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dern sich darüber beym Erzbischof beklagen sollten. Die Abs sehung scheint aber doch geschehen zu seyn, indem schon am 22. Sept. 1554 ein anderer, vom Möllenvoigt, dem Rath und der Gemeine berufener, Prediger, Andreas Hoppe, in der Sudenburg war, welchen zwey eifrige Magdeburgische Prediger vergebens zur Annahme der Kirchenordnung zu bez reden suchten.

Diese Vorfälle, und der strenge, intolerante, auch gegen den noch katholischen Erzbischof und Landesherrn gerichtete, Inhalt der Kirchenordnung selbst, erregten beym Magistrat Unruhe und Bedenken gegen die ihnen zur Approbation vor: gelegte Kirchenordnung. Sie schickten ihre Zweifel und Eins wendungen dagegen an den zu Magdeburg noch immer sehr verehrten, damaligen Superintendenten Amsdorf zu Eises nach, und baten ihn um sein Urtheil in der Sache. Dieser aber billigte und vertheidigte nach seinem orthodoren Eifer die Kirchenordnung sehr, und ermahnte in einem Schreiben vom 29. Aug. 1554 den Magistrat dringend, darüber genau zu halten. Er rieth auch den Magdeburgischen Predigern, lieber die Stadt zu verlassen, als sich die Kirchenordnung wieder nehrnen zu lassen. Der Superintendent Sarcerius zu Eisleben, der Hofprediger Stolz oder Stoffel zu Weis mar, ja ganze Ministerien, z. E. zu Hamburg, Lüneburg und Braunschweig, gaben ihr ebenfalls in eignen Schreiben und Gutachten den stärksten Beyfall. Der nach dem Pass fauischen Vergleich wieder als Superintendent nach Regenss burg zurückgegangene ehemalige Pastor an der Ulrichskirche, Nic. Gallus, billigte die Kirchenordnung ebenfalls sehr, und vertheidigte besonders die in derselben angeordnete Ercoms munication oder den Kirchenbann, in seinem Schreiben an den Magistrat und ans Ministerium zu Magdeburg aufs âus

Berste. Nun widerfeßte man sich zu Magdeburg dieser ftrens gen Kirchendrdnung nicht weiter, und sie ward mit Genehs migung des Magistrats gedruckt und publicirt, auch 1605 auf ausdrückliches Verlangen des Magistrats von neuem herausgegeben. *)

Die im Schmalkaldischen Kriege, besonders über das Interim, unter den Protestanten entstandenen heftigen the ologischen Streitigkeiten, woran man gleich bey ihrem ers Sten Ursprunge zu Magdeburg den lebhaftesten Antheil ges nommen hatte, fanden auch nach der Belagerung noch mehs rere eifrige und heftige Theilnehmer unter den Predigern das felbst. Der Erzzånker unter den Theologen damaliger Zeit, Matthias Flacius, hatte zu Magdeburg mehrere Jahre hins durch in und nach dem Schmalkaldischen Kriege Schuß und Sicherheit gefunden, und verschiedene Magdeburgische Pres diger waren seine Freunde und Anhänger. Seit 1557 war er Professor der Theologie auf der neuen Universität Jena, wor zu die Söhne des unglücklichen Churfürsten Johann Frie: drichs schon am 19. März d. J. 1548, nach der Abtretung Wittenbergs, den Grund gelegt, und welche sie im J. 1555 noch mehr dotirt hatten, welche auch unter dem 15. Aug. 1557 vom Kaiser Ferdinand confirmirt, und dann am 2. Febr. 1558 feierlich eingeweihet ward. Hier bemühte fich Flacius und sein Anhang, nach dem geheimen Wunsch und unter dem Schuß gedachter Söhne des Churfürsten Jos hann Friedrichs, welche den Verlust der Churwürde, des Churkreises und der darin gelegenen Universität Wittenberg, so wie des Directoriums unter den Protestanten, nicht vers

•) Kettners Magd. Clerus S. 507

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529. 674 681. 814

819. El. Pomar. Belag. Magd. Vorrede fol. 4 verf.

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fhmerzen konnten, die Wittenberger Theologen, beson: ders den guten, gelehrten, im größten Ansehen stehenden Melanchthon, in den Ruf der Keßherey zu sehen, und das durch die Universität Wittenberg herunter zu bringen, hine gegen die Universität Jena desto mehr zu heben. Melanch thon hatte den Flacius überdem bey seinem Magister: Eras men prostituirt, und ward dafür von ihm mit unversöhnlis her Feindschaft und unablässiger Rachsucht verfolgt bis zu seinem den 19. April 1560 erfolgten Tode.

