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ten fich in Gewaltmärschen, Gefechten, Belagerungen und Hauptschlachten der Heere Kraft und Zahl verzehrt. Die verderbliche nasse Jahrszeit war eingetreten. Nur Ruhe konnte den Rest der Armeen noch erhalten. Aber war diese wohl zu erwarten? Hatte das Geschick nicht diese Hoffnung auch schon früher einmal getäuscht? - Denn als den Franzosen die Unternehmungen auf das Bommaeler Ward, auf die alliirten Poften am Rhein und der Waal, mißlangen, konnte man wohl die Möglichkeit weiterer kriegerischer Ereignisse vor dem Frühjahre voraussetzen? Doch die Natur machte den Feinden feste Bahn über alle Holland deckende Gewäffer, öffnete ihnen die Zugänge zu allen Festungen des Landes. Ein diktatorisches Dekret aus Pa= ris trieb die Franzofen zur schnellen Benütung der Vortheile, welche ihnen der Zufall so leichten Kaufes bot. Sie drangen in das Bommaeler Word, in die festen Linien von Breda, Oudenbosch und Seevenbers gen: die Hollander wichen der großen Übermacht, und die Feftung Grave fiel, fie allein mit dem Ruhme tapferer Vertheidigung. Der Feind nahte der Waal. Eine englische Armee, ein östreichisches Korps standen hinter ihr. Sie sollten den Fluß vertheidigen. Doch die mannigfaltigen Truppen, die jene Armee bildeten, waren durch Krankheiten, Mangel an den nöthigsten Bedürfnissen, Abgang aller Feldrequisiten, Ergänzun gen und Depots, zu einem mitleidswerthen Zustand herabgekommen, der nach der offiziellen einstimmigen Anzeige aller ihrer Generale jede Dienstesverwendung derselben unmöglich machte. Das östreichische Korps, obwohl es gleiche Beschwerden ausgestanden, hatte sei= ne Haltung nicht verloren, und war zu jeder Kriegs

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handlung bereit; aber es blieb ein zu schwacher Damm gegen die ganze Macht des Feindes, seitdem von den Alliirten sich keine Mitwirkung mehr zu versprechen war. So wie die Franzosen die in Holland erhal tenen Vortheile größten Theils der Desorganisation ih rer Gegner zu verdanken hatten, so hinderte aber auch sie der Zustand der Ermattung, der immer auf große Anstrengungen folgt, und dann die elende Einrichtung ihrer Heerversorgung, ihr Glück in seiner ganzen Aus= dehnung zu benußen. Erst spät, und fast ohne Widerstand, außer dem für die Kaiserlichen rühmlichen Ge= fechte vom 10. Jänner, fielen alle Stellungen der Alliirten, -die Waal, der Leck und die Yssel. Holland schloß sich als Schwesterrepublik an Frankreich, und des Feldzuges Gewinn, den die ausschweifendesten Wüns sche der französischen Regierung sich nicht so reich zu versprechen gewagt, ward durch den Zufall den Frans zosen geschenkt, nicht von ihnen militärisch verdient. Denn alle Berechnungen der Strategie, alle Erwar tungen der Politik, alle Schlüffe der Philosophie wurden ein Spiel der Launen des Geschickes, das die Lore bern des Erfolges mit verbundenen Augen unter die Menge wirft, unbekümmert, wer sie erhascht.

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III.

Literatur.

Bemerkungen über die von dem Verfasser der Strate. gie und ihrer Anwendung, in München 1819, in Druck erschienene Beantwortung der Frage: was ist neuere Befestigungs-Art?

(Von dem öftreichischen Ingenieur M*******)

Als die Militär- Comité des deutschen Bundes offiziel

erklärte, ihre Festungen nach der neueren Befesti gungs-Art bauen zu wollen, ist eine solche Erklärung um so befremdender gewesen, da selbst dem erfahrensten Ingenieur nichts von einer neueren Befestigungs- Art, sondern nur jene bekannt ist, welche auf die alte nach Erfindung des Schießpulvers gefolgt ist, und bis jekt die neue oder moderne Befestigungs Art ges nannt wird. Daher ist, wie der Verfasser obiger Schrift es anführt, vielseitig die Frage entstanden: „was ist neuere Befestigungs Art? - Der Verfaffer gibt sich für keinen Ingenieur aus; sein Aufsaß liefert auch Beweise, daß ihm die Verbesserungen nicht bekannt sind, die an Vaubans Umrisse von mehreren ihm nachgefolgten ausgezeichneten Ingenieurs vorgeschlagen, zum Theil ausgeführt worden. Der Verfasser, der also im Genie Fach nur halb kündig, und daher von Rimpler, Montalembert, Virgin und Carnots Vorschlägen eingenommen ist, findet zwar auch, daß es keine neuere Befestigungs - Art gibt; jedoch daß eine solche, und die allerbeste, aus der Zusammensetzung der Haupt-Ideen benannter Schriftsteller entstehen sollte. Er überläßt übrigens Andern die Kunst, diese Zusaminens sehung auszumitteln. Wir kennen alle Fortschritte, welche bisher im Befestigungsfach gemacht worden sind, und meinen, daß besagte Militär - Comité durch den Ausdruck: neuere Befestigungs-Art, jene verstanden habe, bei welcher gedachte Verbesserungen angewendet werden. Wir werden uns bemühen. durch diese Blätter unsere Meinung zu rechtfertigen, und so manches in dem

genannten Auffage vorkommende Unftatthafte zu widerles gen. Wir beginnen, wie dessen Verfasser, mit der Befestigung der Alten.

