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So unzulänglich Koburgs Streitkräfte nach der Schlacht von Fleuru waren, so unvermögend waren die ihm zu Gebote stehenden Mittel zur Heeresversorgung. Die Kriegskaffen waren leer: denn die Einkünfte aus den Niederlanden gingen mit dem Lande verlos ren, und das in England negozirte Anleihen kam nicht zu Stande. Die Verpflegung mit Lebensmitteln war/ nicht besser gesichert. Die Proviantvorräthe in Mecheln waren größten Theils verloren gegangen, jene in Diest nur zum Theil nach Mastricht gerettet worden. Die Armee stand in Gefahr, sehr bald an Geld und Brot Mangel zu leiden.

Unter diesen widrigen Umständen konnte sich noch dazu der Prinz gar keine verläßliche Daten über die Stärke des ihm gegenüberstehenden Feindes verschaffen." Da jeder Verlust der Franzosen, bei der Nähe ihrer Reserven und Hilfsquellen, augenblicklich und reichlich ersetzt werden konnte, so war es keine übertriebene Ans nahme, die in die Niederlande eindringende französische Armee noch eben so stark wie bei Anfang des Feldzugs, nämlich auf 300,000 Mann, zu schäßen. Die Revolus tionsregierung kannte die Mittel, alles für die Armeen Erforderliche ohne Geld, und in den kürzesten Fristen, herbeizuschaffen. Mit der Besehung der Niederlande öffnete sich den Requisitionen ein weites Feld, und die Heerversorgung der Feinde erleichterte sich in eben dem Maße, als die Schwierigkeiten derselben bei den Alliirten, besonders wie wir oben gezeigt haben, bei der kaiserlichen, an der Maas stehenden Armee zunahm.

Das Übergewicht an Kräften und Kriegsmitteln, war also wirklich, und in bedeutendem Maße, auf der Seite der Franzosen. Doch wird der Strategiker wr

theilen, daß dieses Übergewicht noch keineswegs ein hinreichender Grund zu einem freiwilligen Rückzuge, zur Verlassung ausgedehnter und wichtiger Landesstres cken sey. Der entschlossene Soldat wird meinen, daß der Mangel an Geld und Proviant den Prinzen eher zu einer Schlacht, als zum Rückzug hätte bewegen sollen. Auch zog der Prinz wirklich über manches wohlgelegene Schlachtfeld, wo er dem über seine festen Gränzen herausgerückten Feinde eine entscheidende Schlacht Hätte anbieten können, Ein erfochtener Sieg hätte die Operationen, mit welchen der Feind aufs neue die Flüs gel der Alliirten bedrohte, mit einem Schlage vereitelt. Des Feindes Macht war getheilt; die Divisionen Moreau, Michaud und Scherer, 40,000 Mann, waren mit den Belagerungen der Festungen in Flandern und Hennegau beschäftiget. Pichegru folgte mit 70,000 Mann den Engländern und Holländern gegen Breda, -Jourdan mit 60,000 Mann den Kaiserlichen gegen Mastricht und die Maas. Gegen jeden Theil, auf den die kaiserliche, 80,000 Mann starke Macht sich warf und ihn allein zum Gefechte zwang, hatte sie die Übers macht, und mußte sich den Sieg versprechen. Die durch den Rückzug ihren eigenen Kräften überlassenen Festungen waren mit hinreichenden Garnisonen, und mit Lebensmitteln auf zwei Monate versehen. Sie. zu entsegen, oder aufs neue zu verproviantiren, lag allerdings in der Macht des kaiserlichen Feldherren. Während Pichegru nach Holland zog, mußte Jourdan geschlagen werden, und alle Festungen waren augen. blicklich frei!! Die französische Regierung sah die Möglichkeit eines solchen Schlages sehr wohl ein, und ließ durch ein das Völkerrecht verleßendes Dekret jene

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Besaßungen mit dem gewissen Lode bedrohen, wenn sie sich nicht sogleich ergeben würden. Dadurch lähmte sie deren Widerstand, und beschleunigte den Fall der Festungen. Die günstigen Umstände, welche dem Prinzen das Gelingen einer kühnen Unternehmung beinahe verbürgten, die reißende Aussicht auf die unübersehbaren glücklichen Folgen eines erfochtenen Sieges, reichten weder in der Überlegung des Feldherrn, noch in dem Beschlusse des Kriegsrathes hin, für Stehen und Schlagen zu entscheiden. Welche waren wohl die Gründe für ein solches Benehmen? - Jeht nach dem fünf und zwanzig Jahre seit jenem denkwürdigen Feldzuge verflossen sind, darf man ohne Unbescheidens heit den Forderungen der Geschichte entsprechen, und die Meinung äußern, daß der Rückzug der kaiserlichen Armee hinter die Maas, und die Verlassung der Nies derlande, theils durch die widrige Stimmung der Truppen, theils durch den Mangel an Vertrauen auf die ausgiebige Mitwirkung der auf den beiden Flanken der kaiserlichen Armee stehenden alliirten Heere herbeiges führt wurden. Die Kriegspolitik also schrieb dem Feldherrn sein Benehmen vor. Der Zusammenfluß vieler ungleichzeitigen, einzeln für sich unwichtig erschei= nenden, physischen und moralischen Umstände bewirk ten vereint die Gestaltung der Ereignisse. Ein bloß an den theoretischen Regeln hängender Strategiker würde nicht im Stande seyn, die mannigfaltigen Verans laffungen, und deren innigste Verbindung und Folgen zu beurtheilen. Sein Scharfblick muß aus den sich so oft verändernden Umständen, an Ort und Stelle die jes desmalige Norm seines Verhaltens schöpfen. Aber um das Benehmen eines Heerführers richtig zu beurtheilen, Öft. milit. Zeitschrift. 1820. I.

