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Die Idee dieses sehr beliebten Lustspieles (1539 erschien eine neue Auflage) wird am Schluß gegeben. Es soll zeigen,

Wie es mit menschlichen Wesen stet,

Mit allen Dingen schier weibisch zugeht,
Allein auf äußerliche Dingen,

Den innern thut man nicht nachdringen.

Und nun folgt eine Mahnung zur Selbsterkenntnis:

Ein jeder thu in sich selbs gehn,
Denn kein höher Tugend nicht ist,

Als man allenthalb in Büchern liest,

Denn sich selbs wol lernen kennen,
Die Weisen sagen, es sei kennen
Vom Himmel: Nosce te ipsum.
Frag sich jeder selbs drum,
Schau in sein Herz und Gewissen,

Daß es nindert [niemals] sei zerrissen.

Die beste Zucht ist, als man spricht,

Der sich selbst zeucht und zu gutem richt,

Nach dem laßt uns allzeit streben,

Dieweil wir haben das Leben.

Das künstliche kurzweilige Spiel des Mag. Matthias Brotbeihel 'von Abbildung der unzüchtigen leichtsinnigen Weibern' (Augsburg 1541), das der Verfasser ‘aus trefflichen und ansehnlichen uralten Historien' zog, hat einen durchaus didaktischen Zweck, sowie die in Augsburg gedruckte Komödie 'Grysel', die von der Demut und dem Gehorsam der Frauen gegen die Ehemänner handelt.

Ein von Bürgern zu Basel aufgeführtes Drama 'Der Welt Spiegel' verfaßte Valentin Bolz aus Ruffach (Basel 1551). Bartholomäus Ringwaldt bezog seine deutsche Komödie Speculum Mundi (Frankf. 1590) auf die treuen Prediger, wie sie rechtschaffenen Christen angenehm sind und aus den Händen ihrer Widersacher gerettet werden, und Ambrosius Pape verfaßte unter dem Titel Mundus immundus (Magdeb. 1612) ein deutsches Drama, in welchem er zeigte, wie die jetzige Welt gesinnt sei.

Der Komödie des Mag. Martin Hayneccius, Rektors und und Professors zu Grimma, 'Hans Pfriem oder Meister Kecks'

(Leipz. 1582),1) die erst lateinisch verfaßt und dann ins Deutsche übertragen wurde, liegt das auch von den Brüdern Grimm in ihre Sammlung aufgenommene und von Bürger nach dem Englischen 2) in dem Gedichte Frau Schnips' bearbeitete Märchen von dem Fuhrmann Hans Pfriem,- der im Paradies alles hat überflügeln und meistern wollen, zu Grunde. Sicherlich war der Verfasser durch das Studium von Luthers 1544 und 1545 zu Wittenberg gehaltenen Predigten vom Tode und von der Auferstehung, die Mag. Andreas Poach, Pfarrer an der Augustinerkirche zu Erfurt, nach Georg Rörers Aufzeichnungen eben herausgegeben hatte, angeregt worden, sich mit diesem Stoff zu befassen. Er beruft sich nämlich in der Widmung seiner Komödie an seine Vaterstadt Borna vom 1. Januar 1582 auf den 'hocherleuchten deutschen Propheten hochseligster Gedächtnis', D. Martin Luther, dem auch das Märlein vom Hans Pfriem gefallen habe, wie zu sehen ist in seinen Predigten über 1. Kor. 15, so neulich durch Mag. Johann Boha (soll heißen Andreas Poach) zu Erfurt in Druck sind ausgangen. Denn da er handelt die Worte: Du Narr, was du säest, wird nicht lebendig, es sterbe denn' und das Gleichnis vom Ackerwerk auslegt, wie sichs mit dem menschlichen Begräbnis und Auferstehung des Fleisches vergleiche, da führt er den Hans Pfriemen ein, der sich in keine Gottes und Glaubenssachen richten kann, gleich als wenig er verstehen und sagen mag, wie das Weizenkorn, so im Acker verwejet, wieder herauswachsen und Frucht tragen möge'.

