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meister, der den Unterschied zwischen dem Ererzierplag und dem Schlachtfelde kennen gelernt hat, zugeben müssen. Nicht wer im Schachspiele blöß den Gang der Figuren kennt, sondern wer die rechte auf das rechte Feld zu ziehen weiß, ist ein Schachspieler zu nennen.

Was wir bisher im Allgemeinen gesagt, findet aber ganz besonders bei der zerstreuten Schlachtordnung feine Anwendung. Hier tritt gang die Wichtigkeit des Terrains ein, dessen Vortheile zu benüßen nicht bloß dem Ober- und Unteroffizier, sondern selbst jedem Ges meinen überlassen bleibt. Der Soldat hört auf, Maschine zu seyn; er wird selbstständiger. Das Trompetens oder Trommelzeichen kann ihn nur im Großen leiten; feine eigene Einsicht und Gewandtheit müssen das Meiste thun. Eine faßliche Abrichtung biezu ist unerläßlich; und faßlich wird sie nur seyn, wenn sie auf dem natür. lichen Terrain vorgenommen wird, wo man den Gemeinen mit allen Vortheilen, die der Terrain dieser Fechtart bietet, bekannt machen kann. Übrigens bringt der Soldat, in Reih und Glied gewohnt, nichts ohne Kommandowort zu thun, Gedankenlosigkeit und eine steife Haltung auch zum Plänkeln mit, und wird sich auch hier anfänglich immer nach einem Kommandowort seines Vorgeseßten umsehen. Es erfordert daher anhaltendere übung, ihm diese Undeholfenheit und das Maschinenwesen zu benehmen, und Selbstständigkeit und Gewandtheit beizubringen. Es ist leicht einzusehen, daß dieses auf dem Ererzierplaß nicht ers reicht wird, wo die gänzliche Abwesenheit von Terrains hindernissen den Soldaten nicht einmal zu einer andern Biegung des Körpers, viel weniger zu einem Gedanken auffordert. Eine durchschnittene Gegend muß aufgeÖft, milit. Zeitschrift. 1820. I.

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sucht werden, um hier dem Soldaten zu zeigen, wie er sich jedes Terraingegenstandes zu seiner Sicherheit bedienen, und sich dem Feinde gedeckt nähern soll *).

Es erhellet aus dem Gesagten, daß die zerstreute Schlachtordnung, da sie die Fähigkeiten jedes Gemeis nen in Anspruch nimmt, wenigstens eben so viel Unterricht und Übung erfordert, als die Evolutionen der geschlossenen Schlachtordnung, die eigentlich nur der Geschicklichkeit der Chargen bedarf. Und doch wird ge wöhnlich jene weit weniger geübt, als diese, und so viel kostbare Zeit und Mühe, die zur Abrichtung! der Plänkler vortrefflich angewendet wäre, auf künstliche Manöver 'verschwendet, die vor dem Feinde nicht ausführbar sind.

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*) Könnte man sich wohl des Lächelns erwehren, wenn man auf 10 20 Schritte vor Mauern, Erdaufwürfen und andern Terraingegenständen, die man im Laufe zu erreichen suchen muß, eine Plänklerkette feuern sähe? Und wie leicht kann dieß nicht auf dem Ererzierplak gefchehen ? Zur Bekräftigung unse= rer Meinung erlauben wir uns, eine Stelle aus dem Ererzier Reglement für die F. E. Infanterie anzufüh ren. Seite 204, Zeile 13 u. f. steht: „Diese ange= „führten Erklärungen werden hinreichend seyn, um jedem Kommandanten für die Ausbildung seiner Truppen die Übersicht und Methode zu erleichtern, nach "welcher er beim Unterricht vorgehen, die Grundfäße der zerstreuten Schlachtordnung entwickeln, ihre „Anwendung auf jedem Terrain darstel„len, und den zweckmäßigen Gebrauch des Tiraili»rens feinen Untergebenen faßlich und einleuch „tend vortragen solle." Uns deucht diese Vors schrift nicht befolgt, wenn man sich bloß auf den Exerzierplag beschränkt.

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Vielleicht gibt es noch Einige, die die zerstreute Schlachtordnung bei der Linien Infanterie nur als Nebensache betrachten, und auf die leichten Truppen und Jäger hinweisen. Allein es ist nicht der Mühe werth, ein Vorurtheil, das die Erfahrung hinlänglich widerlegt hat, noch zu bekämpfen *). Indeß mag doch dieses Vorurtheil und die ingeübtheit der Truppe manchen Anführer abgehalten haben, sich in ein Plänklergefecht einzulassen, wo es an seiner rechten Stelle ge= wesen wäre. Denn unübersteiglich scheinente Hinders nisse, an denen die glänzendste Tapferkeit einer geschlos= fenen Truppe scheitert, werden von leichten, d. H. leichtbewaffneten, in der zerstreuten Fechtart wohl ge= übten Truppen ohne großen Verlust überwältigt **).

