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Ausfallenden, dann auch ein grasendes Feuer gegen das Feld haben: denn besagte Werke konnten, wegen der ihnen zu Erfüllung der erwähnten Zwecke nöthigen Höhe, kein solches Feuer verschaffen. Alles dieses wurde erzweckt durch Anlegung einer Brustwehre um die ganze Kontreskarpe und vorwärts derselben, deren Linien sich einander flankirten. Dadurch erhielt man noch die Vortheile, einen festen Fuß und bedeckten Weg über der Kontreskarpe zu haben, um von dort aus allenthalben auf den Feind ausfallen, und bei dem Rückzug sich bald in Sicherheit ses hen zu können: denn die Hauptvertheidigung besteht von jeher nicht in dem bloßen Gebrauch der Festungswerke, dieser todten Massen; - sondern vielmehr in häufigen, zur gehörigen Zeit unternommenen Ausfällen, in dem Sinn, wie Carnot es ganz richtig in seinem Werk über die Vers theidigung der Pläge anzeigt. Auch waren die Alten, wie die Geschichte es erweist, von diesem Grundsaß durchdrungen. Sie warteten ganz weislich, bis der Belagerer mit feinen Werken sehr nahe an die Festung vorgerückt war; dann war den Belagerten für jede Unternehmung der Rückzug sicher, dann lauerten sie auf jede Gelegenheit, ihn mit Vortheil angreifen zu können, und versäumten 'Eeine. Nebst den erwähnten Vortheilen verschafft endlich gedachte Brustwehre um die Kontreskarpe noch einen bedeutenden, indem sie den obern, über das Feld steigens den Theil der Futtermauer der hintern Werke deckt. So viele und erfprießliche Eigenschaften besigen diese Brust. wehren, obgleich das einfachste Werk der Befestigung.

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Auf die angeführten, aus Kriegs: Grundsäßen entstandenen, in der Natur der Sache liegenden Festungswerke, nämlich den bastionirten Ümriß, die Tenaillen, Navelinen, und den bedeckten Weg, aus welchen die einfachste Befestigung besteht, folgten

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wenn man es für nöthig erachtete, derselben mehr Stärke zu verschaffen andere Werke, als Cavaliers, Contregarden vor den Bastions, Reduits in den Ravelinen mit Vertheidigungs-Kasematten in den Flanken, Mi, nen Gänge und wo möglich Verwendung des Wassers; ferners detachirte Werke verschiedener Ark. In der Wahl und Anwendung dieser Werke nach dem Terrain, wie auch in der gehörigen Organisirung derselben, worunter die zur Unterkunft des ruhenden Theils der Besaßung nöthigen Kasematten, und die zur sichern Unterbringung des brennbaren Vertheidigungszugehörs erforderlichen bombenfesten Gebäude zu verstehen sind, — ja in allem dem besteht nun die neue Befestigungs- Kunst.

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Hauptzufälle des Terrains erfordern manchmal, daß Die Façen der Werke, die Flanken und die Poligonslinie, um zweckmäßig zu seyn, ungleiche Länge erhalten. - Wo lektere Linie nicht die nöthige Länge erhalten kann, bei einem bastionirten Umriß, den Graben vor den Bastions - Façen aus dem Wall der Flanken, wegen der beschränkten Senkung des Geschüßes, gehörig bestreichen_zu können, ist man gezwungen, diesen im allgemeinen besten Umriß zu verlassen, und den tenaillirten, nämlich mit einem eingehenden Winkel, anzunehmen. Dann aber bleibt zur Vertheidigung des Grabens kein anderes Mittel als Kasematten übrig: diese können entweder hinter der Kon treskarpe Mauer, oder in dem Hauptwall an dem eingehenden Winkel der Fronte angebracht werden. Die erste Lage hat gegen sich, daß der Feind, um in den Graben hinab zu kommen, die Kontreskarpe mit Minen einwirft, und damit die Kasematten unbrauchbar macht. Sind was bei ei aber diese in dem Hauptwall angebracht, ner solchen, nämlich tenaillirten Fronte, deren eingehender Winkel meistens sehr stumpf ausfallen muß, wegen der großen Schräge der Schießscharten sehr schwer auszuführen ist; dann darf der Feind nur seine Batterien dagegen auf dem eingehenden Winkel der Kontreskarpe, also in der Flanke dieser Scharten, anlegen, so wird er diese von dort aus in die Seite fassen, beschießen und zers stören, ohne aus diesen Kasematten beschossen werden zu können. Wenn also die Belagerer für die Batterien ges gen derlei Vertheidigungs Kasematten eine solche Seitens lage wählten, wo dieselben außer der Richtung ihrer Schießscharten sind, so werden diese Kasematten bei weiten nicht die Dienste leisten können, welche die Beschüßer und Schäßer derselben so hoch anrühmen. Ganz anders verhält es sich, wenn diese Kasematten in der Kehle eines detachirten Werkes, oder in den Flanken des Reduits eines Werkes, dergestalt angebracht sind, daß der Feind sie nicht beschießen kann. Auch sind derlei zu einem Nüdenfeuer bestimmte Kasematten von erfahrnen Ingenieurs gepriesen. Der tenaillirte Umriß hat noch andere Nachtheile. Der Feind kann Bresche in jedem beliebigen Theil einer solchen Fronte schießen, und dieß benimmt die Mög lichkeit, irgend wo einen Abschnitt mit Nußen im Voraus zu bauen. Nebst dem kann in einer solchen Fronte keine gedeckte Poterne Plaß finden. Aus allen dem läßt sich also ersehen, daß der tenaillirte Umriß dem bastionirten im allgemeinen um Vieles nachsteht.