Hayneccius hat außer seinem Hans Pfriem und der S. 51 genannten Uebersehung von Plautus' Captivi noch ein Drama 'Almansor, der Kinder Schulspiegel' 1582 verfaßt. Dieses Drama, das er zuvor lateinisch herausgab, erschien 1590 als ein Plagiat des Bürgers und Arithmetikus Hans Rudolf Klauber zu Basel. Hayneccius deckte diesen Betrug in der Widmung der Ausgabe seines Almansors vom Jahre 1603 in wenig schonender Weise aus: 'Es hat sich über Vermeinen und wider christliche

1) Neudruck von Th. Rähse. Halle 1882.

2) The wanton wife of Bath bei Percy Reliques of ancient english Poetry 3, 145.

Gebühr und Ehrbarkeit acht Jahr nach meiner teutschen Edition, do man schriebe 1590, einer funden, der sich nennet Hans Rudolf Klauber, welcher ganz ungescheut und frech, als ob kein Mensch in der Christenheit weder ehe verteutschtes Buch anderswo oder dessen wahren Autorem je gesehen oder gekannt, gemelten teutschen Almansorem ihm als seine Kunst zugeschrieben, das Buch mit Titeln und Namen, Invention und Gedichten, Reimen und anderen, Vorrede und allem, ohn was er, das Falsum zu verkleiben, für sich daraus und drein geklaubet, zu Basel mit seinem Namen drucken lassen'. Nun ist zwar Hayneccius' Spiel ein gut gemeintes Spiel, aber doch ein sehr unbedeutendes Machwerk, und er selbst stellt die dramatischen Anforderungen nicht hoch, wenn er sagt, wer seiner Einfalt nicht bedürfe, der würde es doch den Unmündigen und Säuglingen vergönnen, sich in diesem Spiegel zu erlustigen und zu erbauen. Uebrigens erfahren wir aus der Vorrede zu der den Bürgermeistern zu Chemniß und Leisnig gewidmeten Gesamtausgabe seiner Dramen von 1582, daß auch Chemnitz zu den beliebten Dramenstätten jener Zeit gehört hat; denn Hayneccius ließ dort während eines Zeitraumes von vier Jahren über zehn bis elf Komödien in lateinischer, griechischer und deutscher Sprache von den Schülern aufführen und exhibierte dem unteren Haufen auch die Captivi des Plautus lateinisch und deutsch, welche 'Verdeutschung ich auch hieran habe heften wollen, als die niemands billiger dann E. W. G., bei denen sie anfänglich ist geschrieben worden, gehöret'.

Wir erwähnten schon früher die verschiedenen an die Parabel vom verlornen Sohn sich anschließenden Dramen vom Knabenspiegel; Hayneccius' Almansor führt uns zu der zahlreichen Reihe von Dramen, in welchen der pädagogische Zweck klar ausgesprochen ist. Wir nennen nur Georg Mauricius des älteren Komödie vom Schulwesen (Leipz. 1609) und des Mag. Isaak Gilhausen aus Marburg deutsches Schauspiel 'Grammatica d. i. eine lustige und für die angehende Jugend nüßliche Komödia von dem Schlüssel aller Künste, nämlich der Grammatica und ihrer Teile' (Frankf. a. M. 1597). Der Verfasser läßt in seinem Spiele, das er dem vom Landgrafen Ludwig von Hessen zur Erziehung ihm anvertrauten jungen Grafen von Solms widmete,

die vier Töchter der Grammatik, Orthographie, Profodie, Etymologie und Syntax, auftreten; es entsteht ein Streit zwischen den Fürstentümern der Etymologie, den Redeteilen, namentlich zwischen Nomen und Verbum, der erst durch die Syntaxis geschlichtet wird, indem diese die Regeln aufstellt, nach denen sich die Redeteile künftig zu richten haben. Dabei ist der an sich trockne Stoff durch Scenen belebt, die am Hofe, an der Univer-. sität, im Dorfe, auf der Jagd und im Kriege spielen; selbst die Liebe und Ehe finden ihre Vertretung und haben einen teils glücklichen teils unglücklichen Ausgang.')

