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Deutschland durchzogen und die der Herzog in seine Dienste nahm. Einige Jahre später errichtete der Landgraf Morig von Hessen, mit welchem Heinrich Julius die Vorliebe für das Theater gemein hatte, eine Bühne an seinem Hofe zu Kassel; auch er schrieb Schauspiele für die Komödianten seiner Bühne; aber sie sind verloren, nur ihre Titel sind erhalten.

Wir haben nun noch einige Susannendramen kurz zu erwähnen. Der Schul- und Kirchendiener zu Münster im St. Gregorienthal Samuel Israel aus Straßburg stellte eine zu Münster am 7. August 1603 aufgeführte Komödie von der frommen, keuschen und gottesfürchtigen Susanna in deutsche Reime, welche 1607 zu Basel im Druck erschien. Ohne Angabe seiner Quelle hat er Frischlin benut, im übrigen aber zeigt er sich in Sprache und Versbau nicht ungeschickt. Auch der uns schon bekannte Domküster zu Cöln an der Spree Georg Pfund trat 1605 mit einer Susanna hervor; ihm folgte 1609 der Prediger und Kanonikus der Stiftskirche zu Wunstorf, Mag. Joachim Leseberg, der in der an das Stift Wunstorf und an die Räte und Gemeinden der Städte Gandersheim, Münden, Gronau, Pattensen, Wunstorf und Elze gerichteten Zuschrift meldet, daß diese Komödie viermal vorgestellt worden sei und er solche auf inständiges Bitten in den Druck zu geben sich entschlossen habe. Die lezte Bearbeitung ist die des Johann Graffenried. Diese Komödie wurde am 3. Juni 1627 von der jungen Bürgerschaft zu Untersee gespielt und ist in einem Baseler Druck von 1684 vorhanden. Sonstige Aufführungen der Susanna durch Schüler oder Bürger waren sehr häufig: 1558 zu Rostock, 1565 in Weimar, 1585 zu Annaberg, 1605 am 7. 11. und 12. Juni in der St. Johanniskirche zu Rostock durch den Mag. Christian Schlot, 1609 auf dem Rathause und eine öffentliche im Garten des Katharinenklosters zu St. Gallen. Felix Platter erzählt zum Jahre 1546 von einer Aufführung der Susanna in Basel, bei welcher die Bühne über dem Brunnen auf dem Fischmarkt erbaut war; 'und Susanna wusch sich aus eben diesem Brunnen'.

Die alttestamentlichen Dramen schließt die Komödie des Georg Pfund von den drei Männern im feurigen Ofen, welche am 15. Juni 1584 auf dem Rathause zu Cöln an der Spree agiert

wurde. Der dazu benußte Stoff hängt mit der Geschichte des Daniel zusammen.

Die neutestamentlichen Stoffe.

Mehr als bei den dem Alten Testamente entnommenen Dramen des Reformationszeitalters läßt sich bei den dem Neuen Testamente entlehnten die Wahrnehmung machen, daß die biblischen Dramen recht eigentlich den Zweck hatten, die Predigt zu unterftüßen und durch eine lebensvolle Darstellung der Thatsachen der heiligen Geschichte auf das anschauende Volk in bewußter Weise einzuwirken. Es läßt sich sogar nachweisen, daß man bestrebt war, an der Hand des Kirchenjahres dem Volke diejenigen neutestamentlichen Evangelien vorzuführen, welche dem ausgesprochenen Zwecke am meisten zu dienen geeignet waren. Troßdem ist die Zahl der neutestamentlichen Dramen erheblich kleiner, da man sich auf die Evangelien und die Apostelgeschichte beschränken mußte.

Das Schicksal des Vorläufers Christi, des Täufers Johannes, der in dem Kerker, in den ihn die Rachsucht der Herodias gebracht hatte, vom Zweifel an der göttlichen Sendung Christi gequält wurde (Evangelium am 3. Advent), gab Anlaß zur Dramatisierung seines Lebens. Da der Ausgang desselben ein trauriger war, so mußte das Drama als Tragödie erscheinen. So schrieb Johannes Krüginger aus Joachimsthal 1545 die Tragödia von Herode und Joanne, dem Tauffer' in fünf Akten, in welcher die Hinrichtung des Johannes auf der Bühne geschieht, indem der Henker ihn seinen Kopf auf die Schwelle der Gefängnisthür legen läßt, wodurch es möglich wird, einen nachgemachten Kopf unterzuschieben. Im fünften Akt, der ganz totentanzmäßig ausgearbeitet ist, endet die ganze Familie des Herodes: die Tochter wird vom Tode erwürgt, Herodes stirbt durch Selbstmord und Herodias wird, während sie an seiner Leiche klagt, vom Tode fortgeführt.1) Der Dichter, dessen Verbindung mit Rebhun wir S. 117 erwähnt haben, machte seine Studien von Ende 1538 an in Wittenberg und seit

1) Scherer in der Allg. Deutschen Biogr. 17, 236.