Daß die neue Befestigung weit mehr Kunst als die

einförmige der Alten erfordert, ist aus Angeführtem einleuchtend. Deßwegen sind auch bei Anwendung der neuen Befestigung viele Fehler, wie fast alle bestehenden Festun gen es erweisen, begangen worden. Die Erfahrung hat dem Vauban einige der Mängel feiner Umrisse, wie er selbst eingestanden, zu erkennen gegeben Auch hat er in seinen hinterlassenen Schriften manche Verbesserungen an= gegeben. Seitdem aber haben ausgezeichnete Ingenieurs noch andere Mängel entdeckt, und die Art, ihnen auszus weichen, angezeigt. Auch geben einige der neuesten Befes ftigungen, wie zu Meh das Kronenwerk Bellecroix 1740, in Böhmen die Festungen Theresienstadt und Josephstadt 1789, und in Piemont die halben Kronenwerke vor Ales= fandria 1812, anschauliche Berseise wichtiger Verbesserungen in dem Befestigungsfache.

Ungeachtet es aus obgedachter Zergliederung der neuen Befestigung zu ersehen ist, daß diese zu keis ner neueren Befestigungsart führen kann, fo wollen wir doch die Gründe untersuchen, worauf der Vers fasser sich stüßt, um die Nothwendigkeit zu erweisen, eine solche Art auszufinden, und endlich zu sagen, in was diese Art zu bestehen hätte.

(Tert. Seite 4) „Zu Ende des sechszehnten und Anfang des siebzehnten Jahrhunderts waren durch das Auf finden und die allgemeine Anerkennung des bastionirten Systems (als die vollkommenste Konfiguration zu größt= möglichen Feuerwirkung) die Ideen über Befestigung, Angriff und Vertheidigung so weit vorgerückt, daß es nur Des ewig denkwürdigen Freiheitstampfes gegen die damals Kriegsgebildetsten Heere Europa's, nämlich die spanischen, bedurfte, um diese Ideen praktisch auszuführen, und die Befestigung mußte in kurzer Zeit auf einen hohen Grad der Vollkommenheit in einem Lande gelangen, wo die Natur zur Vertheidigung der Bewohner nichts that, und die Kunst Alles ersehen mußte. Als hernach Ludwig XIV. feine ruhmgekrönte Laufbahn gegen die Niederlande richtete, so stieß er bei jedem Schritt auf Festungen, welche bei der damaligen Schwäche der Heere nie unbedeutend was ren, genommen werden mußten, und troß ihrer damals meistens noch alten Befestigung dem noch unvollkomme= nen Angriff jener Zeit große Schwierigkeiten entgegen fekten."

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Hier sagt der Verfasser, daß schon zu Ende des fechszehnten Jahrhunderts die Ideen über Befestigung und Ans griff so weit vorgerückt waren, daß es nur des damaligen Freiheitskampfes der Niederländer gegen die Spanier be

durfte, um diese Ideen auszuführen, und die Befestigung mußte in kurzer Zeit auf einen hohen Grad der Vollkem: menheit in diesem Lande gelangen. Ludwig XIV. ist der erste französische König, der zahlreiche Armeen auf den Beinen hatte; diese waren also nicht schwach. Wie pas, fen denn mit dem obern Terte die Ausdrücke „noch alte Befestigung" und doch „nie unbedeutend wegen der Schwä che der Armeen;" dann der Ausdruck „des noch unvoll. kommnen Angriffs," da nach dem Verfasser die Ideen über lettere schon weit vorgerückt waren, und die Befesti gung schon vor Ludwig XIV. Unternehmungen in den Niederlanden auf einen hohen Grad der Vollkommenheit ges langt war?

