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fende Kraft jenes Gutachtens durch die von dem Verfasser desselben in seinem späteren Gutachten gegebene Erklärung, daß er bei Ausstellung des erstern durch eine Simulation des Beklagten getäuscht worden sei, jedenfalls in sehr erheblichem Grade geschwächt werden muß;

in Erwägung, daß daher nach diesem Ergebniß des auf die Anfechtung der Beweiskraft einer früheren Beweisurkunde gerichteten Gegenbeweisses etwa nur von einem durch einen richterlichen Eid zu ergänzenden oder hinwegzuräumenden Beweise die Rede sein könnte, daß aber die Erkennung eines solchen über eine Frage, wie hier vorliegt, als unzulässig erscheint und daher von dem jud. a quo mit Recht eine definitive Verurtheilung des Beklagten nach Maaßgabe des Klagantrages ausgesprochen worden ist; und

in schließlicher Erwägung, daß zu einer Verglei= chung der Proceßkosten keine Veranlassung vorgelegen hat;

wird auf eingelegte Recesse und eingereichte Unterinstanzacten, so wie stattgehabte mündliche Verhandlung, hiemittelst von Obergerichtswegen für Recht erkannt:

daß das angefochtene Erkenntniß des Pinneber-
ger Landgerichts 8. Januar v. J. zu bestätigen
und die Sache zur Vollstreckung desselben an
die Unterinstanz zurückzuverweisen, Appellant
auch schuldig ist, dem Appellaten die durch die
Appellation ihm angeurjachten Kosten, deren
Verzeichnung und Ermäßigung vorbehältlich,
binnen Ordnungsfrist zu erstatten.

Wie denn solchergestalt hiedurch erkannt wird
V. N. W.

Urkundlich . Gegeben im Königl. Holsteinischen Obergerichte zu Glückstadt, den 31. August 1863.

Der Beklagte wandte sich gegen dies Erkenntniß an das Holstein-Lauenburgische Oberappellationsgericht, erhielt aber den nachstehenden abschlägigen Bescheid.

Auf die am 2. November v. J. hier eingereichte Appellationsschrift des Eingesessenen Johann Diedrich Groth in Wedel, Beklagten und Deducenten, hierauf Contradeducten, jezt Appellanten,

wider

den Zubauer Jürgen Casper Röttger daselbst, Kläger und Deducten, hierauf Contradeducenten, jest Appellaten,

wegen Vollziehung eines Kaufcontracts jezt gegen das Erkenntniß des Holsteinischen Obergerichts vom 31. August v. J.

wird,

in Erwägung,

zur ersten Beschwerde: daß die gegenwärtige richterliche Aufgabe in dieser Sache, wie auch in beiden vorigen Instanzen angenom= men worden, keineswegs auf die Prüfung des durch das Restitutionsdecret vom 18. Mai 1861 freigelaffe= nen Gegenbeweises sich beschränkt, sondern ebenfalls über den vom Beklagten früher zu führen unternommenen Hauptbeweis unabhängig von dem in dieser Hinsicht durch das erwähnte Restitutionsdecret suspendirten Erkenntnisse der Landdrostei vom 23. April 1850 geurtheilt werden soll, dergestalt, daß die von beiderseits Parteien für das Wahrsein resp. Nichtwahrsein der zum Beweise verstellten Thatsache beigebrachten Beweisgründe gegen einander abzuwägen sind, um zu ermessen, ob der Hauptbeweis ganz oder theilweise hergestellt sei;

in Erwägung nun, daß das erste Gutachten des Physicus rom 29. November 1849 noch nicht aus dem Grunde entwerthet ist, weil der Verfasser in seinem zweiten Gutachten vom 23. September 1859 die in dem ersten Gutachten ausgesprochene Ueberzeugung, daß Groth nicht bloß an natürlicher Schwäche der geistigen Anlagen leide, sondern auch mit Geisteskrankheit behaftet fei, für irrthümlich erklärt und dagegen seine nunmehr gewonnene, berichtigte Ueberzeugung dahin ausgesprochen hat, daß Groth ganz gewiß nicht blödsinnig und eben so wenig wahnsinnig sei, daß alle Folgerungen, die er früher aus den simulirten Wahnsinnsparorysmen des Groth ziehen zu müssen geglaubt habe, in sich zerfallen und nichtig seien und daß eine solche Ausartung der natürlichen Geistesfähigkeit in Zweifel gezogen werden dürfte, sich nicht nachweisen lasse;

indem nach Maaßgabe der Bestimmung eines Be= weises durch Kunstverständige, nämlich dem Richter als Hülfsmittel zur Erkenntniß der Wahrheit zu dienen,

vor allen Dingen die Kraft der besseren Gründe für die Berücksichtigung des einen oder des andern Gutachtens den Ausschlag geben muß;

