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Zeichenschrift die nämliche leichte, immer gleiché vera ständliche Lesbarkeit gewährt, dessen die Buchstabenschrift bei allen gebildeten Völkern seit Jahrhunderten fich erfreut.

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Aber hieße eine solche Bestimmung nicht dem Genie Schranken sehen, nicht eine Manier zur herrschenden erheben? Das ist eben die Wesenheit des wahrhafs ten Genies, daß es keine Grenzen kennt. Bricht es die Schranken, ohne dadurch die Kunst in eine höhere Sphäre zu ziehen, dann ist sein Flug das Schwärmen eines After Genies, mit welchem sie Nichts zu vers kehren hat. Hebt es aber die Kunst auf lichtere Höhen, dann beurkundet es seine göttliche Abkunft, und wird mit kräftiger Hand die neue Grenze ziehen, in welcher die gehobene Kunst sich ergehen möge. -Manier würs de eine solche Begrenzung allerdings heißen, wie denn überhaupt jede Zeichnung eine Manier ist, weil jeder Mensch in seinem Thun und Lassen, folglich auch in der Zeichnung, seine eigene Manier hat. Jede Kunst wird nach einer Manier, wäre es auch nur nach der eigenthümlichen getrieben, und Regeln, die zu einer vernünftigen Manier führen, sind lobenswerth.

Die zweite Frage ist: was kann die militärische Aufnahme geben? was kann sie nicht? Die Auf nahme ist das Bild des Terrains; aber selbst die beste ist noch kein adäquates, kein solches, welches das Vorgestellte dem vorzustellenden Wirklichen ganz ähnlich machte, oder wo das Zeichen das zu Bezeichnende volls kommen erschöpfte. Sie kann nur

1) Flächen, mit der genauesten Nachbildung aller, in der Natur auf denselben befindlichen Figuren darstellen;

2) In unebenem Terrain die genaue Figur der

Fläche, welche der Unebenheit zur Lage dient, das Steigen und Fallen der unebenen Gegenstände, die Richtung ihrer Neigung ihre stärkere oder sanftere Neigung, die Ausdehnung dieser Unebenheiten nach allen Richtungen bezeichnen; oder, um technisch zu spres chen, sie kann den Zug der Bergrücken, ihre Kuppen und Einsattlungen, die Berglehnen mit allen Zersplitterungen, die verschiedenen Steilen, die Thäler, mit allen Krümmungen und sonstiger Beschaffenheit darstellen.

Sie kann ein sehr nahe kommendes, wenn auch nicht erschöpfendes Bild der Erdoberfläche geben. Ers schöpfend nicht, denn:

1) Kann sie weder die positive, noch die relative Höhe genau ausdrücken. Hier gibt sie nichts als Annäherung des Urtheils, eine wahrscheinliche zwar, aber keine bestimmt richtige. Auf dem Felde kann ich die positive Höhe messen; die relative übersehe ich leicht. In der Aufnahme ist das Erstere unmöglich, das zweite, selbst bei aller Annäherung, sehr schwankend.

2) Kann sie Steilen nicht adäquat darstellen. Selbst in einer und der nämlichen Aufnahme findet man keine Elaren Anschauungen der Steilen, sondern bloß Vergleichungsstaffel: diese Parthie ist steil, jene steiler, jene am allersteilsten. Welchen Winkel die Steile mit dem Horizont macht, kann man in der bei uns einges führten Zeichnung nie finden.

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Diesen Mangel, Höhen und Neigungswinkel in der Zeichnung nicht genau ausdrücken und lesen zu können, mag wohl seit der Zeit, als man das Gebirg in Ansicht zu zeichnen, oder malerisch zu beHandeln aufgegeben hat, mancher. denkende Kopf ge= fühlt haben. Backenberg und Lehmann waren jedoch

zu Ende des verflossenen Jahrhunderts die Ersten, wele che über diesen Mangel mit philosophischem Geiste res flektirt haben, und mit mathematischer Genauigkeit Sinn und Gehalt in die Zeichnung zu legen versuchten. Beide behandeln den nämlichen Gegenstand; Beis de haben über das Technische desselben die nämliche Ansicht; aber in dem Vortrag Beider spricht sich der individuelle Karakter unverkennbar aus. Backenberg trägt die neue Lehre klar, ruhig, leitend und beleh rend in der Zuversicht vor, daß sie nach Einübung des Auges, der Hand und der Urtheilskraft mit ziemli Her Genauigkeit zum Zwecke führen werde. Lehmann, keck, absprechend, feurig, unduldsam, wie die meisten Neuerer, ist von der Unfehlbarkeit seiner Lehre, von ihrer möglichen Anwendung, von Beseitigung alles Unbestimmten, alles Schwankenden, fest überzeugt, und spricht allem Hohn, was sich seinen Ansichten nicht fü gen will.

