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erschien); dann schneidet man ihm ein Stück Zunge ab und bricht ihm einen Hundszahn aus. Hierauf bereitet ihm der Chirurg einen Trank als Brech- und Einschläferungsmittel. Die Wirkung dieses Trankes äußert sich bald; denn der Patient übergiebt sich und es kommen die Commentarii dialectices et physicae austultationis (spöttisch für auscultationis, um Ecs stultitia zu kennzeichnen), 1) die Theologia negativa (gemeint sind die Commentarii super Dionysium), der rote Doktorhut des kanonischen Rechts zum Vorschein; und nachdem sich die Arznei nach unten gewendet, entfernt Eck auf gewaltsame Weise den Ablaß, den Jakob von Hoogstraten schon vorher in seiner Kakologia (spöttisch für Apologia und Apologia secunda, Köln 1518 und 1519) besudelt hatte, sowie die für die Verteidigung des Wuchers von den Kaufleuten erhaltenen Geldstücke, die, weil sie nicht aufgelöst werden konnten, ganz leicht geworden sind. Aber als die Brust untersucht wird, findet man Prahlsucht, Angeberei, Eigenliebe, Unmäßigkeit, Heuchelei, Schmeichelei, Betrug, Unverschämtheit, Neid und eine so große Menge von Lastern, daß, wenn sie jemand aufzählen wollte, eher der Abend den Abend zur Ruhe bringen würde nach geschlossenem Olympos. Als endlich noch eine nicht zu nennende Operation vollzogen werden soll, erwacht Eck und verspricht von den Dominikanern sich lossagen zu wollen, wenn man jene Operation nicht vollziehe. Endlich ist die Kur beendet und Eck hergestellt; er verlangt aber Geheimhaltung des ganzen Vorganges; denn wenn den nichtswürdigen Wittenberger 'Poeten' oder dem verdammten Hutten die Sache nur ein wenig bekannt würde, so möchten sie sofort eine Komödie schreiben oder noch lieber ein Schauspiel aufführen. Den Leipzigern solle man danken und ihnen melden, daß er zum Verderben vieler noch lebe und sich sicher und gesund fühle. Er gehe nach Rom. Den Chirurg bittet er, einmal nach. Löwen zu gehen und den dortigen Magistern mit seiner trefflichen Heilkunde beizustehen, da sie derselben vor allen bedürften.

1) Ecs Kommentare zu den Summulae des Petrus Hispanus, zur Dialektik und zur Physik erschienen 1516, 1517 und 1518 und wurden als cursus Eccianus in den Vorlesungen der Artistenfakultät zu Ingolstadt benut.

Beim Abschied weigert sich Rubeus den Bock, und wäre es der Emsersche, wieder zu besteigen und will lieber zu Fuß zurückkehren. Nachdem Eck durch den Chirurgen noch aufgefordert ist, sich seiner Künste zu enthalten, wenn er die Prügel der Canonici indocti nicht zu kosten wünsche, schließt der Chor mit einer Anrede an den Chirurgen, der noch thörichter sei, als der Verfasser dieses Stückes, wenn er es wage einen Theologen und zwar einen Scholastiker zur Mäßigkeit und zur Vernunft zurückzuführen, was erst dann geschehen wird, wenn Himmel und Erde zusammenstürzen.

Pirkheimer hatte sich nicht als Verfasser dieser beißenden Satire, die er selbst als ein Drama (fabula) bezeichnet, genannt; selbst Bernhard Adelmann gegenüber äußerte er nichts von seiner Urheberschaft. Aber alle Umstände sprachen dafür und alle urteilsfähigen Leute nahmen an, daß die Satire von Pirkheimer verfaßt war, denn niemand könne mit den Thatsachen so vertraut, niemand so fähig zur Abfassung einer so glänzenden Spottschrift sein als er. Luther schickte unter mehreren gegen Eck gerichteten Schriften auch den Eccius dedolatus an Spalatin (2. März 1520) und schrieb dazu: 'Der Dialog verrät den Geist Pirkheimers' (Dialogus ingenium olet Bilibaldi); aber er billigte diese Art der Geißelung und Verspottung nicht, ihm war eine offene Anschuldigung lieber.1) Die Schrift erregte großes Aufsehen, sie wurde nachgedruckt und auch in deutsche Reime gebracht. Eck war so erzürnt, daß er von der Befugnis, neben Luther noch andere ihm feindlich gesinnte Männer, die sich als eifrige Lutheraner bewiesen hatten, in die Bannbulle zu sehen, Gebrauch machte, und so wurden denn auch Pirkheimer, Spengler und Adelmann mit dem Banne belegt, außerdem noch Karlstadt, Johann Dolzig und Egranus in Zwickau. Pirkheimer erhielt die Nachricht, daß er zu den Angeschuldigten gehöre, zuerst durch Karl von Miltit (9. Oktober). Der Nürnberger Rat erhielt die officielle Mitteilung erst am 15. Oktober. Nach Empfang des Schreibens begab sich Spengler zu dem auf seinem Landgute Neuhof bei Eschenau weilenden Pirkheimer. Sie verfaßten eine Schrift, die später in fünfzig Exemplaren gedruckt wurde, 'ein Meisterstück diplomatischer Gewandtheit'; noch weitere Verhand1) De W. 1, 426.

