Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Die Schlacht bei Vionville

am 16. August 1870.

(Mit einer Oleate Tafel Nr. 20.)

(Schluss.)

Um 11, Uhr Vormittags hatte das preussische 3. Armee-Corps die Linie Vionville-Flavigny-Bois de Vionville besetzt, und da es kein Terrain mehr nach vorwärts gewinnen und die Offensive einstellen musste, so überschütteten dessen im Feuer stehenden 21 Batterien oder 126 Geschütze mit Hohlgeschossen die zwischen Flavigny und Rezonville zurückgenommenen Truppen des General Frossard'schen Corps, um deren wiederholten wüthenden Angriffen Einhalt zu thun. Bei dieser grossen Artillerie-Action wirkte vorzüglich die Corps-Artillerie des 3. Armee-Corps mit, welche aus ihrer ausgezeichneten, die beiden Infanterie-Divisionen unter einander verbindenden Aufstellung die Reihen der Franzosen massenhaft niederstreckte, wie die ungeheuern Verluste des 2. Corps Frossard erweisen.

Um 11, Uhr war auch die Brigade Oberst Lehmann vom 10. ArmeeCorps, 4 Bataillonen, 2 Escadrons, 1 Batterie, 4000 Mann, 6 Geschützen, in den Bereich des Gefechts-Terrains eingerückt. Diese Abtheilung hatte um 4 Uhr Morgens ihren Marsch von Thiaucourt über Dommartin nach Chambley angetreten. Schon auf dem Marsche nach letzterem Orte ward das Kanonenfeuer hörbar, und Oberst Lehmann stellte sich aus diesem Anlasse durch einen vorausgesandten Officier dem commandirenden General des 3. Armee Corps von Alvensleben sogleich zur Verfügung. Auf die zum Marsch gegen Tronville und zur vorläufigen Bildung der Reserve bei dieser Örtlichkeit erhaltene Weisung erreichte die Halb-Brigade im feindlichen Artillerie-Feuer Tronville um 11, Uhr. Das 2. Bataillon des InfanterieRegiments Nr. 91 wurde gleich zur Verstärkung des linken Flügels nach Vionville vorgezogen, während die Artillerie in der Linie der reitenden Batterien westlich Vionville Aufstellung nahm.

Marschall Bazaine war gegen 11 Uhr bei den kämpfenden Truppen angekommen; er fand das 2. Corps mit der Brigade Lapasset und den linken Flügel des 16. Corps Canrobert in heftigem Artilleriefeuer. Seit Abweisung der eine Stunde zuvor versuchten Offensiv-Unternehmung der beiden preussischen Divisionen vom 3. Armee-Corps links durch das Bois de Vionville und rechts vorwärts des Dorfes Vionville stand das Infanterie-Gefecht völlig still, während 22 Batterien, 132 Geschütze inclusive der Batterien der Brigade Lehmann, der Halb-Brigade Lyncker, dann der 5. und Cavallerie - Division

Österr. militär. Zeitschrift. 1871. (3. Bd.)

8

unaufhörlich arbeiteten und die vorwärts von Rezonville in Position stehenden französischen Treffen des 2. Corps mit einem verheerenden Granathagel bewarfen.

Zur Bekämpfung dieser formidablen Artilleriemasse liess Marschall Bazaine die bei Rezonville placirte Artillerie des 2. Corps durch die 12pfündigen Batterien der bei Gravelotte lagernden Armee-Geschütz-Reserve verstärken. Die Idee, von der der Höchstcommandirende der Franzosen nicht ablassen wollte, dass der Angriff auf den rechten Flügel seiner Armee blos eine Demonstration wäre, während sich der in der Vorbereitung begriffene Hauptstoss gegen seinen linken Flügel richten würde, bestimmte ihn dazu, auf dem bedrohten linken Flügel zu bleiben und die Schlacht zu leiten. Von da aus konnte er die Anstalten und Vorkehrungen überwachen, welche die Preussen unter dem Schutze der vorliegenden grossen Waldungen treffen konnten. Um deshalb über die Truppen des 3. Corps Leboeuf nach deren Einrücken in die Ordre de Bataille zur Verstärkung des linken Flügels disponiren zu können, dem rechten Flügel aber doch die nöthige Festigkeit zu geben, disponirte der Marschall die Cavallerie-Division Forton hinter den rechten Flügel des Corps Canrobert, wo sie an der alten Römerstrasse, den Rücken an das Gehölz von Villers-aux-Bois angelehnt, sich aufstellen sollte. General Forton hatte den Befehl, zu chargiren, sobald sich die Gelegenheit dazu biete.

