dahin zurückzukehren! Ich stieg vor dem Schlößchen ab und fand den Kaiser in einer Veranda vitrée, die in ein Zimmer führte, in das wir gleich eintraten. Ich begrüßte ihn mit Darreichung der Hand und den Worten: Sire, le sort des armes a décidé entre nous, mais il m'est bien pénible de revoir V. M. dans cette situation. Wir waren beide sehr bewegt. Er fragte, was ich über ihn beschlösse, worauf ich ihm Wilhelmshöhe vorschlug, was er annahm; er fragte nach dem Weg, ob über Belgien oder durch Frankreich, was letzteres angeordnet war,

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