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Enfin ce sont des secrets. Ich werde vermutlich erst den 6. nach 1870. Kaiserslautern von hier abgehen, per Dampf, während die Fußmarschierenden heute nachmittag abgehen. Gestern dinierten wir beim Großherzog, der bei seinem Präsidenten wohnt, da er uns das ganze Palais eingeräumt hat. Es war ein lukullisches Diner, während ich vorgestern ihm ein Felddiner gab. 3 Gerichte, heute aber gebe 5. — Nun lebe wohl und gedenke mein, da wir immer näher einer Entscheidung rüden!

457]

Dein treuester Freund W[ilhelm].

An die Königin Augusta von Preußen.
Mainz, 7. August 1870.

7. 8.

Wie sichtlich steht uns Gottes Gnade zur Seite! Welch ein 1870. Glück für Frigens ganze Zukunft, dieser große selbständige Sieg !1) Ihr habt die Nachricht stundenlang früher gehabt als ich, was noch nicht aufgeklärt ist. Um 1⁄212 Uhr nachts weckte mich Radziwill mit der Nachricht, daß zwei Depeschen aus München und Karlsruhe einliefen, die von einem Siege sprächen, aber nichts von Frih direkt. Es waren heiße Glück- und Segenswünsche zum Siege von Luise und König von Bayern. Denke Dir meine Überraschung! 3⁄44 Stunden später kam Anton wieder mit der Meldung von Fritz von 10 Uhr abends! Gegen Morgen erst seine erste Meldung von 4 Uhr nachmittags vom Schlachtfelde!

Und nun verstehe ich erst Deine Depesche von 9 Uhr abends, die ich für eine ungewöhnlich rasche Antwort auf die Saarbrüder Nachricht hielt, und das Wort Sohn für Sache las (,,Du kannst stolz auf Deinen Sohn sein“). Also es war schon auf Frizens Sieg, daß sie sich bezog, von dem ich noch keine Ahnung hatte! Wir waren den ganzen Abend inquiet, keine Nachricht von Frit zu haben, weil wir wußten, daß er gestern angreifen mußte, und immer keine Nachrichten kamen.

Alle Kämpfe sind sehr, sehr blutig und starker Verlust an Offizieren! Noch fehlen aber alle Details und Namen, nur

Zu 457) 1) Schlacht bei Wörth.

1870. General François2) ist genannt als gefallen, bei Saarbrüd[en], wo der Kampf auch sehr blutig war, aber ebenso glüdlich.

1870.

8.8.

In größter Eile, da wir gleich abdampfen, vermutlich bis
Saarbrüden, mindestens bis Homburg diesseits Saarbrüden.
Gott wolle uns nur weiter mit Seinem Segen nahe sein!
Dein treuester Freund W[ilhelm].

458]

An die Königin Augusta von Preußen.

Homburg, zwischen Kaiserslautern und Saarbrüd[en],
den 8. August 1870 8 Uhr m[orgens].

Deinen Brief vom 4. erhielt ich gestern in Kaiserslautern auf der Dampffahrt hierher mit den Mitteilungen über die Nachfeier des 3. Ich freue mich, daß endlich die Wahrheit bei Euch über die1) Rodomontade der Schlacht von Saarbrücken durchgedrungen ist, von der ich nicht einmal Aufklärungen Dir gab, da wir hier spät das Sieges bulletin aus Paris erhielten. Das Bataillon des 40. Regiments (Hohenzollern-Füsiliere) hat 8 Tage die französische Armee amüsiert und in Unsicherheit erhalten, bis 3 Divisionen gegen seine 3 Kompagnien anrüdten (1 Kompagnie blieb in der Stadt), die sich langsam fechtend zurückzogen.

Das Gefecht vom 6. bei Saarbrücken2) ist sehr heftig gewesen, weil der Feind sich verstärkte und auf das Feuer unsere im Marsch begriffene Division zur Unterstützung der 14. unaufgefordert herbeieilte und, so verstärkt, den Sieg vervollständigte, der viel Menschen leider kostete; noch kenne ich die Verlustsumme3) nicht. Ebensowenig die von der Schlacht! Mein Regiment soll am 4. 20 Offiziere tot und blessiert verloren haben!!