1541 in Tübingen.') Nach Beendigung seiner Studien wurde er Schulmeister in Crimmitschau und 1555 Diafonus in Marienberg bei Chemniz. Bemerkenswert ist in der Vorrede zu diesem Spiel eine Aeußerung des Verfassers über das Verhältnis des antiken zum neuen Drama: 'Man hält groß und tapfer der alten Comicorum Geticht, wie denn auch wahr ist, in weltlichen Sachen Greckischer und Lateinischer Sprache, welche doch nur den Menschen äußerlich im Leben und Sitten informieren; aber solche Spiele, die die Seele speisen und bekräftigen, in welchen sich der Mensch wie in einem klaren, hellen, lautern Spiegel innerlich besichtigt, wollen wir verwerfen? Ei, wie feine Christen sein wir! Das heißt den Glauben und das Evangelium gefördert!' Und ähnlich spricht er von dem Zwecke des geistlichen Spieles in der Vorrede zu seiner zweiten Komödie: 'Wenn ein Christenmensch solch Spiegel klärlich vor Augen sicht [sieht] handeln und gleichwie ein hübsch Gemälde mit allen seinen Farben ausgestrichen vor ihm sicht, so ist nicht müglich, es muß ihn bewegen und zu Herzen gehn.'

Der Dortmunder Presbyter Jakob Schöpper verfaßte 1544 sein erstes Drama Decollatio Iohannis; er veröffentlichte es 1546 und bemerkte, er habe den religiösen Stoff deshalb gewählt, damit auch die Dortmunder Jugend einen neuen Stoff habe, durch dessen Aufführung sie sich ergöße, zugleich aber auch sich für die künftigen Aufgaben des Lebens, besonders aber für den künftigen Beruf vorbereiten möge. Eine nochmalige Aufführung fand am 5. Februar 1581 statt. Krügingers Drama stattete der Schulmeister Daniel Walther zu Vacha im Weimarischen 1559 mit einem neuen Prolog und Epilog aus und ließ es in seinem Wohnort spielen. In Solothurn verfaßte der Propst Johann Al aus Bremgarten, den der Magistrat 1538 zum Prädikanten der Stiftskirche St. Ursen berufen hatte, ein Spiel von Johannes dem Täufer, das am 21. Juli 1549 von der Bürgerschaft zu Solothurn und am 25. und 26. Mai 1573 von der Bürgerschaft zu Colmar gespielt wurde. Die zweite Aufführung erfolgte nach einem von dem lateinischen Schulmeister Andreas Meyenbrunn zu Colmar ver

1) Album 173. Urkunden zur Gesch. der Univ. Tübingen S. 683, wo Hallensis in Vallensis zu ändern ist.

