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die Eck auf seine Kosten in Augsburg nachdrucken ließ.1) Damit würde der erste Akt schließen.

Der zweite Akt verseßt uns nach Leipzig. Canidia hat ihre Reise durch die Luft nicht auf der sonst üblichen Ofen - oder Heugabel gemacht, sondern hat sich, da sie ja einen Arzt mitbringen soll, eines alten philosophischen, aber noch kräftigen Bockes (Anspielung auf Hieronymus Emser)2) bedient und ist nun in Leipzig angekommen. Ihren Bock läßt sie, damit sie nicht wegen Keßerei inquiriert wird, vor der Stadt im Rosengarten zurück und sucht dann zu Fuß Rubeus auf, dessen Wohnung sie nach einer schwierigen Angabe der Wächter der Stadt findet. Rubeus entdeckt voller Freude die Handschrift seines gelehrten und unbesiegbaren Freundes 'Keck' und läßt Canidia warten, während er sich zu den heiligen Vätern begeben wolle, die eben versammelt seien, um über den Handel Luthers in Beratung zu treten; denn der Bischof von Brandenburg hat einen Chirurgen nach Leipzig geschickt, der Luther so zu Asche bringen soll, wie er selbst jenen Feuerbrand, den er einst in der Hand haltend in das Feuer warf. Luther hatte am 3. Oktober 1519 an Staupit von dem Hasse des Bischofs von Brandenburg gegen ihn geschrieben; er habe geäußert, er werde das Haupt nicht ruhig niederlegen, wenn er nicht zuvor den Martinus in das Feuer werfe, wie den Feuerbrand selbst, den er ebenfalls in das Feuer warf. 'Aber so bläst Ecks Eitelkeit dieses elende Geschwür auf.'3)

Canidia freut sich, daß Luther in ihren Händen sei. O wenn es wahr wäre, sagt Rubeus; aber da er nicht da ist und sie ihn auf offenem Wege mit List oder Betrug nicht fangen können, so beraten sie darüber, wie sie ihn heimlich aus dem Wege schaffen können, etwa mit Gift. Als sich Canidia darüber wundert, daß auch die Theologen ihre Hand mit Gift bewaffnen und ein Mittel gebrauchen, dessen sich doch nur Hexen und Zauberer bedienen, erwidert ihr Rubeus, daß er allerdings Gift meine, oder wenn sie lieber wolle, das Gift, womit man die Pfeile zu

) De W. 1, 336. 375. Luther nennt ihn longipillus (Wortspiel mit Longopolitanus) 1, 346 und bezeichnet ihn geradezu als Esel 1, 352. 2) Er führte in seinem Wappen einen Bock.

3) De W. 1, 242.

bestreichen pflege, und citiert das Vergilische: List oder Tapferkeit, wer fragt danach beim Feinde? Nun erscheint Rubeus in der Versammlung der Mitglieder der theologischen Fakultät und der Magister mit Ecs Briefe, der vom Rektor verlesen wird. Ect bezeichnet sich in demselben in prahlerischer Weise als den Vorkämpfer der römischen Kirche und hofft für seine erfolgreichen Bemühungen mit dem Kardinalshute geschmückt zu werden. 'Lebt wohl, ihr tapfern Mitstreiter und erbitterten Feinde des Luthertums', so schließt der Brief, 'und versäumet nicht eurem Freunde die erbetene Hilfe zu leisten'. Man beschließt, diese Hilfe zu leisten und einen Arzt zu entsenden, der alle Sorgfalt anwenden soll, damit der so große Glanz des christlichen Staates nicht erlösche. Der wegen des lutherischen Handels in Leipzig anwesende, einem Henkersknecht gleichende Chirurg ist bereit, in Gemeinschaft mit Rubeus zu Eck zu gehen. Sie begeben sich zu Canidia, welche bisjezt mit ihrem Gespann gewartet hat. Rubeus weigert sich zuerst den stinkenden Bock zu besteigen, der wohl der Emsersche Bock sei. Nein', sagt die Here, ‘aber ein Vetter von ihm'. Sie besezt nun den Kopf, Rubeus die Mitte, der Chirurg hängt sich an den Schwanz. Vor dem Aufbruch ruft die Here: 'Suregnut, Tartschcoh, Nerokreffefp' (die umgekehrten Namen der Hauptgegner der Humanisten: Tungerus, d. i. Arnold oon Tungern, Hoogstraten und Pfefferkorn). 'Auf diesen Ruf kommen die Furien samt der ganzen Hölle und stacheln meinen Bock', sagt Canidia auf die Frage ihrer Begleiter, was der Ruf bedeute. Die Reise geht über Koburg, Bamberg, Nürnberg nach Ingolstadt.