in Erwägung sodann, daß der Physicus vor Erstattung seines ersten Gutachtens den Groth nur viermal, und zwar in dem furzen Zeitraum vom 24. Sep tember bis zum 9. October 1849, beobachtet hatte, da gegen die Abgebung seines im Jahre 1857 erforderten zweiten Gutachtens bis zum 23. September 1859 hinausgeschoben und während dieser ganzen Zeit den Groth sehr häufig gesehen und mit ihm sich unterhalten hat, um in dieser Sache, da es ihm schwer geworden sei, von der Irrthümlichkeit seiner früheren Auffassung sich zu überzeugen, möglichst sicher zu gehen, - daß das her für die Gründlichkeit der von dem Physicus vor dem zweiten Gutachten angestellten eigenen Beobachtungen mehr Gewähr gegeben ist, als in Ansehung derjenigen Beobachtungen, welche derselbe vor dem ersten Gutachten angestellt hatte;

daß in dem ersten Physicatsgutachten manches dem Verfaffer an die Hand gegebene Material für wahr angenommen ist, obwohl begründete Zweifel stattfinden, so namentlich die von Michael Breckwoldt und von Groths Schwefter hinterbrachte Nachricht, daß Groth von Freitag Abend den 5. October bis Montag Abend den 8. October 1849 während des damaligen angeblichen Parorysmus weder Speise noch Trank genossen habe, da doch aus den Depositionen der beeidigten Zeugen Johann Hinrich Brügmann, cfr. ad art. 17, ersichtlich, daß Groth sonst, wenn er sich auf den Boden verkrochen hatte, sich Essen und Trinken heimlich nach seiner Lagerstätte zu holen pflegte;

so ferner die von Groth am 7. October und 9. October 1849 in Gegenwart des Physicus angeblich ge= habten Visionen und Hallucinationen, da doch der beeidigte Zeuge Brügmann, cfr. ad art. 18, nie verwirrtes Zeug aus Groths Munde gehört hat und die beeidigte Zeugin Wittwe Wenck nur einmal eine verwirrte Rede Groths darin gefunden zu haben vermeint, daß derselbe unwillig auf die Mädchen gewesen, weil sie die Kahen nicht gefüttert hätten, so ferner die in sich vollkommen unglaubwürdige Erwiderung Groths am 9. October 1849 in Pinneberg auf des Physicus Frage, ob er zu Fuß oder zu Wagen hergekommen

sei? welche Antwort wörtlich dahin lautete: „da weiß ich nichts ab, es ist so und bleibt so, ich weiß gar nicht, wie ich her gekommen bin!"

in Erwägung dagegen, daß das dem zweiten Phyficatsgutachten hauptsächlich mit zu Grunde liegende in der Untersuchung wegen Betrugs wiederholt in übereinstimmender Weise abgelegte Geständniß des Groth, daß er auf Anftiften seines Schwagers Breckwoldt vor dem Physicus Verrücktheit simulirt habe, um den Verfauf der Stelle an Röttger zu vereiteln, durchaus glaubwürdig ist, da die Thatsache der früheren Verstellung schon dadurch außer Zweifel gesezt wird, daß Groth in den Jahren 1857 bis 1859 dem Physicus alle Einzelnheiten derjenigen Vorgänge, die im Jahre 1849 bei und nach dem damals vom Physicus beobachteten angeblichen Parorysmus des Groth zwischen beiden stattgefunden haben, genau wieder anzuführen im Stande gewesen ist, während derselbe doch am 24. September 1849 dem Physicus seine Krankheitsparoxysmen dahin bestimmt beschrieben hatte, daß er sich beim Herannahen des Anfalles auf dem Boden zu verkriechen pflege, nachher aber, wenn er wieder zu sich gekom men sei, von demjenigen, was inzwischen mit ihm ge= schehen sei. gar keine Erinnerung habe;

daß der angegebene Zweck der damaligen Simulation auf einem wohlberechneten angeblich von dem Schwager Breckwoldt ausgedachten Plane beruhte und des Breckwoldt vermittelnde Geschäftigkeit zwischen Groth und dem Physicus bei Gelegenheit der gerichtsärztlichen Untersuchung vom Jahre 1849 die späteren Angaben des Groth über Breckwoldt's erwähnte Betheiligung allerdings zu unterstüßen geeignet erscheint;

daß der von Groth im Verhöre vom 12. Februar 1861 versuchte, indeß gleich wieder fallen gelassene Widerruf seines Geständnisses keine Beachtung verdient, da Groth selbst als das Motiv zu solchem Widerrufe die Furcht vor der ihm angekündigten Strafe des Betrugs bezeichnet hat;

