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A8

BERNARD MOSES

Die Herausgabe einer Ueberschung in französischer und englischer Sprache, sowie in anderen modernen Sprachen wird vorbehalten.

Vorwort.

„Wir lernen nicht für die Schule, fondern für das Leben!“

Was den Verfasser dieses »Abrisses« ermuthigt, troß der Menge von Schulbüchern für den geschichtlichen Unterricht, mit demselben hervorzutreten, ist vor Allem die Verschiedenheit der Ansichten, die noch immer über die zweckmäßigste Einrichtung dieses Unterrichtszweiges, selbst unter den angesehensten Autoritäten, herrscht (vergl. Löbell, Peter, Heydemann, Campe c.). Aus demselben Grunde hat noch neuerlich Lübker, in einer Kritik über die jüngsthin vorgeschlagenen Methoden *), den Wunsch ausgesprochen, mehrere aus der Lehrpraris hervorgegangene Lehrbücher der Geschichte erscheinen zu sehen, an denen die denselben zu Grunde liegenden Methoden thatsächlich geprüft werden könnten. Der vorliegende Leitfaden für den obersten Cursus an mittleren und höheren Lehranstalten ist das Ergebniß einer mehr als 20jährigen (nicht ohne günstigen Erfolg gebliebenen) Lehrthätigkeit seines Verfassers, in der dieser von Anfang her von dem unverrückbaren Streben geleitet wurde, den gegenwärtigen Anforderungen der Wissenschaft wie des praktischen Lebens Genüge zu leisten, so weit Beides mit den Zwecken der Schule in Einklang steht.

Das aus den Ereignissen der lezten Jahrzehende immer entschiedener hervorgetretene Bedürfniß, daß die Geschichte eine Lehrerin für das Leben werde, war dem Verfasser schon früh fühlbar geworden, und zur Befriedigung desselben hielt er vor Allem für erforderlich, bei dem Unterrichte:

1) so bald als möglich einen Zusammenhang in der gesammten Entwickelung der Menschheit von den frühesten Zeiten bis auf die Gegenwart nachzuweisen, um diese selbst nach allen ihren Richtungen (insbesondere die Bedeutung des Christenthums, der Reformation, der politischen Be= wegungen 2.) zu immer klarerem Verständniß zu bringen; dabei aber

2) wegen der Größe des zur Betrachtung zu ziehenden Gebietes die Uebersicht auf jede Weise zu erleichtern, um sie auch dem Schüler möglichst faßlich und für immer behaltbar zu machen.

Schon zur Erfüllung dieser beiden Forderungen erschien es

3) als eine der dringendsten Rücksichten, den Unterrichtsstoff zweckmäßig auszuwählen; doch wurde eine Sichtung des geschichtlichen

*) S. Lübker's gesammelte Schriften zur Philologie und Pädagogik. Halle, 1852.

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Materials noch mehr durch die stete Beziehung des Unterrichts auf die
Zwecke des wirklichen Lebens zur Nothwendigkeit, und hier zeigte sich Vie-
les auch in unseren besten Schulbüchern - als Ballast, der über
Bord geworfen werden mußte, wenn das Ziel der Fahrt glücklich erreicht
werden sollte.

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eine

Die hohe Bedeutung der Ritter'schen Forschungen für tiefere Ein-

sicht in das Menschenleben ist von den ausgezeichnetsten Männern der
Wissenschaft wie des praktischen Lebens hinreichend anerkannt; die Methodik
hat dieselben bisher noch keinesweges genügend benußt, weder für den
Schulunterricht in der Geographie selbst, noch in der Geschichte.

In dem vorliegenden »Leitfaden für Schüler, welchem alsbald ein
größeres »Handbuch für Lehrer wie für jeden Gebildeten folgen soll,
ist ein Versuch gemacht, die Geographie, die zwar gewöhnlich als Hülfs-
wissenschaft der Geschichte doch in einem sehr beschränkten Sinne
gilt, zur wahren Grundlage der geschichtlichen Betrachtung zu ge=
stalten *). Was damit gewonnen werden soll, mag hier nur in der

*) Die hier angedeutete Methode hat der Verfasser theilweise in einem (auch durch
den Buchhandel verbreiteten) Programm: „Das Studium der Geschichte, insbe-
sondere auf Gymnasten, nach den gegenwärtigen Anforderungen von Dr. W. Assmann.
Braunschweig, Verlag von Fr. Vieweg und Sohn, 1847′′ näher entwickelt.

Uebrigens glaubt derselbe, um nicht misverstanden zu werden, hier nur bemerken
zu müssen, daß er durchaus nicht für eine Vereinigung des geographischen und geschicht-
lichen Unterrichts in denselben Lehrstunden ist. Wer den Werth der Ritter'schen Be-
trachtungsweise zu würdigen versteht, wird vielmehr wünschen müssen, daß die wissen-
schaftliche Geographie bis zu den höchsten Stufen unserer Lehranstalten ein selbständiger
Unterrichtszweig bleibe. Die geographischen und geschichtlichen Lehrstunden müssen sich

Kürze angedeutet werden, wird aber durch die Ausführung in den Lehrbüchern selbst immer klarer hervortreten. Zunächst ist

1) eine anschauliche Kenntniß des Schauplages der Geschichte, - eine auf dem Kartenbilde beruhende Vorstellung von den horizontalen und vertikalen Verhältnissen der Erdoberfläche, das zweckmäßigste Hülfsmittel, dem Schüler, von den frühesten Unterrichtsstufen an, die Uebersicht über den geistigen Stoff der Geschichte zu verfinnlichen (beffer, als alle Tabellen, Zeitströme 2c.), und dadurch eben sowohl die Auffassung zu erleichtern, als das Behalten zu sichern.