In Ingolstadt spielt der dritte Akt. Ecks Diener kündet die Ankunft der beiden Leipziger an. Rubeus und Eck begrüßen sich auf das freundschaftlichste. Der Arzt wird vorgestellt, aber Eck wundert sich, daß er nicht goldene, sondern nur silberne Ringe und Ketten trage. Auf die Frage, ob er schon viele kuriert habe, erwidert der Chirurg: Mehr als zehntausend; von diesen sei ein großer Teil so geheilt, daß sie niemals wieder erkrankt seien. Er habe je nach der Krankheit verschiedene Mittel angewandt: Feuer, Eisen, Rad, Strick; damit habe er mehr als fünfhundert Menschen von der unheilbaren Seuche befreit. Einige

'Das

Aber ich wußte nicht, daß der

habe er, wenn auch nicht ganz, so doch für einige Zeit wiederhergestellt, denn was unheilbar war, habe er entfernt; einigen habe er die Zunge beschnitten, anderen die Augen ausgerissen, einigen auch die Haut mit Ruten geschlagen. Als dann der Chirurg nach den Ursachen seiner Erkrankung fragt, führt Eck als solche die Strapazen jener Reisen an, die er für den christlichen Glauben unternommen habe: als eifriger Vorkämpfer des Glaubens habe er sich weder durch die Länge des Weges, noch durch den Kriegslärm, noch durch die Pest abhalten lassen über die Alpen zu ziehen und habe in Bologna unter allgemeiner Bewunderung seine Ansicht verteidigt. ‘Handelte es sich da auch um den Glauben?' Ja freilich, sagt Eck, denn ich zeigte, daß es den Reichen erlaubt sei den Wucher zu treiben, den Armen aber nicht so, doch alles nur unter gewissen Bedingungen. war vielleicht nicht so natürlich. Wucher zum Glauben gehört.' Wie ich sehe, sagt Eck, bist Du nicht in Rom gewesen. Dann, fährt er fort, sei er nach Wien gegangen und habe dort ein ausgezeichnetes Zeugnis seines Talentes und seiner Gelehrsamkeit hinterlassen; denn er habe alle durch sein Schreien überwunden und gezeigt, daß alle Wiener unwissend seien (Eck gab seine Wiener Disputation mit einem Briefe an den Bischof von Eichstätt 1517 heraus). Jüngst nun habe er, um diesem Triumph einen neuen hinzuzufügen, dem Rufe der Leipziger folgend, Luther und Karlstadt glänzend besiegt. Aber infolge des anhaltenden Schreiens und der übergroßen körperlichen Anstrengung habe er sich mehr als billig erhißt, und bei dem Versuche, diesen Brand mit sächsischem Bier zu löschen, sei er erkrankt. Früher habe er immer Wein getrunken und alle Kneipen besucht, aber nicht nur diese, sondern auch Bordelle und andere Orte, und es habe ihm nichts geschadet. Nach diesem Berit über die Entstehung der Krankheit untersucht der Chirurg den Urin und den Puls des Patienten und findet den Zustand sehr bedenklich und das von ihm anzuwendende Heilverfahren äußerst gefahrvoll; er müsse ihn brennen, die Krankheit size zu tief, im Herzen und unter der Haut. Anfangs trägt Ec Bedenken, sich der Kur zu unterwerfen, aber als die Freunde ihm dazu raten, willigt er ein. Zuvor läßt man noch einen