Der Inhalt der Lehre, die von diesen Neuerern vorgetragen wird, ist folgender: Es gibt Mittel, die Böschungs Winkel in der Zeichnung auszudrücken, ➡ folglich dieselben in der Zeichnung zu lesen. Oder es ist möglich die abwechselnden Steilen der Gebirge in der Zeichnung dergestalt auszudrücken, daß man daraus immer und überall erkennen könne, wie steil der Ters rain ist. Es gibt Mittel die positive und relative Höhe der uncbenen Flächen auszudrücken, und in der Zeichnung zu finden. Das Mittel liegt in der Art

der Gebirgs - Darstellung.

birgs ist ihre Zeichnung.

länglichten Strichen bestehen,

Die Darstellung des GeDiese Zeichnung soll aus

welche bei einer gegebe=

nen Böschung, in diesem Raum, gleiche Breite haben.

Das Verhältniß der Breite der Striche zum weißen Zwischenraum, in einer gleichförmig damit belegten Fläche, zeiget den Böschungs - Winkel an.-Im Allges meinen: je mehr weißer Raum zwischen den Strichen, desto kleiner der Winkel, hingegen desto größer, je weniger der Raum. Der größte Winkel eines nicht felsigten Bodens ist 45°; da aber ein solcher Winkel, ohne Gefahr des Herabstürzens, auch dem Einzelnen kaum gangbar ist, so hört jede Gradbezeichnung über 45° in der Zeichnung auf *). Die horizontale Fläche bleibt ganz weiß; der Böschungs-Winkel von 45° ist ganz schwarz zu zeichnen.

Um das Verhältniß des schwarzen Striches zum weißen Zwischenraum, zur Bestimmung der Winkel zu finden (nach dem aufgestellten Grundsaß, daß der Winkel von 45° ganz schwarz zu zeichnen, die horizontale Ebene ganz weiß zu lassen sey), ist folgende Ta

*) Backenberg, auf den Umstand aufmerksam, daß es boch wohl unthunlich seyn dürfte, allen Terrain, deffen Steile 45° übersteigt, ganz schwarz zu bezeich nen, macht im zweiten Theil seines Lehrbuches, Seis te 66, folgende Anmerkung: „Sollte die Absicht der Zeichnung verlangen, den Winkel von 45° nicht für die volle Schwärze anzunehmen, und vielleicht die an steilen Bergabhängen sich befindlichen Gegenstän de. z. B. Pflanzungen, Abgrenzungen, deutlich ers scheinen zu lassen, wie der Fall bei gewissen, zu bürgerlichem Gebrauch bestimmten Grundrissen eintreten kann, so könnte man das Ganze mit blässerem Tuz sche zeichnen, oder den Winkel von yo° als völlig schwarz annehmen.” Dadurch würde freilich die Zeichnung und Lesung der Böschungs-Winkel nm fe Ichwieriger seyn.

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Die General - Regel zu finden, wie sich der schwarz ze Strich zum weißen Zwischenraum verhalten müsse, ist: wenn man den gegebenen Grad von 45 abzieht, diesen gegebenen Grad als das erste, den Rest aber als das zweite Glied einer Gleichung betrachtet. Z. B. wie soll sich der schwarze Strich zum Weißen verhalten, bei einem Winkel von 15°.

45-15-30, also wie 15: 30=1: 2.

Der Leser einer Zeichnung findet den Winkel, wenn er die Zahl 45 mit dem Werth des schwarzen

*) Backenberg begnügte sich nicht, das Verhältniß von 5 zu 5 Graden anzugeben. Er zeigt es von Grad zu Grad von 1 bis 45° an, wo das Verhältniß des schwarzen Striches zur Weißen, nebst den ganzen Zahlen, öfters die nicht zu schäßenden Brüche, enthält.

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