lungen mit dem Bischof von Bamberg und dem Herzog von Baiern wegen Rücknahme der Bulle waren vergeblich, und endlich mußten sich die beiden Nürnberger entschließen, freilich nur widerstrebend und vom Nürnberger Rate gedrängt, die Absolution bei Eck nachzusuchen. Ich habe dem Rate gehorchen müssen', schrieb Pirkheimer an Ulrich von Hutten. Die Feinde haben von allen Seiten mich so angegriffen, daß auch ein fester Mann wohl erschreckt werden konnte. Aber noch lebe ich und freue mich der Himmelslüfte, obgleich jene mich noch immer umstürmen'. Mit der Demütigung Pirkheimers waren Ecks Umtriebe noch nicht beendet. Da dieser nämlich die Nachricht von der erfolgten Absolution der beiden Nürnberger zu spät nach Rom sandte, so kam Pirkheimer auch in die neue Bannbulle, die zu Anfang 1521 erschien. Auf die Appellation Pirkheimers an den Kaiser erfolgte der von dem päpstlichen Legaten gegebene Bescheid, daß Hutten und Pirkheimer nur vom Papst absolviert werden könnten. Der Ausgang der Sache läßt sich nicht mehr ermitteln. Wahrscheinlich blieb sie auf sich beruhen und war ohne weitere Folgen für Pirkheimer.

Wie kläglich erscheinen neben der scharfen Satire des gelehrten Pirkheimer die schmußigen Schmähungen, welche von den Gegnern der Reformation ausgingen! Sie richteten sich fast ausschließlich gegen Luthers Ehe. Schon 1528 hatten zwei Leipziger Magister, Thomas von der Heiden (Miricianus) und Johann Hasenberg, gedruckte Schmähbriefe in Prosa und Versen veröffentlicht, die der letztere durch eigene Boten in Luthers Haus sandte. Luther hatte darauf mit der Neuen Zeitung und mit der neuen Fabel Esopi vom Löwen und Esel geantwortet, auch an Freunde geschrieben: 'Die Esel zu Leipzig wollen solche Antwort haben' und 'Die Leipziger Esel haben meine Käthe mit den ungeschicktesten Schmähungen angegriffen'.1) Aber Hasenberg beruhigte sich noch nicht. Er ließ 1530 ein Schmähdrama auf Luther erscheinen: Ludus ludentem Luderum ludens, 2)

1) De W. 3, 299. 365.

2) Ludus ludentem Luderum ludens, quo Iohannes Hasenbergius Bohemus in Bacchanalibus Lypsiae, omnes ludificantem Ludionem, omnibus ludendum exhibuit. Lips. 1530.

