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erinnern, dass dies der gangbarste, weil nach allen Richtungen von sehr vielen und guten Communicationen durchschnittene Theil der Schweiz (und somit auch der Schweizer Hochebene) ist, und durch seine Productivitat sowie durch die Menge und Wohlhabenheit der Ortschaften und Städte di leichtere Ernährung und die rasche Bewegung grösserer Heerestheile er möglicht.

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Zwischen Rhein und Limmat gehen dem ersteren Flusse, und zwar annähernd parallel mit der Strecke Constanz-Schaffhausen, die Wasserlinien der Thur, der Töss und der Glatt zu; wie aus dem descriptiven Theile bekannt, sind sämmtliche drei Flüsse, zeitweilig und plötzlich auftretende aber ebenso schnell wieder endende Hochwasser-Perioden ausgenommen, im obern und mittleren Laufe unbedeutend, und nur im untersten Theile von solcher Beschaffenheit, dass sie vorübergehend, also im takti schen Sinne, ein brauchbares Fronthinderniss abgeben können. Zudem begünstigt die grosse Gangbarkeit des Terrains überhaupt, sowie speciell die leichte Zugänglichkeit zu den Thälern selbst, feindliche UmgehungsManöver, so dass diese Flüsse als strategische VertheidigungsLinien um so weniger bezeichnet werden können, als sie zu nahe hinter der Vertheidigungs-Linie des Rheins liegen, und nicht anzunehmen ist, dass eine Armee, welche aus dieser, natürlich und fortificatorisch so starken Stellung verdrängt wurde, unmittelbar (2 oder 4 Meilen) dahinter, unter dem Drucke der feindlichen Verfolgung und jeder Initiative baar, so schwache Stellungen einnehmen könne oder dürfe.

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Zudem sind bei Beurtheilung des militärischen Werthes dieser drei Wasserlinien noch die Umstände in Betracht zu ziehen, unter welchen die RheinLinie forcirt worden war. Es ist nemlich vorauszusetzen, dass die Rheinübergänge schweizerischer Seits wohl, und zumeist à cheval des Flusses, befestigt worden sind, dass namentlich Schaffhausen als Brennpunkt dieses Vertheidigungsgebietes ein sehr starkes verschanztes Lager ist, dass also der Forcirung des Rhein Überganges entweder die Wegnahme Schaffhausens vorangehen musste oder die eines der abwärts gelegenen Punkte, z. B. Eglisau. Kaiserstuhl oder Coblenz, wornach die Festhaltung Schaffhausens durch das Gros der Armee nicht mehr räthlich, dessen Rückzug im Gegentheil geboten war. Wie dem immer sei, der Rückzug der schweizerischen Streitkräfte kann nur hinter die Limmat, und zwar nur in den beiden Hauptrichtungen auf Brugg und auf Zürch erfolgen, weil jede andere, weiter östlich liegende Rückzugslinie excentrisch wäre und in das Hochgebirge führen würde.

Anderseits kann die verfolgende deutsche Armee kein anderes geographisches Angriffs-Object haben als die Limmat-Linie, und zwar 1. weil eben die gegnerische Armee (das strategische Operations-Object), nur dorihin sich zurückziehen kann, und 2. weil mit Gewinnung dieser Linie, respective der Punkte Brugg und Zürch, jeder weitere Widerstand unmöglich wird, indem man hier beherrschend im Mittelpunkte der ganzen Schweizer Hoch

ebene steht.

Es werden daher die Bewegungen der Hauptarmee nach Forcirung der Reinlinie der Hauptsache nach in dem durch die Strassen Waldshut-Zürch Schaffhausen-Winterthur-Zürch abgegrenzten Raume vor sich gehen, s jedoch keineswegs ausschliesst, ja im Gegentheile erfordert, dass der isserste linke Flügel über Frauenfeld und Wyl (mit einem Flanken-Corps iber St. Gallen) auf Lichtensteig und gegen Utznach an die Linth vorgehe.

