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Der Widmung an den Geheimen Rat, Kämmerer und Landvogt im oberen und unteren Schwaben, Georg Giengerer, folgt der direkt an den Kaiser gerichtete Prolog. Dem Stücke liegt 1. Sam. 8—12 zu Grunde. Das Schlußwort ist eine Mahnung: Drumb seyd gehorsam alle zeyt,

So bleybt gut frið vnd eynigkeit.

Wolfgang Schmelzl aus Kemnat, Kantor zu Amberg, verließ Weib und Kind und zog nach Desterreich, wo er zum Katholicismus übertrat, Schulmeister bei den Schotten in Wien und 1556 Pfarrer bei St. Lorenz auf dem Steinfeld wurde. Von 1540 begann er mit seinen Schülern jährlich eine Komödie öffentlich aufzuführen, um hauptsächlich das unfugerregende Schulstürmen zu verhindern. Der kaiserliche Hof wohnte 1540 der Aufführung seines 'VerLornen Sohnes' bei. Schmelzl hat das Verdienst, das deutsche Schuldrama nach Oesterreich verpflanzt zu haben, aber er hat ihm dort keine dauernde Heimat gründen können.1)

David gehört zu denjenigen Männern der heil. Geschichte, mit denen sich die deutsche Dichtung, besonders die dramatische, gern beschäftigt hat. Hans Sachs hat nicht weniger als fünf auf David bezügliche Tragödien und Komödien gedichtet. Jakob Schöpper verfaßte eine Monomachia Davidis et Goliae (Tremon. 1550); Davids Delung und seinen Streit wider den Riesen Goliath behandelte Valentin Bolt von Ruffach (Basel 1554), den Streit mit Goliath allein Hans von Rüte, dessen auf zwei Tage berechnetes Spiel 1555 durch die Bürgerschaft in Bern aufgeführt wurde; Ambrosius Pape aus Magdeburg, Pfarrer zu Klein-Ammensleben, ein fruchtbarer Dramatiker, der mit dem Drama von Goliath (1575) seine dramatische Thätigkeit begann; Georg Mauricius (1606) und Joseph Goeße (1616). Davids 'beschwerliche Flucht und herrliche Ausflucht' dramatisierte Tobias Kilius aus Ballstedt bei Gotha, Pfarrer in Eschenberge (1619), der in der Zuschrift bemerkt, daß in seinem Geburtsorte Ballstedt seit langer Zeit viel christliche Komödien gehalten worden seien; auch die vom Exilium Davidis sei daselbst agieret worden. 'Wann dann E. Erbare Gemeine solche Komödien zu einer öffentlichen Aktion mit Unkosten und eitel einheimische über hundert

1) F. Spengler, Wolfgang Schmelzl. Wien 1883.

Personen verleget und versehen, als bedanke ich mich und erkenne nun, daß sie niemanden zu Verehrung gebühren will, als eben denen, so Mühe und Arbeit und Unkost darauf gewendet'. David und Michals Heirat und Hochzeit wurde von Johann Teckler (1572), sein Ehebruch mit Bathseba sehr ernsthaft von Ambrosius Pape (1602) behandelt. Der lettere schrieb zwei Spiele vom Laster des Ehebruchs; das erstere nennt er David victus et victor und empfiehlt dasselbe in der Vorrede auch jungen Bürgern und Gesellen, um daran Vorbereitungen zum Kriege, Ausfälle der Feinde und Niederlagen auf beiden Seiten kennen zu lernen, 'damit sie sich in den Sachen lernen schicken, wenn sie zu seiner Zeit das gemeine Vaterland zu schüßen sollten gebraucht werden'. Der erste Akt enthält nämlich die Vorbereitungen Davids zur Belagerung der Stadt Raba, der fünfte die Eroberung der Stadt. Dazwischen liegen der Ehebruch des David, Tod des Urias, Davids Buße und der Tod des Kindes der Bathseba. Die einzelnen Akte werden mit Chorliedern geschlossen, die von einer nicht gewöhnlichen dichterischen Begabung des Verfassers zeugen. So lautet das Chorlied am Schlusse des ersten Aktes:

Ein göttlich Strafe ist der Krieg,

Wie man leicht hat zu spüren,
Und ist ganz ungewiß der Sieg

Bei denen, die ihn führen;

Er wendet sich bald hin bald her,

Wo sonderlich nicht Gott der Herr
Jhn wider die Feinde richtet.