*) Die Vortrefflichkeit der Einrichtung in der franzöftschen Armee, bei jedem Infanterieregiment Voltigeurs. Kompagnien zu haben, hat sich in allen Feldzügen bewährt. Freilich trägt die der französischen Nation angeborne Lebhaftigkeit und ihr Rekrutirungssystem, nach welchem auch die gebildeten Stände dienstpflich= tig sind, und lofen, viel dazu bei. Aber auch Östreicher, Tyroler, Böhmen ic., werden durch angemess senen Unterricht und Behandlung zu guten leichten Soldaten gebildet; wie dieß die zwölf östreichischen Jägerbataillons und manche Infanterieregimenter bewiesen haben.

**) Es scheint beinahe, daß noch hie und da unter dem Ausdruck: leichte Truppen nicht die leichtere Bewaffnung und Beweglichkeit, sondern ein leichter zu erlernender Dienst verstanden werde, sonst würde man nicht bei schon ausgebrochenem Kriege aus zusam mengerafftem Gesindel, feindlichen Überläufern, und Rekruten in aller Eile die sogenannten leichten Bas

Wir überlassen unsern Lefern die weitere Verfolgung dieser Ideen, und sind überzeugt, daß Viele unter ih nen in der Außerachtlassung der Methode: die Wafs fenübungen auch in durchschnittenen Ges genden zu halten, den Grund zu mancher Unbehülflichkeit und Verwirrung vor dem Feinde ge= funden haben werden.

Wir schreiten nun zu der Erörterung der zweiten Frage: Warum werden von den vielen auf dem Exerzierplaße vorkommenden Bewes gungen nur wenige vor dem Feinde ange= wendet; dagegen, was im Kriège am häu figsten geschieht, im Frieden äußerst sels ten oder gar nicht geübt? Was den ersten Theil der Frage betrifft, so liegt die Ursache der Nichtanwendung hauptsächlich darin, daß es unläugbar vie le Evolutionen gibt, die wegen ihrer gar zu künstlichen und verwickelten Zusammensetzung vor dem Feinde nicht ausführbar sind. Indessen mag es doch mehrere geben, die eben so wenig im Felde in Ausübung kom= men, die aber, in den verschiedenen Lagen richtig ange= wandt, gewiß ihren praktischen Nußen bewähren würben. Wir glauben den Grund dieser Unterlassung eben= falls in den oben gerügten Mängeln eines taktischen Unterrichts zu finden, dem jede Anwendung auf verschies

taillons, Freikorps c. errichten, und sie so. bald als möglich auf Vorposten schicken. Uns dünkt, daß der Dienst der leichten Truppen der schwerste sen, die meiste Abrichtung, Mannszucht, und die vertrautesten Soldaten erfordere, und daher durch diese so zusammengefeßten leichten Bataillons am schlechtesten versehen werde.

denem Terrain fremd bleibt.

Indessen müßte es bloß als Spielwerk einer müßigen Friedenszeit, und nicht als nothwendige Kriegsübung betrachtet werden, wenn man mit einer so anerkannt unfruchtbaren Sache, als. es die überflüssigen Manöver sind, Zeit und Mühe vers schwenden wollte.

Warum aber dasjenige, was im Kriege sehr häufig vorkommt, nämlich der Vorposten- und Patrullendienst, sehr selten oder gar nicht geübt wird, darauf, wir müssen es gestehen, wissen wir nicht zu antworten. Freilich ist zu solchen Übungen der Exerzierplaß nicht zu gebrauchen. Auch läßt sich die Sache mit keinem trockenen Kommandowort abthun. Uns scheint jedoch dieser Gegenstand der größten Aufmerksamkeit würdig.

Wer könnte auch die ganze Wichtigkeit des Vorposten und Patrullendienstes verkennen, wenn er bez denkt, daß die Sicherheit der Heere und die Einziehung von Nachrichten, die den Feldherrn bei seinen Anordnungen leiten müssen, sein Zweck sind? Wer wird die Nothwendigkeit eines gründlichen, faßlichen und sehr ins Einzelne gehenden Unterrichts bestreiten wollen, wenn er erwägt, daß hier oft jeder einzelne Mann selbstständig wirken, daher seine Obliegenheiten in jeder Lage genan kennen muß, und auf der Einsicht und Beurtheilung der Ober- und Unteroffiziere beinahe alles beruht? - Jeder Kommandant einer Feldwache ist ein kleiner Feldherr; was diesem im Großen obliegt, hat jener im Kleinen zu beobachten. Er muß Entschlüßse fassen, anordnen und ausführen. Der Führer einer Patroulle muß Entschloffenheit mit Umsicht und List verbinden. Für den Gemeinen ist der Plah als Vedette im Angesicht des Feindes die ehrenvollste, und

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