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Görlig, ein Drama 'Die Fahrt Jakobs des h. Patriarchen und der Ursprung der zwölf Geschlechter und Stämme Israels aus dem Buch der Schöpfung, komödienweise auf Hochzeiten und sonst zu spielen.' Auch ein Schüler des Hans Sachs, der Meisterfänger Adam Puschmann aus Görliß, seines Zeichens ebenfalls Schuhmacher, der nach kurzer Verwaltung eines Kantoramtes in seiner Vaterstadt als ein Liebhaber und Beförderer der alten deutschen Singekunst und Poeterei in Breslau lebte, befaßte sich mit diesem Stoffe, indem er 1580 eine große Komödie von dem frumen Altvater und Patriarchen Jakob und seinem lieben Sohn Joseph zusamt seinen Brüdern' schrieb, die er, obwohl 44 Personen darin auftreten, doch in vier Stunden agieren wollte. Der Breslauer Magistrat, an den sich der Verfasser wegen der Aufführung wandte, holte vorher das Gutachten des Pfarramtes ein, und als dieses sich dahin aussprach, daß das Spiel zwar an sich gar ‘schlecht und einfältig' sei, daß aber in den öffentlichen Buchläden zu Breslau gar viel schicklichere und besser gestellte Exemplare von dergleichen Historien gedruckt vorhanden seien und außerdem sich in Puschmanns Spiele etliche obscöne Worte und Gestikulationen fänden, die vor züchtigen Ohren und Augen sich durchaus nicht schicken möchten, wurde die Erlaubnis zur Aufführung nicht erteilt. Aber troß dieser Beanstandung erreichte Puschmann, daß seine Komödie 1583 mit Musik und Gesang aufgeführt wurde. Endlich erwähnen wir noch die Aufführung einer Komödie von Jakob, wie er zu seinem Sohne Joseph in Aegypten gezogen, welche am 2. März 1618 und etliche Tage hernach durch Studiosen in Rostock stattfand.

War schon in einigen der genannten Dramen von Jakob die Geschichte Josephs beachtet worden, so geschah dies noch mehr in einer Reihe von Dramen, welche dieselbe ausschließlich zum Gegenstand einer dramatischen Behandlung machten. Joseph wurde als das Muster jugendlicher Reinheit und Keuschheit hingestellt, indem er der Versuchung der leidenschaftlichen und verbrecherischen Liebe der Frau des Potiphar siegreich widersteht. Die berühmte Comoedia sacra Ioseph des Amsterdamer Schullehrers Cornelius Crocus, die 1535 in Amsterdam gespielt und 1537 in Köln gedruckt wurde (S. 58), erhielt für die späteren Be

arbeiter eine geradezu kanonische Bedeutung. Thiebolt Gart, Bürger zu Schlettstadt, klassisch gebildet und von echt protestantischer Gesinnung, schrieb 1540 zwar nach dem Vorbild des Crocus, aber doch im einzelnen selbständig seine schöne und fruchtbare Komödie Joseph, in welcher viel christlicher Zucht und Gottesfurcht gelernet wird',') und ließ dieselbe am Sonntag nach Ostern 1540 von einer ehrsamen Bürgerschaft zu Schlettstadt öffentlich spielen. Sie gehört zu den bedeutendsten deutschen Dramendichtungen des sechzehnten Jahrhunderts, nicht nur weil sie in sprachlicher und metrischer Hinsicht Lob verdient, sondern auch deshalb, weil in ihr die glühende Leidenschaft zu so lebhaftem Ausdruck kommt, daß wir vollendete Lyrik zu lesen glauben. Garts Joseph übte auf mehrere Dramatiker entschiedenen Einfluß, so auf Andreas Diether, Lehrer zu St. Anna in Augsburg (1543), Christian Zyrl, Schulmeister in Weissenburg (1573), Thomas Schmid aus Meißen, Steinmeß und Bürger zu Heidelberg (1579), Jonas Bitner, Lehrer in Straßburg (1583), Johann Schlayß, Diakonus zu Dettingen (1593), und Joseph Goeße, Rektor des Stadtgymnasiums zu Halle (1612), die alle den gleichen Stoff behandelten. Schlayß benußte aber auch den lateinischen Ioseph des Marburger Professors der Theologie Aegidius Hunnius (1584), dessen Drama 1597 im akademischen Gymnasium zu Straßburg aufgeführt und 1602 von dem Dresdener Hofprediger Mathias Höe von Höenegg, sowie 1603 von dem Mag. Andreas Gaßmann aus Rochlik, Schulrektor daselbst, übersezt wurde. Auch Macropedius schrieb einen Ioseph (1544), sowie Martin Balticus, Rektor der lateinischen Schule in Ulm (1556), Schonäus (1592) und Theod. Rhode in Straßburg (1600). In der Schweiz behandelten Hans von Rüte (1538) und Jakob Rueff (1540) diesen Stoff. Des letteren Spiel wurde am 23. und 24. Februar 1556 zu St. Gallen auf dem Markte gegeben. Von deutschen Dramatikern sind noch zu nennen: Bartholomäus Leschke aus Frankfurt a. D., Organist und Rechenmeister in Lauban (1571), und der Pastor in Drübeck Balthasar Voigt (Voidius) aus Wernigerode, dessen 1618 erschienenes Drama, wie die meisten Dramen

