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Geschütze zum grössten Theil auf Rechnung der rasch und mangelhaft geführten Versuche zu schreiben wäre, so ist doch wohl anzunehmen, dass bei der Bedienung des Geschützes selbst durch die geübteste Mannschaft, im Gefechte ähnliche Störungen, wenn auch nach etwas längeren Zeiträumen, vorgekommen seien.

Die Verluste auf deutscher Seite durch Mitrailleusenfeuer anbelangend, ist es heute noch nicht möglich, mit einigermassen richtigen Zahlen zu dienen; aber soviel steht fest, dass sie keineswegs gross waren und im Verhältniss zu dem Aufwande standen, welchen die Franzosen in pecuniärer Beziehung und mit ihren Bemühungen machten, um die Sache in den gehörigen Respect zu bringen. Allerdings haben einzelne Abtheilungen, welche in ihren Strichrayon zu kommen das Unglück hatten, namhafte Verluste erlitten, und die Erstürmung der durch Mitrailleusen vertheidigten Positionen hat Manchem unserer Braven das Leben gekostel. Allein trotz alledem blieben die Verluste im Ganzen gering. Mancher unserer Helden ist von fünf Kugeln durchbohrt, einen fünffachen Tod gestorben, und man erzählt sich von einem preussischen Officier, welcher, von 31 Mitrailleusenkugeln getroffen. seiner Heilung entgegengeht. Das klingt fürchterlich und ist es für den Einzelnen auch, aber für den Kriegszweck würde eine Kugel ganz denselben Effect gehabt haben. Am grössten sind die Verluste durch das Canon à balles noch bei der Infanterie, und doch habe ich schon nach der Schlacht von Wörth Briefe von Officieren gelesen, worin dieselben behaupten, dass der Ton des Canon à balles höchst unangenehm und angreifend sei, dass es aber nicht sehr schwer wäre, seinen Geschossen aus dem Wege zu gehen, da dieselben fast stets auf demselben Flecke einfielen, ein Beweis dafür, dass die einmal genommene Richtung beibehalten werden musste, weil eine Beobachtung des Schusses unmöglich war. Von unseren Geschütz-Batterien sind in den ersten Schlachten viele in Mitrailleusenfeuer gekommen, allein trotz eifriger Nachforschung wurde mir nicht ein einziges Beispiel bekannt, wo dieselben durch dieses Feuer sehr viel zu leiden gehabt hätten. Vor und hinter die Batterie und selbst in die Zwischenräume sind zahlreiche Lagen geschlagen, aber von den vielen Geschossen ist kaum ein Mann oder ein Pferd verwundet worden. Der berühmte, durch alle Zeitungen posaunte Ausruf Napoleon's III. bei Gelegenheit der Besichtigung des Canon à balles und seiner Schiessproben: „,C'est un massacre!" war jedenfalls verfrüht und mehr auf empfindsame Gemüther berechnet, welche, die Franzosen anzustaunen und zu beneiden, eine neue Ursache haben sollten.

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Von der Wirkung der bayerischen Mitrailleusen kann ich keine Nachrichten geben; das muss von Seite der Franzosen geschehen. Dagegen kann ich über das berichten, was ich hinsichtlich des Canon à balles nur annehmen oder schliessen konnte, die taktische Verwendbarkeit.

Man kann sich wohl denken, wie begierig man im Ganzen war, die Kartätschgeschütze, nachdem sie bei der Armee eingetroffen waren, im Gefechte zu verwenden und ihre Wirkung zu erproben. Die erste Batterie traf