Beichtvater kommen, dem er seine Sünden beichten soll; das Beichten sei ja eine leichte Sache und es stände einem jedem frei zu sagen, was er wolle und was er nicht wolle. Der Beichtvater kommt und Eck beginnt: 'Ich Johann Eck, Magister der freien Künste und Doktor der heiligen Theologie, wiewohl unwürdig, wahrer und nicht erdichteter Domherr von Eichstätt, wie jemand faselt, Cancellarius 2c., Ordinarius 2c., Doktor des kanonischen Rechts, im bürgerlichen Rechte sehr erfahren, Triumphator in Italien, Desterreich und Sachsen und immer' - 'Ein eitler Narr', unterbricht ihn der Beichtvater; 'heißt das seine Sünden beichten? Das heißt ja prahlen und nicht beichten'. - 'Was soll ich denn beichten? Sünden, Laster?' — 'Allerdings. Deine Trunksucht, Wollust, Neid, Zorn. Sage mir nur, was dich so gegen Luther aufgebracht hat.' Eck erwidert, zuerst hätten ihn die Versprechungen der Dominikaner, dann die der Leipziger verlockt. Jene hätten es mit Luther allein nicht aufnehmen können und ihn zu ihrem Vikar bestimmt; diese hätte der Neid getrieben. Sodann habe ihn Ruhmsucht dazu bestimmt und die Aussicht auf den Kardinalshut, den er durch die Protektion des Papstes zu erlangen hoffe. Außerdem wäre es ihm unerträglich erschienen, daß man so günstig über Luther spreche, während ihn selbst niemand lobe. Nur Schmähungen und Kunstgriffe hätten die Kölner mit ihrem Anhang berühmt gemacht, und nur sehr wenige wären bekannt geworden, wenn sie nicht so stark gegen Reuchlin gewütet hätten. Auch dem Erasmus habe er neulich seine Irrtümer unter dem Scheine des Wohlwollens aufgedeckt (Eck schrieb an Erasmus 2. Februar 1518); er könne auch Reuchlin in vielen Punkten widerlegen, aber zuvor müsse er den Kampf mit Luther beenden, dann werde er gegen Ulrich Zasius seinen Angriff richten; er fürchte niemand, da er alle an Gelehrsamkeit und Klugheit übertreffe, und am allerwenigsten fürchte er die 'ungelehrten Domherrn'. Auf die Frage des Beichtvaters, ob er alles für wahr halte, was er verteidige, und ob er so denke, wie er schreibe und rede, erwidert Eck: 'Wer sollte so thöricht sein, daß er nicht im Herzen mit Luther übereinstimme, wenn er sich auch anders zeige? Wir müssen auf die Verstellung und auf die Dummheit des Volkes rechnen; wo bliebe denn unser Formen- und Ceremonienwesen,

wenn wir die Religion zur Sache des Herzens machen wollten? Jeht wagen sogar Laien und Ungelehrte mit ihren Schriften uns zu bekämpfen. Neulich ist in Nürnberg eine Schrift erschienen, welche Martins Lob in deutscher Zunge rühmt, und als ich dieselbe in Ingolstadt dem Feuertode opfern wollte, ließen mich meine ruchlosen Kollegen im Stich, ein Umstand, der meine Krankheit verschlimmert hat' (es ist Lazarus Spenglers Schußrede für Luther gemeint). Das sei auch recht, sagt der Beichtvater; es sei besser, offen aufzutreten, als versteckt; mit den Lügen und Kabalen, wie er und seine Freunde sie bisjeßt geübt, würden sie nicht mehr bestehen können; das gemeine Volk sei schon gescheit geworden und durchschaue sie. Eck hält denBeichtvater für einen verkappten Lutheraner und ist für die Veröffentlichung seiner Geheimnisse durch ihn besorgt; aber jener entgegnet, er sei weder Lutheraner noch Eckianer, sondern ein Christ, er werde Verschweigenswertes niemals enthüllen; die Wahrheit könne wohl für einige Zeit zurückgehalten, aber niemals unterdrückt werden, vielmehr trete sie durch eigne Kraft endlich doch ans Licht. Zuleht macht der Chirurg dem Gespräche, das ihm zu lange dauert, ein Ende, indem er auseinanderseßt, zu welchem Zwecke er gekommen sei. Eck nimmt aber keine Absolution an, weil er sich selbst absolvieren könne.

Der vierte Akt, der die Kur des Patienten schildert, erinnert lebhaft an Hans Sachs' Narrenschneiden und an die Depositionsgebräuche der Studenten. Sieben baumstarke Kerle, jeder mit einem derben Prügel versehen, bearbeiten den überall eckigen Eck, der in seiner Angst seinen Namensvetter, den Trierer Official Johann von Eck, zu Hilfe ruft. Aber noch sind zu viel Ecken da und der Patient erhält auf Anweisung des Chirurgen von jedem der sieben noch 25 Schläge. Dann wird er mit Stricken an die vier Pfosten eines Bettes gebunden und es wird ihm von einem Bader das Kopfhaar geschoren. Da entdeckt man unter dem Haar Sophismen, Syllogismen, Propositionen, Korollarien, Porismata und anderes dummes Zeug. Aus dem Ohre zieht man den Chrysopassus (eine Schrift Ecks über die Prädestination, die aus einer vor dem Herzog Wilhelm von Baiern gehaltenen Vorlesung in Augsburg entstanden war und in Nürnberg 1514

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