Setzen wir nun den 1. Fall, dass nämlich der directe Verlust von Schaffhausen das Aufgeben der Rheinlinie herbeigeführt habe, so wird die schweizerische Armee, weil nur frontal zurückgedrängt, ihren Rückzug so ziemlich ohne Deroute über Andelfingen, Winterthur nach Zürch ausführen und zu dessen Schutz Nachhutaufstellungen an der Thur bei Andelfingen und bei Üsslingen, an der Töss bei Töss, bei Pfungen und bei Rorbas, an der Glatt bei Bülach, bei Kloten und bei Schwamendingen nehmen können.

Winterthur.

Über diesen Punkt ist Einiges zu sagen. Wenige Meilen hinter der Rheinlinie Constanz-Waldshut, und zwar annähernd central gelegen, mit dem Flusse in vielfacher und mit allen wichtigen Uferpunkten, dann mit Zürch, Rapperschwyl, Utznach, St. Gallen in bester Verbindung stehend, Knotenpunkt von vier Eisenbahnen, mag es sich auf den ersten Blick namentlich als Centralstellung für eine relative Vertheidigung der Rheinstrecke Constanz-Waldshut von höchster Bedeutung darstellen und daher taktisch-fortificatorische Sicherung in ausgedehntem Masse verlangen. Nun ist aber in Betracht zu ziehen, dass der Rhein hier absolut, und zwar mit Zuhilfenahme der Offensive, am linken Ufer vertheidigt werden müsse, und dass man anderseits einer Armee, welcher die Festhaltung dieser natürlich, fortificatorisch und offensiv starken Linie nicht gelungen, Angesichts des verfolgenden Feindes nicht zumuthen könne und dürfe, nur wenige Meilen rückwärts eine, wenn auch verschanzte, jedoch jeder natürlichen Vertheidigungskraft entelrende Stellung einzunehmen, deren Rückzug noch dazu entweder in der linken Flanke oder in excentrischer Richtung auf das Hochgebirge liegt. Da man also, wie hier die Verhältnisse liegen, nach der aufgegebenen absoluten Flussvertheidigung nicht zur relativen übergehen kann, somit von Hause aus sich für die eine oder die andere entscheiden muss, so könnte wohl die Frage aufgeworfen werden, welche der beiden Vertheidigungsarten die zweckmässigere sei, und da müsste man doch ganz bestimmt, schon mit Rücksicht auf die räumlichen Verhältnisse der Schweiz, zu der ersteren, als der weitaus sicherern und einfacheren Methode greifen. Zudem erfordert Winterthur als Central-Vertheidigungsstellung einen grossen Aufwand an Fortification, ohne dass dabei eine Umgehung über Plungen oder Rorbas verhindert würde, es wäre denn, man wollte die 2 bis 3 Meilen lange Linie der untersten Töss zu einer durchgehends verschanz

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so ist bezüglich der anderen Componente zu erinnern, dass die Forcirung des Rheinüberganges bei oder abwärts Eglisau, z. B. bei Kaiserstuhl oder Waldshut weit wahrscheinlicher stattfinden werde, als bei dem verschanzten Lager von Schaffhausen, weil dann durch einen directen Vorstoss Brugg und Baden genommen, somit die Aare und die Limmat vom Feinde überschritten und beide Linien aufgerollt werden können.

Es ist nämlich früher schon erwähnt worden, dass Waldshut derjenige Punkt sei, mittels dessen die beiden concentrisch gegen Basel und gegen Schaffhausen vorrückenden feindlichen Colonnen sich in Verbindung erhalten werden. Veranlassung genug, um von dort (Waldshut) aus einen durch. anderweitige demonstrative oder wirkliche Übergangsversuche maskirten Rheinübergang in Scene zu setzen, welchem ein so wichtiges Object wie Brugg so nahe liegt. dass man es nach forcirtem Übergange im ersten Anlaufe zu nehmen und die feindliche Aufstellung und Vertheidigungs-Linie im Centrum durchbrechen zu können hoffen darf.

