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Κυθηρίαν. -Ueber den Rechtsschuß der Sclaven vgl. auch Büchsenschüs, Besit und Erwerb im Griechischen Alterthum S. 150.

10) Die fog. χωρὶς οἰκοῦντες. Die Gesammtzahl Atheniensischer Sclaven wird zur Zeit des Demetrios Phalereus auf 400 000 in Athen angegeben.

11) Ihre jährliche Steuer hieß ueroiziov. Vgl. auch Böch, Staatshaushalt der Ath I, 12.

12) Auf diese Weise läßt sich vielleicht am besten das vielfach streitig gebliebene Verhältni ber πρόσταται 3u ber πρόξενοι fefiftellen. Die πρόξενοι, Infangs ehrenamtliche, auf staatlicher Auszeichnung und staatlicher Ernennung beruhende und privilegirte Organe der Staatsgunst, auch fürsprechende Intervenienten in Prozeßangelegenheiten, änderten ihren Charakter jedenfalls nach dem Untergange der Griechischen Selbständigkeit. Aus ihnen ging das Maklergewerbe hervor. Die прóoτatαι dagegen beruhen auf einem administrativen, obligatorischen Charakter im Allgemeinen, auf freier Wahl im einzelnen. Proxenie war aber nicht immer Ehrenamt; es konnte auch dem Ausländer als Titulatur in Verbindung mit Privilegien aus dem Grunde der Auszeichnung gewährt werden. S. Gilbert (a. a. O) S. 173 (Note 2).

§ 54.

Die Herrschaft der Makedonier.

Literatur: D. Müller, Ueber die Wohnsiße, die Abstammung und die ältere Geschichte des Makedonischen Volkes. 1825. Flathe, Geschichte Makedoniens

1856

2 Bde. 1832-1834. J. G. Droysen, Geschichte des Hellenismus. 2. Aufl. 1877 ff. G. Grote, History of Greece Bd XII (Deutsche Ausgabe von Meißner, Bd. 6.) — Schäfer, Demosthenes und seine Zeit. 3. Bde. - 1858. Ranke, Weltgeschichte. I, 2, 119 ff. Rüstow und Köchly, Geschichte des Griechischen Kriegswesens. Aarau 1852.

Staatliche Selbständigkeit und staatliche Blüthe der Hellenen enden mit dem Emporkommen und den Siegen Philipps von Makedonien. Die Herrschaft des Griechischen Geistes außerhalb des engeren Bereiches seiner staatlichen Schöpfungen gewann dagegen eine Ausdehnung in weitesten Gebieten und gelangte zur Weltherrschaft in dem Bezirke der gesammten außerhellenisch Asiatischen Cultur.

Makedoniens Stellung selbst muß als Fortpflanzung und Fortwirkung des Griechischen Staatsgeistes aufgefaßt werden. Waren auch die Thrakischen und Illyrischen Völkerstämme, über welche die Makedonischen Fürsten geboten, im Sinne der Ueberlieferung als Barbaren im Vergleich zu den Hellenen zu erachten, so hatten doch gerade die Makedonischen Könige die lebhafte Empfindung, Nachkommen Griechischer Heroen und Sprößlinge des Herakles zu sein. Kein wichtigerer Bestandtheil Hellenischer Gesittung war an dem Hofe König Philipps unbekannt geblieben. 1)

Er hatte den größten der Philosophen aus Athen zur Erziehung seines

Nachfolgers berufen und dieser wäre sicherlich nicht um äußerer Belohnungen willen in eine Art geistiger Dede gezogen. Es mußte ihm eingeleuchtet haben, daß die Umbildung der Makedonischen Monarchie zu einem Hellenischen Königthum der Zukunft werthvollere Saben verhieß, als der Geist ewiger 3wietracht, der auf den Marktplägen kleiner Stadtrepubliken fortwucherte.