2) Ein Zusammenhang in dem Entwickelungsgange der Menschheit wird für den Schüler dadurch am Frühesten erkennbar und begreiflich werden, wenn ihm der Unterricht nachweist, wie die Verbindung der Völker sich im ganzen Laufe der Geschichte unter dem Einflusse geogra phischer Verhältnisse fortwährend erweitert hat, bis in der neuesten Zeit die gesammte bewohnte Erdoberfläche in den Kreis des Verkehrs hineingezogen wird; und hieran wird sich allmählich eine immer weiter greifende Belehrung über das mit der Erweiterung der Völkerverbindung innig zusammenhangende Fortschreiten der Geistes entwickelung knüpfen lassen.

3) Auf diese Weise wird aber auch der höchste von dem Geschichtsstudium für Erkenntniß der Wahrheit zu erwartende Nußen am Sichersten gewonnen werden, eine zunehmende Menschen- und Gottes-Kenntniß. Denn in Uebereinstimmung mit der Methode Carl Ritter's wird schon dem Kinde allmählich zum Verständniß gebracht werden können, daß jedes Volk das, was es in der Geschichte geworden ist, nur in dem ihm als Wohnsiß angewiesenen Lande zu werden vermochte; und so wird einerseits das Nachdenken auf die Bedingungen geleitet werden, denen die Ausbildung des Menschen, sowohl des Einzelnen, als ganzer Völker unterworfen ist, andererseits die große Wahrheit immer flarer hervortreten, daß Gott selbst, schon mittels der Einrichtung, welche die Erdoberfläche von ihm empfangen hat, die Menschen hier auf Erden für eine höhere Bestimmung erzieht.

Die Förderung dieser Einsicht ist ein Hauptstreben des Verfassers bei Abfassung seines Buches gewesen.

Ueber den praktischen Gebrauch des Abrisses.

hält der Verfasser folgende Bemerkungen nicht für überflüssig:

1) Ein unbedingtes Anschließen an ein Handbuch kann von keinem

aber nach dem gegenwärtigen Standpunkte beider Wissenschaften fortwährend unterstüßen, ja auf das Innigste durchdringen (wie ein ähnliches Verhältniß zwischen der Geogra= phie und Naturgeschichte Statt finden sollte).

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selbständigen Lehrer gefordert werden, doch ist ein Leitfaden für die Präparation wie die Repetition des Schülers sehr wünschenswerth, ja in mancher Beziehung unentbehrlich. In dem vorliegenden Abriß. findet sich sowohl eine fortlaufende Erzählung der wichtigsten Ereignisse, als eine Hinweisung auf den zusammenhangenden Entwickelungsgang, und auf den letteren wird der Schüler, den besprochenen Lehrzwecken gemäß, durch die jedem kleineren und größeren Abschnitte vorangestellten Uebersichten immer von Neuem zurückgeführt, dadurch ein mechanisches Auffaffen der Thatsachen verhütet, und nicht nur das Nachdenken geweckt, sondern auch das Behalten durch Unterstüßung des Verstandes erleichtert.

Der Leitfaden dürfte sich wegen dieser Einrichtung ganz besonders zum Gebrauch bei größeren Repetitionen, auch des gesammten Ge= bietes der allgemeinen Geschichte, eignen.

2) Der ganzen Anlage des Buches zufolge mußte die synchronistische Behandlungsweise in demselben vorherrschen; doch ist die Anordnung des Stoffes so eingerichtet, daß auch die Geschichte jedes einzelnen Volkes aus denjenigen Perioden, in welche sich dieselbe vertheilt, leicht herausgehoben und ihrem Zusammenhange nach betrachtet werden kann.

Insbesondere ist Fürsorge getroffen, daß der »Abriß« auch da ohne Schwierigkeit benußt werden kann, wo die griechische, römische und namentlich die vaterländische Geschichte abgesondert vorgetragen werden sollen.

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3) Bei der praktischen Tendenz des »Leitfadens«, die Grundlage einer richtigen Einsicht in die Gegenwart zu gewähren, wie sie für jeden höher Gebildeten in unserer Zeit unentbehrlich ist, wird die Bestimmung desselben für die verschiedenen auf dem Titel bezeichneten Anstalten nicht zu weitgreifend gefunden werden. Denn wie von den Gymnasien, wird auch von allen den Lehranstalten, welche ihre Schüler unmittelbar zu einem höheren bürgerlichen Beruf entlassen, imgleichen von höheren Töchterschulen gefordert werden müssen, daß sie ihren Zöglingen durch den lezten Lehrcursus eine zusammenhangende Uebersicht über das gesammte Gebiet der Geschichte gewähren. Was der »Leitfaden« in dieser Beziehung leistet, dürfte denselben auch zu einer Mitgabe für das Leben eignen, wenn der Schüler gelernt hat, die Andeutungen des Buches selbständig für weitere geschichtliche Belehrung zu benußen.

Braunschweig am 25sten December 1852.

W. Assmann.

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