ein dem Dr. Johann Cochläus gewidmetes Spiel, das zwar die äußere Form eines Dramas hat, denn es ist in vier Akte zerlegt, dem aber jede Handlung und dramatische Entwickelung fehlt. Das Titelblatt zieren vier Bilder, welche die auftretenden Personen darstellen. Im ersten Akte treten Luther (Luderus) und Katharina auf. Er singt seinen Festgesang, in welchem er Spielen, Lachen, Possentreiben, Schwelgen feiert. Seine Katharina aber wird im Traum durch einen guten Geist angeweht und verschmäht infolge dessen seine Liebkosungen; sie giebt dem Kloster ihr Gelübde und ihre Seele zurück und streitet heftig über Gelübde und Jungfrauschaft. Im zweiten Akte klagt die christliche Religio, einst die große und berühmte Königin von ganz Europa, jezt verbannt und elend; in ihrer Trauer wird sie von einem Gesandten Roms (Orator christianus) getröstet. Im dritten Akte erscheint die Keßerei (Haeresis) im Schmuck einer Königin, wie die mächtigste Kaiserin die Herrschaft nicht nur über Deutschland und Europa, sondern über den ganzen Erdkreis erstrebend, stolz auf den Rat und die Hilfe ihrer Begleiterinnen Seditio und Corruptio Scripturae. Im vierten Akt endlich sprechen der Orator christianus und Luderus über den gegenwärtigen Zustand, und da sie nicht eins werden, so wird ein Schiedsrichter in der Person des Philochristus ernannt. Dieser hört beide Parteien an und verurteilt schließlich den wegen tausenderlei Verbrechen angeklagten und überführten Luderus zum Feuertode.

Dem Reformator war diese neuste papistische Schmähung bekannt geworden; aber er fühlte sich nicht veranlaßt, auf dieselbe irgend etwas zu erwidern. Er schrieb dem Kurfürsten Johann (16. April 1531): 'Wiewohl aus Herzog Georgen Landen ist gar viel schändlicher Schrift wider uns ausgangen und ist darnach alles wohlgethan, nämlich des Hasenbergers zu Leipzig, welches auch unsere Feinde anspeien, so gar überaus schändlich ists. Noch gehet er zu Leipzig einher samt seinen Anhängern. Aber das ist die Summa: Was wir reden und thun, das ist unrecht, wenn wir gleich Tote aufweckten; was sie thun, das ist recht, und wenn sie Land und Leute mit unschuldigem Blute ersäufeten; und solche Leute soll man dazu mit Baumwollen angreifen,

hofieren und sprechen: Gnade, Junker, ihr seid so frum und schön'. 1)

Das 'Bockspiel Martini Luthers', das am 25. Juni 1531 auf dem Schlosse zu Rämbach aufgeführt wurde und in demselben Jahre zu Mainz im Druck erschien, ist zwar nicht gegen Luthers Ehe gerichtet, gehört aber zu den satirischen Schriften der Gegner, insofern es dem ausgesprochenen Zwecke nach bestimmt war, die Reformation Luthers zu geißeln. Es soll zeigen, Wie es verkehret alle Ständ,

Christliche Lieb und Fried zertrennt,
Groß Untreu, Tück und arge List,

Kein Treu noch Glaub auf Erd mehr ist;
Das macht alles die fleischlich Lehr,

Damit man nun viel Jahr bisher

Viel fromme Herzen hat verkehrt,

Dadurch die Gewissen sind beschwert.

Bock war ein Kartenspiel; das Ganze ist in der Art der alten Fastnachtspiele eingerichtet; ohne Aufzüge und Auftritte; jede der redenden Personen tritt nur einmal auf. Zuerst erscheint Luther er erklärt, er habe Gewalt in Deutschland, alle Pfarrstellen habe; er zu besezen, die Fürsten und Reichsstädte folgten seinem Rate, er sei der Papst in Deutschland, aber er werde auch sterben. Dr. Johann Cochläus erinnert darauf an Luthers Streit mit Herzog Georg von Sachsen und dem König von England, Luther schneide allen Leuten Glimpf und Ehre ab. D. Johann Ed meint, Luthers Lästerbücher enthielten nichts als Schande Luther habe im Bauernkriege befohlen, alle Bürger zu erwürgen;; der Kaiser solle doch Einigkeit schaffen. D. Johann Faber meint, Luther widerspreche sich in seinen Schriften so oft. Der verlaufene Mönch und die verlaufene Nonne wollen in ihr Kloster zurückkehren; der verlaufene Pfaff rühmt sich vor seiner Bekehrung durch Luther ein großer Herr gewesen zu sein. Der Edelmann warnt vor dem Diebe Luther, der Kaufmann klagt über Finanz, Mangel an Treue und Glauben, über Teurung; das

Hat alles der Luther zugericht,

Daß er die fleischlich Freiheit lehrt,
Damit er manchen Mann verkehrt.

1) De W. 4, 241.

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