Die Ueberlegenheit Makedonischer Königsmacht im Verhältniß zu ihren freistaatlichen Gegnern lag in ihrer Ständigkeit, in der Concentration und mos narchischen Einheit aller militärischen Bildungselemente, welche Erfahrung und Feldherrenkunft in Griechenland selbst geschaffen hatte, ohne damit aber dort jene unentbehrliche Zuthat einer ohne Unterbrechung gehandhabten Disciplin beschaffen zu können. Von seiner harten Kriegsgewöhnung, die Alles entschied, abgesehen, verfügte das Makedonische Heer über keine anderen kriegerischen Mittel, als seine bei Chäronäa unterliegenden Gegner. Denn auch die Formation der Phalang entstammte einer bereits in den Perserkriegen gehand. habten Taktik der Griechen.2)

Philipp von Makedonien bediente sich in seinen Kämpfen gegen Griechische Städte und ihre Bundesgenossen keiner anderen diplomatischen Mittel, als welche die alte Praxis der Bestechungen, Verheißungen, Zettelungen und Täuschungen Griechischen Freistaaten in ihrem wechselseitigen Ringen nach Hegemonie längst an die Hand gegeben und für den Scharfblick eines Staatsmannes wie Demosthenes durchsichtig gemacht hatte. Aber die Ueberlegenheit eben dieser Hellenischen Kunstgriffe in den Händen eines kriegerischen Fürsten, der alle Mittel der Gewalt bereit hält, der den Augenblick für entscheidendes Handeln jeder Zeit wählen kann und nicht nöthig hat, seine Pläne einer Volksmenge vorher zu verrathen, war den Gegnern Philipps von Makedonien vor dem unglücklichen Ausgang ihrer Gegenwehr deswegen nicht klar geworden, weil ihre einseitigen Vorstellungen von der Tragweite königlicher Macht sich nach dem ihnen näher liegenden Beispiele ihrer Tyrannen oder Persischer Großkönige und Satrapen gebildet hatten, sie gleichzeitig aber auch den gesittenden Einfluß unterschätzten, den Hellenischer Geist in Makedonien bereits gewonnen. Es war für sie ein naheliegender Trugschluß, zu meinen, daß Makedonische Könige nach dem Maßstabe der von ihnen beherrschten Staatsgebiete im Kampfe gegen Griechenland unmöglich vollbringen würden, was den Weltherrschern Afiens nicht geglückt war.

Das nächste Streben der beiden Makedonischen Könige, die in den Weltgang seit dem Jahre 338 so entscheidend eingriffen, war denn auch darauf gerichtet, in Hellas selbst als Hellenische Vormacht dem Auslande gegenüber anerkannt zu werden. Ihnen lag daran, nicht als siegreiche Barbarenfürsten zu gelten. Sich als Strategen, Führer und Bundesgenossen gerade der von ihnen besiegten Republiken bezeichnen zu lassen, schien ihnen weitaus wichtiger, als die Hervorkehrung monarchischer Ueberlegenheit oder gewaltsame Eingriffe in den Fortbestand freistaatlicher Verfassungsformen, deren diplo= matische und militärische Schwäche an das Tageslicht gekommen war. 3)

Handbuch des Völkerrechts I.

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An der Spiße von Hellas stehend und als führender Bundesgenosse von seinen Gegnern berufen, näherte sich das Königthum Makedoniens dem uralten Ideal einer Panhellenischen Macht, jener großartigen Ausgestaltung eines Planes, zu dessen Ausführung Thales zur Zeit des Kampfes gegen Lydiens König gemahnt hatte, als er vorschlug, alle Städte Joniens zu einem Gemeinwesen zu einigen, in welchem staatliche Einheit nach Außen mit Selbständigkeit jedes Mitglieds in seinen inneren Angelegenheiten verbunden sein sollte. Die Makedonische Herrschaft repräsentirt daher bereits vor dem Angriff gegen Persien in weltgeschichtlicher Hinsicht das einzigartige Beispiel einer Con= föderation völkerrechtlicher Bildung, in welcher der Unterschied zwischen verschiedenen Nationen, zwischen Griechen und Barbaren politisch und militärisch aufgehoben und ein dauernd organisirtes Bündniß zwischen monarchischer und freistaatlicher Grundform des Verfassungslebens verwirklicht wird.

Illyrier und Thraker fochten für eine und dieselbe Sache mit den Hellenen, freilich auch gegen Hellenen, die sich zum Dienste der Perser verdungen hatten. Unberührt von diesem großartigen Kampfe blieben nur die Westgriechen in Sicilien und Unteritalien, sowie die noch weiter westwärts gelegenen Pflanzstaaten.

