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Dies Lehte, was Wallenstein vergeblich versucht hatte, war nun dem Tilly endlich gelungen; aber anstatt einer reichen blühenden Stadt, hatte er nur einen gråßlichen Leichen Schutt und Aschenhaufen gewonnen, und sich der besten Früchte seiner Eroberung durch seine und seiner Soldaten Grausamkeit selbst beraubt, - Die kaiserlichen Generale, vornehmlich Pappenheim, suchten daher auch die wohlverdienten Vorwürfe deswegen, hauptsächlich über die grausame Einåscherung der unglücklichen Stadt, móg lichst von sich abzulehnen, Pappenheim betheuerte sogar bald nachher zu Helmstedt, bey einem großen Gastmahle, mit einem förmlichen Eide: daß er an der Einäscherung Magdeburgs unschuldig sey, und bat die anwesenden Pro: fefforen, dies doch der Welt zu sagen, wenn einer oder der andere von ihnen etwa die Geschichte dieses Krieges Schriebe. Allein wie wenig er hier die Wahrheit gesagt habe, erhellet aus dem Zeugniß des kaiserlichen Generals, Grafen von Fürstenberg, oder von Fugger, (in Wassens Bergs deutschem Florus S..213.) welchem Pappenheim ausdrücklich gestand; daß er selbst ein Haus in der Stadt anzuzünden befohlen habe, um die Bürger von der Ge genwehr abzuhalten; welches auch andere kaiserliche Offis fiere und Soldaten bezeugt haben. Dieser Befehl mochte freylich wohl, wider seinen Willen, von den wütenden Sol: daten, zur Anzündung mehrerer Häuser mit Pechfrånzen und dgl, gemißbraucht worden seyn, Daß aber die unglücklichen Einwohner selbst, aus Verzweiflung die Stadt angezündet hätten, wie ihnen ihre grausamen Feinde Schuld gaben, ist aller Wahrscheinlichkeit und ale len glaubwürdigen Machrichten davon, gänzlich zumiz der. Alles, was man zugeben fann, ist dies: daß durch

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unvorsichtiges Umgehen mit Feuer und Licht in der ents sehlichen Verwirrung und Betäubung, vielleicht auch durch das Feuer auf den Heerden, allenfalls wohl irgendwo in den Bürgerhäusern, ohne Zuthun der Soldaten, Feuer aufgekommen seyn könnte.

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Die Nachricht von dieser Eroberung und Zerstörung Magdeburgs machte überall, besonders in Deutschland, eine unbeschreibliche Sensation. Dies schreckliche Schicks sal einer blühenden, volkreichen Stadt machte schon das mals, wie noch jeßt, das innigste Mitleid und Bes dauern jedes menschlich und unpartheyisch Denkenden regeMehrere mit Sturm eroberte Städte hatten zwar auch, selbst noch in neuern Zeiten, ein schreckliches Schicksal,` wie z. E. Oczakow und die Warschauische Vorstadt Prag. Aber so schrecklich, wie das Schicksal Magdeburgs, war es schon darum nicht, weil in den mehresten solcher er: fürmten Städte zwar das Schwerdt eines erbitterten, wütenden Feindes, aber nicht auch in Verbindung damit das mordbrennerische Feuer, wie in Magdeburg, gräßs lich wütete, und das Unglück der armen Einwohner auf den höchsten Gipfel brachte. Selbst vernünftige Kas tholiken mißbilligten die an Magdeburg verübte unmensch; liche, unerhörte Grausamkeit; obgleich Jesuiten und ans dere katholische Eiferer, so wie der gemeine und kurzsich; tige Haufe unter den Katholiken, über diese Eroberung frohlockten und triumphirten, - Die Protestanten aber weckte die schreckliche Nachricht davon mit einmal aus ih rer Unentschlossenheit und Unthätigkeit. Dies grausen: volle Schicksal Magdeburgs erweckte der Sache der deuts schen Protestanten, und ihres Retters und Beschüßers,

Gustav Adolphs, so viele Freunde und Vertheidiger, als sie der kaiserlichen und katholischen Parthey Feinde und Widersacher, und zugleich Abscheu und Unwillen, zu: zog. Sehr merkwürdig ist, was ein Geschichtschreiber' nicht lange nachher davon urtheilte.,,Entseßen, sagte ,, er, verbreitete sich durch Magdeburgs Untergang in ,, ganz Deutschland, besonders in den Städten. Dieje ,,nigen Protestanten, welche noch unschlüssig waren, zu ,, welchem Theil sie sich schlagen sollten, wurden nun im ,,mer mehr den Schweden geneigt. Ferdinands Gewalt ,, wurde noch immer verhaßter, dadurch, daß wegen des ,, ihm verweigerten Gehorsams diese Stadt so abscheulich ,,hart behandelt worden war. Schmerzlich bedauerte ,, man die Zerstörung derselben, da es gelindere Wege ,,gegeben hätte, ihrer Meister zu werden, und sie dann ,, zu züchtigen. Und, was für ein Verbrechen in der ,,Welt, sagte man voll des stärksten Unwillens, konnte ,, eine solche Züchtigung verdienen, die sich auf die Hins ,,richtung aller Unschuldigen, und barbarische Verheerung ,, einer der blühendsten Städte Deutschlands erstreckte. Mit noch etwas zurückgehaltener Wut beschloß man ,,Rache desfalls zu nehmen, sobald nur das Glück dem ,,König von Schweden sich weiter günstig erzeigte. Sehns ,,lich erwartete man seine Ankunft, um vereinigt mit ,,ihm gegen den Kaiser ziehen, und dessen lange schon ,,verhaßtes Joch abschütteln zu können. "*)

