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Die Susanna zu bezwingen,
Es wollt ihnen doch nicht gelingen.
Dieser Garten ist gar schön,

Von Kreutern und viel Beumen grün,
Welchen so euch zu sehen gelüft,

Gar scharfe Brillen ihr haben müst.

In Frischlins Susanna findet sich zur Gartenscene folgende Bühnenanweisung: 'Wann man diese Komödie spielen und halten will, muß man mitten auf dem Plage ein Gärtlein machen, mit Matten, Gras und eim schön Röhrbrünnlein gemacht, also daß es zwo Thüren habe und dieser ganze Aktus darinnen verrichtet werden soll, daß die Leut dennoch alles hören und sehen mögen'.

Einen ziemlich sicheren Beweis für die Entstehung der Susanna von 1535 in Magdeburg finden wir in der Erwähnung des Ortes Brumby, womit nur eins der beiden zum Magdeburgischen Gebiet gehörigen Dörfer gemeint sein kann.

Balach, ir sagts als gleich heraus,
Samt sind ir Herr in eurem Haus,
So doch bei euch Doctor Sieman
Die Herberg hat lassen bestan;
Wollt ir den Speck zu Brombey holen,
War euch doch nu etn Aug geschwollen,
Da ir spracht, ir hett euch gestoßen,

Es geschicht mir oft solcher moßen.

Es ist sogar die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß hier auf einen bestimmten Fall angespielt wird. Mindestens bleibt der Ort Brombey für Nürnberg schwer zu erklären. Im übrigen schließt sich, dem Zweck des Schuldramas entsprechend, die Darstellung eng an den Gang der biblischen Geschichte an. Das Stück ist in vier Akte zerlegt, von denen der letzte die Verurteilung und die Rettung der Susanna zugleich enthält. Nach der Verurteilung fleht Susanna in ihrer Unschuld zu Gott und bittet um die Erlaubnis, ehe sie ihren leßten Weg antritt, zum Volke reden zu dürfen; sie wendet sich hierbei besonders an die Frauen und schließt:

Demnach ich hie bitte all,

Wolt Gott für allen Dingen lieben,
In seinem Wort euch fleißig üben,
Der euch für Leid wol schüßen kan. `

Zulegt bittet sie alle um Vergebung. Die beiden letzten Scenen enthalten Daniels Erklärung und die Rettung der unschuldig verurteilten Susanna. Tie beiden Alten werden zur Strafe für ihre Verleumdung in das Gefängnis abgeführt. Susanna aber dankt Gott für ihre Rettung:

Ja warlich, mein Gott, dank ich dir,

Der du dich heut so gnädig an mir
Hast beweist dein Barmherzigkeit
Und mich errett zu allerzeit
Aus den Händen meiner Feind,
Die nu durch dich geschlagen seind.
Also, Herr, sols allen gehen,

Die mit falscher Verklagung stehn

Wider gottfürchtig erbare Frauen,

Welche dir von ganzem Herzen trauen.

Der Epilog enthält einen kurzen Hinweis auf die Gefahr, welche frommen Frauen droht, zugleich aber auf ihre Rettung durch Gott.

Dabei ir nu ganz wol verstet,

Was Mühe es kost bei fromen Weibern,
Die da wölln bei Ehren bleiben,
Nemlich das sie gottfürchtig sein,
Gott lieben, sich im zieren allein;
Zum andern, daß auch unser Gott
Die seinen gar aus aller Not
Gnediglich erretten thut

Und alzeit rechent unschuldig Blut,
Ja ehe er die seinen verlies,

Ehe er ein jung Kind reden lies.

Ein Jahr nach der Magdeburger Susanna erschien Paul Rebhuns Susanna,1) eins der besten Dramen des sechzehnten Jahrhunderts, das seine Entstehung der unmittelbaren Anregung Luthers verdankt. Paul Rebhun war der Sohn eines Rotgerbers Hans Rebhun zu Weidhofen an der Ybß in Desterreich, ein Bruder des Pfarrers Johann Rebhun in Eichigt bei Delsnig, der, daselbst seit 1545 Pfarrer, 1584 verstarb und dem in diesem Amte Sohn, Enkel, Urenkel u. s. w. bis zum Jahre 1752_in_un

1) Neudruck von Palm, Stuttgart. Litterar. Verein Nr. 49, und von Titt: mann, Schauspiele aus dem 16. Jahrh. 1, 25–106.

