Deutschland zu übertragen. Indem der Papst diese Bitte gewährt, ernennt er ihn zum Commissarius apostolicus, haereticae pravitatis optimus inquisitor, und erteilt dann einem Fürsten auf dessen Ersuchen gegen Erlegung von 2000 Kronen die Erlaubnis zur Verheiratung mit der eigenen Schwester. Als die Träger den Papst vom Stuhle fallen lassen, gerät dieser in großen Zorn, kann es aber nicht hindern, daß Kinder in weißen Kleidern das bekannte Spottlied singen: Der Papst hat sich zu Tod gefallen von einem hohen Stuhlen, Der Papst hat seine Kron verloren mit seinem großen Haufen, Und nun wird Luther gefeiert: Ein frommer Mann aus Sachsenland hat rechten Schlüffel gefunden, Er führt sie zu der rechten Thür, die geht zum ewigen Leben, Der dritte Akt beschäftigt sich mit Tezels Ablaßkram, den er mit zwei Genossen anpreist. Dem Fürsten und einem Bauer giebt er Ablaß, ein Landsknecht schwaßt ihm das gegebene Geld wieder ab, da er ein Geldstück wechseln möchte. Als Veritas den Unfug des Ablasses nachweist, wird sie als Keßerin gebunden abgeführt. Vorher hat ihr ein Exorcist den Teufel ausgetrieben: Exorcisco te in nomine Patria, Filia et Spiritua sancta, sancta Maria. Im vierten Akt führt Religio einen Bauer, der auf Verlangen seines Pfarrers eine Wallfahrt nach Compostella gemacht hat, zur Erkenntnis des wahren Glaubens. Tezels Betrug wird entlarvt, er selbst erhält reichliche Prügel, der Fürst wird von seinem Gewissen wegen seiner blutschänderischen Ehe gepeinigt. Der lezte Akt stellt die Befreiung der Veritas aus ihrem Gefängnis durch den Engel Michael und die Abführung Tezels und seiner Gesellen zur Hölle dar. Dann folgt die Einsegnung Luthers und Bugenhagens zu dem großen Werke der Reformation durch den Engel Michael: Nach hundert Jahren soll man Gott loben, Daß er die Kirche hat wieder erhoben Und sein Licht wieder hell gemacht, Den Antichrist durchs Wort umbracht. Der Epilog endet mit Dank gegen Gott für das gesegnete Werk Luthers: So laßt nun jezt und alle Stund Kielmanns treffliches, mit liebevollem Verständnis verfaßtes Reformationsspiel benußte Martin Rinckart, damals Pfarrer zu Erdeborn, zu seinem 'Indulgentiarius confusus oder EislebischMansfeldische Jubel-Komödie von der öffentlichen wundermächtigen Beschämung des großen und greulichen Gotteslästerers Johann Tezels samt der unverschämten päpstischen Ablaßkrämerei, wie noch des ganzen römischen und antichristischen Papsttums' (Eisleben 1618).) Dies Spiel wurde zum Reformationsjubelfest von Gymnasiasten auf dem Waghause zu Eisleben aufgeführt und zwar, wie die Chronik berichtet, mit großem Beifalle. Von Kielmann entlehnte Rinckart die Personificierung der Religion, der Wahrheit und des Glaubens, die Ausplünderung Tezels durch den Kapitän, den Betrug des Leimstänglers und das Spottlied. Zu seiner eigenen Erfindung gehören die Einführung des 1) Neudruck von H. Rembe. Eisl. 1884. jungen Mykonius, der von Tezel Ablaß ohne Geld begehrt nach dem Wortlaut der Ablaßbulle: ‘ex singulari gratia detur tamen pauperibus gratis', und die Einführung des Doktor Claus, des Hofnarren des Kurfürsten Friedrich des Weisen. 1) Ferner erweitert Rinckart die Handlung durch die Darstellung verschiedener Reformationsakte: Unterredung Luthers mit Cajetan und Verbrennung der Bannbulle. Dieweil du, Teufels Alkoran, Den heilgen Gott betrübt fortan, Das hellisch Feuer ewiglich. Auch Luthers Auftreten in Worms ist hinzugefügt: Außer den genannten Dramen erschienen zum ersten Reformationsjubiläum noch zwei. Das eine, Echo Jubilaei Lutherani das ist ein christlich Gedicht und Widerschall vom lutherischen Jubelfest, so des abgewichenen 1617. Jahres in der christlich katholischen uralten und lutherischen Kirchen celebrieret worden', von einem Liebhaber der katholischen Wahrheit gestellet und dem andächtigen und würdigen Pater Sixt, dem obersten deutschen. Priester in Rom (Datum in eyl, zu Rathweyl'), gewidmet, ist eine feine Satire auf die alte Kirche. Der Jubilierer' Luther ist von den Toten auferstanden und wird von den Gesandten aus Spanien, Portugal und andern Ländern aufgesucht, um ihnen zu der köstlichen Perle des Evangeliums zu verhelfen. Er vertreibt Tezel (Decelius) mit seinem Ablaß und seinen Heiltümern. 