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und an den Arbeiten betreffend die Gesetzgebung, find zu allgemein bekannt, um hier näher beschrieben zu werden; er starb 1755 als Großkanzler. Die Anmerkungen seines Vaters zu Grotius, mit eigenen Zufäßen, gab er heraus als » Henrici de Cocceji Grotius illustratus, seu commentarii ad H. Grotii de J. B. et P. libros III, in quibus jus naturae et gentium, item juris publici praecipua explicantur, accedunt observationes Samuel de Cocceji, Henrici filii«, 3 Bände, Breslau 1744-1747. 1748 veröffentlichte er zu Halle eine »Introductio ad Henrici L. B. de Cocceji Grotium illustratum, continens dissertationes prooemiales XII, in quibus principia Grotiana circa jus naturae per totum opus dispersa ad justam methodum revocantur, mens Grotii obscura saepius ex ipso Grotio illustratur, et defectus circa ejus principia notantur. . .«

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Der Cocceji'sche Commentar wurde 1751 zu Lausanne in fünf Quartbänden sehr schön neu herausgegeben, mit der Widmung an Ludwig XIII., zwei Vorreden von Barbeyrac (1720, 1735), dem Leben des Grotius, Briefen von Heinrich v. Nassau, von der Königin Christine, und verschiedenen anderen Stücken; endlich mit einer Vorrede Samuels v. Cocceji, worin über die Vorläufer des Grotius, Hemming und Wincler, und über einzelne seiner Commentatoren und Herausgeber berichtet wird.

Noch ist hier mit Ehren zu erwähnen der berühmte Johann Gottlieb Heineccius (16811741), wegen seiner in Franeker 1723-1727 gehaltenen Praelectiones academicae, die 1744 veröffentlicht worden sind.

Als Epitomatoren führe ich an: Johann Klende (1662 und öfter); Willem de Groot (»Enchiridium Grotianum« 1667, selbst mehrfach_commentirt); Holtermann und Spinäus (1682); der schon genannte Johann Georg Simon (1688); J. H. Bechmann (1688); der Zürcher Johann Heinrich Schweizer, Suicerus (1689); der Straßburger und Upsaler Professor Scheffer (1693); A. Beyer (1693); der Gießener Professor und Pfarrer Johann Reinhard Hedinger (1699); der Danziger S. F. Willenberg (1711); der damals zu Helmstädt lehrende Fr. Aug. Hackmann (1712). Endlich können noch genannt werden der Kölner Profeffor und Stadtsyndikus Gerhard Ernst v. Hamm (1742), und der Karlsruher Gymnasialdirector Gottlob August Tittel (geb. 1739, „Geist des Grotius“, Zürich 1789).

Tabellen zu Grotius verfertigten u. A.: Johann Philipp Müller 1664; der bekannte und verdiente Jakob Thomasius, Christians Vater, 1670; Johann Paulin Olivekranz, 1688.

Zweites Kapitel.

Die Engländer des XVII. und XVIII. Jahrhunderts.

§ 89.

Allgemeiner Charakter.

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Literatur: Wheaton, Histoire, Th. I, § 8-10. Ompteda, S. 249. Phillimore, Commentaries, Vorrede S. XV: History of International Jurisprudence in England.

Die Engländer, politisch so früh und so frei entwidelt, haben im Völkerrechte von Alters her praktische Fragen in sorgfältiger Weise behandelt.1) Theoretisch, als Schriftsteller und Lehrer, sind nicht viele thätig gewesen, aber die einzelnen, unter sich wieder ziemlich verschiedenen Autoren, welche ich in diesem Abschnitte zusammenfasse, zeichnen sich dadurch aus, daß sie meist unabhängige Denker und Forscher sind, welche, neben ihren Zeitgenossen des Festlandes, ihr selbständiges individuelles Wesen bewahrt haben. Auch auf diesem Gebiete zeigt sich übrigens der Engländer praktischer Sinn.

Wenn Grotius, in England und Schottland wohl bekannt, 2) dort weniger Einfluß ausgeübt hat als auf dem Festlande, so mag dies wohl zum Theil der Stellung zuzuschreiben sein, die er in der Frage der Freiheit des Meeres genommen hatte, sowie dem damit zusammenhängenden Antagonismus Seldens. Die Ursachen liegen indessen tiefer.

Als das »Jus belli ac pacis« erschien, war schon von Gentilis das Völkerrecht in seinen Haupttheilen behandelt, und auch Wellwood, vielleicht auch Fulbecke dürfen hier noch genannt werden.

England hatte seine eigenen gewaltigen Geister, welche ihre eigenen Wege verfolgten. Francis Bacon's unsterbliche »Essays, erschienen 1597—1626, das »Novum Organon« 1620, das » Advancement of Learning« 1605, Lateinisch und vollständig 1623; da erklärt der große Kanzler seine Absicht (VIII) » de legibus ex principiis et praeceptis tam aequitatis naturalis quam politices decernere, mit den berühmten Worten: »Philosophi proponunt multa, dictu pulchra, sed ab usu remota. Jurisconsulti autem, suae quisque patriae legum placitis obnoxii et addicti, judicio sincero non utuntur, sed tanquam e vinculis sermocinantur.« Auch ist zu denken an die streng protestantische und republikanische Richtung eines Milton, an den Absolutisten Thomas Hobbes, an den bereits mehrmals genannten Selden, an JohnLocke:

lauter Männer von mächtigem Einflusse, welche von Grotius in verschiedenen Beziehungen von Grund aus dissentiren mußten.