Welche Folgen ein solcher Durchbruch haben müsse, ist klar; Zürch und Olten werden isolirt, die als strategische Vertheidigungs-Linie wohl nicht dienliche, aber immerhin taktische Vortheile bietende Reuss-Linie, welche namentlich in diesem Stadium der Vertheidigung für die Verbindung zwischen Zürch und Luzern von Werth ist, wird dem Feinde auf beiden Ufern zugänglich, und dadurch der Weg nach Luzern offen, wohin aus der Gegend Brugg-Baden zahlreiche Strassen die Flussthäler entlang führen, während man von Zürch aus nur auf wenigen, der zu überschreitenden Bergrücken halber zu Umwegen genöthigten Communicationen dahin gelangt.

Dies sind die Umstände, welche jener Durchbruchstendenz gegenüber die Schweiz schon vom defensiven Standpunkte aus veranlassen müssen, bei einem Kriege gegen Deutschland den Confluenzpunkt Brugg-Baden zu einem möglichst widerstandsfähigen Punkte zu machen. Dass diese Befestigung aber im offensiven Sinne, also nach allen Richtungen hin Ausfälle begünstigend, anzulegen sei, erhellt aus den bereits bekannten Beziehungen dieses Punktes zu Olten und zu Zürch, wie aus der Wahrscheinlichkeit eines concentrischen deutschen Angriffes, welchem nur durch Partialerfolge sichernde, offensive Manöver mit Aussicht auf Erfolg begegnet werden kann.

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Die Bedeutung von Zürch im Kriege gegen Deutschland.

Die allgemeine militärische Wichtigkeit Zürch's wurde bereits bei Besprechung der westlichen strategischen Front dargethan, und wenn hier entsprechend der feindlichen Angriffsrichtung, dem Laufe der OperationsLinien und den sich hieraus ergebenden Angriffs-Objecten neuerdings dessen zu Brugg (und vice versa) complementäre Bedeutung hervorgehoben und dabei ausgesprochen wird, dass die Wegnahme des Einen Punktes die Isolirung und die Einschliessung der bei dem andern Punkte stehenden oder

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auf selben basirten Armee zur Folge haben muss, so ist damit auch die Forderung erklärt, dass im Kriege gegen Deutschland Zürch ebenso wie Brugg zu einem der Defensive und der Offensive dienlichen verschanzten Lager gemacht werden müsse.

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Im Kriege mit Deutschland ist Zürch weitaus mehr exponirt als im Kriege mit Frankreich. Während es in diesem Falle an dem zurückgezogenen, also hiedurch schon an und für sich mehr geschützten Flügel liegt, und aus der Angriffsrichtung von der mittleren Aare her (Aarburg-Olten) gar keine directe, durchgehende Haupt-Verbindung nach Zürch führt, was sich aus der Terrainbeschaffenheit, respective den zahlreichen in südnördlicher Richtung streichenden Querthälern erklärt 1) — während also das Terrain auf der westlichen Angriffsfront Zürch's der Bewegung und Entwicklung grosser Massen weniger günstig ist, finden sich bezüglich des nordöstlichen (deutschen) Angriffes ganz andere Verhältnisse. Dann liegt Zürch an dem vorspringenden rechten Flügel der Vertheidigungs- Linie; es führt die feindliche Haupt- Operations - Linie directe darauf hin, und das Terrain. zwischen Rhein und Limmat ist Angriffs-Bewegungen grosser Heereskörper günstig.

Sowie man im Kriege gegen Westen Brugg das offensive Element der Vertheidigung, Zürch aber den defensiven Factor nennen kann, so muss man im Kriege gegen Deutschland unbedingt Zürch die offensive Rolle zuerkennen. Freilich verlangt das Terrain, wenn der Offensive volles Recht werden soll, eine grössere Ausdehnung der Befestigung, welche durch den dem rechten Limmat - Ufer bis Würenlos unmittelbar anliegenden Bergrücken (Auslauf der Pfannenstiel - Kette) hervorgerufen wird. Man darf nämlich dem Feinde nicht gestatten, sich auf diesen Höhen festzusetzen, nicht nur wegen der beherrschenden Lage und der damit gewonnenen vollständigen Einsicht in alle Vorgänge innerhalb der Vertheidigungs-Linie, sondern auch, weil dort etablirte Batterien des Angreifers Anlehnungs-Punkte für dessen Defensiv-Stellungen abgeben würden, an welchen Offensiv-Bewegungen aus Zürch und Baden sich brechen müssten.