1) Claus Narr ist eine historische Person. Er war zu Remstedt in Meißen geboren, lebte am Hofe der Kurfürsten von Sachsen 1486 — 1532 und starb zu Weida. Mag. Wilh. Buttner gab 1552 zu Eisleben seine Historien (627 an Zahl) in einer Schrift heraus, die bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts ungefähr zwölf Auflagen erlebte. (H. Rembe, Rindarts Eislebisch - Mansfeldische Zubelkomödie. S. 6.) Wanna postausend guter Jahr, Was find ich hie vor seltsam War, Vor ein Kretschmer [Wirtshaus] gerichtet an? Auch er bringe Gaben für Reich und Arm, aber göttliche Gaben, die jeder umsonst empfangen könne, die himmlische Perle, die alle Schäße übertreffe. Der Papst erschrickt, als er von der großen Bewegung hört, die Luthers Auftreten hervorgerufen, und beschließt den Jubilierer mit seinem Anhang zu vertilgen; er rechnet besonders auf den Beistand der 'Jesuwider', die allermaßen Sich gern hierzu gebrauchen lassen, Denn sie auf Gift, Geschoß, Mordstich Sind wolgeübt und abgericht. Bei der Nachricht, daß ihm die Könige und Fürsten den Beistand versagen, fällt er in Ohnmacht, und obwohl seine Kardinäle Bembus, Bellarminus und Hosius ihn zu exorcieren anfangen, wird er doch vom Teufel geholt. Das andere, das lateinische Drama des Rektors Mag. Heinrich Hirzwig zu Frankfurt a. M. 'Lutherus', giebt eine ziemlich vollständige, an die großen Thaten Luthers angeschlossene Uebersicht über den Verlauf der Reformation bis zum Tode des Reformators, wobei alle bedeutungsvollen Personen jener Zeit, sowohl aus dem protestantischen als aus dem katholischen Lager, auftreten. Die Widmung an den Herzog Johann Georg von Sachsen, den edlen Nachkommen der ruhmwürdigen Beschützer der Reformation, erwähnt, daß die Feier des Reformationsjubiläums an feinem Orte würdiger veranstaltet werden könne, als in Wittenberg, dem erhabenen Zion, und auf keine Weise würdiger, als durch die Verherrlichung Luthers. Ob durch ein Drama, sei dem Verfasser selbst zuerst zweifelhaft erschienen, aber er sei durch Freunde dazu veranlaßt worden, und er glaube auch, daß das Drama nichts anderes sei als ein Bekenntnis, das laut und offen abgelegt werden müsse. Da gebe es keinen besseren Inhalt als Luther selbst, dessen Geschichte freilich, weil es seit dem Zeitalter der Apostel keine zweite gebe, einen echten Dichter wie Buchanan oder Frischlin oder einen Dichter des alten Rom verlange. Nichtsdestoweniger habe er es gewagt und bitte, sein Werk mit Wohlwollen aufzunehmen. Die Aufführung des Hirzwigschen Dramas in Speier, wo der Verfasser früher Rektor gewesen war und wo seine beiden anderen Dramen Balsasar (1609 im akademischen Theater zu Straßburg aufgeführt) und Iesulus (1613) entstanden waren, ist bezeugt. Den Titel seines Lutherus zieren die Bilder Tezels und Luthers, denen folgende Verse beigegeben sind: Tecelius Papae bullis, Lutherus Iovae Verbo ductat: utro tutius ire duce? Perspicuum Domini verbum, Luthere, triumphas, Factio caeca Stygem Teceliana bibit. Der Verfasser beweist eine große Gewandtheit im Ausdruck und in der Versifikation. Die bekannten Worte 'Denn wo das Geld im Kasten klingt' 2c. lauten: Simul nummus in cistam proiectus percrepat, Animae caelos solutae recta petunt via. Und Luthers denkwürdige Antwort, die er dem Eilboten Spalatins auf die Bitte, nicht sofort nach Worms zu gehen, in Oppenheim gab, jene Worte, die von der höchsten männlichen Kraft und Entschlossenheit zeugen: 'Und wenn so viel Teufel zu Worms wären als Ziegel auf den Dächern, so wollt ich doch hinein!' sind von Hirzwig so wiedergegeben: sic sciam, Totidem quot sunt in tectis tegulae omnibus, So ehrte man in jenen Tagen der ersten Säkularfeier der Reformation das Andenken des großen Reformators. Und wir sind nicht zurückgeblieben, als wir mit der ganzen evangelischen Christenheit den vierhundertsten Geburtstag Martin Luthers feierten; auch damals ist Luther im Drama verherrlicht worden, und es zeugt von der Tiefe und Kraft evangelischen Bewußtseins, daß dem historisch treuen, von protestantischem Geiste getragenen, echt volkstümlichen Festspiele D. Devrients, das seit dem 10. November 1883 schon oft wieder aufgeführt ist und Tausende |