daß der Einwand, als ob den von Greth in der Untersuchung wegen Betruges abgelegten Geständnissen deshalb für den nachfolgenden Civilproceß keine, Beweiskraft beigemessen werden könne, weil Groth sich derzeit und bis zum 2. August 1860 noch unter Curatel befunden habe, der rechtlichen Begründung er

mangelt, da hier lediglich Geständnisse in Frage stehen, welche keinen Dispositivact enthalten, die Wahrheit aber auch von einer unter cura stehenden Person ohne Curator gesagt werden kann,

daß der Einwand, als ob durch den Bescheid des Obercriminalgerichts vom 14. Mai 1861 bereits der Beurtheilung der Beweisfrage in bindender Weise präjudicirt sei, ungegründet ist, da in dem erwähnten Bescheide des Obercriminalgerichts blos der Ausspruch enthalten ist, daß Verrücktheit des Groth möglich sei, während nach dem Beweisinterlocute vom 24. April 1850 bewiesen werden soll, daß solche nicht blos möglich, sondern wirklich vorhanden gewesen sei,

daß nach allem Vorbemerkten die wesentlichsten Grundlagen des zweiten Physicatsgutachtens für völlig sicher gestellt und die daraus gezogenen schlüssigen Folgerungen, namentlich in Ansehung der Entwerthung des ersten Gutachtens, aus inneren Gründen als richtig anzuerkennen sind, und da auch die Aussagen der beiden eidlich vernommenen Zeugen diesem Resultate nicht entgegen stehen, die erste Beschwerde zu verwerfen ist;

in Erwägung,

zur zweiten Beschwerde,

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daß diese weder in der Rechtfertigung noch in der Oberappellationsgericht zu Kiel, den 10. Februar 1864.

1

Holsteinische Anzeigen.

Redigirt von den Obergerichtsräthen Etatsrath Henrici und Lucht.
Gedruckt bei Augustin in Glückstadt.

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Den 14. März 1864.

Besizer sämmtlicher Högersdorfer Hufenstellen, darunter auch der Vorbesiger des Beklagten, sein noch lebender Vater, mit Ausnahme des Besizers der Gosch'schen Hufenstelle, zusammengetreten und hätten damals die Vereinbarung getroffen, es solle fortan immer so verhalten werden in Hözersdorf, daß der Bauervogt gleich den übrigen Hufnern die auf dieser Commüne haftenden Wegelasten tragen solle, und müsse deshalb der Beklagte, wenn gleich er sonst als Bauervogt von den Wegelasten befreit sein werde, mit zu den Wegelasten concurriren, weil er jegt seines Vaters Hufenstelle besize. Vom Beklagten ward hiergegen geltend gemacht, daß offensichtlich aus einem Commünebeschluß geklagt werde und die Kläger daher zur Sache nicht legitimirt

den Bauervogt Ramm daselbst, Beklagten und Appel- wären, und vom Amthause ward demnächst erkannt,

laten,

wegen verweigerter Wegearbeit,

ergeben die Acten:

Nachdem im Februar 1862 sämmtliche Hufner der Dorfschaft Högersdorf die Verpflichtung des Bauerregts beansprucht hatten, die seiner Hufe zugefallenen Wege zu reficiren, weil vor ungefähr 10 Jahren in Högersdorf der Beschluß gefaßt worden, daß der Dorfsbauervogt in Zukunft immer die gleichen Wegelasten mit den übrigen Hufnern tragen solle. ward es durch Amthausbescheid den Hufnern vorbehalten, ihre Ansprüche auf dem Wege Rechtens geltend zu machen. Unterm 30. Juni selbigen Jahres brachten die jeßigen Kläger beim Amthause einen Audienztermin aus, in welchem sie bemerkten, im Herbste 1844 wären die vormaligen

daß die Kläger mit ihrer Klage wegen mangelnder activen Legitimation zur Sache unter Verurtheilung in die Kosten ab- und zur Ruhe verwiesen werden.

narium und brachten in ihrer beim Segeberger AmtsWider solches laudum provocirten Kläger ad ordigericht erhobenen Klage vor:

Im Jahre 1844 kurz nach dem Ableben des Bauervogts Hufners Gosch wären die Hufner der Dorfschaft mit dem Sohne dieses Gosch als vorläufigem Vertreter in der Bauervogtschaft in eine Differenz darüber gerathen, ob der Bauervogt gleich den andern Hufnern Wege mit bessern solle. Ju Veranlassung dieser Differenz wären 6 damalige Hufenbesiger mit dem Besißvorweser und Vater des Beklagten zusammengetreten