Um 12 Uhr Mittags gestalteten sich die gegenseitigen Gefechts-Verhältnisse der beiden Armeen derart, dass die bereits im Contact stehenden Kräfte keine besondern taktischen Vortheile über einander hatten, und dass die im Nachrücken begriffenen Reserven in dem Gefechtsbereich aufzutreten begannen.

Bisher waren von preussisch-deutscher Seite engagirt:

=

3. Armee-Corps: 25 Bataillons, 8 Escadrons, 84 Geschütze 24.000 Mann;

[ocr errors]

10. Armee Corps: Brigade Lehmann, 6 Bataillons, 4 Escadrons,. 12 Geschütze = 6500 Mann;

[ocr errors]

5. Cavallerie Division Rheinbaben, 36 Escadrons, 24 Geschütze = 5200 Mann;

6. Cavallerie - Division Mecklenburg, 20 Escadrons, 12 Geschütze = 3000 Mann;

zusammen 31 Bataillons, 68 Escadrons, 132 Geschütze und 39.000 Mann. Auf französischer Seite:

=

2. Corps Frossard mit der Brigade Lapasset und der Cavallerie-Division Valabrègue, 33 Bataillons, 16 Escadrons, 78 Geschütze 15.000 Mann; 6. Corps Canrobert mit den Divisionen Lafont de Villers, 12 Bataillons, 3 Batterien, 7000 Mann, und Levassor-Sorval, 12 Bataillons, 3 Batterien, 7000 Mann; zusammen 24 Bataillons, 6 Batterien; 14.000 Mann, 36 Geschütze;

3. Reserve-Cavallerie-Division Forton, 16 Escadrons, 12 Geschütze, 2000 Mann.

Im Ganzen waren daher engagirt: 57 Bataillons, 32 Escadrons, 126 Geschütze, 31.000 Mann.

Bis 12, Uhr Nachmittags vermochten weder die wiederholten Angriffe der preussischen Infanteriemassen noch das mörderische Feuer ihrer vortrefflichen Artillerie die Divisionen des französischen 2. Corps zum Aufgeben der innehabenden Positionen zu veranlassen. Um jene Stunde wurde jedoch der Divisions-General Bataille verwundet, und als gleichzeitig die 5. Infanterie-Division Stülpnagel einen neuen Vorstoss unternahm, gerieth die ihres Führers beraubte feindliche Division in Unordnung. Dieselbe wich und riss auch den rechten Flügel der Division Vergé mit fort; nur der linke Flügel dieser Division und die Brigade Lapasset hielten fest und behaupteten ihre Stellungen.

[ocr errors]

Niederlage des 2. Corps Frossard. Attaken der CavallerieBrigaden du Preuil, Redern, Bredow etc., 1-3, Uhr.

