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Derer, so sich im Sakrament

Von den Lutherischen han gewendt,
Von Lutheranern und Calvinisten,
Flacianern und Philippisten,

Und wie sein Sach ein jedes Part
Von Anno vierundzwanzig hat

Geführet bis auf dies, welchs war
Der mindern zweiundneunzig Jahr.

Rivander widmete sein Drama allen gottseligen Christen augsburgischer Konfession mit der naiven Erklärung: da er keinen Verleger habe finden können, so hoffe er durch dieses Mittel der Dedikation um so eher seine Kosten wiederersezt zu erhalten. Dabei erhebt er gegen die Verleger und Drucker die Anklage, daß sie als hinterlistige und mit dem Schein lutherischer Rechtgläubigkeit gleißende Kryptocalvinisten den Druck seiner Schriften zu verhindern bemüht seien. Den Calvinismus bezeichnet er als einen rechten Lucianismus, denn aus Calvinus werde durch Metathesis leicht Lucianus. Im ersten Akt erscheinen alle, welche eine von Luthers Ansicht über das Abendmahl abweichende Ansicht aufgestellt haben, von Karlstadt an. In der Regel führt Brenz den historischen Verlauf weiter; Luthers und Melanchthons Tod beschließt den Streit nicht, vielmehr wird derselbe fortgesezt von Beza bis zur Konkordienformel. Im dritten und vierten Akte wird die Wirkung geschildert, welche der Streit auf die Laien hervorgebracht hat. Da treten zwei Buchdrucker, Hans Luft und Mag. Ernst Vöglin, Hofrat, Edelmann, zwei Juristen, zwei Aerzte, ein Professor der Philosophie, Kaufmann, Bürger, zwei Weiber 2c. auf. Infolge der Ausbreitung des Calvinismus werden Polykarp Leyser, Dr. Georg Müller und Nikolaus Selneccer als strenge Lutheraner aus ihren Aemtern vertrieben. Sie wünschen, daß Luther und Melanchthon wieder aufständen, um den verhängnisvollen Streit zu schlichten. Im lezten Akt erscheinen die beiden Reformatoren, aufgeweckt durch das Gebeiße der Gelehrten. Luther beweist, daß er kein Calvinist gewesen, ebenso Melanchthon, der die Heftigkeit, mit der der Streit geführt ist, tadelt und Milde empfiehlt. Luther verurteilt den Calvinismus und stellt die Beendigung des Streites bei der Wiederkunft Christi zum Gericht in Aussicht. Während Melanchthon, der sich

nun auch zu Luthers Lehre bekennt, wieder in das Grab steigt, bleibt Luther am Leben, denn

das ist der Mann,

Durch den Gott alles hat gethan.

Eine gleiche Tendenz, die Verherrlichung der lutherischen Orthodoxie, verfolgt 'Der Calvinische Postreuter' des Jörg Nigrinus aus Battenberg (Georg Schwarz, Superintendent zu Alsfeld) vom Jahre 1592. Vier Personen, Bartel, sein Nachbar, der calvinische Bürger und der lutherische Wirt, unterreden sich über die Bemühungen der Calvinisten, die wahre, unverfälschte lutherische Lehre zu unterdrücken. Hinter dem Titel stehen die Reime: Luther behält dennoch das Feld, Gott geb, wie sich Philippus hält, Die Calvinisten und Ungeheuer, Wie sind sie jezt so wunderteuer,

Vorhin warn sie ein Sperlingskauf.

Ein zweiter Teil, der die Erstürmung der Calvinistenhäuser in Leipzig betrifft, folgte 1593.

