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Michel.

Mag ihm erzählen, wer will! Da verspricht mir der Junker die Hochzeit, Und die Erlassung des Frohns, für hundert Thaler in Dritteln, Und, wenn ich gut wirthschafte, die Huf' in erträgliche Pachtung.

Mein grauköpfiger Alter, und selbst mein Bruder, der Krüppel, Den der Barbar an die Preußen verschacherte, daß ihn zu Schanden Hackte der wilde Kalmuck und Menschenfresser und Tater, Raffen herbei in der Hast Taufpfenninge, Bråutigamsthaler, Schimmlige Kronen und Ör', und erbeutete Timpen und Rubel7,

Auch den Silberbeschlag an der seligen Mutter Gesangbuch,

Und sie verkaufen dazu den braunen Hengst mit der Blässe,

Sammt der bläulichen Stark's, auf dem Frühlingsmarkte für Spottgeld.

Bring' ihm, sagen sie, Michel, da bring' ihm unseren legten

Noth- und Ehrenschilling, dem hungrigen Menschenhåndler!

Besser, arm und frei, als ein Sklave bei Salomons Reichthum!

Freies Werk schafft Segen und Fröhlichkeit! Michel, du bringest

Thånen und Blut! Gott helfe, wenn einst auf der Seel' es ihm brennet! Weinend bring' ich das Geld. Er zählet es: Michel, die Hochzeit

Schenk ich euch; mit der Freiheit indeß zuckt er die Achseln.

Hier

Hans.

Plaget den Kerl sein Teufel? Was schüßt denn der

gnådige Herr vor?

Michel.

Seid nur ruhig, mein Freund! so munkelt' er; che wir nachsehn,

Was für Geld in die Lad' euch regnete. Leise vermuth' ich,

Wer mir jüngst vom Speicher den Malter Rocken gestohlen.

Hans.

Hättest du Frohnarbeiten versäumt, zu entschuldigen wár' es.

Was? noch Treue verlangt der unbarmherzige
Frohnherr?
Der, mit Diensten des Rechts (sei Gott es geklagt)
und der Willkür,

Uns wie die Pferd' abquålet, und kaum wie die
Pferde bekostigt?

Der, wenn darbend ein Mann für Weib und Kinderchen Brotkorn

Heischt vom belasteten Speicher, ihn erst mit dem
Prügel bewillkommt,
Dann aus gestrichenem Maß einschüttet den kárg-
lichen Vorschuß?

Der auch des bittersten Mangels Befriedigung,
welche der Pfarrer
Selbst nicht Diebstahl nennt", in barbarischen Mar-
terkammern

Züchtiget, und an Geschrei und Angstgeberden sich sich kigelt?

Der die Mädchen des Dorfs mißbraucht, und die
Knaben wie Lastvich
Auferzöge, wenn nicht sich erbarmeten Pfarrer und
Küster,
Welche, gchaft vom Junker, Vernunft uns lehren
und Rechtthun?

Nein, nicht Sünde fürwahr ist solcherlei Frohnes
Versåumniß!
Doch für des Einbruchs ganz ehrlose Beschuldigung,
Michel,

Als rechtschaffener Kerl, geh dreift nach Schwerin, und verklag' ihn,

Daß dir Gerechtigkeit werde von unserem gnädigsten Landsherrn!

Zeugniß stell' ich und Eid, daß Johann der Lakai, mit Erlaubniß

Hans, der Hund, den hången man will, hat Leder (Sagt man) der gnädigen Frau, sich das Korn vom

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Besserte, Dünger vermehrte, die Saat auswählte | Lächle mich an! du wirst ja ein freies und glückliches Ehweib,

mit Sorgfalt,

Sümpfe zu grafigen Wiesen erhöht', und morastige Bald auch glückliche Mutter von freien Söhnen und Töchtern! . . . Hans! mir empört sich das Herz! Ich lasse dem adlichen Räuber

Felder Abgrub, dies mit dem Zaun einfriedigte, dies mit dem Steinwall, Jeglichen Winkel und Rain mit nugbaren Bäumen und Brennholz Schmückt', und edleres Obst anpflanzt' im erweiter= ten Garten.