Obwohl Hobbes (1588-1679) nicht eigentlich als völkerrechtlicher Autor gelten kann so hit er doch auf die Doctrin des Völkerrechts tief und dauernd eingewirkt; seine Grundanschauung ist von den Einen, namentlich von Pufen= dorf und Thomasius wieder aufgenommen und vertheidigt worden, von verschiedenen Anderen bekämpft. Er giebt sie mit kurzen klaren Worten (1642) in den »Elementa philosophica de Cive« (Imperium, c. XIV, c. 4). Er kennt kein anderes Völkerrecht als das natürliche. Dieses ist »vel naturale hominum, quod solum obtinuit dici lex naturae, et naturale civitatum, quod dici potest lex gentium, vulgo autem jus gentium appellatur. Praecepta utriusque eadem sunt; sed quia civitates semel institutae induunt proprietates hominum personales, lex, quam loquentes de hominum singulorum officio naturalem dicimus, applicata totis civitatibus, nationibus sive gentibus vocatur jus gentium. Et quae legis et juris naturalis elementa hactenus tradita sunt, translata ad civitates et gentes integras, pro legum et juris gentium elementis sumi possunt.«< Der gelehrte John Selden (1584 — 1654) hat in seinem 1618 verfaßten, erst 1635 publicirten »Mare clausum« (I, c. 3, 7), die Existenz eines Jus gentium wohl anerkannt, »quod non ex communi pluribus imperio, sed interveniente sive pacto sive morum usu natum est«, als positives Völkerrecht, welches er Jus gentium interveniens oder secundarium nennt; als capita dieses secundären Völkerrechts führt er an clarigatio, legationes, captivi, obsides, postliminium, foedera, commercia. In dem 1640 erschienenen Buche »De jure naturali et gentium secundum disciplinam Ebraeorum fommt er zu verschiedenen Malen auf diesen Begriff zurück; dem Jus gentium primaevum oder primarium, welches pro jure naturali sumitur, stellt er entgegen das Jus gentium im engeren Sinne: »sed vero quatenus juris gentium vocamine mores et jus pluribus gentibus, nec interim universis nec semper. sive ex numinis jussu imperativum, sive ex pacto aut consuetudine interveniens denotatur (quale secundarium nuncupari solet), naturalis illud non aliter atque Caesareum, Pontificium, provinciale, municipale jus, plane est additamentum, atque ex hac duntaxat notione in titulo usurpatur. Et jus naturale ita significat hic quod jus mundi seu universale, gentium jus id quod aliquot peculiare.« (Vorrede )

Locke (1632-1704: »Two treatises on Government« 1689) nennt die Gewalt des Staates, das Verhältniß zu anderen Staaten zu bestimmen, die Föderativgewalt. Darin liegt das Recht der Bündnisse, des Krieges und Friedens. Bis zum Abschlusse von Bündnissen stehen die Staaten untereinander im Zustande der Natur. 3)

Ein Vierteljahrhundert nach dem »Jus belli ac pacis« erschien das treffliche Buch des Orforder Professors Richard Zouch, welches, in vielen Punkten mit jenem verwandt, dasselbe den Engländern auch entbehrlich machen konnte.

1) Nys, Revue de droit international, Bd. XVII, S. 74, nennt als Verfasser von officiellen Denkschriften im XVI. und XVII. Jahrhundert Julius Cäsar (1557 — 1636), und Valentin Dale, der u. A. schrieb »Notes of the wars in ancient times which have been commenced unlawfully or without sufficient

causes«.

Berühmt sind insbesondere mehrere Admiralitätsrichter, deren officielle Meinungsäußerungen als classisch bezeichnet werden dürfen; so vor Allen Sir Leoline Jenkins, 1625 - 1684, dessen Briefe auch werthvoll find, und der nicht minder berühmte Lord Stowell (William Scott), 1745-1836.

Phillimore (a a. D) nennt noch mehrere namhafte Juristen, die im Völkerrecht Ansehen hatten: Drurye, Lewes, Aubrey, Johnes, unter Elisabeth; später, George Lee, G. Hay, William Wynne, Lawrence, John Cooke, George Paul, Henry Penrice, zwei Bettesworths u. A.

2) Ueber die Lectures von Rutherforth und über das Compendium von W. Scott, unten § 91. Der erste Professor des Natur- und Völkerrechts in Edinburg Charles Areskine, studirte in Utrecht. George Abercromby, Professor von 1735-1759, las 1741 über Grotius Grant, Story of the University of Edinburgh, Bd. I, S. 289, Bd. II, S. 313, 315.

3) Félice (unten § 95) citirt Loce am Schluß fast jedes Paragraphen, neben Burlamaqui, Grotius, Pufendorf und Vattel.