Marschall Bazaine, der in nächster Nähe den Verlauf der Schlacht beim 2. Corps verfolgte und die Rückzugs-Bewegung der Divisionen Bataille und Vergé bemerkte, gab auf Verlangen des Generals Frossard dem 3. Lanciers-Regiment, zugetheilt der Brigade Lapasset, dann der 3. Garde-CavallerieBrigade du Preuil, Gar de-Cürassier- und Garde-Carabinier-Regiment, den Befehl, aus ihrer verdeckten Aufstellung in der Schlucht des Mance-Baches vorwärts Rezonville zu rücken und die Rückzugsbewegung des 2. Corps zu decken. Das 3. Lancier-Regiment, welches zunächst bei der Hand war, entwickelte sich rasch vorwärts Rezonville und stürzte mit dem grössten Elan links, südlich der Strasse von Rezonville nach Chambley auf die in dieser Direction avancirenden preussischen Bataillone. Mit einem heftigen Feuer empfangen, machten die Lanciers Kehrt, wurden durch die nachrückende Garde - Cürassier - Brigade aufgenommen, sammelten sich schnell wieder und warfen sich ein zweites Mal, von den Cürassier-Regimentern der Garde unmittelbar gefolgt, in die Richtung von Flavigny, wo feindliche Infanterie zu ihrem Empfang aufmarschirt stand. Den braven Lanciers und Cürassieren, welch' Letztere nach dem Bericht Bazaine's sich wie auf dem Exercierplatze zu einem Manöver in drei Linien, Treffen oder Echelons zur Attake formirt hatten, gelang es zwar nicht, in eines der preussischen Bataillone einzubrechen, aber sie brachten es doch durch ihre wiederholten, mit grosser Energie ausgeführten Chargen dahin, dass der Feind die begonnene OffensivBewegung einstellte, und die Armee-Oberleitung Zeit gewann, die beiden hart mitgenommenen Divisionen Bataille und Vergè durch die gerade eintreffende Garde-Grenadier-Division Picard abzulösen und letztere rechts und links des Dorfes Rezonville Stellung nehmen zu lassen.

Um die Rallirung der altakirenden Cavallerie, welche durch das Schnellfeuer der theilweise in Quarré's formirten preussischen Infanterie stark gelitten hatte und auseinander gerathen war, zu ermöglichen, hatte Marschall Bazaine eine Garde-Batterie in die Gefechts-Linie vorgehen lassen und befand sich mit seinem gesammten Generalstabe in deren Mitte, mit gespannter Aufmerksamkeit dem Rückzug seiner bereits auf gleiche Höhe mit der Batterie angekommenen Reiterei folgend, als plötzlich preussische Huszaren zwischen den Geschützen erschienen.

Nach dem Bericht des preussischen 10. Armee - Corps bestand diese Reiterei aus den beiden Huszaren-Regimentern Nr. 11 und 17 der 13. Cavallerie-Brigade Redern, die, von der 5. Cavallerie-Division abcommandirt, bei der 5. Infanterie-Division Stülpnagel in der Zutheilung sich befand. „Die Huszaren-Regimenter Nr. 11 und 17 warfen," heisst es in dem Bericht, ,,feindliche Cavallerie, welche die Schützenschwärme der Infanterie des 2. Armee-Corps angreifen wollte."

Die Brigade Redern gelangte in die Garde-Batterie; die Geschütze ohne Tirailleurs in ihrer Front und ohne Infanterie-Bedeckung in ihrem Rücken versuchten aufzuprotzen und abzufahren, aber die Huszaren hieben die Bedienungs - Mannschaften nieder und die Fahr- Kanoniere von den Pferden. Die ganze Umgebung des Marschalls kam bei diesem Simulacre in's Gedränge und musste von der eigenen Waffe Gebrauch machen; Bazaine selbst gerieth in Gefahr; er ritt nämlich mit dem Säbel in der Faust einige Augenblicke an der Seite eines preussischen Officiers und musste sich wehren. Indessen sprengte die vorwärts von Rezonville stehen gelassene Escorte des Marschalls beim Anblick der Unordnung heran, vertrieb die feindliche Cavallerie und entriss derselben die schon in Beschlag genommenen Geschütze wieder.

Die Unschlüssigkeit, welche sich in Folge des französischen CavallerieAngriffs in den preussischen Linien kundgab, und der hierdurch hervorgerufene Stillstand in den gegenseitigen Bewegungen gestattete Marschall Bazaine, die Garde-Grenadier-Division Picard ganz in die Gefechts - Linie rücken zu lassen; sie marschirte nach Aufnahme der beiden Divisionen Verge und Bataille unter persönlichem Commando des Generals Bourbaki vorwärts und bezog zu beiden Seiten von Rezonville Position. Zur bessern Verbindung mit dem 6. Corps Canrobert wurde eine Brigade der Division Levassor-Sorval auf den Höhenzug nordwestlich Rezonville dirigirt, die Garde-Voltigeur-Division Deligny bekam aber Befehl, sich gegen das Bois des Ognons zu wenden, diesen Wald durch das Garde-Chasseur-Bataillon besetzen zu lassen und die Debouchées zu beobachten, mittels welchen die Preussen versuchen könnten, festen Fuss auf dem Plateau von Gravelotte zu fassen.