Es fehlt noch jeder Bericht über den Verlauf der Schlacht. Die Gefangenen sollen 6000 betragen und 40 Geschüße. — Seit gestern sind wir denn im vollsten Kriegsgetümmel und trafen hier mit dem sächsischen Korps und dem Kronprinzen zusammen,

Mann.

2) Kommandeur der 27. Infanterie-Brigade.

Zu 458) 1) Französische. 2) Schlacht bei Spicheren. 3) Etwa 4700

ziemlich ausgehungert, da wir seit der Abfahrt von Mainz um 1870. 10 Uhr bis heut abends 9 Uhr nur elend kalt im Regen ge= frühstückt hatten. Unter anderen Umständen machte ich diese Fahrt in der schönen Gegend, die ich so oft auf meinen Inspektionsreisen machte! In Worms fanden wir Alice,4) die ganz zufällig anwesend war, um Krankenpflege zu inspizieren; es war eine große Freude! Leider konnte ich Luise nicht mehr avertieren, vielleicht wäre sie nach Ludwigshafen gekommen! In diesem Ort und in Neustadt fand ich Beamte, die mich noch von 1849 her kannten. Gestern abend hat unsere Kavallerie Forbach, Saargemünd, Savern, und mit Infanterie Rohrbach erreicht, letzteres soll heute das IV. Korps erreichen (Alvensleben), um Mac Mahons Retraite zu inquietieren, der diese Straße nach der Schlacht einschlug: Wörth, Bitsch, Rohrbach, wie Frih glaubt. Das deutsch-französische Elsaß ist also überall bereits betreten. Seit 2 Tagen hat die enorme Hize nachgelassen, und heute ist es kühl und regnicht. Die Schwenkung, welche England macht, ist gewiß erwünscht, wird aber nichts effektuieren, da Napoleon ohnehin Belgien respektiert hätte. Uns hat aber dabei Granville als Wunsch ausgesprochen, daß, wenn auch die Franzosen Belgien betreten sollten, wir das nicht tun möchten, bis Englands Kräfte landeten!! Hat man einen Begriff von solcher Idee eines Staatsmannes? da auf diese Art die Franzosen ungehindert in unseren Flanken und Rücken operieren könnten!! Der erneuerte Neutralitätsvertrag für Belgien enthält leider den Paragraphen, daß, wenn die Franzosen von England und Preußen aus Belgien vertrieben wären, ersteres sich zu keinen weiteren Kriegsoperationen anheischig mache!! Ich denke aber, daß sich das von selbst machen wird!5) Soeben erhalte ich Deinen Brief vom 5. mit Deinem ersten Freudenausrufe über den Sieg von Wörth! Was Du über Fritz sagst, faßte ich gleich in den Worten zusammen, von welcher Wichtigkeit für seine ganze Zukunft dieser selbständige Sieg sei. Auch interessierte mich ungemein die Schilderung der

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4) Großherzogin von Hessen, Schwester der Kronprinzessin. 5) In dieser Meinung wurde der seltsame Vertrag ohne Bedenken unterzeichnet, da Preußen an eine Verlegung der Neutralität gar nicht dachte.

1870. ersten Kunde, wie sie Dir bei Rüdkehr [von] der Promenade unter den Linden wurde. Also 3 Stunden früher wußte man es in Berlin als ich in Mainz!

1870.

459]

An die Königin Augusta von Preußen.