wäre es fast nothwendig, daß der Urtheilende mit des sen Wissen ausgerüstet, mit seiner schweren Verants wortlichkeit beladen, zu gleicher Zeit auf gleichem Stands punkte mit ihm gestanden hätte. Nur so könnte der Prüfende das ganze Gewicht der Beweggründe fühlen, Wahl, Entschluß und Erfolg zu schäßen wissen. Wir wollen daher die angeführten Beweggründe des Rückzugs hinter die Maas nicht für Gewißheit geben; aber wir wollen unsere Meinung zu rechtfertigen suchen.

Der vorjährige Feldzug war mit ungeheuren Beż schwerlichkeiten verbunden gewesen. Die Armee fand in den Winterquartieren nur eine kurze vielgestörte Ruhe, und wurde plöglich in einen Kreis neuer Beschwerden fortgeriffen. Drei Monate lang sahen wir diese Truppen, mit unermüdeter Thätigkeit sich rastlos von einem Punkt nach dem andern bewegen; saben sie eine Men= ge blutiger Gefechte gegen die Übermacht liefern; sahen fie, den Feind durch außerordentliche Tapferkeit meist besiegen. Aber daß so viele Anstrengungen fruchtlos, so große Opfer ohne Erfolg blieben, schlug den Geist der Truppen nieder. Der östreichische Soldat sollte ein Land vertheidigen, deffen Bewohner ihm durch Geist, Sitten und Sprache fremd waren; dessen wahre Ge finnungen vor Kurzem in offenem Aufstande sich klar bewiesen hatten, jest wenigstens in nicht sehr verhehls ten feindseligen Wünschen sich verriethen. In diesem Lande, von dessen Bewohnern der Soldat nicht die geringste freiwillige Erleichterung erwarten durfte, was ren die Lebensmittel und Getränke sehr theuer: Ent behrung und Mangel schwächten also des Kriegers Muth.

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Die Regimenter und Korps saben beinahe den viers ten Theil ihres Standes durch den Tod, durch Verwuns

dungen und Krankheiten aus ihren Reihen gerissen. Darunter war, der Natur der Sache nach, ein besons ders großer Theil der erfahrensten, bravsten Offiziere, und der wackersten Soldaten. Von einem Ersaße dieser Verluste war noch keine Rede gewesen, nicht einmal der Zahl nach; in Hinsicht des Werthes der durch Kriegsz erfahrung und bewiesenen Muth erprobten Krieger wäž re ohnehin der Ersag unmöglich gewesen. Auf diese Art mußte nun die Kriegszucht nachlassen, die Tapferkeit der Truppen minder sicher werden, welches sich besons ders bei der Reiterei zeigte. — Die fortwährenden Rückzüge geschahen nach ermüdenden Kämpfen, entweder bei Tage in der größten Hiße, oder bei Nacht mit Verlust der so nöthigen Ruhe. In den Reihen fiel mancher Soldat vor Ermattung sterbend zu Boden; erschöpft und mühsam schwankend, erreichten die übrigen den neuen Lagerplat, wo sie weder stärkende Nahrung, noch Ruhe fanden. Das vielseitige Elend verbreitete den Geist der Unzufriedenheit unter den Truppen. Mißmuthige begannen fogar, mit vorlautem Tadel die Opes rationen des Feldherrn zu bekritteln. Es wurde nöthig, durch strenge Befehle unverständige Äußerungen in Schranken zu halten.

Unter solchen Umständen hatte der Oberbefehlshas ber den Gedanken an eine zu liefernde Hauptschlacht wohl zu überlegen. Der Ausgang derselben mußte in jedem Falle weit entscheidender für den Feind als für die Kaiserlichen wirken. Ging die Bataille für die Lehteren verloren, so war ihre Armee vernichtet. Wurden die Franzosen geschlagen, so konnte man wahre und ausgiebige Vortheile weniger von dem Siege, als erst von der glücklichen Benüßung desselben, und befon=”

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