1) Neudruck von E. Schmidt, Straßb. 1880.

der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts, mit manchen die Sittengeschichte der Zeit charakterisierenden Zügen ausgestattet ist; vor allem verdient die beschreibende Erzählung vom großen Weinfaß in Gröningen genannt zu werden.1) Aufführungen des Joseph haben nachweislich in St. Gallen (1556), Windsheim (1570), Heidelberg (1579), Annaberg (1582), Schaffhausen (1597) und in Rochlig (1603) stattgefunden. Die Schaffhäuser Aufführung auf dem St. Johanniskirchhof kostete 153 Pfund 9 Schilling, wozu noch 47 Pf. 12 Sch. dem Rabenwirte bei der Probe ausgezahlt werden mußten; die Knaben und Zugeordneten aßen im Kloster zur Nacht.

Aus dem 2. Buch Mosis zogen Dramatiker die Erzählung vom goldenen Kalb, um damit eine Warnung der Christenheit vor der Abgötterei zu verbinden: so 1562 der Diakonus zu Hettstedt in der Grafschaft Mansfeld, Andreas Hoppenrodt, der 1545 in Wittenberg studierte,2) 1566 der Meistersänger Sebastian Wild in Augsburg und 1573 der als schlesischer Geschichtschreiber bekannte Heinrich Rätel, der 1594 als Bürgermeister zu Sagan starb. Wild behandelt Exodus Kap. 20-33 und beginnt sein Spiel mit der Verkündigung der zehn Gebote durch Gott:

Ich bin Gott der Herr, der euch

Aus dem Diensthaus aus Egypten hab
Gefüret, ir sollet vorab

Kein andre Götter neben mir

Han, noch ein Gleichnus machen dir,

Weder das in dem Himmel hoch

Oder der ding auff erden, noch
Des das im wasser wohnen ist,
Bet sie an zu keiner frist 2c.

Wir führen diese Stelle an, um eine Probe von der Art und Weise zu geben, in welcher der Text der Bibel von Wild benugt wurde: es ist nichts weiter als gereimter Bibeltext, und dazu sind die Reime noch schlecht. Das Spiel schließt der Herold mit einer Mahnung:

Darumb laßt uns eben

Fürsehen vor des teufels list,

Gott den herrn zu aller frist

1) Zeitschrift des Harzvereins 1, 93.

2) Alb. 224.

Vor augen haben stetiglich
Und nimmer treten hinter sich,
Sondern Gott bitten allezeit,

Das er uns durch seinen geist leit
Und füre die rechte himmel straß,
In kein versuchung fallen laß,
Bis das wir komen alle samt
In das verheißne vaterland

Durch Christum, seinen lieben sun,
Den geistlichen Mose, der nun
Gottes grimigen zoren stillt,

Spricht und lehrt Sebastian Wild.

