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Jakob Friedrich (von) Bielfeld (1717 1770), Diplomat, Curator sämmtlicher Preußischer Hochschulen, wegen seiner »Institutions politiques<< (1760, 1767; übersetzt ins Deutsche, Italienische, Russische), worin nach Kaltenborn's Urtheil, „die Doctrin des Völkerrechts zur geistreichen politischen Reflexion verflacht ist"; die Materie des Völkerrechts ist im 2. Bande ziemlich vollständig, übersichtlich und klar“ abgehandelt, „zugleich mit rein staatsrechtlichen Materien" und großer Rücksichtsnahme auf die Praxis. 7)

Als Wolffianer, obschon durchaus nicht klar, kann gelten Vicomte Charles François Lefèvre de la Maillardière, der sich capitaine de cavalerie, königlicher Statthalter in Vermandois und Thiérache, Mitglied verschiedener gelehrter Gesellschaften nennt, von Ompteda aber bezeichnet wird als ein armer Edelmann, der in Paris vom Bücherschreiben lebt“ und der um 1804 gestorben sein soll; er gab zu Paris 1775, als ersten Theil einer »Bibliothèque politique à l'usage des sujets destinés aux négociations«, ein Bändchen »Précis du droit des gens, de la guerre, de la paix, et des ambassades« heraus. Das Buch ist dem Könige gewidmet. In der Vorrede heißt es: Grotius, de Vattel, Barbeyrac, Pufendorf, Selder (sic), Burlémaqui (sic), Wolff, Thomassius (sic), Vicquefort (sic), de Réal, Bynkerthock (sic), Willemberg (sic), sont les sources où j'ai puisé pour cette composition. Das Buch ist ziemlich hübsch geschrieben, mit eigenthümlicher Orthographie; Moser charakterisirt es dahin, es sei theoretisch und praktisch, aber sehr kurz, und enthalte die wenigsten zu dem Umfange des Völkerrechts gehörigen Materien. Es enthält elf Kapitel: Du droit des gens en général; De l'établissement d'une Nation dans un pays; Des droits qui restent aux autres Nations après l'introduction du Domaine, et de leur devoir à ce sujet; Des devoirs imparfaits entre les Nations; Des devoirs parfaits entre les Nations; Des devoirs parfaits des Nations, fondés sur des traités; De la manière de terminer les différends entre les Nations, sans en venir à des voies de fait; Des différentes manières usitées entre les nations de se faire justice avant que d'en venir aux armes; De la guerre; Des différentes manières de suspendre ou de terminer les hostilités; Des ambassades. 8)

Einer der letzten Vertreter der philosophischen Richtung in Frankreich und zugleich der vorzüglichste ist Joseph Mathias Gérard de Rayneval, geboren 1736, gestorben 1812; ein tüchtiger Diplomat der alten Schule, lange Jahre erster Commis im Ministerium des Auswärtigen, dann Gesandter beim Amerikanischen Congreß und in London. Seine »Institutions du droit de la nature et des gens«, Paris 1803, wurden 1832 durch seinen Sohn, Graf Gérard de Rayneval, Gesandter in Madrid, gestorben 1836, neu aufgelegt, was nach Mohl's Ansicht mehr die Pietät des Sohnes, als ein positives Bedürfniß", veranlaßt haben mag; auch ist das Buch ins Spanische übersetzt worden. 9)

Ein Dänisches Elementarhandbuch soll auch hierher gehören: »Folke Rets förste Grunde vom Kopenhagener Profeffor Lauriz Nörregard, 1776.

