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Seiner Leitung unterstanden die Römischen Feldherren. Ihm hatten sie zu berichten. Aus dem Senate ergingen Instructionen an Gesandte. In seinen Sizungen ward über alle auswärtigen Angelegenheiten, auch über die Bestrafung der socii 13) berathen, über die Bedingungen der Friedensschlüsse, der Bündnisse und über Staatsverträge Beschluß gefaßt. Sein Recht war es, Kriegserklärungen in Erwägung zu ziehen, so daß den Fetialen in diesen Stücken nichts anderes zu thun blieb, als die Wahrung der vorgezeichneten Formen oder gutachtliche Aeußerung von Bedenken. Das Recht der Comitien, Kriegserklärungen und Friedensschlüsse zu genehmigen, bedeutete wenig mehr als einen Formalact. Der Ueberlegenheit der Römischen Diplomatie über die Leitung auswärtiger Angelegenheiten durch Asiatische Dynastie und Griechische Volksversammlungen entsprach die geistige Ueberlegenheit Römischer Senatoren über jene schwankenden Elemente, auf die sich Roms Gegner bei der Entscheidung über Krieg und Frieden stüßten.

Von der Königszeit beginnend, bis in das zweite Jahrhundert n. Chr. fortdauernd, folgte die zähe und beharrliche Kraft der Römischen Diplomatie den Ueberlieferungen des Senates, obschon die staatsrechtlichen Befugnisse des Senates in dieser Hinsicht mannigfach angezweifelt worden sind. Keinerlei Gesez hat seine nach Außen repräsentative Stellung geschaffen oder begränzt; keinerlei Volksbeschluß sie sanctionirt. Sie gründete sich auf uraltem Herkommen und erschien so selbstverständlich, daß der Versuch, sie eigenmächtig zu umgehen, bereits in der Königszeit als Usurpation gedeutet und dem Tarquinius zum Frevel angerechnet ward. 14)

Cicero sah im Senat und dem sacralen Recht der Auspicien, worin man zunächst eine weise Einschränkung des auch im Senat nicht fehlenden Parteiwesens erblicken muß, die Grundpfeiler der Römischen Machtstellung nach Innen und Außen. 15)

Mit dem Untergange der Republik mußte sich die Stellung des Se= nates zu den auswärtigen Angelegenheiten schon deswegen ändern, weil der militärische Oberbefehl in den Händen der Imperatoren ständig concentrirt blieb. Aber diese Aenderungen traten sehr allmälig ein und sind niemals in bestimmten juristischen Formen zum Ausdruck gelangt. 16)

Nachfolger des Senats in der Ausübung der repräsentativen Gewalt gegenüber auswärtigen Nationen ward der Principat. Ueber Krieg und Frieden entschied der Princeps als Höchstcommandirender. Dabei kamen zwei Verhältnisse nebenher in Betracht: die Entlegenheit der Reichsgränzen von Rom bedingte nothwendig, daß die Befehlshaber in weit abgelegenen Provinzen oftmals auf eigene Verantwortlichkeit Feldzüge zu gelegener Zeit selbständig unternahmen oder einstellten; andererseits figurirte der Senat auch in der Kaiserzeit zuweilen als ceremoniale Behörde bei der Erledigung diplomatischer Geschäfte. 17)

Mommsen vermuthet, daß das Recht über Krieg und Frieden bei der ersten Einrichtung des Imperium dem Augustus in der Delegation der Volksgewalt gesetzlich übertragen worden sei, woran sich späterhin bei jedem Thronwechsel die einfache Wiederholung derselben Formel geschlossen habe. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies der Fall war, denn möglicherweise umfaßte der Begriff des dem Princeps übertragenen Imperium auch denjenigen des Friedensschlusses. Irgend ein practisches Interesse zu genauerer Definition war nicht gegeben, seitdem durch Kriege der späteren Republik die alte Wehrverfassung durchbrochen worden war. Somit fehlte es denn auch an Competenzstreitig= keiten zwischen dem Princeps und dem Senat. Wurden an diesen gelegentlich von den Kaisern selbst Friedensgesandtschaften verwiesen, so mögen dabei rein äußerliche Rücksichten auf Empfangsfeierlichkeiten bestimmend gewesen sein. Staatsrechtlich dachte man sich den Princeps als Inhaber aller in einer Person concentrirten Machtbefugnisse der höchsten Magistraturen.