und hätten die Vereinbarung mit einander getroffen, daß in Zukunft der Bauervogt in Högersdorf gleich den übrigen Hufnern die auf diese Commüne fallenden Wegelasten mit tragen solle. Der im spätern Verlaufe selbigen Jahres Bauervogt gewordene Vater des Beklagten habe nicht minder wie Leßterer bis zum Anfange dieses Rechtsstreits demgemäß an den Wegelasten Theil genommen. Seit Kurzem weigere sich indessen der Beklagte unter Berufung auf seine ihm als Bauer vogt zustehende Freiheit von Wegelasten, die seiner Stelle zugetheilte Wegeflage zu unterhalten, die deshalb von Amtswegen öffentlich verlicitirt worden wäre. Ihren Klagantrag richteten Kläger auf das Erkenntniß: daß der Beklagte schuldig, als Hufner in Högersdorf gleich den andern dortigen Hufnern an den vorkommenden Wegearbeiten sich zu betheiligen, insonderheit die rücksichtlich seiner in Högersdorf belegenen Hufenstelle seinem Vater und Besißvorweser in der Segeberg- Bramstedter Nebenlandstraße durchs Loos zugefallenen Wegestrecke auf sich zu nehmen, auch die durch die obrigkeitlich angeordnete Bearbeitung dieser Wegestrecke den Klägern erwachsenen Kosten, s. d. et m., zu vergüten und die Proceßkosten zu erstatten. Der Beklagte opponirte hiergegen:

1) die Einrede der an das Gericht nicht erwachsenen Streitfache mit dem Bemerken, die Vorschrift des § 60 der Wegeverordnung vom 1. März 1842, wornach Wegestreitigkeiten zwischen Privatpersonen nur dann auf den Weg Rechtens gelangen könnten, wenn sie nach vergeblich gemachtem Versuche zur gütlichen Erledigung von der betreffenden Districtsobrigkeit auf den Weg Rechtens verwiesen worden wäre, jei im vorliegenden Falle nicht erfüllt worden. Wenn gleich dieselbe Frage, ob nämlich der Bauervogt wegepflichtig sei, am 6. Februar 1862 von dem Segeberger Amt hause erörtert worden, so hätten sich doch damals ganz andere Parteien, als die jetzigen, einander gegenüber gestanden. Damals nämlich wären die sämmtlichen Hufner der Dorfschaft Högersdorf dem Beklagten gegenüber getreten und hätten sich dabei auf einen Commünebeschluß berufen, wogegen jeßt dem Beklagten einzelne Hufenbefizer gegenüber ständen, die sich nicht auf einen Commünebeschluß, sondern auf eine Privatvereinba

rung beriefen. Es wären demnach auch nicht die jeßigen Kläger, sondern die Dorfscommüne Högersdorf, die derzeit durch die sämmtlichen Hufner vertreten worden, von dem Amthause mit ihrem wider den Beklagten erhobenen Anspruch auf den Weg Rechtens verwiesen;

2) die Einrede der fehlenden Activlegitimation, weil dak, was die Kläger als Privatvereinbarung darzustellen suchten, angesichts des Gegenstandes, um den es sich handle, offensichtlich nur als Commünebeschluß aufgefaßt werden dürfte, der nicht die jeßigen Kläger, sondern nur die Commüne zur Klage berechtigen könne. Auf Grund dieser Einrede beantragte Beklagter die Abweisung der Klage ref. exp.

Event. ward die von Klägern behauptete Vereinba= rung mit dem Hinzufügen in Abrede gestellt, daß, wenn auch Beklagter bis zum Beginn dieses Rechtsstreits an den Wegearbeiten Theil genommen, solches keinesweges deshalb geschehen sei, weil er sich dazu verpflichtet erach= tet, sondern weil er eben nicht weiter darüber nachgedacht habe. Sodann suchte der Beklagte auszuführen, daß, selbst wenn die von Klägern behauptete Vereinbarung zu Stande gekommen wäre, die Klage dennoch nicht begründet sei. Denn nach Inhalt der dem Be= flagten ertheilten Bestallung sei er von der Concurrenz zu den Wegelaften befreit. Weil diese Befreiung ein dem Amte und nicht der Person anhaftendes Recht sei, so wären die Kläger oder deren Besigvorweser zur Disposition über dieses Recht nicht berechtigt. Eine hierüber getroffene Vereinbarung könne jedenfalls nur dann verbindliche Kraft haben, wenn sie unter Vertretung und mit Genehmigung des Amthauses zu Stande gekommen sei. Ueberdies sei die in Rede stehende Vereinbarung kein pactum reale, fondern entweder ein Commünebeschluß oder eine persönliche Vereinbarung, die den Beklagten, da er daran nicht Theil genommen habe, nicht binden könne.

Nachdem re- und duplicirt worden, ward vom Amts= gerichte unterm 23. Mai 1863 erkannt: *)

*) Die diesem Erkenntnisse vorangeschickten Entschei dungsgründe lauten:

In Erwägung, daß es sich nach dem Inhalte der Klage in der vorliegenden Sache darum handelt,

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