$ 90. 3ouch.

Literatur: Außer den Englischen Sammelwerken, wie Wood, Athenae Oxonienses; Alibone u. A.: Twiss, The law of Nations in time of peace, XXI. Ompteda, S. 252. Kaltenborn, S. 53. -- Nys, Revue de droit international, Bd. XVII, S. 79. - Bulmerincq, Systematik, S. 29.

Richard Zouch oder De Zouch, Zouchaeus, geboren 1590, gestorben 1660, von altadeliger Familie,1) war Professor des Civilrechts zu Dr= ford (1620), Kanzler des Bisthums Oxford, Admiralitätsrichter. Er war berühmt als scharfer, gelehrter, vielseitiger Jurist, »living Pandect of the Law«<, Civilist, Canonist, Feudist, Publicist, auch als Dichter; vorzüglich bedeutend ist er aber als Einer von den Begründern der Wissenschaft des Völkerrechts.

Schon der Titel seines epochemachenden kleinen Buches ist werthvoll: Juris et judicii fecialis, sive juris inter gentes, et quaestionum de eodem Explicatio, qua, quae ad Pacem et Bellum inter diversos Principes aut Populos spectant, ex praecipuis historico jure peritis exhibentur. Opera R. Z., autoris Elementorum Jurisprudentiae.« Der Friede wird vor dem Kriege genannt und, was wichtiger ist, der Begriff des Völkerrechts, als desjenigen Rechts, welches die Beziehungen ganzer Völker oder Staaten unter einander normirt, wird durch die Worte jus inter gentes, statt jus gentium, scharf und klar gekennzeichnet. Grotius schon hatte vom jus inter civitates

Handbuch des Völkerrechts I.

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gesprochen, die zweideutige Bezeichnung jus gentium aber bewahrt; dabei ist es auch geblieben; Daguesseau hat mit seinem »Droit entre les gens nicht durchzudringen vermocht; erst durch Bentham's und seines Freundes Etienne Dumont Einfluß haben die Bezeichnungen International Law«, »Droit international,,,Internationales Recht", neben den alten »Law of Nations, »Droit des Gens«,,,Völkerrecht", in die Terminologie der Rechts- und Staatswissenschaften Aufnahme gefunden. 2)

Als er das Jus inter gentes« zu Oxford 1650 herausgab, hatte Zouch bereits in einer Anzahl kurzer, gedrängter, inhaltsvoller Schriften, welche die »Elementa jurisprudentiae« theils bilden, theils denselben angehängt sind, die verschiedenen Rechtsdisciplinen nach gleichmäßiger, wohldurchdachter Methode behandelt. Zuerst die Juris et judicii principia generalia, dann Privati juris et judicii regulae, Publici juris et judicii regulae, Descriptio juris et judicii sacri, Descriptio juris et judicii militaris, Descriptio juris et judicii maritimi, Descriptio juris et judicii feudalis. Nun unternahm er die Descriptio juris et judicii inter gentes. Er bezeichnet als leitenden Gedanken dieser seiner verschiedenen Schriften die ratio communionis humanae; die erste Schrift bezieht sich auf die communio in genere, die folgenden auf die communio quae inter personas privatas und auf die quae privatis cum principibus intercedit, dann auf die communiones speciales: sacra, militaris, maritima, feudalis. Endlich wendet er sich Endlich wendet er sich ad explicationem eorum quae ad communionem, quae inter diversos principes aut populos intercedit, conducunt.« Als seine Führer bezeichnet er die authores historico jure periti, vor Allen Gentilis und Grotius, utrumque omnis generis eruditione insignem, quorum ille ad juris, hic ad rationis trutinam quae tradit expendit.« Unter den historico jure periti versteht er vorzugsweise Geschichtschreiber, dann auch Staatsschriftsteller und Juristen. Er citirt viele und zeigt überhaupt, neben seiner wohlthuenden juristischen Schärfe, eine reiche Belesenheit in verschiedenen Fächern. Seine historischen Belege, welche den völkerrechtlichen Gebrauch, das positive Völkerrecht feststellen, sind theils dem Alterthum und dem Mittelalter, theils, und zwar in einigen Materien vorwiegend, den neueren Ereignissen entnommen.

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Das Jus inter gentes ist das erste Lehrbuch des eigentlichen Völkerrechts. Ompteda, welcher Zouch besser gewürdigt hat als mancher Neuere, bemerkt mit vollem Rechte, man könne sagen, „daß Zouchäus der Erste ist, der das Völkerrecht in seinem ganzen theoretischen sowohl als praktischen Umfange erkannt und abgezeichnet hat." Eine einfache Angabe des Inhalts wird dies am Besten beweisen. Seiner auch in den übrigen juristischen Schriften befolgten Methode gemäß, stellt 3ouch zuerst das Jus dar, das heißt die fests stehenden Säße, quae sunt minus dubitati juris, und zwar hier im Frieden und im Kriege, dann das Judicium, nämlich quae videntur juris controversi, dies unter der Form von Fragen. Dabei enthält er sich der Aeußerung seiner eigenen Ansicht: wie er in seiner Vorrede sagt, a statuendo quicquam.

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