In Italien scheint, nach dem Zeugnisse von Pierantoni, die Wolffsche Richtung wenig Anklang gefunden zu haben. Zwei Werke mögen indessen hier genannt werden: die »Juris publici universi sive juris naturae et gentium theoremata« des berühmten Lampredi (1732-1793), Pisa 17761778, 2. Auflage 1782, und Gian Francesco Finetti's »De principiis juris naturae et gentium adversus Hobbesium, Pufendorfium, Thomasium, Wolfium et alios«, Venedig 1765, Neapel 1780. Beide werden von Kaltenborn angeführt unter den sich an an Wolff anschließenden Werken mit einer Art von Polemik 10) gegen die gemeine natur- und völkerrechtliche Ansicht.“

Endlich kann ein Spanisches Werk hier noch erwähnt werden, von Don Joseph de Olmeda y Leon: »Elementos del Derecho publico de la paz y de la guerre, illustrados con noticias historicas, leyes y doctrinas del Derecho Español.« (Madrid 1771.)11)

1) Auszug bei Ompteda, S. 308. Die »Elementa« sind bei Gelegenheit der Promotion eines Grafen Colloredo abgefaßt.

2) Auszug bei Ompteda, S. 329.

3) Schrodt hat sein System zur Promotion eines Grafen Czernin drucken lassen. Auszug bei Ompteda, S 347. Vergleiche Bulmerincq, S. 51, und Kaltenborn, S. 87. 1765 hatte Schrodt ein »Systema juris publici herausgegeben. 4) Ueber Nettelbladt, s. Bulmerincq, S. 75, welcher ihm die Eintheilung der Rechte der Staaten in absolute und hypothetische zuschreibt; diese Eintheilung haben nach ihm Höpfner, zum Theil auch Schrodt, dann Ulrich, und viele Neueren, bis auf Klüber und Arnß angenommen.

5) Ueber Höpfner: Bulmerincq, S. 76.

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Eisenhart in der Allgemeinen

Éloge, von Formey, in den

8) Die Bibliothèque politique wurde 1778 ergänzt durch zwei Bändchen, »Abrégé des principaux traités«; gewidmet dem Monsieur, nämlich dem Grafen von Provence, dem späteren Ludwig XVIII. La Maillardière hatte sich vorgenommen, noch zu schreiben ein »Traité du Ministèrea und ein »Tableau des intérêts de cour«. Ich glaube nicht, daß er seine Absicht verwirklicht hat.

Dagegen wird noch von ihm angeführt eine »Histoire politique de l'Allemagne et des États circonvoisins«<, 1777.

9) Von Franzosen mögen noch mehr oder weniger theils hierher, theils noch zur Pufendorf'schen Richtung gehören: Courvoisier (»Eléments du droit politique, Paris 1792); Jean Anne Perreau (Profeffor am Collège de France und an der Centralschule des Panthéon, 1749-1819: »Eléments de législation naturelle«<, 2. Aufl. 1807); der ältere Cotelle (Louis Barnabé, Professor in Paris, 1752 -1829: »Abrégé d'un cours élémentaire du droit de la nature et des gens«, Paris 1803; neue Ausgabe 1851); endlich J. J. B. Gondon, den Kampk charak

terisirt als „ein im Dorf Ansouis, im Departement Vaucluse privatisirender Gelehrter“; er schrieb 1807 drei Bände »Du droit public et du droit des gens, ou principes d'association civile et politique, suivis d'un projet de paix générale et perpétuelles. Politik, allgemeines Staats- und Völkerrecht vermischt, das allgemeine Staatsrecht beschäftigt den Verfasser vorzüglich." Kamp, S. 49.

10) Pierantoni, Geschichte, S. 32.

11) Als die berühmtesten nicht Spanischen Autoren citirt der Verfasser: Pufendorf mit Barbeyrac's Anmerkungen, Grotius, Wolff, Hobbes, Gravina, Vattel.

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Im Jahre 1732 erschien in Tübingen ein Octavbändchen unter dem Titel: ,,Anfangsgründe der Wissenschaft von der gegenwärtigen Staatsverfassung von Europa und dem unter denen Europäischen Potenzien üblichen Völker- oder allgemeinen Staatsrecht. Erster Theil." Dieses Buch, dessen zweiter Theil ausgeblieben ist, bezeichnet den Anfang der völkerrechtlichen Wirksamkeit J. J. Moser's und bildet ein wichtiges Datum in der Geschichte der Völkerrechtswissenschaft; es ist das erste zusammenhängende Werk, welches dem positiven Völkerrechte gewidmet wurde.