Selbst ja lobtest du mich, und warnetest, mäßig

zu bessern.

Hans.

Einen röthlichen Hahn1⁄44 auf das Dach hinfliegen die Nacht noch,

Zäume den hurtigsten Klepper im Stall', und jage nach Hamburg!

Hans.

Hebe dich weg, Mordbrenner! Zugleich mit den Alten verbrennst du

Daß die gebesserte Hufe dir nicht abnåhme der Jun- | Auch ur.schuldige Kinder!

ker",

Und zum Ersag anwiese die schlechtere, wieder zu

bessern,

Bis er selber auch dort nachbesserte! Weißt du denn, Michel,

Ganz unschuldig dein Herz; wohlan! nach Schwerin, und verklag' ihn!

Michel.

Ja verklage 12! durch wen? wo ist Geld? und er-
fährt es der Herzog?
Gibt nicht der adliche Rath im Obergericht die
Entscheidung?

und wann hackt ein Rabe dem anderen Raben das
Aug' aus?
hans.

Doch! hier wohnt noch im Lande Gerechtigkeit:

klopfe getrost an,

Michel.

Die Wolfsbrut? Fållt denn der Apfel

Weit vom Stamm? Sie heulet ja schon mit den Alten, die Wolfsbrut!

Lacht doch das Jünkerchen schon, wo gestraft wird; drohet auch selber!

Hans.

Aber es heißt ja: Die Rach' ist mein, und Ich will vergelten!

Denkest du nicht, wie der Pfarrer den Spruch so kräftig an's Herz uns

Legete, daß auch der Junker verstört aussah in dem Kirchstuhl?

Michel.

Und sie erscheint! Selbst unter den Adlichen denkt Herrlicher Spruch! Ja, Sein ist die Rach', und

man vernünftig. Michel.

Gott will vergelten! Ha, das labt, wie ein Trunk den ermatteten! Nun in Geduld denn

Unrecht schaun und gestehn an Adlichen Adliche Ausgeharrt! Einst treten auch wir vor unseren

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Frei soll werden, wie du, dein Bräutigam! Bald Hort er, wie Gott wohlthut, und ein Mensch miß

wird gefiedelt,

Bald wird der Hochzeitreigen getanzt, und der lustige Kchraus, Unter Geschrei und Jauchzen der lang hinschwärmenden Jugend, Ücker und Wiesen hinab! .. nach dem Takte des

Vogts mit dem Prügel! Weinest du, weil für der Haube das Jungfernkränzchen vertauscht wird?

thut an den Brüdern. Doch dein Mährchen vom Tanz, nicht tanzerlich macht's und gesangfroh; Lern' ein andres dafür, das wenigstens locket zum Anschaun.

Kennst du die wüste Burg, wo der Weg abgehet nach Güstrow, Rechts auf dem Berg? Erst kommt man die drei wacholderbewachsnen

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Hünengråber vorbei, und den Bach, der die neue
Papiermühl

Unten treibt; dann schråge den ausgeregneten An=
berg,

Brüstet sich großachtbar mit der Frau Ahnherrin der
Ahnherr
Vom hochadlichen Haus', ein genarbeter Straßen-
råuber.

Wo man so leicht umwirft (denn um adliche Güter Beinkleid, Wamms und Kappe1s sind blåulich fun

Und wenn der Galgen erscheint, so sieht man Trüm

ist Mordweg);

mer vom Raubnest,

Ohm, der die Holzung

kelndes Eisen.

Wild word jego geschmaus't und gezecht: der entschliche Fraß ist

Rechts auf dem Berg. Nun gut. Mein seliger Blutiges Menschenfleisch, das Getränk aufsiedende

Thränen.