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Die Befestigungs Art der Alten bestand, wie bes kannt, aus einer Umfassungsmauer mit Thürmen, die auf dem Ertrag des Pfeilschusses von einander standen. und sich wechselseitig, so wie auch die dazwischen liegenden Courtinen, vertheidigten. Die Thürme waren höher als die Courtinen, so hoch, daß man sie mit Leitern nicht ersteigen konnte. Auch waren sie mit Zinnen versehen, um den Fuß der Mauer unmittelbar zu entdecken und zu vers theidigen. Die Kommunikation von dem obern Theil der Courtine mit der Festung ging durch die Thürme. Daher konnte der Feind, wenn er eine Courtine mit Leitern erstiegen hatte, nicht anders in die Festung hineindringen, als wenn er den Eingang durch die Thürme erzwungen hatte. Diese hatten zwar, bei ihrer bald runden, bald viereckigen Gestalt, am vordersten Theil einen kleinen uns bestrichenen Raum; aber er war bei einer förmlichen Bes lagerung der Vertheidigung nicht nachtheilig, weil der Wandelthurm, worin der ungeheuere, aus zusammenge, legten dicken Balken bestehende, 15 bis 20 und mehr Klafs ter lange Stoßbock (Widder) hing, und spielte, um die dazu nöthigen vielen Menschen zu fassen, so breit war, daß er von den Nebenthürmen beschossen werden konnte. Im Fall aber der Belagerer statt des Stoßbocks den Mineur an besagten unbestrichenen Theil anlegen wollte, konnte dieses mittelst der Zinnen entdeckt, und mit herabgeworfenen schweren Körpern und brennenden Materialien gehindert werden.

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Bei einer Belagerung wurden, nebst den Batterien der Balisten und Katapulten, noch hölzerne Thürme oder Erd Aufwürfe unfern des Grabens der Festung gegen die Courtinen, und höher als diese, errichtet, um die Ver= theidiger aus diefen zu vertreiben. Lektere Arbeiten, wie begreiflich, erforderten viel Zeit, und zwar je mehr, desto höher die Festungsmauern waren, und desto thätiger die Belagerten durch Ausfälle ihren Fortgang hinderten. Dann mußte, um den Thurm, worin der Stoßbock hing, nahe an diese Mauer schieben zu können, ein breiter und mit dem Feld gleicher Damm durch den Graben geführt werden. Sobald der Belagerer mit diesen langwierigen Arbeiten fertig war, thaten die Vertheidiger durch Ausfälle das Äußerste, um die entzündbaren Werke, wie anch das hölzerne Geschüß des Belagerers, in Brand zu ste= dken. Dieses, wie die Geschichte viele Beweise liefert,

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glückte oft. Dann war der Feind gezwungen, entweder die Belagerung aufzuheben, oder ste in eine ftrenge Blokade zu verwandeln, oder sich ein neues Geschüß anzuschaffen, und die Belagerung von vorne anzufangen. Bei solchen Umständen wird es nicht befremden, daß die Alten ihre Festungen oft lange vertheidigen konnten, auch daß sie, — besonders bei Seestädten, wie z. B. Syrakus, Messina, Carthago, Tprus, deren Einschließung auf der Seeseite felten möglich war, die Belagerer oft zwangen, von

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ihrem Vorhaben abzustehen.

Diese Befestigungs - Art der Alten, obgleich sehr ein. fach, war doch gegen die damaligen Angriffsmittel so zweckmäßig, daß sie feit undenklichen Zeiten, bis zu jener der Erfindung des jeßigen Geschüßes, also bis gegen die Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, immer dieselbe blieb. Jede freie Stadt, und damals gab es dieser viele, forgte für ihre Befestigung, und richtete dieselbe nach ihren Mitteln ein. Ein Gleiches that auch jeder unabhängige Staat in Hinsicht seiner Hauptstadt. Daher erhielten die Festungsmauern einiger Städte eine größere Höhe. und Dicke als bei andern; daher wurden auch bei mans chen Hauptstädten, wie z. B. bei Jerusalem, Carthago u. a. m., verschiedene Theile derselben durch Festungsmauern von einander abgesøndert, um diese Theile einen nach dem andern vertheidigen zu können; daher wurde auch noch in dem höchften Theil dieser Städte ein Schloß oder Citadelle gebaut.

Entstand ein Krieg zwischen zwei freien Staaten, und mußten die Bestegten sich in ihre Hauptstadt zurückziehen, um ste zu vertheidigen; so galt es wenigstens um ihre Freiheit: denn wenn sie sich eher ergaben, als der Bock gegen ihre Mauer gespielt hatte, so war die mildeste Kapitulation, daß sie fremde Besaßung in ihre Festung aufnehmen, einen Tribut bezahlen, und eine gewisse Unzahl streitbarer Mannschaft dem Sieger nach Verlangen stellen mußten. Trieben sie aber die Vertheidigung weiter, so wurde keine Kapitulation mehr angenommen, und bei Eroberung der Stadt wurde Alles, was Waffen tragen konnte, niedergemacht, die übrigen Bewohner als Sklasen verkauft, die Stadt geplündert, dann in Brand ae= freckt, endlich gänzlich zerstört. Damals waren die Kriege Volkskriege, und es galt bei der Vertheidigung um die Freiheit, um Hab und Gut, wie auch um das Leben; alfo um Alles, was dem Menschen theuer ist; kein Wunder also, daß bei solchen Umständen die Belagerungen Beispiele der hartnäckigsten muthvollsten Vertheidigung

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