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So mußte erst ein schrecklicher Schlag geschehen, ehe die Protestanten recht aufwachten, und es wagten, nach

*) Riccius de bello Germ. p. 241. bey Häberliu B. 26.

S. 299.

so vielem bisherigen Unglück, sich noch einmal ernstlich zum Kriege zu rüften, sich mit ihrem einzigen, noch übrigen Retter und Beschüßer, Gustav Adolph, näher zu vers binden, und mit ihm für die Erhaltung ihrer Religion, ihrer Glaubens und bürgerlichen Freyheit, unerschrocken und muthvoll zu kämpfen und zu siegen! unter der Leitung der Vorsehung,

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So mußte

die auch große Uebel

Magdeburgs Fall

in Wohlthat zu verwandeln weiß, und Untergang ein kräftiges Mittel werden, der Sache der Protestanten wieder aufzuhelfen, die aus Deutschland fast schon verdrängte, in leßten Zügen liegende, so wich: tige Glaubens und Gewissensfreyheit, von neuem zu gründen, und unerschütterlich zu bevestigen. So wohl: thatig mußte Magdeburgs Unglück auf Mitwelt und Nachs kommenschaft, bis auf unsere Zeiten, und in die fernere Zukunft hin, wirken, und so hatte die Stadt Magde: burg sich nun schon zum zweytenmal, für seine Glaubens: genossen, für die protestantische Religion, für Deutschs lands Freyheit, in die größte Gefahr gewagt und diesmal hingeopfert; aber sich auch dadurch unvergeßliche Vers dienste um Zeitgenossen und Nachwelt, und gegründeten Anspruch nicht nur auf ihr Mitleid, sondern auch auf ihre Bewunderung und ihren Dank erworben.

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Auf Gustav Adolph aber machte diese Begebenheit vor andern den stärksten Eindruck. Trauern, Entseßen und Rachbegierde erfüllten seine ganze Seele, und er vergoß Thränen bey der ersten unerwarteten schrecklichen Nachricht davon. Es that ihm unbeschreiblich weh, daß welcher er Hülfe und Rettung verspros

eine Stadt,

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chen, die solche so zuversichtlich von ihm gehofft hatte, —

gleichsam vor seinen Augen, an dem Tage, an welchem die Kaiserlichen, aus Furcht vor seiner Annäherung, die Schanzen an der Elbbrücke bey Dessau verlassen hatten, von den Feinden erobert und so jåmmerlich behandelt wors den war. Er mußte nun den Vorwurf fürchten, daß ihm, dem raftlos thätigen Helden, nur der Wille gefehlt habe, durch geschwinderes Vordringen, die mit ihm vers bundene Stadt zu befreyen. In einem eignen Manifeste stellte er zu seiner Entschuldigung der Welt die Ursachen vor Augen, warum er nicht zur rechten Zeit der, unglück: lichen Stadt habe zu Hülfe eilen können. Er betheuerte darin: daß er die Magdeburger mit Geld und Rath unterstüßt habe; daß sie aber selbst, bey der dringenden Noth, so wenig zu ihrer Rettung gethan, ja selbst Vers råther unter sich gehabt hätten; daß er sich auf die Chur: fürsten von Sachsen und Brandenburg so wenig håtte vers laffen können, ohne deren Unterstüßung er doch das weis tere Vorrücken zum Entsaß nicht sicher hätte wagen dür fen. Er schwur, daß er die Stadt an ihren Zerstörern hart rådhen, und den alten Corporal (Tilly) bis ans Ende der Welt verfolgen wolle, welches er arch durch verschiedene Siege über Tilly und die Kaiserlichen redlich erfüllte. Er nahm sichs vest vor, der unglücklichen Stadt kräftig wieder aufzuhelfen, woran ihn aber sein früher Heldentod bey Lüşen am 6. Nov. 1632, nur zu bald vers hinderte,

Die Kaiserlichen blieben nur kurze Zeit im Besiße der fürchterlichen Einöde, und des gräßlichen Schutthaus fens, worin sie das blühende Magdeburg verwandelt hats ten. Im Januar 1632 mußten sie theils aus Hunger

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