anstalteten Drucke (Straßb. 1575), in welchem er sich als Verfasser bezeichnet. Hans Sachs' Tragödie von der Enthauptung Johannis fällt in das Jahr 1550. Im Gefängnisse zu Salzburg dichtete 1553 der wegen seines Uebertritts zum evangelischen Glauben verfolgte Simon Gerengel, Pfarrer zu Aspang, die Tragödie von Johannes dem Täufer. Das lateinische Drama des Georg Buchanan Baptistes sive Calumnia (1577) überseßte der bekannte Psalmendichter Ambrosius Lobwasser aus Schneeberg 1583, zwei Jahre vor seinem Tode, nachdem er seine Aemter- er war Professor der Rechte und Hofgerichtsassessor in Königsberg wegen Altersschwäche aufgegeben hatte. Die Verfolgungen, welche die Bekenner des Evangeliums zu erdulden hatten, veranlaßten 1588 den Pfarrer Johann Sander zu Adenstedt im Amtsgericht Peine das Leben des Johannes des Täufers zu dramatisieren. Er wollte darin 'aller stende verruckung, verkerunge und unordnunge, so in dieser lezten zeit der Sathan gewaltiglich anrichtet, abmalen und für augen stellen.' Auch die ruchlosen Weltkinder sollten vor Sünde, Untugend und Mißbrauch ihres Standes und Amtes gewarnt und zu wahrer Buße, christlichen Tugenden und rechtmäßiger Führung ihres Berufes und Amtes vermahnet und gereizet werden. 'Herr Fastus', sagt der Verfasser in der Uebersicht über die 52 Personen des Spieles, 'ist das Bild eines unbeständigen Wendheikens [Manteldrehers], Herodes repräsentiert einen heuchlischen Tyrannen, Herodias ein unzüchtig gottlos Weib, Johann von Gaza und Jost von Emahus einen gottseligen frommen Adel, Golret von Vitrimund und Simon von Thatwalde einen gottlosen epikurischen Adel, Centurio einen fürstlichen Hofrat und so fortan.'

Wie sich die Hauptfeste der Kirche an die Geburt Christi, sein Leiden, seine Auferstehung und Himmelfahrt anschlossen, so entnahmen auch die Mysterien des Mittelalters ihren Stoff dem Leben des Erlösers. In einer unabsehbaren Masse sind uns die Weihnachtspiele überliefert.1) Auch das Reformationszeitalter schuf eine Reihe von Weihnachtspielen; war doch nichts natürlicher, als daß dem evangelischen Volke die große That, mit der der Heilsplan Gottes in die Erscheinung getreten ist, in einem Drama

1) Scherer, Geschichte der deutschen Litteratur S. 740. Bolte in den Märkischen Forschungen 18, 211.

zur Anschauung gebracht wurde. Wollte man zugleich die Jugend, die in der Weihnachts- und Neujahrszeit im Orte von Haus zu Haus zu gehen pflegte, von dem Hersagen der üblichen Gespräche von Maria und Joseph, von den Weisen aus dem Morgenlande zurückhalten, die entweder ihre eigene Erfindung waren oder aus alten papistischen Liedern von den heil. Dreikönigen stammten (wobei nicht selten, wie Johannes Cuno in der Vorrede zu seinem Weihnachtspiele sagt, entweder Leichtfertigkeit oder doch papistische Weise mit untermischt war), so lag nichts näher, als neben die Weihnachtspredigt auch ein Weihnachtspiel zu stellen. Es konnte nicht fehlen, daß dabei auch die Episode von dem durch den König Herodes veranlaßten bethlehemitischen Kindermord eine selbständige Behandlung erfuhr, wie bei Sixt Bird im Herodes sive Innocentes (1538) und bei Hieronymus Ziegler im Infanticidium (1555), dessen Drama von Wolfgang Herman (Kyriander) aus Dettingen, einem Konvertiten, der nach Einführung der Reformation in seiner Vaterstadt mit Weib und Kind nach München auswanderte, 1557 überseßt wurde. Herman nennt sich in der Widmung einen 'Liebhaber unserer uralten wahren katholischen Religion.' Lateinische Dramen verfaßten noch Georg Calaminus (Messias in praesepi 1576, S. 59), Martin Balticus (Christogonia 1589; er sagt, das neue Evangelium Luthers sei der wiedererstandene Christus), Georgius Pontanus (Primitiae sacrae poeseos 1589) und Heinrich Hirzwig (Iesulus 1613). Der jugendliche Rektor des Cölnischen Gymnasiums in Berlin Heinrich Chnustin (Knaust) - er war 1524 in Hamburg geboren — ließ bald. nach Antritt seines Amtes 'am negst verschienen Epiphanie Domini' 1541 ein sehr schönes und nüzliches Spiel von der lieblichen Geburt unseres Herrn Jesu'1) durch seine Schüler aufführen. Wenn wir bedenken, daß der Kurfürst Joachim II. von Brandenburg eben erst die Reformation eingeführt hatte aus Furcht vor seinem Schwiegervater, dem Herzog Georg von Sachsen, hatte er mit der Einführung so lange gezögert, aber nach dessen Tode (17. April 1539) säumte er nicht länger und am 31. Oktober 1539 empfing er im Dome zu Cöln an der Spree

1) Neudruck von G. Friedländer. Berlin 1862.

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