Die geworfenen Divisionen des 2. Corps Frossard giengen hinter Rezonville zurück, um sich wieder zu formiren.

Während die vorerwähnten Ereignisse im Centrum der Schlacht-Front

stattfanden, ergriffen die Preussen auch auf ihrem linken Flügel die Offensive.

Nach dem Rückzuge des 2. Corps Frossard und der zurückgeschlagenen Attake der französischen Cavallerie, gegen 1 Uhr, glaubten sich die Preussen schon Sieger, und es erhielt General - Lieutenant Buddenbrock den Befehl, seinen weiteren Angriff nunmehr so einzurichten, dass er mit der Masse der 6. Infanterie-Division nördlich Vionville vordringe, um in dem nördlich gelegenen Walde Terrain zu gewinnen und den Feind völlig nach Metz zu werfen, indess sein rechter Flügel Vionville und Flavigny festhalten sollte. Die 11. Infanterie-Brigade Rothmaler, Regimenter Nr. 20 und 24, drang mit dem 24. Regiment an der Tête in das erwähnte Gehölz, stiess hier aber auf die Tête der von der Division Tixier in das südliche Bois de St. Marcel entsandten Brigade Pechot, Infanterie-Regimenter Nr. 4 und 10, Jäger-Bataillon Nr. 9, und es entspann sich alsdann auf diesem Theile des Gefechts-Terrains ein langwieriges und hartnäckiges Waldgefecht, welches vielfach hin- und herwogte. Das 24. Infanterie-Regiment wurde bei dieser Action zunächst vom 2. Bataillon des Regiments Nr. 91 der Brigade Lehmann unterstützt, die bisher bei Tronville in Reserve verblieben war.

Zu dieser Zeit langte die Meldung an, dass das auf der Strasse MetzDoncourt-Conflans abmarschirte französische 4. Corps Ladmirault mit den Colonnen Kehrt gemacht habe und im Begriffe sei, das Plateau südlich Bruville zu ersteigen. Gegen diesen neuen Feind stand dem 3. Armee-Corps Alvensleben Nichts weiter zur Verfügung als 2 Bataillone des Regiments Nr. 20 von der 11. Brigade Rothmaler, die südwestlich Vionville in Reserve gehalten waren, und nach dem Eintreffen der noch intacten 2 Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 91 der Brigade Lehmann von Tronville bei Vionville dem General von Buddenbrock zur Verfügung gestellt wurden. Das 1. und 3. Bataillon des Regiments Nr. 91 ward nach der westlichen Lisière des nördlich Vionville gelegenen Holzes, wohin sich der Commandant der preussischen 6. Infanterie-Division mit seinem Stab begeben hatte, dirigirt. Das zur 37. Brigade Lehmann gehörige 1. Bataillon des Regiments Nr. 78 folgte ebenfalls dorthin. Diese neun Bataillone der Regimenter Nr. 24, 91, 20 und 78, bei 9000 Mann, nahmen demnächst Theil an dem schweren Kampfe, den hier ausser der feindlichen Brigade Pechot. 7 Bataillons, noch die Brigade Collin, 6 Bataillons der Division Lafont de Villers und die drei Bataillone des 9. Regiments der Division Bisson, zusammen also 16 Bataillons, bei 9000 Mann, vom 6. Corps Canrobert den Preussen lieferten.

Das Waldgefecht kostete namentlich deshalb bedeutende Opfer, weil aus der starken Aufstellung der Corps-Artillerie vom feindlichen 6. Corps Canrobert nördlich der Strasse Vionville-Rezonville, unweit der alten Römerstrasse, der Wald und die bei Vionville stehenden preussischen fünf Batterien, vier der Division Rheinbaben, eine der Brigade Lehmann, sehr wirksam beschossen wurden. Gegen diese feindliche Stellung richteten sich

« ZurückWeiter »