Das zweite Spiel Mundi fimmundicies eiusque poena handelt 'von der jezt eingerissenen Unreinigkeit der Welt, sonderlich das Laster des Ehebruchs betreffend', und ist für ein geringeres Bühnenpersonal (es treten außer Prolog und Epilog nur 22 Personen auf) berechnet, während das erste für große Schulen und vornehme Städte, 'da die Jugend und Bürgerschaft in vielen Sachen sich üben und eine bequeme Ergeßlichkeit haben kann', bestimmt war. Das Stück soll jedem zur Lehre, Warnung und Trost und für den gemeinen Mann gespielt werden. Die darin zur Ergöglichkeit nach Maßgabe des Stoffes und der Zeit vorkommenden 'Schimpfpossen' hätten, meint der Verfasser, auch ihren sittlichen Inhalt. Am 7. und 8. Juni 1593 wurde von Adligen,

Bürgern und Bürgerssöhnen auf dem Markte zu Wernigerode ein Spiel von Goliath und David aufgeführt, das vermutlich von Balthasar Voigt verfaßt war.1)

Das unglückliche Zerwürfnis Davids und Absaloms wurde dramatisiert, um zu zeigen, wie die frevelhafte Empörung des Sohnes gegen den eignen Vater und die von Gott gefeßte Obrigfeit ihre verdiente Strafe finde. In Zürich wurde Josias Murers Spiel 'Absolom' 1565 aufgeführt; der Schweriner Prorektor Bernhard Hederich aus Freiberg ließ am 1. September 1567 sein Spiel vom frommen König David und seinem aufrührerischen Sohne Absolon vor dem herzoglichen Hofe aufführen. Ferner behandelten der Stadtschreiber in Lübben Christian Berthold aus Brandenburg (1572) und der schon genannte Heinrich Rätel (1603) diesen Stoff.

Der Urteilsspruch Salomos, das Zeugnis seiner richterlichen Weisheit, wurde in einem anonymen Straßburger Spiel (1541), von Hans Sachs (1551), Johann Baumgart (1561) und Georg Pfund (1602) dramatisiert. Baumgart (Pomarius) aus Meißen, ein Schüler Magdeburgs und Wittenbergs, 1537–1540 Konrektor am altstädtischen Gymnasium zu Magdeburg, dann Pastor an der h. Geistkirche daselbst, hatte schon während seiner schulamtlichen Thätigkeit in Naumburg a. S. das Iudicium Salomonis für seine Schüler in deutsche Reime gebracht, auf Bitten des Magdeburger Rektors Siegfried Sack jedoch für eine Schulaufführung auf dem Rathause erweitert. Er beruft sich in der Widmung auf den Vorgang des Eoban Hessus und Luthers, von denen der erstere den Psalter Davids in ein lateinisches Gedicht, der andere viele deutsche und lateinische Gesänge gemacht habe. Besonders habe ihn seine große Liebe zur Magdeburger Schule veranlaßt, das Spiel von neuem zu bearbeiten. Seine Aktion vom Gericht Salomos wollte er als 'ein lebhaftes Bild oder lebendigen Spiegel der hochgelobten und edelsten Gerechtigkeit, darauf alle Stände und Regiment gegründet stehen und ohne welche die ganze Welt zuleht keinen Bestand haben kann', hinstellen. In ermüdender Breite wird alles zur Darstellung gebracht. Es wird ein Rats-,

1) Ed. Jacobs in der Zeitschrift des Harzvereins 18, 236.

ein Schöffen- und ein Hofgericht gehalten, um die Weisheit Salomos in das rechte Licht zu sehen. Neben dem Könige stehen im Vordergrund die beiden ihr Recht suchenden Frauen. Ihre Charakteristik ist dem Verfasser wohl gelungen, aber es widerstrebt unserm Gefühle, wenn sie sich in ihrem Streite der gröbsten Schimpfworte bedienen und die unsäglichsten Geberden zu machen haben. Baumgarts Spiel wurde in Magdeburg von den Schülern des Gymnasiums aufgeführt, in St. Gallen spielten am 3. Mai 1593 junge Bürger das Gericht Salomos.