Hútete, laurt da einst auf den Fuchs in den Zwölf | Unten, der Thüre zunächst, als legtverstorbenes ten 16 bei Mondlicht.

Mitglied,

Fern nun blafft's und belfert mit nahendem Laut, | Sigt des Junkers Papa, der Landrath, welcher und auf einmal noch umgeht

aus dem Walde.

Braus't wie ein Donnerwetter das wüthende Heer Nachts im Dorf, und die Mädchen beleidiget. Jeht, wie verwundert, Hurrah! rufen die Jåger, es funkt um die Rappen, Schnüffelt er um, denn er riecht was lebendes. Als er den Ohm nun Draußen erblickt, auf springt er vom feurigen Stuhl, daß es rasselt;

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Bellen dir hinter dem Hirsch, und jagen ihn grad' | Bringt ihm den Thränenbecher, und ruft: Da trink'

in das Burgthor.

er eins, Jochen!

Ohm, der in Büchern las, wie ein Prediger, und Jochen weigert sich, muß. Nun soll ich denn_trin

an Gespenstern

ken, so trink' ich,

Zweifelte, hålt's für die Jagd, duckt gleich sein | Sagt er, in Gottes Namen! Und knall! war alles

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Wie die Schlaraffengemåld' in dem Tanzsaal unseres Hagel! ich selbst wohl möchte das Willkommstånzchen mit ansehn!

Junkers: Theils mit Bart und Schulterperrück und sammtes Siehe, da tanzt mein Junker die Sarabande 19 mit nen Månteln, seiner

Theils in Eisen vermummt; und der Hirschbock Gnådigen Frau Uråltermama; und die hagere Großmuhm'

trägt das Geweih noch.

Adliche Fraun mit Fontanschen und Bügelröcken Äugelt nach ihm, und Basen vom fernesten Sprosse und Schlentern 17 des Stammbaums.

Kniren hervor, und fodern zum walzenden Reigen Auch wird Takt geschlagen vom Satanas, welcher die Sippschaft;

und rothglühende Ketten umklirren sie. Statt der

Musik schallt

Rings aus der Wand Wihklagen und jammerndes

Seufzen und Wimmern.

den Stab dort Führet als Vogt, und grinzend Gerechtigkeit übet und Ordnung.

Aber sein Weib, das Geripp! das sprudelt und flucht auf Französisch

Drauf wird die Tafel gedeckt von verschwiegerten Im altfränkischen Tanz, wenn kein Pugmädchen Kammerlakaien,

und hartherzigen Vogten, mit lederner Peitsch' um

die Kettlein

Ihr nach der neuesten Mode geyångt; dann schmunzelt der Satan.

die Schulter: Denen hell auf der Brust das große Familien- Michel, hast du Toback? Der Thau blinkt lieblich im Mondschein,

wappen

Brennt in farbiger Gluth. Ganz oben im feurigen | Aber er fällt auf die Brust, und die schwärmenden
Lehnstuhl
Mücken sind schamlos.

Michel.

Hans.

Nimm den Beutel, und stopf'; ihn gab mir Lenore

zu Weihnacht.

So, nun brennt's. Komm, Michel! du schmauchst doch eins in Gesellschaft?

Damals hofften wir noch, und waren so froh, wie Lustig! da reißt der Schimmel sich les! Wie die

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Heute gefällst mir auch du, Hausvåterchen. Gar zu behaglich

Rings noch freut sich der Stoppel ein Schwarm glattleibiger Rinder,

Und der gefallenen Körner die häusliche Gans mit dem Feldhuhn,

Und vor dem Wanderer rauscht ein gefeistetes Taubengewimmel.

Frau.