Als Behörde des internationalen Privatrechts muß der praetor peregrinus angesehen werden.

1) Bei Griechischen Autoren heißen die Fetialen eipqvodizac (Friedensrichter) εἰρηνοφύλακες, σπονδοφόροι, εἰρηνοποιοί. Die Etymologie des Festus leitet das

Wort von ferire ab, andere von fides und foedus.

2) Kaiser Augustus nahm auch die Stellung eines Fetialen ein. Dio C. L, 4. Tac. Ann. III, 64.

3) Sueton, Claud. cap. 25. Auf Inschriften kommen Fetialen, die Männer von hohem Range find, bis in das 3. Jahrhundert n. Chr. vor. Madvig (a. a. D.) II, 672.

4) Eine fehlerhafte, etymologische Ableitung giebt Festus: Fetiales a feriendo dicti, apud hos enim belli pacisque faciendae jus est.

5) Ueber ihren Ursprung: Liv. I, 32 (jus ab antiqua gente Aequiculis, quod nunc fetiales habent).

6) Andere wie Conradi haben ihn als Vorsteher des Fetialen-Collegiums aufgefaßt. Siehe dagegen die Quellenzeugnisse bei Rubino, S. 172 (Not. 2). Auch der pater patratus fand sich bei den alten Latinern (Liv. I, 24. VIII, 39).

7) S. darüber die Beispiele bei Dionys. Hal. II, 37. 51. 72. III, 37. 39. IV, 50. V, 50. Liv. I, 30. XXXVIII, 38. Plut. Num. 12.

Anerkannte Gründe der Auslieferung waren gegeben, wenn Römische Feldherren mit dem Auslande contrahirt hatten und die Bestätigung des Abkommens durch Rom verweigert wurde (wie z. B. im Falle des C Hostilius Mancinus gegenüber Numantia), wenn auswärtige Staaten schuldhaften Vertragsbruch geltend machen konnten oder in der Person ihrer Gesandten verlegt worden waren (Liv. epitome XV. XXXVIII, 41. Cic. Verr. V, 19); wenn Römische Gesandte ihrerseits fremde Nationen beleidigten (wie im Fall der Fabier gegenüber den Galliern: Liv. V, 36. VI, 1).

8) Festus: Reciperatio est, ut ait Gallus Aelius, quum inter populum et reges nationesque et civitates peregrinas lex convenit, quomodo per reciperatores reddantur res reciperent eaque res privatas inter se persequan

tur.

Die auf das Vorkommen der Recuperatores bezüglichen Quellenzeugnisse s. bei

Padelletti, Rechtsgeschichte (Deutsche Ausgabe) S. 170, Not. 5. Keller, Römischer Civilprozeß § 8.

9) S. Liv. XXXX, 2; in welchem Falle der Senat (583 u. c.) dem nach Spanien designirten Prätor den Auftrag giebt, recuperatorische Entscheidungen gegen möglicherweise ersatzpflichtige Magistrate herbeizuführen. Mommsen, Staatsrecht II, 212 sieht in diesem Falle eine Abweichung von der Regel, gleichsam eine extraordinaria cognitio des Senates.

10) Ausführliche Nachweisungen s. bei Voigt, (a. a. D.) II, 160 ff.
11) Beispiele s. bei Padelletti S. 170.

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12) S. Cicero de orat. I, c. 38. Keller, Römischer Civilprozeß § 6. Madvig (a. a. D.) II, 229. Jhering, Geist des Römischen Rechts 1, S. 223 (n. 115). Mommsen, Staatsrecht II, 220 ff. (der die Einseßung des Centumviralgerichtshofes nach 517 u. c. datirt).

13) Madvig, Verfassung und Verwaltung des Römischen Staates I, 291. 14) S. Liv. I, 49. Hic enim regum primus traditum a prioribus morem de omnibus senatum consulendi solvit. Domesticis consiliis rempublicam administravit; bellum, pacem, foedera, societates per se ipse cum quibus voluit, injussu populi ac senatus fecit diremitque. S. auch Cicero de rep. II, 9.

Dion. Hal. II, 56. (Mit Beziehung auf Romulus).