Aus den historischen Büchern wurden noch behandelt: die Belagerung Samarias von Zacharias Poleus, Stadtkanzler zu Frankenstein in Schlesien (1603), nicht ohne Beziehung auf die Gegenwart, indem der Kleiderluxus als Strafe für die Verachtung des göttlichen Wortes bezeichnet wird, das durch neue Lehren eines Calvin, Schwenckfeld und der Wiedertäufer verdreht und verfälscht sei; Naboth aus 1. Kön. 21 von Sebastian Wild (1566); Josaphat von Georg Mauricius (1607); Nabal von Rudolf Walther, 1549 Lateinisch verfaßt, 1562 in Straßburg aufgeführt, 1559 von Sebastian Grübel dem jüngeren überseßt und in demselben Jahre am 16. August von der jungen Bürgerschaft in Schaffhausen aufgeführt. Aus dem Buche Esra entnahm Sixt Birck die Geschichte des Serubabel, um in einer Tragödie Zorobabel (1538) zu zeigen, wie verständig es sei, wenn die Fürsten und Oberen die Verteidiger der göttlichen Wahrheit schüßen, und daß ein Gottseliger nach Ehren und Würdigkeit trachten möge; und Josias Murer dichtete 1575 unter demselben Titel Zorobabel ein Spiel von dem Mahl, welches König Darius seinen Landesfürsten und Hofleuten zurichtete.

Wenn Hiob, der Held des tiefsinnigen Lehrgedichtes, dem in dichterischer Beziehung die Palme der alttestamentlichen Dichtfunst gebührt, dramatisch gestaltet wurde, so beabsichtigte der Verfasser den leidenden Gerechten darzustellen, der durch gehäuftes Mißgeschick zur Herrlichkeit eingeht. Jakob Rueffs Spiel von Job, dem frommen, gottesfürchtigen und geduldigen Manne Gottes wurde am 28. Juni 1535 'ganz zierlich' von der Bürgerschaft auf dem Münsterhof in Zürich gespielt. Johann Narhamer aus Hof (1546), Hans Sachs (1547) und Johann Bertesius aus

Kammerforst (1603) behandelten den Hiobstoff. Der lettere, seit 1598 Diakonus in Thamsbrück, widmete sein Drama dem Herzog Heinrich Julius von Braunschweig, der sich selbst auf dem Gebiet des Dramas litterarisch versucht hatte, und schrieb dazu einen für eine Vorstellung auf der herzoglichen Hofbühne zu Wolfenbüttel passenden Prolog. Der Musiker Henning Dedekind, Kantor in Langensalza, und Otho Melander, Verfasser einer Schwanksammlung, begleiteten das Drama ihres Freundes mit lateinischen Gedichten. Bertesius zeigt sich nicht ungewandt. Um der Handlung, die bei dem widerstrebenden Stoffe einförmig zu werden drohte, einiges Leben zu verleihen, fügte er einige komische Scenen hinzu, in denen ein im thüringischen Dialekt redender Bauer, eine meißensche Witwe und Landsknechte auftreten, die die Frau um ihr Geld bringen. Jehova läßt er nicht in den üblichen jambischen Senaren, sondern in trochäischen Dimetern reden:

Hastu auch gesehn auf Joben,

Meinen Knecht, sehr hoch zu loben?
Schlecht und recht in seinem Leben,
Hielt sich allzeit from darneben,
Thut von Gottes Furcht nicht weichen,
Daß im Land ist nicht seins gleichen.

Einige Partieen sind von dichterischem Werte. Hiob 14, 1—4

Lautet:

Der Mensch, vom Weib geboren, der ist

Und lebt auf Erd ein kleine Frist,

Ist unruhvoll, dieweil er lebt,

Stets wider Last und Unglück strebt,

Geht auf gleichwie ein Blum im Wald
Und fällt auch wieder ab sobald;
Doch gleichwohl ohne diese Not
Darf ihn noch plagen unser Gott,
Sucht alls so genau an Menschenkinden,
Als wollt er Gerechtigkeit drin finden;
Wo wird doch wohl ein Reiner sein
Bei den, die alle nicht sein rein?

Hiob 19, 25-27 lautet:

Ich weiß, daß mein Erlöser lebt,
Ob mir gleich alles widerstrebt,

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