Ja, und besuche der Milch vollströmende Kammer, wie ringsum Satten2, wie schwer eintragen die Mägdlein;

Stehn fettrahmige

Blåsest du wirbelndes Knastergewölk am levantischen Kås', holländischem gleich, auf strohenden Borden

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Fröhlicher Laun' ist heute sogar mein sparsamer Nicht zu vergessen die Menge des lautersten Jung

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Der den gesegneten Schmaus nicht mißgönnt unse- Den mein treuer Johann, der geschäftige, selber

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Dort von duftendem Heu, von Klee und fetter Nicht zu vergessen den Flachs, in zierlich gedrehe

Lucerne;

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ten Knocken*,

Der, von der treuen Maria nach schottischer Weise gehechelt,

Feine Gewebe mir schafft, und Luft zu spinnen den
Jungfraun;
Auch nicht, Mann, zu vergessen die köstlichen Nel-
keln des Gartners!

Herr.

Frau.

Frau, und die köstlichen Früchte der Pflanzungen,

Kern- und Steinobst;

Was nicht taugt, durch Worte beschönigen, sei unerlaubt uns!

Nur daß einige Birnen der Frost in der Blüthe Trautester, wem sein Herr Arbeit aufleget nach

'getödtet! Schaue, wie roth und gelb es daherscheint über die Mauer.

Ja (so mild war Sonne mit zeitigem Regen ge= máßigt!) Würziger kochte der Saft in Pfirsichen und Aprikosen; Würziger duftet vom Beet die Melon', und verachtet die Fenster; Selber die Traub' an den Wänden verheißt súdländischen Nektar.

Frau.

O wir Gesegneten Gottes! Zum Wohlthun ruft uns die Wohlthat!

und, mein trautefter Mann, zur Gerechtigkeit!

Herr.

Was so bewegt nun,

Mein gutherziges Kind, und so feierlich? Rede, was meinst du?

Frau.

Gleich wird in festlichem Zug mit Musik ankommen die Dorfschaft,

Welche für Saat und Ernt' arbeitete, auch (was den Frohndienst

Mehrt) für des sämmtlichen Gutes Verschönerung. Froh ist der Anblick,

Wann nach langem Geschäft sich erlustigen Männer

und Weiber,

Willkürz

Wem er den kårglichen Lohn nach Willkür seget und schmålert,

Geld sei's oder Gewächs, sei's Kornland oder ein Kohlhof;

Wen er nach Willkühr straft, für den Krieg aushebet nach Willkür;

Wen er mit Zwang von Gewerbe, mit Zwang von Verchlichung abhält;

Wen sein Herr an die Scholle befestiget, ohne der Scholl' ihm

Einiges Recht zu gestehn, als Lastvich achtend und Werkzeug;

Wessen Kraft und Geschick an Leib und Seele der Herr sich

Eignete; wer die Ersparniß verheimlichen muß vor dem Frohnherrn 7: Trautester Mann, der ist Leibeigener, nenn' ihn auch anders!

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Stattlich im Feiergewand', und jeglicher Sorge Wildlinge, bleich und zerlumpt, und wie Acker

vergessend;

Wann mit prunkendem Kranze der Segensernte da=

herziehn,

gaule verhagert, Welche tråg', aus dem Dunst unsauberer Kathen sich schleppend,

Sens' und Hark' in der Hand, lautjubelnde Måher | Offenes Munds anstarren den fragenden, selber den

und Jungfraun,

Húfener sammt dem Gesind', und ältliche Leute des

Weg nicht

Wissen zum ferneren Dorf, auch wohl mißleiten durch Bosheit;

Doch mir regt sich geheim Wehmuth und herzliches Und, da der Herr sie mit Fleiß in Züchtlingsschulen

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Nicht Leibeigene, Frau, Gutspflichtige nennt sie Daß die Entmenschenden doch sich erinnerten, ei

gener Vortheil

Wer schon waltet mit Fug, und wer sich schämet | Nöthige, wohl zu nähren, und blank zu erhalten das Lastvich!

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