15) Cic. de republ. II, 10, 17.

16) Mommsen, Römisches Staatsrecht II, 913: „Auf keinem Verwaltungsgebiet ist das Regiment der Princeps weniger in feste, uns erkennbare Formen gefaßt als auf dem der auswärtigen Angelegenheiten sowie der davon unzertrennlichen höchsten militärischen Direction."

17) Instructionswidrige oder eigenmächtige Kriegserklärung fiel unter die Lex Julia Majestatis L. 3. Dig. 48, 4: lege tenetur qui injussu principis bellum gesserit.

§ 61.

Die auswärtigen Beziehungen im Allgemeinen. Literatur: M. Voigt, Jus naturale, aequum et bonum. Bd. II, S. 103 ff. Hirschfeld, Zur Geschichte des Latinischen Rechts. Wien 1879. Madvig, Verfassung und Verwaltung des Römischen Staates, II, 340 ff. Willems, Le Sénat de la République Romaine II, 465 ff.

Die Summe aller auswärtigen Beziehungen des Römischen Volkes faßte man in der Bezeichnung des jus belli ac pacis zusammen: eine Bezeichnung für die Gesammtheit des Völkerrechtsinhalts, die Grotius von den Römern entlehnte. Soll dies nun heißen: Wo kein Friedensschluß oder Bündniß bestand, galt von Römischer Seite der Kriegszustand?

Die Mehrzahl der Rechtshistoriker nimmt an, daß der Kriegsstand nach rechtlicher Auffassung der Römer als normales Verhältniß der Nationen zu Rom gedacht worden sei. Ob dies schon in ältester Zeit gegenüber dem Latinischen Bunde der Fall war, könnte zweifelhaft erscheinen. Ebenso dürfte

wohl schwerlich zu erweisen sein, daß dem ältesten Handelsvertrage mit Carthago aus dem dritten Jahrhundert nach Erbauung der Stadt irgend ein Friedensschluß vorangegangen sei.

Thatsächlich bestanden sicherlich in alter Zeit Handelsbeziehungen zwi schen Römern auf der einen Seite und Carthaginiensern, Griechen und Etruskern auf der andern Seite. Handelsbeziehungen gab es auch vor den Bündnißverträgen, die in der Mehrzahl der Fälle aus länger fortgesettem Verkehr mit anderen Nationen erwuchsen. Will man also sagen: alle auswärtigen Beziehungen Roms feien entweder schlechthin feindselige oder, wenn friedlich durch förmlich vereinbarte Bündnisse oder Friedensschlüsse bedingt gewesen, so wäre diese Aufstellung als richtig keineswegs anzuerkennen. Nur hinsichtlich benachbarter Gränzstaaten war für Rom ein anderes Verhältniß außer dem Kriegsstande oder den Friedens- und Bündnißverträgen füglich nicht denkbar.

Die Gegenüberstellung des jus belli ac pacis liefert keine völlig erschöpfende Darstellung der zur Zeit der Römischen Republik vorhanden gewesenen internationalen Rechtsbeziehungen. Sie entspricht vielmehr der Auffassungsweise späterer Zeiten, in derem Verlaufe sich bereits die Vorstellung von dem Weltherrschaftsberufe der Römischen Waffen im Volksgeiste eingelebt hatte.

Zwischen Krieg und Frieden gab es einen Zwischenzustand, ausgedrückt in dem Verhältniß Roms zu solchen Staaten, die in keinerlei öffentlich rechtliche Vertragsbeziehungen eingetreten waren. Unter solchen Umständen fehlte es an der Vereinbarung rechtlichen Schußes. Damit war aber keineswegs gesagt, daß thatsächlich der Verkehr Römischer Unterthanen mit solchen Gemeinwesen abgeschnitten gewesen wäre. Oder soll man sich vorstellen, daß jeder aus entlegener Gegend nach Rom wandernde Peregrine sofort in Sclaverei verseßt worden wäre, wenn er nicht durch Rechtsschuß- oder Bündnißverträge gesichert war?

