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II.

über Serbien.

Mit einer Karte *).

Von U. von Weingarten, Hauptmann im kaiserl, östreichischen Generalquartiermeisterstabe.

Das

as Land, welches mehrere Jahrhunderte hindurch den entscheidendsten Antheil an den Ereignissen im Osten Europa's genommen, mit dessen Geschichte der Verfall. des byzantinischen Kaiserthums und die erobernden Fortschritte der osmanischen Waffen im nächsten Zus sammenhange stehen; das Land, auf dessen Throne Selbstherrscher mit dem Königstitel in langer Reihe, und Kaiser, wenn schon in kürzerer Zeitfolge, doch

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*) Die diesem Auffage beigefügte Übersichtskarte ist nach den besten gestochenen Karten, mit Benütung vieler gezeichneten Plane, Rekognoszirungsaufnahmen und Reiseberichte entworfen. Die geographischen Ephe. ~ meriden und alle sonst bekannten astronomischen Bestimmungen sind bei Eintragung der Hauptpunkte sorgfältight zu Rathe gezogen worden. Die Entfernungen der Orte auf den bereisten Wegen sind nach den Berichten der Reisenden angemerkt, und zu dies sem Ende die Entfernungsorte, die Dorfschaften, Deren in ihren Wegebeschreibungen Erwähnung' geschieht, und die Wege felbst, welche sie zurückgelegt, oder über welche sie von den Bewohnern sichere Kundfchaft eingezogen, so wie die befestigten Märkte, Palanken oder Schlösser besonders bezeichnet.

anerkannt von den Fürsten und Völkern ihrer Zeit ges sessen haben; das endlich, unterjocht und zinsbar, beraubt jeder Ausübung freyer Kraft durch die Eizenmacht rauher und kriegerischer Gewalthaber, herabgesunken bis zur leibeigenen Unterwürfigkeit, sich dennoch wieder selbstständig und kraftvoll zu einem kühnen und ungleichen Kampfe erhob, und ihn, nach anstrengender Dauer mit, nicht preifeslosem Erfolge endete: dieses Land ist es allerdings werth in seinen gegenwärtigen Gränzen näher gekannt, nach seiner topogra= ;phischen und statistischen Lage genauer beschrieben, und die Mittel und Kräfte, welche eine nicht karge Natur und der, wenn gleich weitzurückstehende, Grad seiner Bildung ihm, geben, gründlicher erwogen und gewürdigt zu werden.

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Die Hindernisse, welche sich jedoch der nähern Kenntniß aller Länder entgegen stellen, die der Halbmond beherrscht, haben auch von diesem wißbegierige Reisende zurückgeschreckt, oder die Versuche ihrer Nachforschungen vereitelt. Der geringe Verkehr der Bewoh ner mit dem Auslande, und die wenigen Verbindungen auf großen Theils unwegsamen Straßen, erschwe ren dem Belehrung suchenden Wanderer die Fortschrit te auf einem Pfade, auf dem ihn das argwöhnische Auge der Regierung mit solcher Strenge verfolgt, daß der leiseste Verdacht ungewöhnlicher Absichten die rücksichtsloseste Mißhandlung, oder selbst den Tod, zur Folge haben würde.

Nur jene Strecken, welche der Krieg durchzog, der in dem leßten Jahrhundert Östreich und die Pforte entzweite, sind durch die Bewegungen der Heere, durch die Berichte ausgesandter Offiziere, näher bekannt

worden. Nur die zerstreuten Angaben solcher Männer, die, vertraut mit der Gefahr und dem Ungemache, der Landessprache und der Lebensweise der Bewohner, auch jene entfernteren Gegenden zu betreten gewagt hatten, welche der tiefe Betfall der Bildung und oft wiederkehrende Verheerungen verödet, werfen ein karges Licht auf den Zustand der übrigen, beinahe ganz fremd und unbekannt gewordenen Theile des Landes, und dienen allein zur Richtschnur, ein ungefähres Bild von Sere biens Gränzen, von seinen Gebirgen und Gewässern, seinen Verbindungen und Anbau, seiner Bevölkerung und dem Zustande seiner Bewohner zu entwerfen.