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in den ersten Tagen des Octobers beim I. bayerischen Armee-Corps ein und hatte bald Gelegenheit, Gefechte mitzumachen: Artenay am 10. und Orléans am 11. October. Selbstverständlich hatte man die Batterie der ArtillerieReserve-Abtheilung einverleibt, und ebenso selbstverständlich blieb sie beim Beginne der Gefechte in Reserve stehen. Denn da die Kartätschgeschütze nicht die Tragweite der gezogenen Geschütze hatten, konnte man sie unmöglich zur Einleitung benützen, und als die Infanterie bei der Verwickelung aneinander gerathen war, konnte man sie auf der offensiven Seite nicht ver werthen, da es unmöglich war, mit ihren 4 Pferden in das Infanteriele zu fahren, und die Stellungen nicht vorbereitet waren. So lange das Armee-Corps in der Offensive sich befand, war das Schicksal der Batterie stets ein Zwarten bis zum Schlusse des Gefechtes, und so viel Augen auch damit be schäftigt waren, ihr eine Wirkung zu verschaffen, es fand sich keine Wohl mag es hie und da einen Punkt gegeben haben, auf welchem der Seutzer: Wenn wir nur eine Mitrailleuse hier hätten!" ausgestossen wurde, aber die Mitrailleuse war eben nicht zur Stelle und so rasch nicht zur Stelle zu bringen, selbst wenn sie von dem günstigen Momente Kenntniss gehabt hätte. Nachdem die Batterie eine geraume Zeit dem Gefechte in einer mitunter nicht sehr behaglichen Bereitschaftsstellung zugesehen hatte, wurde sie endlich in das Gefecht vorgeholt. Da heutzutage in den Gefechten stets Ortschaften die Schlüsselpunkte sind, so handelte es sich meist darum, zur Säuberung derselben, nachdem die Infanterie eingedrungen war, mitzuwirken. In den Ortschaften angekommen, empfieng sie ein theils heftigeres, theils matteres Feuer aus den noch besetzten Häusern, welches sie unbedingt nicht erwe dern konnte, und sie musste daher abermals warten, bis das Dorf fast gantlich geräumt war, um rasch die Ausgänge zu besetzen und den abziehender. Gegner zur Eile zu ermahnen. Da es hiezu aber in den seltensten Fällen einer Mitrailleuse bedurfte, so fand sie kein anderes Ziel als einige wenige mit ihrer Rettung beschäftigte Gegner, welche ein sehr mageres Ziel boten. Auf diese Weise gelang es bei Artenay, ein Geschütz in's Feuer zu bringen, mehr de: eigenen Mannschaft halber, und um überhaupt einmal zum Schusse gekommen zu sein, als aus zwingender Nothwendigkeit, denn es wäre auch ohne jedes Kartätschgeschütz das Resultat das gleiche gewesen.

Wenn es somit bei Artenay und Orleans der Kartätschgeschütz-Bal terie, trotz dem besten Willen und dem eifrigsten Bemühen, nicht vergöt war, ein Lorbeerreis zu pflücken, so bot sich ihr doch später in dem Gefechte von Coulmiers Gelegenheit, nach Kräften mitzuwirken. Dieses Gefech ist bekanntlich am Schlusse für uns, durch den Zwang einer erdrückenden Übermacht ein Defensiv-Gefecht geworden. Coulmiers selbst musste nach langer Behauptung endlich aufgegeben werden, und war es hier der Kartätschge schütz - Batterie vergönnt, eine ziemlich hervorragende Rolle zu spielen. Coulmiers war von der Artillerie bereits gänzlich verlassen und auch n noch mit wenig Infanterie besetzt, als ein Bataillon Infanterie und die Kartats geschütz - Batterie noch in das Dorf geworfen wurde, um dasselbe mögliest zu halten und den schon beschlossenen Rückzug des Armee-Corps zu decket Zwei Stunden lang wurde der an Zahl bedeutend überlegene Gegner aufge halten, und nur langsam gieng die Batterie von Position zu Position zurück. als sie in beiden Flanken beschossen wurde. Sie hatte hier zwar keine var

bereiteten Positionen, aber doch durch Hecken und Häuser einigermassen. gedeckte Stellungen und befand sich dadurch in ziemlich günstiger Lage. Ob die Feuerwirkung, d. h. die Verluste auf feindlicher Seite bedeutend waren, lässt sich mit Bestimmtheit nicht angeben, und wären hierüber französische Berichte abzuwarten; nachdem aber die Batterie dreimal vordringende feindliche Abtheilungen zurückgeworfen und auch eine Geschütz-Batterie zur Veränderung ihrer Position gezwungen hatte, so ist wohl umsomehr anzunehmen, dass diese Erfolge nicht allein dem moralischen Eindrucke zuzuschreiben sind, als sich gerade vor Coulmiers eine der besten Abtheilungen der französischen Loire-Armee, die légion étrangère, befand.