Während die ebengenannten Dramen mehr im Sinne theologischer Streitschriften theologische Dogmen zum Gegenstand der Darstellung machten, wagte der echt evangelisch gesinnte Friedrich Dedekind, Prediger in Lüneburg, einen entschiedenen Kampf gegen die alte Kirche, indem er in seinem deutschen Drama Papista conversus (Hamburg 1596) die Bekehrung eines Papisten durch Luther und Melanchthon schildert. Zugleich wiederholt das Spiel nach dem Vorwort des Verfassers kürzlich die Summa und Inhalt unserer christlichen Religion und reinen lutherischen Lehre. Sonderlich aber wird darin fürgestellt ein Exempel beständiger Erkenntnis und Bekenntnis der Wahrheit, und daß ein Christ viel um derselbigen willen leiden müsse; daneben wird vermeldet, daß Gott seine lieben Christen sich allezeit läßt in Gnaden befohlen sein, daß er sie endlich aus der Gefahr gnädiglich errette und erlöse, in Kreuz und Leid tröste und stärke und in wahrer Beständigkeit bis ans Ende erhalte durch Kraft und Wirkung des heiligen Geistes, der allezeit unserer Schwachheit aufhilft, daß wir ritterlich kämpfen und durch ihn das Feld behalten und die Ueberwindung davonbringen. Der fromme

Katholik Simon, der nach alter papistischer Weise zur Mutter Gottes betet, kommt mit Martinus und Philippus zufällig zusammen.

Sie halten mit ihm lange Sprach
Von rechter Lehr und Glaubens Sach,
Wie man die Seligkeit erwerb,

Auf daß man ewiglich nicht sterb 2c.

Besonders werden die Unterscheidungslehren der katholischen und protestantischen Kirche genau besprochen. Simon wird bekehrt; auch seine Kinder und Nachbarn werden von ihm zu dem rechten Glauben gebracht. Nur seine Frau widersteht und sucht ihres Mannes Freunde für die Rückkehr desselben zum katholischen Bekenntnis zu gewinnen. Simon bleibt aber fest wie eine Mauer, und als auch sein Pfarrer nichts vermag, beruft der Bischof die Geistlichkeit der ganzen Diöcese zu einem Konzil, vor welches Simon citiert wird. In dem mit ihm abgehaltenen Verhör bekennt er den protestantischen Glauben und wird als Kezer zum Tode verurteilt. Das Urteil soll erst am andern Tage vollstreckt werden, und wenn es sich herausstelle, daß Simon auch andere mit seiner Lehre verführt habe, soll er mit dem Feuertode bestraft werden. Aber in der Nacht wird der fromme Simon durch einen Engel aus seinem Gefängnis befreit, eilt freudig zu den Seinen, die schon geweint und geklagt haben, und feiert mit den Nachbarn seine Rettung von dem bevorstehenden Tode.

Ein Gegenstück zu Dedekinds Papista conversus bildet Johann Reinhards aus Grawelingen wunderliche Geschichte Franzisci Spierä, wie er in Verzweiflung kommen und in derselbigen gestorben sei' (Königsb. 1561). In diesem Drama wird die Geschichte des Rechtsgelehrten und Advokaten Franz Spiera aus der kleinen Stadt Citadella bei Padua, der um 1542 zur evangelischen Erkenntnis gelangte, dann wieder abfiel und 1548 in Verzweiflung starb, dramatisch behandelt. In demselben Jahre, in welchem Reinhard sein Drama verfaßte, hatte der Lübecker Drucker Johann Ballhorn diese erschreckliche und warhafftige Historia und Geschichte allen Christen tom Erempel Gödtlikes torns uth dem Hochdüdeschen yn Sassischer sprake drucken lassen,