Alexander der Große erschien, an der Spiße seiner Heeresmacht stehend, 4) als der Vollstrecker einer alten, vom Volksgeist niemals aufgegebenen Idee, obschon seine freistaatlichen Widersacher, wie Demosthenes, hoffen mochten, daß er an der überlegenen Stärke Persiens scheitern würde. Ihm selbst schwebte der Gedanke vor, das Unrecht zu rächen, das den Göttern Griechenlands von Asiatischer Seite zugefügt worden war. 5)

Nachdem es ihm gelungen, die Küstengebiete Kleinasiens zu bezwingen und die Macht des Großkönigs, der nicht aufgehört hatte, sich als den Herrn der Welt zu betrachten, in zwei Schlachten zu überwältigen, brach er die Seemacht der Phönicier in ihrem Mittelpunkte zu Tyrus, dem er nach bald darauf vollendeter Unterwerfung Aegyptens eine erfolgreiche Nebenbuhlerschaft in Alexandrien gab: ein merkwürdiger, auch späterhin bethätigter Charakterzug. Der siegreiche Eroberer, der in den vordersten Reihen seiner Krieger auf dem Schlachtfelde kämpft, begnügt sich nicht damit, nach Persi schem Vorbilde Satrapen einzuseßen, um den Tribut der Unterworfenen für ihn einzutreiben, sondern handelt unter dem Antriebe eines colonisatorischen Geistes, indem er sich selbst in der Gründung neuer Städte ein Denkmal errichtet, das den Jahrtausenden troßte. 6)

Nach dem letzten Entscheidungskampfe von Gaugamela (331) fallen die ältesten Zwingburgen Asiatischer Cultur in seine Hände.7) Ueberall siegreich und unwiderstehlich, dringt er vor bis zu den bisher den Persischen Gegnern unerreichbar gewesenen Gestaden Vorderindiens und des Indusstromlandes. Sein Rückgang wird zu einer geographischen Entdeckungsreise für Flotte und Landheer und führt ihn durch Wüsteneien, die eine Europäische Armee der Gegenwart faum ungestraft durchschreiten würde. Auf der Höhe seiner staunenswürdigen

Erfolge angelangt, beherrscht Alexander ein Reich, dessen Umfang die Gränzen der Persischen Monarchie überschreitet: von den Ufern der Donau und dem Adriatischen Meere bis an den Kaukasus und die Centralasiatischen Steppenflüsse, vom Hydaspes bis an die Syrte, unter gleichzeitiger Vereinigung aller Machtmittel zu Lande und zur See.

Die dem Eroberer gestellte und von ihm völlig begriffene Weltfrage war: ob innerhalb eines so ungeheuren Reiches die Möglichkeit seiner Erhaltung vermöge einer Verschmelzung Hellenischer und Altorientalischer Cultur gegeben sei? Daß in den Augen der Hellenen durch fürstliche Heirathen mit Frauen Asiatischer Königsgeschlechter Alexander sich keine höhere Weihe geben konnte, als ihm sein Schwert auf dem Schlachtfelde verliehen, lag auf der Hand.

Für Asiaten mochte diese politische Ausnutzung polygamischer Verbindungen nicht ohne Bedeutung sein, wenn die Erbfolge in dem Reiche der Achämeniden gesichert werden sollte.

Weitaus bedeutender mußte es nach beiden Richtungen hin erscheinen, daß Alexander den Hellenischen Göttercultus mit dem Asiatischen Religionssystem auszugleichen und die inneren Gegensäße der Völkerschaften durch eine Conföderation altnationaler, aber durch die Thatsache der Eroberung gleichsam provinzial gewordener Culte auszugleichen unternahm. Zum ersten Male in der Geschichte offenbart sich in einer Weltmonarchie der politische Gedanke einer Indifferenz der religiösen Gegenfäße.

Dieser kosmopolitischen Auffassung entsprach es, daß Alexander es nicht verschmähte, dem Orakel des Ammon-Ra sein Opfer darzubringen, um dafür zum Sohne des Aegyptischen Sonnengottes erhoben zu werden: was in den Augen der Griechen nicht mehr sein konnte, als eine Hofceremonie zu Ehren des Zeus, nach der Betrachtungsweise der Aegypter indessen die Volksmeinung erheblich zu beeinflussen vermochte. Aehnlich verhielt es sich mit dem zweiten, in Vorderasien weithin herrschenden Cultus des Bel, dem Alexander in Babylon sein Opfer darbrachte. Auf diese Weise wurden, Anfangs unmerklich, diejenigen Religionssysteme des Orients erschüttert und entwurzelt, deren politische Bedeutung in der Verknüpfung der Götterlehre mit national monarchischen Institutionen begründet gewesen war.