Wie Scherz und Ernst in den früheren Fastnachtspielen abgewechselt hatten, so war es auch in den Dramen, die schon durch ihren Titel diesen Charakter kundgeben. So schrieb Leonhard Freyßleben 'ein kurzweiliges und lustiges Spiel von der Weisheit und Narrheit, darin keine Unzucht, sondern viel guter Lehre und lächerliche Schwänke begriffen sind' (Augsb. um 1550) und Valentin Apelles, Rektor zu Freiberg, verfaßte eine Narrenschule, die zur Fastnacht agiert werden sollte (Frankfurt a. D. 1578), ein fünfattiges Spiel, das Johannes Herphort von Fr. (d. i. Johannes Wittel Erfordianus, Pfarrer zu Frondorf) zu vier Aften kürzte.

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Von belehrender Tendenz sind auch die Dramen des Mag. Thomas Birck, Pfarrers zu Untertürkheim in Württemberg. Das eine ist gegen die 'gottvergessenen Doppelspieler' gerichtet (Tüb. 1590), das zweite ist ein Ehespiegel' (Tüb. 1593), das dritte ein 'Herenspiegel', der aber nicht zur Veröffentlichung gelangte. Die dramatischen Leistungen Bircks stehen auf einer überaus niedrigen Stufe. Die erstgenannte Komödie ist aus einer Predigt des strenglutherischen Pfarrers hervorgegangen: sie sollte seine Pfarrkinder ernstlich vor dem unglückseligen Doppelspielen warnen; ebenso ist die zweite Komödie in lehrhaftem Tone geschrieben und mit zahlreichen Auszügen aus Luthers Schriften am Rande begleitet. Die Widmung an den Rat und die Gemeinde zu Canstatt rechtfertigt er damit, daß er ihnen den gebührenden Dank für das Wohlwollen abstatten möchte, das sie ihm seither

1) Allg. deutsche Biographie 9, 171.

geschenkt haben. Auch sei es ihm nicht lieb, daß die Canstatter Behörden durch den Ungehorsam seiner Pfarrkinder in Ehesachen vielfach belästigt würden, und wolle er durch sein Spiel weitere Belästigungen verhüten. Die Widmung ist datiert vom 18. Februar 1598. Dieser Tag, der ihn an Martin Luthers seliges Abscheiden vor 52 Jahren erinnert, giebt ihm den Anlaß, über das Ende und Begräbnis des hocherleuchteten, geistreichen, deutschen Propheten' noch einiges mitzuteilen. Auch im Prolog, der sich über den Nußen und Wert der Komödien verbreitet, wird Luthers gedacht, der an vielen Stellen seiner Schriften von Komödien geschrieben habe.

Wegen fortwährender Streitigkeiten mit den Gemeindevorständen von Untertürkheim und deren Anhang wurde Birck, der schon seit 1574 an verschiedenen Württembergischen Orten amtiert hatte, seit 1585 aber in Untertürkheim angestellt war, 1601 abgesezt und siedelte nach Gauangelloch über, von wo er 1611 Pfarrer in Rottenacker an der Donau wurde. Ein eigener Unstern schwebte über seinem dritten Drama vom Herenspiegel, 'der überaus schönen und wohlgegründeten Tragödie'. Nachdem neun Bogen in tausend Exemplaren gedruckt waren, wurde der Druck auf Befehl des Landesfürsten unterbrochen, auch wurde der Verfasser zur Zahlung von 30 Gulden an den Drucker Georg Gruppenbach verurteilt.

Elftes Kapitel.

Das Drama der Jesuiten.

Die Jesuiten ließen der Aufführung von Schuldramen eine aufmerksame Pflege angedeihen. Schon 1590 fällte der Braunschweiger Superintendent Polykarp Leyser in seiner Vorrede zu Friedrich Dedekinds 'Christlichem Ritter' folgendes Urteil: 'Es ist kein Zweifel, daß solche Komödien (wie von der protestantischen Schuljugend aufgeführt werden) dem gemeinen Mann, welcher sie spielen sähe, großen Nußen bringen würden. Dies verstehen unsere Widersacher, die Jesuiten, gar wohl, welche viel und oft comoedias und dieselbigen mit großem Pomp und Pracht

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