Serbiens jeßiger Umfang ist weit von jenem unterschieden, den es in früheren Zeiten unter der Bes nennung Serbiens und Rama begriff. In der toch entfernteren Periode des abendländischen Kaiserthums, ehe der Name des einwandernden Volkes feine ersten Benennungen verdrängte, gehörte der größte Theil des Landes zu Mösien, und seine Bewohner hießen Bessen zunächst dem Gebirge des Hömus; Skordisker am Skordus, heute Kolteniaz Gebirge; Dardanier von den Quellen des weißen Drins bis zu seiner Vereini gung mit dem schwarzen, und in den Hochgebirgen an der Morake und Narente; Triballer endlich am Zusammenflusse der Donau und Save. In dem Zeitrau me des letzten Jahrhunderts vor Chr. G. bezwangen die Römer mit den Waffen das Land, und verwalteten es gleich ihren übrigen unterworfenen Provinzen, die Wohnsize der kriegerischen Dardanier ausgenommen, denen sie, als Bundesgenossen; freye eigene Verwaltung zugestanden. Mit den Einwanderungen der Hunnen, Osigothen, Longobarden fiel Rems Ober

herrschaft, und nach der wechselnden Übermacht barba rischer Völkerstämme gewann 550 Jahr nach Chr. G. Kaiser Justinian diese Provinzen dem morgenländischen Reiche, das sie nach kurzem Besite wieder an die Obergewalt der Avaren verlor. Als auch die Macht dieses Volkes gebrochen war, erschien ein slavischer Stamm, die Szerbier (Szerbli), von den weißen Sorben stam mend, die im Lande der Boika (Streitbaren) zwischen Deutschland, Turkoman und Groß-- Charwaten wohn= ten, an der Donau, und breitete sich nach und nach in feinen gegenwärtigen Wohnsißen aus. Früher hatte ein Theil von ihnen auch in Theffalien eine Stadt Ser bicza gegründet; ein anderer Theil wandte sich nach dem heutigen Dalmatien, das sie unter dem Namen der weißen Serbier, Bieli Szerbli, bewohnten.

Bon den sanfteren Sitten der benachbarten Griez chen angezogen, nahmen die Eingewanderten deren Glauben und Geseße an, rotteten die weiten Waldungen aus, die das Land bedeckten, und machten den Boden urbar. Städte und Dörfer erhoben sich in dem bisher menschenleeren Lande, und so wie die Bevölkerung sich schnell vermehrte, breiteten sie sich auch weiter aus über Bosnien, Zachulmenien, Narentá und Dioclea, entwandten sich der Oberherrschaft der schwa= chen Nachfolger des griechischen Heraclius, und so wie sie einem obersten Anführer gehorchten, den sie Schupan nannten, seßten sie Befehlshaber, Unter - Schue pane, über die von ihnen unterworfenen Provinzen.

Die Nachbarschaft der wilden ungezügelten Bulgaren jenseits der skordischen Berge fachte blutige Kries ge zwischen den beiden Völkern an, die im Jahre 924 mit der gänzlichen Verheerung und Unterjochung Sevs Öst. milit. Zeitscheift, 1820. I.

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biens endeten. Auf kurze Zeit entriß Tziasław Klominirowitsch (der Wiederhersteller) sein Vaterland dem fremden Joche. Aber unter dem Schupan Wladimir aufs Neue von den Bulgaren unterworfen, blieb es bis zum Untergange ihres Reiches in deren Gewalt. Der Kaiser Basilius Bulgaroctomus, der diese gebrochen, und die eigene Macht bis an die Donau erweiterte, verwandelte auch Serbien im Jahre 1018 in eine by. zantinische Provinz.

Stets zum Aufruhr und zur Abschüttlung des griechischen Foches geneigt, traten die Serbier, aufgez regt von kriegerischen Führern, wie Boistlav, Bodin, Bulcan und Urosch, der Stammvater der neemanischen Herrscherlinie, in Bündnisse mit den Hungarn, wele che fortwährende Feindseligkeiten mit dem byzantinischen Throne entzweiten, und verwildert in rasiloser Fehde, lebten sie als Wald- und Bergbewohner, dem Ackerbau entsagend, vom Ertrage ihrer Heerden, von der Bienenzucht, und von dem Raube benachbarterLänder. Die Spuren früherer Bildung gingen in den Gräueln des Zeitalters unter, und einzelne untergeordnete Landschaften wurden entrissen, oder machten sich unabhängig. So ward Bosnien (1153) ein eigenes Herzoge thum, von Boris, dem Sohne Kolomans, des Königs von Hungarn beherrscht. —

Mit dem Ende des vierzehnten Jahrhunderts bes gann für Serbien eine glânzendere Periode. Stephan, der Ur- Enkel des obengenannten Urosch, von dem Kais ser Emanuel zum Herrscher über Serbien ernannt, unterwarf sich Bosnien wieder, eroberte Nissa, Pris rendi und große Länderstrecken im Süden, und ließ sich von Friedrich I. auf ressen Zuge nach Palästina

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