Daher erhob die Nothwendigkeit die Kunst des An= griffs der Festungen vor allen übrigen; daher steht der Chef desjenigen Corps, welches diese Kunst leitete, der Marquis Vauban, vor allen Helden jener Zeit, oben an.

Aber es galt nicht bloß Festungen zu erobern; man mußte auch trachten, die eroberten Länder zu erhalten. Auch dieß war Vauban übertragen, und er wendete dazu fein sogenanntes erstes System an. Aber bald erkannte er dessen unzulänglichkeit; daraus entstanden seine beiden folgenden Systeme, aus denen hervorgeht, wie sehr er die Hauptfehler des ersten fühlte, sie aber nicht in der Größe erkannte und verbesserte, als es nothwendig gewesen wäre."

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Vauban übertraf in der Kunst, Festungen anzugrei fen, den Demetrius der Alten, dem sie den Beinamen Poliorcetes, nämlich Festungen Eroberer, beilegten. Er ist aber deßwegen kein Held; noch weniger über alle HelDen jener Zeit erhaben. Es ward dem Vauban nicht uver tragen, die eroberten Länder zu erhalten: denn dieß war das Geschäft des Kommandirenden der Armeen; sondern es ward ihm übertragen, den Schaden an den eroberten Festungen wieder zu verbessern, diese zu verstärken, auch, wo nöthig, neue zu bauen." Hier wird man den Ver= faffer fragen: wie ist es möglich, daß ein Mann von so großem Genie wie Vauban, in einem Lande, wo, nach dem Verfasser, die Befestigung auf einen hohen Grad der Vollkommenheit gebracht war, ein System mit mehreren Hauptfehlern hätte entwerfen können ? — Auch wird man fragen, wohin gehört das System von Ath, Vaubans sogenanntes Meisterstück, da es weder dem ersten, noch dem zweiten und dritten System gleich ist ?

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(Seite 6) ergab sich nach Erfindung des Ricochets die richtige Anlage der Batterien mit einer Wirk

famkeit, welche man nicht früher kannte, und welcher die Bertheidigung nichts entgegen sehen konnte."

Die Vertheidigung kann wie die Erfahrung es bes weist, die Wirksamkeit des Ricochets durch zweckmäßig angelegte Traversen hindern.

Daher ergab sich, als Vauban die Festung Ath nach feiner Manier gebaut hatte, und er sie seinem König mit den Worten übergab: „„er halte diesen Plaß nun für uns überwindlich," daß er dieselbe Festung, nachdem sie verloren gegangen, im nächsten Jahre in dreizehn Tagen nach Eröffnung der Trenchee einnahm."

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Als Vauban die Belagerung von Ath leitete, erfaan er den Ricochet, und wendete ihn gegen die Festungswerke an. Die Belagerten mußten ganz natürlich nichts davon. Daher hatten sie, wie es bis dahin Gebrauch war, fast ihr ganzes Geschüß auf die Wälle gebracht. Auf einmal aber erschienen Batterien, aus denen auf eine bisher unbekannte Art, und mit einer so großen Wirkung geschos= fen wurde, daß das Geschüß auf den angegriffenen Wers Fen, zum grogen Erstaunen und Entmuthigung der Bes faßung, in weniger als zwei Mal 24 Stunden unbrauch, bar, daher die Festung ihres stärksten Vertheidigungsmits tels schon in den ersten Tagen beraubt wurde. Bei solchem unmöglich vorherzusehen gewesenen und höchst niederschla genden Verluste, ist es kein Wunder, daß die Vertheidigung nur von kurzer Zeit seyn konnte. Nebstdem ereig nete sich der für die Besaßung unglückliche Zufall, daß eine der feindlichen Bomben auf die Manövrirungschleuße in dem Hauptgraben fiel, und deren Schüß_zerschmetters te; wodurch auch die Vertheidigung dieses Grabens mit. tels Wassermanövern, dieses noch kräftige Wehrmittel, verloren ging.

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Es gibt wohl kein entscheidenderes Kriterion, dessen, was Vauban für den Angriff, und dessen, was er für die Vertheidigung war, als dieses Beispiel von Ath."

Wie kann man bei solchen der Besaßung ganz uner warteten und höchst widrigen Umständen, diese kurze Vertheidigung von Ath, ohne sehr parteiisch zu seyn, als entscheidendes Kriterion angeben, dessen, was Vauz ban in der Befestigung war? Dieser mit Recht berühmte Mann war in der Anlegung und in der Wahl der Festungs werke auf unebenem Terrain besonders geschickt. Das Kronenwerk von Hyus, das Givet deckt, von ihm gebaut, ist ein Meisterstück vom Umrisse und vom Defilement. Er ist der erste Ingenieur, der lettere Kunst, nämlich die Art, das Junere der Werke der Einsicht vorliegender Anz

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