und noch ein Frankfurter hochdeutscher Druck von 1615 feierte den Italiener als einen von der katholischen Kirche verfolgten Märtyrer der Reformationszeit Aus Johannes Sleidanus' Commentarii de statu religionis et reipublicae Carolo V. Caesare (Argent 1555) und aus S. Goulards Trésor d'histoires admirables erfahren wir, daß Franziskus Spiera, nachdem er nach seinem Uebertritt zur lutherischen Kirche (1542) als Prediger des Evangeliums auf offenen Straßen und Märkten aufgetreten war, bei dem päpstlichen Legaten della Casa in Venedig als Kezer angeklagt wurde und nach einigem Kampfe widerrief, aber von den schrecklichsten Gewissenbissen gequält, in die tiefste Schwermut verfiel und in Citadella starb, ohne den innern Frieden erlangt zu haben. Der Zuspruch seiner ihn besuchenden Freunde, des Piedro Paolo Vergerio und des Dr. Gribaldi, hatte nichts vermocht, um den Seelenzustand des Armen zu ändern. Wahrlich', sagte Vergerio, als er in Padua Zeuge dieser Qualen war, wenn die Studenten nicht alle Vorlesungen versäumen, um dieses Trauerspiel zn sehen, so sind sie im höchsten Grade stumpfsinnig'.')

Sollte in diesen Dramen die lutherische Lehre gegenüber der katholischen verherrlicht werden, so faßte Andreas Hartmann aus Herzberg an der Wende des Jahrhunderts, in edler Begeisterung für Luthers Reformation, den Plan, Luthers Lebenslauf dramatisch darzustellen; aber er hat nur den ersten Teil desselben behandelt, der mit der Bergung Luthers auf der Wartburg schließt; denn der 1624 erschienene Lutherus redivivus Hartmanns ist keine Fortsetzung des Dramas, sondern nur eine nach des Verfassers Tode von dem Halleschen Buchdrucker Peter Schmied besorgte neue Auflage des Dramas, das unter dem Titel 'Erster Teil des Curriculi vitae Lutheri' 1600 in Magdeburg erschienen war. Die von Hartmann benußten Quellen sind Johann Mathesius' Predigten, Luthers Tischreden und A. Hondorffs Promptuarium exemplorum.

Im Prolog wird Luther als der Mann geschildert, der
stets so gewaltiglich

In deutschen Landen hier und dort

1) Sirt, Paulus Vergerius S. 125.

Hat restaurieret Gottes Wort,

Von Papsttums Greuel und Unflat

Gesäubert und gereinigt hat.

Aber nicht in der bisherigen Weise werde hier das Leben Luthers, des heiligen Mannes, beschrieben,

Sondern neu, auf poetisch Art,

So zuvor nie gesehen ward,

Und stehet diese Arbeit nu

Alleine dem Autori zu,

So er durch Gottes Hilf und Gnad

Mit saurer Müh vollendet hat.

In fünf Akten werden die einzelnen Momente aus Luthers Leben zur Darstellung gebracht, meist allerdings in einem lehrhaften Tone, aber mit unverkennbar polemischer Tendenz, besonders in Rücksicht auf Klostergelübde. So klagt Hans Luther, der Vater, der, als er gehört, daß sein Martin das juristische Studium aufgegeben hat und Augustinermönch geworden ist, nun nach Erfurt eilt, um den Sohn zur Rückkehr zu dem früheren Studium zu bewegen:

Wer weiß, von wem erdichtet worden
Das Klosterleben und Münchsorden?
Man erfährt, daß an vielen Ecken
Buben in der Haut dahinterstecken.
Was sollt das einsam Klosterleben
Zu Gott doch für ein Andacht geben,
Da man Christi Leiden nicht betracht
Und seinen herrlichen Sieg veracht,
Sondern auf eigne Werk vertraut
Und auf erdichtete Heiligkeit baut?

Nachträglich bringt der Ehrenhold die Notizen über Luthers Geburt, Erziehung und Vorbildung auf den Schulen zu Mansfeld, Magdeburg und Eisenach. Der Kurfürst Friedrich der Weise beratschlagt mit Dr. Möllerstadt (Martin Pollich aus Mellrichstadt) auf Anlaß des Dr. Staupit die Berufung Luthers nach Wittenberg. Möllerstadt erkennt in Luther den Geist, der, Weil er thut auf die Bibel dringen, Wird er ein neue Lehr aufbringen, Die römische Kirche und ihre Lahr Noch reformieren ganz und gar.

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