Holstein, Die Reformation.

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unterbrochener Reihe folgten.1) Mit Bestimmtheit wird behauptet, daß er seine Studien in Wittenberg gemacht, in Luthers Hause gelebt und Melanchthon nahe gestanden habe, obwohl weder das Wittenberger Album noch Luthers Tischgespräche dies bestätigen. Von Wittenberg kam Rebhun zuerst als Schulmeister nach Kahla; von hier wurde er 1531 als Tertius an das Ratsgymnasium zu Zwickau berufen. 1535 erfolgte seine Beförderung zum Konrektor. Nach drei Jahren übernahm er das Amt des Schulmeisters (Rektors) zu Plauen, aber schon nach wenigen Wochen trat er das ihm übertragene evangelische Pfarramt daselbst an; er verwaltete dasselbe bis 1542, wo er auf Luthers Empfehlung Pfarrer zu Delsnit im Voigtlande wurde, mit welcher Stelle gleichzeitig die Superintendentur des Amtsbezirkes Voigtsberg verbunden war. Wegen der Elevation des Sakramentes, die Nikolaus von Amsdorf in seinem Amtssprengel verboten hatte, wandte sich Rebhun an den kurfürstlichen Sekretär und Kanzler Gregor Brück, dem Luther auf seine Anfrage am 6. Januar 1543 antwortete.2) Melanchthon rühmt in einem Briefe an ihn seine Frömmigkeit und Gelehrsamkeit und sagt am Schlusse: 'Ich bitte dich dringend, dich überzeugt zu halten, daß du von mir wahrhaft geliebt wirst.” Rebhun starb in demselben Jahre, in welchem Luther aus der Welt ging, einige Monate nach ihm. Als er auf seinem Sterbebette lag, ließ er den Rat der Stadt Delsnig zu sich kommen und ermahnte ihn zur Festigkeit im Glauben und zur Standhaftigkeit im Leiden, wenn die drohenden Gefahren und die Anfechtungen um des Evangeliums willen einbrechen sollten.

Rebhun verdient nicht nur wegen seiner dramatischen Leistungen mit Auszeichnung genannt zu werden, sondern auch des halb, weil er eine auf Luthers deutsche Werke gestüßte deutsche Grammatik herauszugeben beabsichtigte. Zuerst spricht er von seinem Vorhaben in einem Brief an Stephan Roth in Zwickau (7. April 1543).3) Sein 'ungewöhnliches Wagnis' (insolitum

1) (Schwindel) Thesaurus biblioth. 4, 162. Goedeke Gött. gel. Anz. 1880, 651.

2) De W. 5, 528. 6, 482.

3) Porro tuam prudentiam latere nolo, me instituisse, non solum de rhythmis condendis praeceptiones edere, sed totam germanicam lin

conatum) gedachte er dem Rate zu Nürnberg oder Zwickau zu widmen. Noch ausführlicher spricht er in der Vorrede zu der zweiten Ausgabe seiner Susanna (1544) von seinem Werke: 'Von sölchem werde ich genugsamen Bescheid geben in der Grammatica, welche ich auf die deutsche Sprach, wie diese durch gewisse Regel in rechte Art und analogiam gefasset und auch darin müg gehalten werden, hab gestellet, aber noch nicht vollendet, zum teil aus großer Verhinderung meiner anderen nötigen Amtsgeschäfte, zum teil daß ich noch mit mir in Zweifel stehe, ob unsere Deutschen dies Werk werden zu Dank annehmen und zu Besserung der Sprach, auch zur Erhaltung des feinen artigen und hochberedten der deutschen Zungen, unseres lieben Vaters Doktor Martin Lutheri ausgelassener deutscher Schriften (dahin diese Grammatica fürnemlich gerichtet) werden gutwillig ge= brauchen wollen.'