Das fünfte Kapitel des 4. Buches Mose wurde der Gegen. stand eines Dramas des Mag. Johann Wittel aus Erfurt, Pastors zu Frondorf: 'Zelotypia, ein hübsch und nüßlich Spiel von dem Eyfferopffer, darinnen Gottes Zorn wider die Sünde, und bevor [besonders] an Ehebruch und Unzucht offenbaret, dargegen den Bußfertigen den Weg zur Besserung gewiesen' (1571). Der Dichter lehrt, sagt Gervinus,1) die Versöhnung der Menschheit mit Gott und die tröstliche Milde der neuen Lehre gegen die des Alten Testamentes; er führt in seinem tragischen Gegenstand einen bußfertigen Sünder zum Trost der zerknirschten Seelen vor, und lieber als die Erschreckten trostlos zu entlassen, machte er auf diese Art eine Tragödie daraus.'

Aus dem Buche Josua dramatisierte Rudolf Schmid den Durchzug der Kinder Israels durch den Jordan und ließ sein Drama 1579 durch Bürger von Lenzburg aufführen.

Wie Gott durch Gideons Hand sein Volk von seiner Sünden Gewalt wunderbarlich erlöset habe, zeigte Hans von Rüte in einem Spiele, das die jungen Bürger zu Bern 1540 aufführten; und Jephthas Tochter, das Opfer eines voreiligen Gelübdes ihres Vaters, des Gileaditers, die in ihrer Unterordnung unter den Willen des Vaters das nachahmungswerteste Beispiel kindlichen Gehorsams giebt, bot dem Schotten Georg Buchanan den Stoff zu einem lateinischen Drama Iephtes (1557), das mehrfach übersezt wurde: von Jonas Bitner (sein Drama wurde 1567 zweimal öffentlich in Straßburg aufgeführt), von Martin und Silvester Steier (1571), von Georg Dedeken, Pastor zu Nienstädten in Holstein (1595),

) Geschichte der deutschen Dichtung 35, 126.

und von Hermann Nicephorus, Rektor des Martineums zu Braunschweig (1604). Ganz selbständig behandelte diesen Stoff Hans Sachs (1555). Auch eine Aufführung in Annaberg am 24. Februar 1577 ist bekannt.

Simsons Geschichte wurde von Andreas Wunst, Pfarrer in Wimpfen in der Rheinpfalz, 1604 in einem lateinischen Drama behandelt, das in demselben Jahre im akademischen Gymnasium zu Straßburg aufgeführt wurde. Auch Theod. Rhode zu Straßburg schrieb 1600 eine Tragödie Simson.

Die Geschichte der frommen Ruth behandelten 1533 Jakob Zovitius, Rektor zu Breda in Brabant, und der schon genannte Aegidius Hunnius 1586 in einem lateinischen Drama, während Nikodemus Frischlin in der im Kerker zu Hohenurach entstandenen 'Ruth', sich treu an die deutsche Bibel haltend, die lutherische Bibelsprache in Hans Sachsische Reime verwandelte.1)

Der Hohepriester Eli und seine beiden Söhne wurden als warnende Beispiele falscher Kinderzucht und sträflichen Ungehorsams in einem anonymen Drama von 1548, in einer Tragödie von Hans Sachs (1553) und in einem lateinischen Drama des Georg Calaminus (Röhrig) Helis aufgestellt, das 1591 in Straßburg zur Aufführung gelangte.

Nun folgt die Königsgeschichte. Sauls Hochmut und Stolz, Davids Frömmigkeit stellte Matthias Holzwart aus Horburg im Oberelsaß, Stadtschreiber in Rappoltsweiler, in einer der Stadt Basel gewidmeten und daselbst am 6. und 7. August 1571 von der Bürgerschaft gespielten Komödie gegenüber, welche 94 redende und 200 stumme Personen in Anspruch nahm. Schonäus' Saulus wurde am 17. Februar 1583 in Annaberg aufgeführt. 'Samuel und Saul', das letzte Drama des österreichischen Dramatikers Wolfgang Schmelzl in Wien (1551), hat die Tendenz, die Verderblichkeit der Rebellion zu zeichnen.2) Beide, Samuel und Saul, dienen als Beispiel dafür, daß alle hohe gewaltige Monarchieen von Gott eingesezt und geordnet, die großen mächtigen Potentaten und Herren zu strafen, Recht wider Gewalt aufzurichten, auch wider dieselbigen sich niemand seßen, verachten noch empören solle.'

i) Neudruck von Strauß, Stuttgart. Litterar. Verein Nr. 41.
2) Neudruck von F. Spengler. Wien 1883.

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