In Mitten großartiger Pläne und Unternehmungen endete Alexanders Laufbahn durch einen frühzeitigen Tod. An die Stelle gehoffter Einheit einer Hellenisch-Orientalischen Staatsschöpfung, deren Mittelpunkt für lange Zeiten die Person des Monarchen hätte sein müssen, trat die Herrschaft der Diadochen. Jeder von den überlebenden Generalen nahm sich denjenigen Theil der territorialen Hinterlassenschaft, den er behaupten und vertheidigen zu können

vermeinte.

Trot unaufhörlicher Kriege und Zwistigkeiten trägt diese Epoche, deren Abschluß die Oberherrlichkeit der Römer herbeiführte, das deutliche Gepräge internationaler Cultur. Aus der allgemeinen Auflösung der Makedonischen Weltmacht tritt zunächst eine Restauration der uralten Machtcentren hervor:

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Das Babylonisch-Persische Reich fällt dem Geschlechte der Seleuciden zu, Aegypten den Ptolemäern, Makedonien den Nachkommen des Antigonus. Aber diesen in sich selbständigen Staatsgebilden wohnt als leitender Geist die Macht Hellenischer Ueberlieferungen inne. Es ist der Zug weltbürgerlicher Vorstellungen, der sie am Leben erhält, und die äußeren Gegensäße abschwächt. Am klarsten offenbart sich die späthellenische Culturaufgabe auf Aegyptischem Boden gerade in der Neustadt von Alexandrien, wo auch das Beharrungsver= mögen gegenüber den Römern sich am längsten zu behaupten wußte, während die alte Heimstätte des Makedonischen Staatswesens auf Europäischem Boden mehr in den Hintergrund trat. Mit diesem Anerkenntniß der den Ptolemäern zukommenden größeren politischen Bedeutung darf jedoch nicht die Vorstellung verbunden werden, als sei das geistige Leben an kleineren Mittelpunkten städtischer Cultur, wie Athen, Ephesus, Rhodus, Antiochien gering zu veranschlagen gewesen. Auch neben oder hinter Alexandrien, wo Handel und Wissenschaft den höchsten, jener Zeit nach erreichbaren Aufschwung nahmen, gab es eine ansehnliche Reihe von Pläßen, die als Hauptstädte des geistigen Lebens gelten dürfen und den rein Hellenischen Typus ihres Wirkens nachdrücklicher festhielten, als Alexandrien, wo sich eine eigenthümliche Culturmischung unter dort an= sässigen Griechen, Juden, Syrern und Africanern vollzog, deren Dasein dem wissenschaftlichen Triebe der Sammlung, Erkenntniß und Vergleichung aller hervorragenden Producte der älteren Literatur mächtigen Vorschub leistete

Mit Recht nennt man daher die Periode der Makedonischen Diadochen das Zeitalter des Hellenismus. Der Hellenische Geist, losgelöst von seinen ursprünglichen freistaatlichen Heimstätten, waltet als eine gleichsam abstract ge= wordene Macht an nicht Griechischen Fürstenhöfen und bietet ein Gegenstück zu der Macht des religiösen Geistes, die nach der Zerstörung Jerusalems die zerstreuten Israeliten in ihrer Staatenlosigkeit beherrschte. Beide Erscheinungen erwiesen bereits im Alterthum auf das deutlichste, das kosmopolitische Ideen ein von ihren nationalen Ursprungsstätten unabhängiges Dasein in der Geschichte führen.

1) Schon am Hofe des Königs Archelaos (ermordet 399) haben Hellenische Dichter und Musiker Aufnahme gefunden. Ebenso erfreute sich der Makedonische Fürst Amyntas († 370) Griechischer Bildung.

2) Alexander selbst lebte als Jüngling längere Zeit zu Theben in einer dem Epaminondas befreundeten Familie. Nach Diodor (XVI, 3) war der Ausgangspunkt der Phalanx in dem Synaspismus der Hellenischen Helden zu erkennen. Gs beit von Thilipp: ἐπενόησε τὴν τῆς φάλαγγος πυκνότητα καὶ κατασκινήν, μιμησάμενος τὸν ἐν Τροίᾳ τῶν ἡρώων συνασπισμόν.

8) Philipp ward im Jahre 339 von den Amphiktyonen zum Autokrator und Strategen mit selbständiger, keinem verantwortlicher Macht anerkannt.

4) Alexander ward nach Philipps Ermordung vom Synedrium zu Korinth zum Strategen Griechenlands ernannt. Diodor XVII, 4.

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