Leider ist Rebhuns Arbeit nicht zum Druck befördert; er würde durch sie den Ruhm erlangt haben, als Vater der deutschen Grammatik genannt zu werden. Sein 'geistliches Spiel von der gottfürchtigen und keuschen Frawen Susannen' erschien, nachdem eine von ihm geleitete Aufführung durch Bürger von Kahla am Sonntag Invocavit 1535 stattgefunden hatte, mit einer Widmung an Stephan Reich zu Kahla, seinen ‘besonderen guten Gönner und Freund', 1536 zu Zwickau im Druck. Schon im folgenden Jahre erschien ein Nachdruck in Wittenberg und 1544 eine zweite von Rebhun selbst besorgte, 'aufs neue gemehrte und gebesserte' Ausgabe, die er dem Rate zu Delsnig widmete. In dieser neuen Gestalt wurde das Spiel zu Delsniß durch einige Bürger vor Rat und Gemeinde öffentlich aufs bescheidenst und bequemist agieret.' Auch 1537 während seines Schulamtes in Zwickau war die Susanna daselbst aufgeführt worden und hatte großen Beifall errungen; denn das Ratsprotokoll erwähnt eine besondere Spende des Rats von drei Gulden an den Verfasser. Zu gleicher Zeit brachte der Rektor der Ratsschule Petrus Plateanus einen Dialog des Lucian mit den Schülern zur Darstellung, wofür derselbe guam grammaticis regulis inclusam, sed regulis latino sermone pro litteratis tantum hominibus conscriptam in publicum emittere.' Weller a. a. D. 1, 737.

vier Gulden erhielt. In Frankfurt a. M. brachte 1545 Mathis Reuter, 'teutscher Schulmeister', mit den größeren Schülern und den Zünften auf dem Römerberge die Rebhunsche Susanna zur Aufführung. Der Rat lieh nicht nur die Balken und Dielen zur Bühne unentgeltlich, sondern gab auch noch eine Geldspende zur Verehrung, die sicherlich noch größer ausgefallen wäre, wenn nicht der Komtur des deutschen Ordens in Sachsenhausen, der der Vorstellung beigewohnt hatte, den Spielern vorher schon zwei Thaler und vier Flaschen Wein zur Belohnung geschenkt hätte.') Ferner berichtet eine alte handschriftliche Bemerkung auf dem der königlichen Bibliothek zu Berlin gehörigen Exemplare des Wittenberger Nachdrucks von zwei Aufführungen zu Münnerstedt in Baiern, und zwar 1549 auf Sonntags-Fastnacht auf dem Rathause durch Friedrich Faber und Andreas Oestreicher, Schulmeister und Kantor daselbst, und im Juni 1589 auf dem Markte durch Johann Poppe.

Paul Rebhun wurde für die dramatische Technik dadurch bedeutungsvoll, daß er nach dem Vorgang des antiken Dramas die Handlung in einzelne Momente zerlegend auf Akte verteilte, denen er einen Chorgesang in lyrischen Strophen folgen ließ, wie dies bereits Kolroß und Birck versucht hatten; ferner bemühte er sich antike Versmaße in den Dialog einzuführen, indem er sich nicht mit dem jambischen und trochäischen Verse begnügte, sondern, diesen um einige betonte Silben verlängernd, bis zum elf- und zwölffilbigen Verse sich verstieg. Als diese 'schulmeisterliche Grille' nicht den gewünschten Beifall fand und seine Susanna in 'einem Wormser Nachdruck (1538) in lauter achtsilbige Verse, allerdings unter argen Verdrehungen und Verrenkungen, umgeschrieben erschien, suchte er in der zweiten Ausgabe durch die Beifügung der Metra seine Zeitgenossen zu belehren und hob noch besonders hervor, daß ihm seine Reime nicht in einem Traume entfahren seien, sondern daß er sie mit gutem Bedacht und aus gewissen Ursachen gestellet habe. Einige Dramatiker haben nun seine Neuerung, mit welcher er nach dem Vorbilde der antiken.

1) E. Menzel, Geschichte der Schauspielkunft zu Frankurt a. M. Franks. a. M. 1882. S. 12.

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