Vier Jahre später (1736) gab Moser als Programm heraus eine „Abhandlung aus dem Europäischen Völkerrecht, von dem Bruder Titul unter großen Herrn u. s. m.“

Im selben Jahre, auch als Programm: „Entwurf einer Einleitung zu dem allerneuesten Europäischen Völkerrecht in Friedens- und Kriegszeiten." (Bloßes Verzeichniß von Rubriken, in Mofer's,,Vermischten Schriften“, Bd. II, S. 89-102.)

1737,,Anmerkung von dem Völkerrecht überhaupt und dem Europäischen Völkerrecht insbesondere."

Als diese Schriften erschienen, stand das Naturrecht noch in vollster Blüthe: Thomasius war erst seit wenigen Jahren gestorben, sein Einfluß blieb in der

Schule allmächtig; von Wolff, der in Marburg lehrte, war noch nichts Völkerrechtliches gedruckt. Die Grundlagen aber, worauf das Gebäude des positiven Völkerrechts errichtet werden konnte und sollte, waren bereits vorhanden. 1)

Vor beinahe vierzig Jahren (1693), hatte Leibniß mit seinem »>Codex juris gentium diplomaticus « den Anfang gemacht. Allerdings existirten schon vor ihm partielle, nationale Sammlungen von Verträgen, und Nessel hatte 1690 sein Programm veröffentlicht. Aber Leibniz hat die Bahn gebrochen, er ist der Initiator, und schon der von ihm gewählte Titel ist von Bedeutung. Es folgten die großen Holländischen Sammlungen, Bernard 1700, Dumont 1707, 1710, 1726-1731. Lünig gab sein »Sylloge« 1694-1702 heraus, das,,Reichsarchiv“ seit 1710, den Codex diplomaticus 1732; Faber's (Leucht's) Reichskanzlei" erschien seit 1697, das »Corpus juris gentium academicum« von Schmauß 1730. Jeht war die Möglichkeit einer positiven Bearbeitung des Völkerrechts gegeben, und zugleich mochte es gegenüber den geschichtlichen Thatsachen, die nun bekannt, katalogisirt, wohlgeordnet vorlagen, für practisch angelegte Geister immer schwieriger werden, sich mit meta= physischen Abstractionen zufrieden zu geben. 2)

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Auch hatte damals, bereits seit Jahren, ein großer Rechtsgelehrter in mehreren vorzüglichen Monographien eine positive Methode befolgt. Für Cornelis van Bynkershoek, deffen »Dominium maris« 1721, und dessen >Forum legatorum« schon 1702 erschienen war, beruhte das Völkerrecht sowohl auf ratio (Natur der Sache, und Vernunft) als auf usus, mores, consensus gentium; er führte in seinen Schriften hauptsächlich neuere Thatsachen und Ereignisse an, und wollte übrigens allein die mores gentium europaearum berücksichtigen. Bynkershoek gegenüber stellt Moser keinen wissenschaftlichen Fortschritt dar; Bynkershoek steht höher als Moser, und gehört völkerrechtlich eher zu den Neueren, mit Martens, Günther, Klüber, die er sonst als Rechtsgelehrter überragt. 3) Doch würden diese Neueren ohne Moser's Riesenarbeit ihre höhere Vollendung nicht erreicht haben, und Moser, der von seinen Anfangsgründen“ bis zu seinen legten,,Beiträgen“ während eines halben Jahrhunderts stets in der nämlichen Richtung gearbeitet hat, darf und muß als der eigentliche Vater des Positivismus im Völkerrechte bezeichnet werden.

Neben ihm sind einige Gelehrte und Publicisten zu nennen, die nicht unmittelbar oder nicht nachweislich unter seiner Einwirkung gestanden und doch eine der seinigen mehr oder minder verwandte Richtung befolgt haben.