Vergebens wünschten und bemühten sich die mehrsten wohldenkenden protestantischen Fürsten, unter ihren Theo logen Frieden und Einigkeit wiederherzustellen. Sie hielten deswegen im Jun. 1557 zu Frankfurt einen Convent, wo: Ju man aber die Stadt Magdeburg, aus Furcht vor dem ors thedoren Eifer und der Streitfucht ihrer Prediger, einzulas den sich nicht getraute. Der Magdeburgische Magistrat wandte sich daher schriftlich mit der Bitte an den Convent, ihre Prediger nicht ungehört zu verdammen, welches derselbe auch nicht beabsichtigt zu haben versicherte, und die unterlasses ne Einladung entschuldigte. Als bey dem merkwürdigen, jedoch ebenfalls fruchtlos gebliebenen, Religionsgespräch oder Colloquium zu Worms mit den Katholiken im J. 1557, die Uneinigkeit der protestantischen, besonders der Chursächsi: schen und Herzoglichsächsischen Theologen, zum großen Schar den der Protestanten völlig ausgebrochen und laut geworden war; so suchten die mehresten auf dem Krönungs: Reichs tage zu Frankfurt im J. 1558 anwesenden protestantischen Fürsten, durch einen daselbst am 18. März d. J. errichteten Receß oder Abschied, die theologischen Zänkereyen zu unter drücken, und die besonders gegen die Katholiken, so nöthige, Eintracht unter sich zu befördern. Der Magistrat zu Mage

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deburg verlangte über diesen, ihm zur Annahme mitgetheilten, Receß ein Gutachten von seinen Predigern, welches der eis frig orthodore Pastor Wigand an der Ulrichskirche aufseß, te, und worin sehr viel gegen den Receß erinnert, beson: ders das darin befindliche ernste Verbot des heftigen Eiferns und Scheltens gegen Andersdenkende, sehr getadelt ward. Die Theologen zu Lübeck, Hamburg und Lüneburg erklärten sich darüber, wie die Magdeburger. Die Herzoglichsächst; schen Theologen, besonders zu Jena, fanden nach dem Wunsch ihrer Fürsten noch mehr dagegen einzuwenden, und brachten ihren Herrn, den regierenden Herzog, Johann Friedrich den Mittlern, dahin, daß er der strengortho doren Parthey eine Synode auf den 16. May 1558 zu Mag: deburg vorschlug, um daselbst die Andersdenkenden förmlich zu verdammen. Der Magistrat zu Magdeburg hatte aber nicht Lust zu einem neuen Kriege, und besorgte nicht ohne Grund: daß er sich durch die Gestattung dieser Synode in den Ringmauern der Stadt, die an den Frankfurter Receß Theil habenden Fürsten zu Feinden machen würde. Er schüß: te also die schweren Zeiten vor, und bat, die Synode in einer andern Stadt zu halten. Nun kam sie gar nicht zu Stan: de. Desto heftiger bestritt und verdammte man aber in Schriften und auf den Kanzeln die Andersdenkenden oder vermeinten Keher. Diese benannte man: theils Interis misten, welche das Interim in einigen Puncten gebilligt und angenommen hatten; theils Adiaphoristen, wels che gottesdienstliche Ceremonien, und einige strengorthodore Lehrfäße, für unbedeutend oder gleichgültig erklärten, und behaupteten, daß man darin um des Kirchenfriedens willen wohl etwas nachgeben könne; theils Majoristen, welche mit dem ehemaligen Rector zu Magdeburg, damalis

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gen Profeffor zu Wittenberg, Georg Major, auch gute Werke, und nicht den Glauben allein, zur Seeligkeit nos thig hielten; theils Synergisten, welche behauptes ten: daß die Seelenkräfte, besonders der freye Wille des Menschen, bey der Bekehrung mitwirken müßten; — theils Osiandristen, oder Anhänger des Osiander in Preussen, und gesellte dann zu ihnen gewöhnlich auch die Zwinglianer und Kalvinisten, oder die sogenannten Sacramenti: rer, *).

So wenig auch der gemeine Mann in Magdeburg von diesen Streitigkeiten oder vermeinten Kekereyen verstand; so sehr nahm er, durch die Heftigkeit seiner Prediger gereizt, Ans theil daran, und glaubte der sogenannten reinen Lehre an: hingen, und jene Keßer verabscheuen zu müssen, deren Nas men oft genug pon den Kanzeln ertönten. Die stärksten Ei: ferer zu Magdeburg waren der schon genannte Pastor Wis gand an der Ullrichskirche, und sein College und Diaconus, Matthaus Juder. Wigand hatte schon dawider geeifert, und den Magistrat deswegen laut und bitter getadelt, daß er im J. 1558, in dem Wollmirstedtschen Vergleich mit dem das mals noch katholischen Erzbischof und dem Domkapitel, diesen die ungehinderte freye Uebung ihrer Religion, unter den Namen der altkatholischen, im Dom zugestanden hatte. Dieser Wigand hatte auch seit d. J. 1553 das Amt eines Superintendenten zu Magdeburg versehen, welches der das malige Senior, und seit Mirißens Tode im J. 1527, Pastor an der Johanniskirche, Lucas Rosenthal, Alters und

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*) Chytræi Saxon, lib. 19. p. 553. 557. Håberlins neueste Deut. sche Reichsgesch. B. 3. S. 214468, 471 487.

· 217. 267. 268. 461

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