Die uralten Ueberlieferungen der Volksreligion und Sitte hatten das Gastrecht (Hospitium) ohne irgend welche juristische Anlehnung an Vertragsclauseln geschaffen. Der wehrlose Fremde lief in Rom, wenn er einen hülfreichen Patronus gefunden, sicherlich keinerlei Gefahr, nach Analogie der Kriegsgefangenen in die Sclaverei verkauft zu werden.

Es ist also eine unrichtige Annahme, wenn man glaubt, nur auf Grund besonderer Staatsverträge sei der Friedensstand nach Römischrechtlicher Auffassung anerkannt gewesen. 1)

Was die rechtliche Qualität der Völker anbelangt, mit denen die Römer in Verkehrsbeziehungen standen, so unterschieden die Römer dieselben nach dem. Maßstab der Unabhängigkeit. Freie Staaten im völkerrechtlichen Sinne hießen diejenigen, welche im Innern selbständig über sich verfügen konnten. 2) Daß Bündnißverträge an diesem Zustande nichts änderten, wenn gleiches Recht mit Rom stipulirt war, erschien selbstverständlich. Indessen ging nach

Ansicht der Juristen die Freiheit der Staaten auch dann nicht verloren, wenn Vorrang oder Hegemonie für Rom ausdrücklich stipulirt war.3)

Unter den nicht verbündeten freien Staaten war dann weiter zu unterscheiden, ob auf Grund von Verträgen anderer Art oder thatsächlich bestehender Uebung freundschaftlicher Verkehr unterhalten werden konnte, was sicherlich auch dann der Fall war, wenn entfernte, regierende Monarchen sich um den Titel eines,,Römerfreundes“ erfolgreich beworben hatten. Ebenso konnte es wohl geschehen, daß in Bündnißverträgen mit bestimmten Völkern einzelne Nationen, mit denen Rom unmittelbar keine Schußverträge geschlossen hatte, als befreundet im Hinblick auf mögliche Kriegsfälle im Voraus bezeichnet waren. Endlich gab es Völkerschaften, von denen man irgend eine bestimmte Rechtsstellung positiver Art nicht behaupten konnte, sondern nur in der nega= tiven Richtung wußte, daß sie weder kriegführende, noch befreundete ge= nannt werden konnten. Auch konnten sich die Römischen Juristen der Kaiserzeit nach den von ihnen gemachten historischen Erfahrungen nicht verhehlen, daß außer den ihnen bekannt gewordenen Nationen auch noch unbekannte Völkerschaften vorhanden waren und in Berührungen mit ihnen gerathen konnten.

In Beziehung auf solche fremdartigen Völker konnte in Ermangelung sowohl kriegerischer als auch friedlicher Beziehungen kaum eine andere Frage auftauchen, als diejenige des Postliminium.

Zu diesem Zwecke ward anerkannt, daß solche, außerhalb ständiger Verkehrsbeziehungen verharrende Staatswesen zwar als nicht feindliche zu er= achten seien, die Rechtsregel des Postliminium dagegen dennoch auf die etwa in ihnen geraubten Römer Anwendung zu finden habe, und andererseits auch die Angehörigen dieser Völker keinerlei Rechtsschutz gegen feindselige Behandlung während des thatsächlich fordauernden Friedenszustandes erheben konnten: ein Grundsaß, der mehr den Anforderungen der praktischen Politik als denjenigen der juristischen Consequenz entgegenkam.)

Ueberschaut man daher die möglichen Gestaltungen der vom Römischen Staat mit dem Auslande unterhaltenen Beziehungen, so stellen sich dieselben in folgender Weise dar:

Erstens, kriegerische Beziehungen, welche durch die strengen Grundsätze des jus belli geregelt waren.

3weitens, genossenschaftliche Beziehungen, beruhend auf förmlich abgeschlossenen Bündnißverträgen oder Friedensschlüssen.

Drittens, friedliche Beziehungen, anerkannt in Specialverträgen zum Zwecke des Handels oder der Staatsgastfreundschaft (Hospitium) oder ohne vertragsmäßige Grundlage thatsächlich bestehend.

Im Allgemeinen waltet bei diesen verschiedenen Beziehungen der oberste Grundsaß, daß Privatpersonen überall das jeweilige Recht der bürgerlichen Gemeinden, also entweder den Friedensstand oder den Kriegsstand theilen. Doch gab es auch Rechtsverhältnisse gemischter Natur, hervorgegangen aus

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