Vorerst der bereits genannte Johann Jakob Schmauß, 1690-1757, Baden-Durlachscher Rath, Professor in Göttingen, einige Zeit in Halle, dessen wohlgelungene Sammlung vom Leipziger Professor Wend 1781 fortgesetzt wurde.4)

Ferner Burchardt Gotthelf Struve, 1671-1738, Bibliothekar und Professor der Geschichte und der Rechte in Jena, sehr gelehrter Bibliograph. Während mehr als dreißig Jahren arbeitete er an einem Gesammtwerke, welches den Titel führen sollte » Corpus juris gentium sive Jurisprudentia

heroïca«, und enthalten sollte »ea quae inter gentes obtinent secundum jus personarum et rerum adplicata; argumentis ex jure naturae et gentium petitis, innumeris exemplis ex actis publicis editis et ineditis, atque historiarum monimentis omnis aevi illustrata.« Das Programm, welches Ompteda S. 302-305 excerpirt hat, erschien im Frühjahr 1738. Das Buch sollte vier Theile umfassen, worin Völkerrecht mit allgemeinem Staatsrecht und mit Privat-Fürstenrecht vermengt erscheint; dabei, wie Ompteda hervorhebt, ganz practisch ausgearbeitet und durch lauter Erempel aus der neuesten Geschichte bestätigt, mithin in seiner Art ganz neu." Leider starb Struve im selben Jahre; sein Schwiegersohn, der berühmte Pandectist Hellfeld, konnte nur den ersten Theil, das Jus illustrium privatum, Privat-Fürstenrecht, herausgeben (Jena, VII Quartbände, 1743-1753); das Jus publicum kam nie nach. 5)

Uneigentlich gehört hierher auch das berühmte Buch des Abbé Gabriel Bonnot de Mably (1709-1785), »Le Droit public de l'Europe fondé sur les traités conclus jusqu'en l'an 1740«, (Paris) Haag 1747, sehr oft wieder aufgelegt. Die geltenden Verträge werden darin, in geistreicher und talentvoller Art, ihrem Zustandekommen, ihren Ursachen, und ihrem Inhalte nach besprochen, mit geschichtlichen Beispielen und völker- und staatsrechtlichen Erörterungen. »C'est une bonne analyse sagt Réal, aber il y a plusieurs faux principes et quelques faux raisonnements dans cet ouvrage . . .« Der Handelsdirector Arnould schrieb 1803, als Supplément: Résultats des guerres, des négociations et des traités qui ont précédé et suivi la coalition contre la France.<<

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Unzweifelhaft dagegen ist hier zu nennen, und zwar in ehrenvoller Weise, Gaspard de Réal, Herr von Curban, königlicher Rath und Gerichtsdirector (Grand sénéchal) von Forcalquier (in der Provence), also ein Mann des Römischen Rechts und von romanistischer Bildung, geboren zu Sisteron im jezigen Departement der Niederalpen 1682, gestorben 1752.6) Voltaire hat sich über das große Werk luftig gemacht, welches von Réal's Neffen Abbé de Burle in acht starken Quartbänden 1754 herausgegeben wurde. Doch ist das Werk, welches Schulin (in 6 Bänden, 1763–1767) unter dem Titel „Staats kunst“ ins Deutsche überseßte, gelehrt geschrieben und enthält manches Gute. Der Band V, erschienen 1754 (2. Auflage 1764), enthält das Völkerrecht, »le Droit des gens, qui traite des ambassades (Kap. I), de la guerre (Kap. II), des traités (Rap. (III), des titres, des prérogatives, des prétentions, et des droits respectifs des souverains« (Kap. IV). Am ausführlichsten ist das Gesandtschaftsrecht abgehandelt. 7)

1) Der treffliche Barbeyrac ist, troß seiner naturrechtlichen Betheuerungen, auch hier zu nennen. Durch seine großartige »Histoire des anciens traitése, von den ältesten Zeiten bis auf Karl den Großen (1739), hat er der positiven Völkerrechtswissenschaft wenigstens mittelbar in sehr anzuerkennender Weise vorgearbeitet.

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