-

Saarbrüd[en], 10. August 1870. Deinen Brief vom 6. erhielt ich gestern hier und freue ich 10. 8. mich, Deine Tageseinteilung durch denselben kennen zu lernen. Die Nachrichten über die Radziwills interessieren mich natürlich ungemein. Ferdinand1) habe ich zur Stabswache im Hauptquartier bei mir kommandiert. Deinen Brief an Anton2) habe ich gleich abgegeben. Heute erhielt ich Deine Zeilen mit der Gabe der Kaufmannschaft und autorisiere ich Dich, derselben meinen aufrichtigen Dank für die große Geldgabe auszusprechen. Den Berlinern gänzlich den Anblick der Gefangenen zu entziehen, halte ich nicht für politisch richtig; man müßte es mit einem Transport versuchen, und wenn dann, trok zu verstärkender Polizeiaufsicht etwas Unpassendes vorfällt, so würden von dann ab nur nachts Transporte durch Berlin anzuordnen sein. Eines besonderen Befehls zu schonender Behandlung bedarf es wohl nicht, und was vom Publikum geschieht, ist durch Befehl nicht zu hindern, wenn es nicht die Gesittung von selbst diktiert. Bisher ist hier nichts derart gemeldet worden. — Ich habe soeben das hiesige Schlachtfeld3) beritten, wo es furchtbar noch aussieht durch zertrümmerte Waffen, Kleidungsstücke aller Art! Tote und Blessierte sind schon alle beseitigt; hier sollen 1700 Blessierte liegen, die ich nach Tisch besuchen will. Die Position, die wir stürmten, dann momentan verließen, bis die Verstärkungen die Flankenbewegung ausführten und so der Sieg entschieden wurde,

ist auf dem steilen Abhang, auf dem sie liegt, ungemein stark, so daß die gefangenen Offiziere sagen, sie hätten die Wegnahme derselben für unmöglich gehalten, aber sie hätten mit solchem Feinde auch noch nicht gekämpft weder in Italien, noch in der

Zu 459) 1) Prinz v. Radziwill. 2) Fürst v. Radziwill, Flügeladjutant des Königs. — 3) Die Höhen von Spicheren.

Krim, noch in Algier, da unsere Soldaten gerade so vorgingen, 1870. als würde ohne Kugeln auf sie geschossen. Ein größeres Lob ist wohl nicht zu erteilen! Überall haben unsere Soldaten auf den Massengräbern Kreuze von Ästen angebracht, und die Offiziersnamen angeschrieben; an einem Grabe stand angeschrieben: 30 Preußen, 75 Franzosen! Eben erfahren wir den Wechsel des französischen Ministeriums;4) es schmeckt nach commencement de la fin; auch soll Eugenie bereits gepackt haben. Nichts Neues bei den Vorposten und von Friß; morgen Ruhetag. Dein treuester Freund Wilhelm.

460]

An die Königin Augusta von Preußen.

St. Avold, 12. August 1870.

12. 8.

So hätten wir denn le beau pays de France (was freilich 1870. noch ganz deutsch ist, außer teilweis in den Städten) betreten. Gestern sagten die Meldungen, daß der Feind von Mez gegen hier vorgerüdt sei in großer Stärke, so daß wir für heute die Erste und Zweite Armee um St. Avold mehr konzentrierten; in dieser Nacht ist aber vom Feinde alles wieder abgezogen, so daß die feindliche Armee wohl hinter der Mosel, zwischen Mez und Nancy uns erwarten wird. Bazaine soll das Oberkommando erhalten haben;1) ob der Kaiser noch bei der Armee ist, ist unsicher. Das neue Ministerium in Paris,2) nach den rasenden Sizungen des Corps legislatif, scheint sehr bedeutend links zu stehen, da sogar der Mr.3) in demselben sizt, der die Abdikation des Kaisers verlangte ! Gestern hatten wir auf dem Wege hierher Regenschauer; mir begegneten die Darmstädtischen Truppen und unsere 18. Division General Wrangel aus Flensburg, die heute hier teilweise durchmarschierte. Hier liegt das ganze Leibregiment, welches gestern die Ehrenwache

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4) Gramont, Ollivier und Leboeuf erhielten von der Kaiserin Eugenie die Entlassung.

2) Wurde unter dem Grafen 3) Der Name fehlt und ist uns un

Zu 460) 1) Erhielt es am 9. August. Palikao als Kriegsminister gebildet.

bekannt.

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