Um nun den Umfang des eigentlichen verschanzten Lagers, der schon früher der Hauptsache nach angedeutet wurde, nicht zu sehr zu vergrössern, wird es vielleicht zweckmässig sein, jenen Höhenrücken mit selbständigen Blockhäusern (Forts) zu krönen, welche ihrem mehr negativen Zwecke, nämlich dem Feinde den Besitz jener Punkte zu entziehen, mit um so geringerem Aufwande entsprechend hergerichtet werden können, als ihre Lage sie einem Geschütz-Angriffe gar nicht und höchstens einem gewaltsamen Überfalle durch Infanterie zugänglich macht. Inwietern und auf welche Weise man

1, Ein freilich noch weit stärker ausgeprägtes Analogon findet sich im östlichen Galizien am linken Dajester-Ufer.

sich weiters das offensive Debouchiren über die Glatt zu sichern habe, darüber kann nur der Augenschein an Ort und Stelle entscheiden.

Der rechte Flügel der Limmat-Linie.

Eine active Vertheidigung wird sich nicht absolut auf den Raum beschränken, in welchem die Hauptkräfte zu wirken berufen sind. Sie muss im Gegentheile von weiter entfernten Punkten aus gegen Flanke und Rücken der feindlichen Armee zu operiren trachten, dieser dadurch Kräfte entziehen und durch fortwährende Beweglichkeit an den äussersten Flügeln lähmend auf die gegnerische Offensive einwirken.

Solche offensive Thätigkeit kann von Rapperschwyl oder von Utznach ausgehen, wozu aber Befestigungen des nördlichen See-Ufers erforderlich wären, welche auf beiden Punkten wegen der nach Feindes-Seite zu continuirlichen Ansteigung und grossen Wegsamkeit, bedeutende Ausdehnung verlangten. Speciell bei Rapperschwyl müsste wegen des beschränkten und gefährlichen Rückzuges über die sehr lange Brücke dem Defensiv-Elemente in der Befestigung grösste Sorgfalt zugewendet werden, und man könnte unter solchen Umständen auf diesen Übergangspunkt nach gänzlicher Abtragung der Brücke vielleicht ganz verzichten.

Was die Linie des Linth-Canales anbelangt, so wäre deren defensive Sicherung unmittelbar an diesen zu legen; dagegen für die Offensive die Beherrschung, respective Freihaltung der nordwärts führenden Strassen durch einzelne, nach Erforderniss weit hinausgeschobene, gut armirte und vertheidigungsfähige Forts zu erzielen.

Zur Befestigung der Linth-Linie gehört naturgemäss die Befestigung von Wesen, deren Schlüsselpunkt in dem westlich gelegenen, von dem LinthCanale und dem Biberli-Kopfe gebildeten Defilé zu liegen scheint.

Durch die offensive Befestigung der Linth - Linie entzieht man dem Feinde die Benützung der nördlich des Zürcher See's laufenden Eisenbahn und kann über Ricken in Verbindung mit den Vertheidigern des Toggenburg bleiben, welchen dadurch, zur Festhaltung des sehr wichtigen, wegen der Terrain beschaffenheit aber nicht leicht zu vertheidigenden Punktes Watwyl, gleichzeitig ein sicherer Rückhalt gegeben ist.

Reassumirt man die vorstehenden Betrachtungen über die Vertheidigung der Schweiz gegen Deutschland, so kommt man, insoweit politische und militärische Verhältnisse das geographische Element bestimmend auftreten lassen, zu dem Resultate, dass der deutsche Haupt-Angriff aus dem Donauthale gegen die Rheinstrecke ConstanzWaldshut, der Neben-Angriff aber aus dem Ober-Rheinthale gegen die Rheinstrecke Basel-Waldshut vorgehen werde, und zwar:

1. Weil der Anmarsch und die Entwicklung grosser Heereskörper

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