Da wir beim Canon à balles die Gebrechlichkeit des Mechanismus besprochen haben, so dürfen wir diesen Punkt auch beim Feldlgeschütz nicht mit Stillschweigen übergehen. Das Gesammtresultat war, dass von den 16 Läufen der Batterie 13 klemmten, und zwar so, dass im Gefecht selbst an eine Reparatur nicht zu denken war. Nach demselben waren sie rasch wieder gefechtsfähig gemacht. Gas - Ausströmungen wurden nicht bemerkt. Die Ursache der zahlreichen Klemmungen war die, dass bei der Bewegung der Geschütze, um die Position zu wechseln, Patronen, welche in den Scheiden geblieben waren, die zur Aufnahme der Magazine dienten, sich aufstellten und somit schief in die Zubringer fielen. Es wäre daher nach der jetzigen Construction der Geschütze nöthig, dass die Läufe, ehe wieder aufgeprotzt wird, vollkommen ausgeschossen werden, oder, da dies im Gefechte nicht immer thunlich ist, dass die Geschütze ruhig am Platze stehen blieben. Und selbst in letzterem Falle wären Klemmungen nicht ausgeschlossen, da die Patronen auch so wie so gerne mit dem schwereren Geschosse sich voraussenken. Dass diesen Übelständen für die Folge abzuhelfen ist, unterliegt keinem Zweifel, und ich möchte immer noch glauben, dass das Feldlgeschütz kriegsbrauchbarer zu machen ist als das Canon à balles.

Schluss.

Wenn ich zum Schlusse noch mein Urtheil über Kartätschgeschütze zusammenfassen soll, so lautet dasselbe kurz:

Das Kartätschgeschütz ist nun und nimmer ein sehr brauchbares Werkzeug für den Krieg im freien Felde, denn im Allgemeinen leistet es weit weniger als ein ihmentsprechender Theil Infanterie oder Artillerie. Nur in ganz einzelnen Fällen ist seine Wirkung wirklich von grossem Vortheile. Da diese Fälle aber nur Ausnahmsfälle sind, so rechtfertigen sie seine Zusammenstellung in Batterien nicht, und höchstens mögen einige dieser Geschütze in den Reserven mitgeführt werden.

Dagegen bietet es in der Festung und besonders in der Verwendung als Flankengeschütz ausserordentliche taktische und fortificatorische Vortheile, so dass der Ingenieur und der Artillerist in Zukunft wohl mit dieser Waffe zu rechnen haben. Hier ist es auch weniger kostspielig, da es des lästigen Apparates an Pferden und Munitionswagen entbehren kann.

München, den 29. Juli 1871.

Benanntlich

Statistische Mittheilungen aus Russland nach officiellen Angaben neuesten Datums.

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Auf 1000 Mann niederen Grades kommen 37 Officiere.

Unter 1000 Mann sind 797 Infanteristen, 77 Cavalleristen, 101 Artilleristen, 25 technische.

Der durchschnittliche Abgang an Officieren jährlich, respective weniger Zugang gegen Abgang, 650.
Dagegen in 11 Jahren (bis inclusive 1868) niedere Grade 242.316 mehr Zuwachs als Abgang.

Auch in der russischen Flotte grosser Officiers-Mangel.

In der baltischen Marine fehlen 200 Lieutenants und Midshipmen, während in den höheren Graden Überfluss.

Krankenstand und Sterblichkeit der kaiserlich russischen Truppen im Jahre 1867.

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Lehr- Truppen
Gendarmen
Reserve-Bataillone

Garde,

819

12 101

15.376 239 452

102
3.522 635

Local-Truppen.

180 12
4.437 180 231 281
161.834 6.552 25.058 35.007 17.207| 77.272 72.751 3236 7.837 7.259

203
4.609

23

18

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Summa 1673.618 22.358 94.522 166.904 22.540) 283.966 274 432 9864 22.028 22.658

10.707

4868 6762 1170,12.800

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